OGH 8Ob73/12m

OGH8Ob73/12m19.12.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden, den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** S*****, vertreten durch Salpius Rechtsanwalts GmbH in Salzburg, gegen die beklagte Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Preslmayr Rechtsanwälte OG in Wien, wegen 8.180,67 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. März 2012, GZ 5 R 243/11h-27, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 22. August 2011, GZ 35 Cg 17/08a-23, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 744,43 EUR (darin enthalten 124,07 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Kläger begehrte mit Aufforderung vom 27. 4. 2006 von der Beklagten als gesetzlicher Einrichtung nach § 32 Z 8 WAG 1996 bzw § 75 WAG 2007 eine Entschädigung in Höhe des Klagsbetrags für sein am 11. 6. 2001 abgeschlossenes Investment in ein Anlegerzertifikat.

Die Beklagte wandte unter anderem ein, der Kläger habe die nach § 23c WAG 1996 gebotene Legitimation verabsäumt und trotz Aufforderung keine Unterlagen darüber vorgelegt, welches Unternehmen sein Vertragspartner gewesen sei und wann er auf welches Konto Einzahlungen geleistet habe. Mangels zur Prüfung seiner Legitimation hinreichender Grundlagen sei ein etwaiger Anspruch des Klägers jedenfalls noch nicht fällig.

Das Klagebegehren blieb in beiden Vorinstanzen erfolglos. Sowohl Erst- als auch Berufungsgericht beurteilten die Forderung des Klägers wegen offener Prüfungs- und Auszahlungsfrist als nicht fällig, weil er erstmals rund zweieinhalb Wochen vor Schluss der Verhandlung erster Instanz die Urkunden über seine Anspruchslegitimation iSd § 23c WAG 996 vorgelegt hatte. Die ordentliche Revision wurde für zulässig erklärt, da zu den Voraussetzungen der Fälligkeit der Forderung nach § 23b Abs 2 WAG 1996 noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.

Die Revision ist entgegen diesem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO unzulässig.

Nach der hier noch maßgeblichen Bestimmung des § 23b Abs 2 dritter Satz WAG 1996 hat die Entschädigungseinrichtung zu gewährleisten, dass, falls über ein Mitgliedsinstitut der Konkurs eröffnet wird, Forderungen eines Anlegers aus Wertpapierdienstleistungen gemäß § 93 Abs 2 BWG bis zu einem Höchstbetrag von 20.000 EUR oder Gegenwert in fremder Währung pro Anleger auf dessen Verlangen und nach Legitimierung innerhalb von drei Monaten ab dem Zeitpunkt, zu dem Höhe und Berechtigung der Forderung festgestellt wurden, ausbezahlt werden.

Der Oberste Gerichtshof hat mittlerweile in einer Reihe jeweils vergleichbare Fälle betreffender Entscheidungen (9 Ob 50/09g; 6 Ob 235/09s; 9 Ob 62/11z; 8 Ob 110/11a; 1 Ob 240/11t; 7 Ob 222/11i; 8 Ob 65/12k; 5 Ob 63/12v) bekräftigt, dass die Feststellung der Forderung gemäß §§ 23b Abs 2 und 23c Abs 4 WAG 1996 auf einer selbstständigen Prüfung von Höhe und Berechtigung der angemeldeten Anlegerforderung durch die Entschädigungseinrichtung beruht und die Prüftätigkeit der Entschädigungseinrichtung nach dem klaren Gesetzeswortlaut nicht nur das schlichte Verlangen des Anlegers, sondern zusätzlich dessen Legitimierung voraussetzt.

Als Anspruchssteller hat er zunächst nachzuweisen, welche Gesellschaft überhaupt seine Vertragspartnerin war, welchen Betrag er tatsächlich investiert hat, wann und auf welches Konto er die Überweisung(en) vorgenommen hat und gegebenenfalls ob und in welchem Ausmaß er aus einem Fondsvermögen bereits Befriedigung erlangt hat (8 Ob 110/11a; 8 Ob 65/12k; RIS-Justiz RS0037797). Für die beklagte Entschädigungseinrichtung als am Geschäft nicht beteiligte Dritte muss die Grundlage der Haftung nachgewiesen sein, damit ihre Pflicht zur inhaltlichen Prüfung einsetzt. Entgegen den Revisionsausführungen kann sie sich, sobald die Legitimation erfolgt ist, auch nicht durch Untätigkeit ihrer Prüfpflicht auf unbestimmte Zeit entziehen, vielmehr hat sie binnen einer angemessenen, sechs Monate im Regelfall nicht überschreitenden Frist eine Entscheidung über die Anerkennung bzw Bestreitung der Forderung zu treffen (vgl 9 Ob 50/09g; 6 Ob 235/09s).

Mit dieser Judikaturlinie steht die Entscheidung des Berufungsgerichts im Einklang, sie ist daher jedenfalls vertretbar und nicht korrekturbedürftig iSd § 502 Abs 1 ZPO (vgl 8 Ob 110/11a mwN; 8 Ob 65/12k; RIS-Justiz RS0126982).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO; die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

Stichworte