OGH 1Ob158/12k

OGH1Ob158/12k11.10.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in den verbundenen Familienrechtssachen des Antragstellers (und Antragsgegners) R***** R*****, Pensionist, *****, vertreten durch MMag. Johannes Pfeifer, Rechtsanwalt in Liezen, gegen die Antragsgegnerin (und Antragstellerin) I***** R*****, Pensionistin, *****, vertreten durch Dr. Ewald Wirleitner, Mag. Claudia Oberlindober, Dr. Hubert Niedermayr und Mag. Harald Gursch, Rechtsanwälte in Steyr, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Leoben als Rekursgericht vom 13. Juli 2012, GZ 2 R 184/11z‑55, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Liezen vom 30. Mai 2011, GZ 1 C 47/08f, 55/08g‑46, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass der Beschluss zu lauten hat:

„1. Der Antragsteller ist schuldig, binnen drei Monaten nach Rechtskraft dieser Entscheidung seinen 1/4‑Anteil (B‑LNR 3) an der Liegenschaft EZ 358 GB ***** an die Antragsgegnerin unter Löschung des zu ihren Gunsten auf dem Liegenschaftsanteil eingetragenen Belastungs‑ und Veräußerungsverbots (C‑LNR 4) zu übertragen.

Der Antragsteller ist weiters schuldig, innerhalb der genannten Frist die Liegenschaft der Antragsgegnerin geräumt von eigenen Fahrnissen zu übergeben.

2. Die Antragsgegnerin ist schuldig, dem Antragsteller binnen 14 Tagen nach Rechtskraft der Entscheidung eine Ausgleichszahlung von 5.000 EUR zu leisten.

3. Die Antragsgegnerin ist schuldig, die Rückzahlung folgender Darlehen samt allen Zinsen und Kosten zu leisten und den Antragsteller diesbezüglich schad- und klaglos zu halten:

Darlehen bei der Steiermärkischen Bank und Sparkassen AG zu Darlehenskonto *****

Darlehen beim Land Steiermark zu GZ FA ***** und

Darlehen bei der Bausparkasse der österreichischen Sparkassen AG zu Konto‑Nr 4*****.

4. Zu den unter Punkt 3. angeführten Verbindlichkeiten wird gemäß § 98 EheG ausgesprochen, dass die Antragsgegnerin im Verhältnis zu den Gläubigern Hauptschuldnerin, der Antragsteller nur noch Ausfallsbürge ist.“

Der Antragsteller ist schuldig, der Antragsgegnerin die mit 30.201,62 EUR (darin 2.593,26 EUR an Barauslagen und 4.601,39 EUR an Umsatzsteuer) bestimmten Verfahrenskosten aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die im September 1989 geschlossene Ehe der Streitteile wurde ‑ nachdem die eheliche Gemeinschaft am 1. 4. 2002 aufgehoben worden war ‑ gemäß § 49 EheG geschieden, wobei ausgesprochen wurde, dass das überwiegende Verschulden an der Zerrüttung der Ehe den Antragsteller trifft.

Nachdem die Antragsgegnerin einen Baugrund erworben hatte, errichteten die Streitteile darauf in der Zeit von 1995 bis 2000 ein Einfamilienhaus, in dem der Antragsteller bis heute wohnt. Insgesamt investierte die Antragstellerin einen Betrag von rund 116.000 EUR aus vorehelichem Vermögen, der Antragsteller beteiligte sich insoweit mit rund 4.360 EUR und erbrachte beim Bau Eigenleistungen, die er mit ca 19.000 bis 20.000 EUR bewertete. Darüber hinaus nahmen die Streitteile ‑ bei den in Punkt 2. des Spruchs genannten Darlehensgebern ‑ gemeinsame Kredite im Gesamtumfang von rund 91.920 EUR in Anspruch. Der Antragsteller erhielt darüber hinaus einen Wohnbauvorschuss von 4.360 EUR und nahm einen Kredit der Landarbeiterkammer (8.139 EUR) in Anspruch, wobei letzterer zum 1. 4. 2002 noch mit rund 2.330 EUR offen war. Die (gemeinsamen) Kreditverbindlichkeiten bei den zuerst genannten Kreditgebern betrugen zu diesem Zeitpunkt rund 82.840 EUR. Der Verkehrswert der (bebauten) Liegenschaft betrug ‑ ohne Berücksichtigung der Kreditbelastung ‑ 176.000 EUR.

Im Jahr 1995 hatten die Streitteile in Notariatsaktsform einen Übergabs‑ und Ehevertrag abgeschlossen, mit welchem die Antragsgegnerin dem Antragsteller einen Viertelanteil an der (mit vorehelichen Mitteln erworbenen) Liegenschaft übertrug. Die hauptsächliche Motivation dafür bestand darin, dass die Ehegatten für den Hausbau einen Landeskredit in Anspruch nehmen wollten, für den die bücherliche Eintragung beider Ehegatten als Eigentümer Voraussetzung war. Gleichzeitig sollte die Übergabe auch eine Gegenleistung für die Mitarbeit des Antragstellers beim Hausbau darstellen. In der Vereinbarung wurde insbesondere auch vorgesehen, dass der Liegenschaftsanteil ‑ gegen Abgeltung der dauerhaft fortwirkenden finanziellen Investitionen des Übernehmers ‑ an die Übergeberin rückzuübertragen ist, wenn es zu einer Ehescheidung aus dem zumindest überwiegenden Verschulden des Antragstellers kommt. Auf diese Vereinbarung als maßgebliche Richtlinie solle auch in einem allfälligen gerichtlichen Aufteilungsverfahren Bedacht genommen werden.

Die Liegenschaft stellte zum Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft den hauptsächlichen Bestandteil des Ehevermögens dar. Darüber hinaus verfügte der Antragsteller noch über Lebensversicherungen sowie einen Bausparvertrag im Gesamtwert von rund 9.780 EUR.

Die Antragsgegnerin hatte Schulden in Höhe von rund 14.500 EUR in die Ehe mitgebracht, die überwiegend von ihr selbst mit vorehelichem Vermögen und in einem Betrag von rund 5.814 EUR vom Antragsteller beglichen wurden. Der Antragsteller tilgte eigene voreheliche Schulden in der Größenordnung von 7.000 EUR durch laufende monatliche Zahlungen von rund 218 EUR. Daneben hatte er zum Zeitpunkt der Eheschließung auch noch einen privaten Kredit, für den er monatlich eine Rate von ca 597 EUR zurückzahlt. Er verfügt über eine monatliche Pension von 1.900 EUR und darüber hinaus über Ersparnisse von 15.000 EUR, welche er für eine allfällige Ausgleichszahlung angespart hat. Die Antragsgegnerin hat eine monatliche Pension von 1.019 EUR, aber ‑ abgesehen von einem bis 2014 laufenden Bausparvertrag ‑ keine Ersparnisse. Sie erhielt ein aus vorehelichem Vermögen gewährtes Darlehen Ende 1999 oder Anfang 2000 zurück und legte einen Betrag von 28.060 EUR als Reservepolster an.

Die Antragsgegnerin bewohnt seit ihrem Auszug aus der Ehewohnung im Jahr 2002 eine 36 m² große „Pensionistenwohnung“ in S*****. Auch davor hatte sie in St. G***** nicht den Hauptwohnsitz gemeldet, weil sie in Oberösterreich erwerbstätig war und eine Versicherung bei der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse vorteilhafter war als bei der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse. Die Antragsgegnerin ist in W***** aufgewachsen und hat sich in ihrer Kindheit jeden Sommer bei ihren Tanten in der O***** aufgehalten, sodass sie sich in der Region heimisch fühlt. Die Verwandten der Antragsgegnerin befinden sich in W*****, St. G***** und A*****, nur der Bruder der Antragsgegnerin lebt in S*****. Seit ihrem Auszug war die Antragsgegnerin ca 10 mal in ihrer ehemaligen Wohnung in St. G*****, hat jedoch noch nahezu ihr gesamtes Hab und Gut in der Ehewohnung untergebracht. Sie übernachtete nie in St. G*****, da sie dort über keine Übernachtungsmöglichkeit verfügt, besucht jedoch einmal, manchmal auch zweimal im Monat ihre dortigen Verwandten. Weiters hat die Antragsgegnerin einen kleinen Freundes‑/Bekanntenkreis in St. G*****.

Der Antragsteller wohnt seit nunmehr etwa 45 Jahren in St. G*****, möchte dort bleiben und hat keine andere Wohnversorgung. Zudem wohnen auch seine Kinder (aus erster Ehe) und Enkelkinder in St. G***** in seiner unmittelbaren Umgebung.

Der Antragsteller begehrte im von ihm eingeleiteten Aufteilungsverfahren die Übertragung des 3/4‑Anteils der Antragsgegnerin an der ehelichen Liegenschaft samt Inventar und bot die Übernahme der auf der Liegenschaft sichergestellten Kreditverbindlichkeiten sowie eine Ausgleichszahlung von 25.000 EUR an. Die Antragsgegnerin stellte hingegen einen Antrag auf Übertragung des 1/4‑Anteils des Antragstellers (samt Hausrat) an sie unter Übernahme der pfandrechtlich sichergestellten Kreditverbindlichkeiten. Das Erstgericht verband die beiden Verfahren. Der Einfachheit halber werden die Parteien durchwegs nur als Antragsteller und Antragsgegnerin bezeichnet.

Das Erstgericht ordnete auch im zweiten Rechtsgang die Übertragung der 3/4‑Anteile der Antragsgegnerin an den Antragsteller unter gleichzeitiger Löschung des zu ihren Gunsten eingetragenen Belastungs‑ und Veräußerungsverbots binnen drei Monaten ab Rechtskraft an, erlegte dem Antragsteller eine Ausgleichszahlung von 50.000 EUR auf und verpflichtete ihn zur Rückzahlung der gemeinsam aufgenommenen Darlehen ab Rechtskraft der Entscheidung, wobei es weiter anordnete, dass er im Verhältnis zu den Kreditgebern Hauptschuldner, die Antragsgegnerin nur mehr Ausfallsbürgin sei. Die Vermögensaufteilung habe im Verhältnis 1:1 stattzufinden. Der Notariatsakt vom 11. 7. 1995 (Übergabe‑ und Schenkungsvertrag) stelle eine unzulässige Vorwegvereinbarung im Sinne des § 97 Abs 1 EheG dar, die rechtsunwirksam sei. Es sei auch nicht erklärter Parteiwille gewesen, mit dieser Vereinbarung gleichzeitig eine Aufteilungsvereinbarung für den Fall der Scheidung zu treffen, habe die Antragsgegnerin doch über diesen Vertragspassus mit dem Antragsteller nicht gesprochen. Der an der Scheidung schuldlose Eheteil habe grundsätzlich ein Optionsrecht, wie die Vermögensaufteilung erfolgen soll. Die Schuldlosigkeit eines Ehegatten dürfe aber nicht dazu führen, die Interessen des anderen Gatten völlig zurückzudrängen. Aus diesem Grunde sei der Aufteilungswunsch der Antragsgegnerin auf Übertragung des Miteigentumsanteils des Antragstellers nicht zu beachten, zumal diese ohnedies ausreichend wohnversorgt sei, wogegen die Ehewohnung einen bedeutenden Teil des Lebensinhalts des Antragstellers darstelle. Es sei auch fraglich, inwieweit die Antragsgegnerin wirtschaftlich in der Lage sein würde, ihr allenfalls auferlegte finanzielle Pflichten (Kreditrückzahlungen, Ausgleichszahlung) zu erfüllen. Die Bewertung der quantitativen und qualitativen Beiträge jedes Ehegatten zur Schaffung von Gemeinschaftsvermögen und Ersparnissen stelle zwar ein wichtiges Kriterium dar, könne jedoch nicht dazu führen, dass in jedem Fall detailliert und genauestens festgestellt werden müsse, welche Beiträge jeder Ehegatte etwa beim Bau eines Hauses oder Einrichtung einer Wohnung investiert hat. Deshalb sei davon auszugehen, dass der Wert der Arbeitsleistung des Antragstellers den Wert des Schenkungsgegenstands kompensiert habe, zumal die Schenkung des Viertelanteils als Gegenleistung für die Arbeitsleistungen des Antragstellers am Hausbau hingegeben worden sei. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin sei ein Benützungsentgelt für den alleinigen Gebrauch der ehemaligen Ehewohnung durch den Antragsteller nach ihrem Auszug bei der Ermittlung der Ausgleichszahlung nicht in Anschlag zu bringen. Ebenso seien die Schulden nicht gesondert zu berücksichtigen, die von den Parteien mit in die Ehe gebracht und vom Konto des Antragstellers zurückgezahlt wurden, weil sich diese in etwa die Waage hielten. Am 1. 4. 2002 sei ein Aktivvermögen von 185.278,75 EUR vorhanden gewesen, dem Verbindlichkeiten von 85.171,80 EUR gegenüber gestanden seien. Der Antragsteller erhalte die eheliche Wohnung im Gesamtwert von 176.000 EUR unter Übernahme der restlichen Schulden (zum „Stichtag“) von 85.171,80 EUR. Berücksichtige man, dass sich für die Streitteile je eine (rechnerische) Hälfte von 92.639,36 EUR ergebe, sei der Vorteil des Antragstellers mit rund 84.000 EUR zu beziffern. Von den Restschulden hätte der Antragsteller rechnerisch rund 43.000 EUR zu tragen, womit sich ein Betrag von 41.000 EUR errechne. Ausgehend davon, dass die Antragstellerin rund 116.000 EUR in die Ehewohnung investiert habe, der Antragsteller hingegen ‑ auf Basis der noch von ihm zurückzuzahlenden und bereits zurückbezahlten Schulden ‑ rund 85.000 EUR, erscheine eine Aufstockung der Ausgleichszahlung auf 50.000 EUR angemessen.

Das Rekursgericht änderte diese Entscheidung lediglich insoweit ab, als es die Ausgleichszahlung auf 55.000 EUR erhöhte; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Die im Übergabs‑ und Ehevertrag getroffene Vereinbarung über die Rückübertragung des dem Antragsteller geschenkten Miteigentumsanteils sei unwirksam, weil insoweit erst mit dem FamRÄG 2009 eine Gesetzesänderung eingetreten sei. Sie stehe somit einer gerichtlichen Aufteilung nicht entgegen. Es sei zwar richtig, dass nach der Rechtsprechung der Aufteilungswunsch des an der Zerstörung der ehelichen Lebensgemeinschaft schuldlosen Teils Anerkennung finden könne, dies doch im Allgemeinen nur dann, wenn nicht andere schwerwiegende Gründe berücksichtigungswürdiger erschienen. Hier sei zu berücksichtigen, dass der Antragsteller bereits seit etwa 45 Jahren im Ort lebe und über keine andere Wohnversorgung verfüge, während die Antragsgegnerin seit ihrem Auszug aus der Ehewohnung im Jahr 2002 in einem anderen Ort wohne. Auch wenn diese Wohnung nur 36 m² groß sei, diene sie doch ihrer Wohnversorgung. Dass auch der Antragsteller die Möglichkeit hätte, sich um eine Mietwohnung umzusehen möge zutreffen; derzeit verfüge er aber, anders als die Antragsgegnerin, über keine andere Wohnung. Zu Recht habe das Erstgericht auch die finanziellen Möglichkeiten des Antragstellers zur Leistung einer Ausgleichszahlung und zur Bedienung der zu übernehmenden Schulden günstiger eingestuft als jene der Antragsgegnerin, die nach der erstgerichtlichen Feststellung ‑ abgesehen von ihrem Bausparvertrag ‑ über keine Ersparnisse verfüge. Soweit sie sich auf die Feststellung über die Anlage eines Betrags von 28.060 EUR als Reservepolster berufe, sage dies nichts darüber aus, ob sie über den genannten Betrag auch derzeit noch verfüge. Insgesamt rechtfertigten die Umstände des Falls die vom Erstgericht entgegen der Vereinbarung vom 11. 7. 1995 vorgenommene Zuweisung der ehelichen Liegenschaft an den Antragsteller. Auch wenn der Antragsgegnerin zuzustimmen sei, dass ihr Beitrag denjenigen des Antragstellers deutlich überstiegen hat, bewege sich die angefochtene Entscheidung unter Berücksichtigung der maßgeblichen Grundsätze des Aufteilungsverfahrens im Rahmen des im Einzelfall bestehenden Ermessensspielraums. Im Hinblick auf die Höhe der von ihr für die eheliche Liegenschaft getätigten Investitionen von insgesamt rund 116.000 EUR und den Umstand, dass sie bis zur Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft um ca 7.500 EUR höhere Kreditrückzahlungen geleistet hat als der Antragsteller, erscheine es aber angebracht, die nach billigem Ermessen festzusetzende Ausgleichszahlung mit 55.000 EUR zu bestimmen. Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil Rechtsfragen im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG nicht zu lösen gewesen seien.

Der dagegen erhobene Revisionsrekurs der Antragsgegnerin ist zulässig und berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Vorweg ist festzuhalten, dass im Revisionsrekursverfahren nicht in Frage gestellt wird, dass die Aufteilung grundsätzlich im Verhältnis 1:1 zu erfolgen hat; Derartiges hat insbesondere der Antragsteller bereits in seinem Aufteilungsantrag angestrebt. Die Vorinstanzen haben allerdings dem Umstand nicht ausreichend Rechnung getragen, dass bei der Aufteilungsentscheidung in die Ehe eingebrachte und gemäß § 82 Abs 1 Z 1 EheG nicht der Aufteilung unterliegende Vermögenswerte, soweit sie zumindest als Surrogat noch im ehelichen Vermögen vorhanden sind, rechnerisch dem betreffenden Ehegatten (vorweg) zukommen sollen (vgl nur 8 Ob 505/89 sowie die Nachweise bei Gitschthaler, Nacheheliche Aufteilung Rz 52 f). Lediglich das (darüber hinaus) während der Ehe erworbene Vermögen ist (rechnerisch) im Regelfall im Verhältnis 1:1 den Ehegatten zuzuweisen. Nach den unbekämpften Feststellungen der Vorinstanzen hat die Antragsgegnerin für den Erwerb der Liegenschaft und den Hausbau samt Einrichtung rund 116.000 EUR aus vorehelichen Mitteln verwendet, wogegen der Antragsteller einen Betrag von 4.360 EUR beisteuerte. Rechnet man zu diesen Beträgen noch die für den Hausbau aufgenommenen Fremdmittel in Höhe von insgesamt rund 110.000 EUR sowie die vom Antragsteller „mit ca 19.000 bis 20.000 EUR bewerteten“ Eigenleistungen, ergeben sich Anschaffungs‑ und Herstellungskosten in Höhe von rund 250.000 EUR. Nachdem die Liegenschaft zum Zeitpunkt der Auflösung der ehelichen Gemeinschaft einen Wert von (nur noch) 176.000 EUR, also von rund 70 % der investierten Mittel (inklusive der behaupteten Eigenleistungen des Antragstellers) hatte, war zu diesem Zeitpunkt als Surrogat vorehelichen Vermögens aus den Beiträgen der Antragsgegnerin ein Wert von rund 81.000 EUR und aus jenen des Antragstellers ein Wert von rund 3.000 EUR vorhanden, der bei der Aufteilung ‑ wie dargelegt ‑ den betreffenden Ehegatten (rechnerisch) vorweg zukommen soll. Geht man weiters nach den unbekämpften Feststellungen der Vorinstanzen von der Aufteilung unterliegenden Vermögenswerten der Ehegatten von insgesamt rund 100.000 EUR (Aktiva von rund 185.000 EUR abzüglich Verbindlichkeiten von rund 85.000 EUR) aus, lässt sich ein während der Ehe gemeinsam erwirtschafteter „Zugewinn“ von rund 16.000 EUR feststellen, der im Fall gleichwertiger Beiträge (rechnerisch) beiden Ehegatten zu in etwa gleichen Teilen zukommen sollte.

Die Vorinstanzen haben zwar unbeachtet gelassen, dass bei der nachehelichen Vermögensaufteilung die Bewertung der einzelnen Vermögensgegenstände grundsätzlich zum Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz zu erfolgen hat (vgl nur RIS‑Justiz RS0057644, RS0057818), doch behauptet keine der Parteien, dass sich etwa am Wert der Liegenschaft zwischen dem Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft und jenem der Entscheidung erster Instanz etwas Entscheidendes geändert hätte.

Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen vermag der erkennende Senat ein beachtenswertes erheblich höheres Interesse des Antragstellers am Erhalt der Liegenschaft mit dem Einfamilienhaus, in dem sich die Ehewohnung befand, nicht zu erkennen. Aus den getroffenen Feststellungen ergibt sich vielmehr, dass die Antragsgegnerin ebenso eine Vielzahl von sozialen Beziehungen im früheren Wohnort und der Umgebung hat und es keineswegs sachgerecht wäre, sie bloß wegen des Wunsches des Antragstellers, in der bisherigen Ehewohnung bleiben zu können, auf ihre kleine Mietwohnung in S***** zu verweisen, die sie nach der überwiegend vom Antragsteller verschuldeten Zerrüttung der Ehe bezogen hat, um weiteren engen Kontakt in der Wohnsituation zu vermeiden. Die Auffassung des Rekursgerichts, der Antragsteller könne nicht darauf verwiesen werden, sich ‑ innerhalb einiger Monate ‑ eine Mietwohnung an seinem bisherigen Wohnort zu suchen, ist nicht nachvollziehbar, zumal er selbst gar nicht behauptet, dass eine solche Wohnung nicht zu bekommen wäre, und er es der Antragsgegnerin durchaus zugemutet hat, mehr als zehn Jahre faktisch auf die Benützung des überwiegend in ihrem Eigentum stehenden Einfamilienhauses zu verzichten.

Besondere Bedeutung ist daher dem Umstand beizumessen, dass der Erwerb der Liegenschaft und die Errichtung des Hauses überwiegend aus ihren (zum Teil vorehelichen) Mitteln finanziert wurden und in der anlässlich der Übertragung eines Viertels der Liegenschaft getroffenen Vereinbarung vorgesehen wurde, dass ihr dieser Anteil im Falle einer Scheidung aus dem überwiegenden Verschulden des Antragstellers ‑ gegen Ersatz der getätigten Aufwendungen ‑ rückübertragen werden soll. Nach den getroffenen Feststellungen hat der Antragsteller diese Vereinbarung unterfertigt, nachdem er einen Vertragsentwurf zugesandt erhalten hatte und der Vertragstext vom Notar mit dem Angebot zusätzlicher Erläuterungen vorgelesen worden war, sodass keinesfalls gesagt werden kann, ihr läge kein ausreichender rechtsgeschäftlicher Wille von seiner Seite zugrunde; er hat die Vereinbarung auch nicht etwa wegen eines Erklärungs‑ oder Geschäftsirrtums angefochten.

Richtig ist, dass § 97 EheG idF BGBl I 2009/75 auf die Vermögensauseinandersetzung der Streitteile nicht anzuwenden ist, gilt doch für vor dem 1. 1. 2010 eingeleitete Aufteilungsverfahren noch das alte Recht (Art 18 § 3 FamRÄG 2009). Nach § 97 Abs 1 EheG aF waren zwar Vereinbarungen über die Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens ‑ und damit auch der Ehewohnung ‑ grundsätzlich nicht wirksam bzw für das Gericht bindend, auch zur früheren Rechtslage entsprach es aber herrschender Auffassung, dass es im Einzelfall durchaus der Billigkeit entsprechen kann, die in der (unwirksamen) Vereinbarung getroffene Regelung und die ihr zugrunde gelegenen Motive in die bei der Aufteilung anzustellenden Erwägungen einfließen zu lassen (vgl dazu nur die Judikatur- und Literaturnachweise bei Stabentheiner in Rummel 3 II/4 § 97 EheG Rz 1).

Unzutreffend ist in diesem Zusammenhang auch das Argument des Erstgerichts, die Schenkung (des Viertelanteils) sei „als Gegenleistung für die Arbeitsleistungen des Antragstellers am Hausbau“ hingegeben worden, weshalb der Wert der Arbeitsleistungen des Antragstellers den Wert des Schenkungsgegenstands „kompensiert“ habe. Vielmehr wurde festgestellt, dass die Übertragung des Viertelanteils hauptsächlich deshalb erfolgte, weil das gemeinschaftliche Eigentum an der Liegenschaft Voraussetzung für einen Landeskredit war. Wenn weiters festgestellt wurde, dass die Übergabe gleichzeitig eine Gegenleistung zu den Arbeiten darstellen sollte, die der Antragsteller für die Errichtung des Eigenheims erbracht hatte, kann damit zweifellos nicht eine wertmäßig adäquate Gegenleistung gemeint sein, hatte doch einerseits zum Zeitpunkt der Übertragung der Hausbau gerade erst begonnen und hat der Antragsteller dazu insgesamt erheblich weniger als ein Viertel der Gesamtkosten beigetragen. Eine objektive Bewertung der aufgezeigten Umstände führt somit dazu, dass sich die Antragsgegnerin zu Recht darauf beruft, ihr sei ein deutlich größeres Interesse daran zuzubilligen, aus dem ehelichen Vermögen die Liegenschaft zu erhalten.

Ob sie in der Lage sein wird, die mit dem Alleineigentum an der Liegenschaft verbundenen Verbindlichkeiten, insbesondere die offenen Kreditrückzahlungen, zu leisten, wofür sie sich auf die Hilfestellung ihrer Familie beruft, kann zwar nicht abschließend beurteilt werden. Für die Entscheidung über die Zuweisung der Liegenschaft ist diese Frage aber ‑ entgegen der Auffassung der Vorinstanzen ‑ nicht von ausschlaggebender Bedeutung, ist es doch noch erheblich unsicherer, wie der Antragsteller derartige Zahlungspflichten einschließlich einer Ausgleichszahlung, die deutlich über den von den Vorinstanzen festgelegten Betrag liegen müsste, finanzieren könnte. In einem solchen Fall muss eben in Kauf genommen werden, dass der Ehegatte, dem der hauptsächliche eheliche Vermögenswert zugewiesen wird, und sei es die Ehewohnung, diesen allenfalls später veräußern muss, weil keiner der beiden Ehegatten auf Dauer in der Lage wäre, ihn zu erhalten bzw zu finanzieren.

Wie bereits ausgeführt wurde, sollen im Regelfall beide Ehegatten (rechnerisch) jenen Wertzuwachs zugewiesen erhalten, der an dem der Aufteilung unterliegendem Vermögen während der Ehe eingetreten ist. Dies wird auch im vorliegenden Verfahren von keiner der Parteien grundsätzlich in Zweifel gezogen. Soweit sich der Antragsteller darauf berufen hat, er habe doch ‑ anders als die Antragsgegnerin ‑ in erheblichem Ausmaß Eigenleistungen erbracht und damit zur Wertsteigerung der Liegenschaft beigetragen, ist einerseits zu beachten, dass es sich dabei um Werte von maximal 19.000 bis 20.000 EUR handelt, die zudem bei Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft nur noch mit einem Prozentsatz von rund 70 % vorhanden waren. Andererseits hat er das während der Ehe erworbene Vermögen (Einkommen) dadurch verringert, dass er damit eigene voreheliche Schulden in der Größenordnung von rund 7.000 EUR ‑ und rund 5.814 EUR an vorehelichen Schulden der Antragsgegnerin ‑ tilgte. Vor allem zahlte er darüber hinaus auch noch einen vor der Eheschließung aufgenommenen Kredit in Beträgen von monatlich etwa 597 EUR zurück (was für die gesamte Dauer der ehelichen Gemeinschaft ‑ mangels gegenteiliger Anhaltspunkte unter der Annahme gleichbleibender Raten ‑ einen Betrag von mehr als 82.000 EUR ausmachte), die ohne die in die Ehe eingebrachten Schulden zur Bestreitung des gemeinsamen Lebens oder auch zur Vermögensbildung verwendet werden hätten können. Insgesamt ist somit kein (deutlich) höherer Beitrag des Antragstellers zu der während der Ehe eingetretenen Vermögensvermehrung festzustellen; das Rekursgericht legte im Übrigen auch unbekämpft dar, die Antragsgegnerin habe bis zur Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft um ca. 7.500 EUR höhere Kreditrückzahlungen (gemeint: für die „Baudarlehen“) als der Antragsteller geleistet.

Offenbar ausgehend von der Überlegung, dass (nur) die zum Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft vorhandenen Vermögenswerte aufzuteilen sind, haben die Vorinstanzen den zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Aktiva die damals offenen Kreditbeträge gegenübergestellt und sind dabei zu einem „Reinvermögen“ in Höhe von rund 100.000 EUR gelangt, wobei zutreffend davon ausgegangen wurde, dass derjenige Ehegatte, die zu diesem Zeitpunkt offenen ‑ im Zusammenhang mit dem Hausbau aufgenommenen ‑ Kredite zurückzuzahlen hat, dem letztlich die Liegenschaft ins Alleineigentum zugewiesen wird. Wie bereits dargelegt wurde, stünden der Antragsgegnerin aus dem festgestellten Reinvermögen rechnerisch vorweg 81.000 EUR zu, die aus dem in den Grundkauf und Hausbau eingeflossenen vorehelichen Vermögen wertmäßig noch im Liegenschaftswert vorhanden sind, wobei Entsprechendes für den Antragsteller mit einem Betrag von 3.000 EUR gilt. Darüber hinaus ist der eigentliche eheliche Zugewinn von 16.000 EUR rechnerisch aufzuteilen.

Eine Berechnung zum 1. 4. 2002 ergibt nun, dass der Antragsgegnerin die Liegenschaft im Wert von 176.000 EUR zukommt, wovon die (ebenfalls ihr zuzuweisende) Belastung durch die gemeinsam aufgenommenen Kredite von rund 82.840 EUR abzuziehen ist, womit sich ein ihr zukommender Wert von rund 93.160 EUR ergibt. Dem Antragsteller verbleiben damit Vermögenswerte (Lebensversicherungen, Bausparvertrag) im Gesamtwert von 9.780 EUR abzüglich des noch offenen Darlehens bei der Steiermärkischen Landarbeiterkammer von rund 2.330 EUR, somit insgesamt rund 7.450 EUR. Damit fehlen ihm mehr als 3.500 EUR auf den ihm rechnerisch gebührenden Wert von 11.000 (3.000 + 1/2 x 16.000) EUR.

Dass die Antragsgegnerin nach dem von den Vorinstanzen herangezogenen Wertermittlungszeitpunkt Darlehensrückzahlungen geleistet hat, ist nicht eigens zu veranschlagen, geht die Berechnung des „reinen“ Werts des ehelichen Vermögens zum Zeitpunkt der Auflösung der ehelichen Gemeinschaft doch gerade davon aus, dass ab diesem Zeitpunkt die Rückzahlung der gemeinsam aufgenommenen Darlehen allein Sache jenes Ehegatten ist, dem die Liegenschaft zur Gänze zukommt.

Dass der Antragsteller ‑ abgesehen vom Kredit der Landarbeiterkammer ‑ nach dem 1. 4. 2002 Rückzahlungen vorgenommen hätte, wurde von den Vorinstanzen ‑ offenbar aufgrund rechtlicher Erwägungen ‑ nicht explizit festgestellt. Er hatte dazu vorgebracht, er habe auf die gemeinsamen Kreditschulden zwischen 1. 4. 2002 und Februar 2010 Rückzahlungen von rund 31.000 EUR geleistet, was die Antragsgegnerin nicht substantiiert bestritten hatte. Seine Auffassung, nach Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft geleistete Zahlungen auf eheliche Schulden seien bei der Aufteilung zu berücksichtigen, ist zwar an sich richtig (siehe nur 6 Ob 667/83 = SZ 56/193; 1 Ob 30/00b ua; vgl auch RIS‑Justiz RS0057765 [T8]). Im vorliegenden Fall ist aber ebenso zu veranschlagen, dass er das Haus mehr als zehn Jahre lang allein bewohnt hat, womit er sich gegenüber der Wohnsituation der Antragsgegnerin nicht nur einen erheblichen Vorteil an Wohnqualität verschaffte, sondern sich darüber hinaus auch - anders als diese - vor allem die Aufwendungen für eine Mietwohnung ersparte (vgl dazu etwa 6 Ob 178/03z mwN); weiters konnte er auch die Erträgnisse der ihm verbliebenen Vermögenswerte über mehr als zehn Jahre lukrieren. Diese Vorteile gleichen den Vermögensabfluss durch die Darlehensrückzahlungen größenordnungsmäßig aus.

Die Antragsgegnerin, der ‑ wie dargelegt ‑ durch die Übertragung des Miteigentumsanteils des Antragstellers auch unter Berücksichtigung der übernommenen Lasten ein wertmäßig höherer Anteil an der Aufteilungsmasse zukommt, als ihr an sich gebührt, hat das durch eine Ausgleichszahlung nach § 94 EheG wettzumachen, die unter Berücksichtigung der seit dem Aufteilungsstichtag vergangenen Zeit auf 5.000 EUR aufzurunden ist. Insgesamt sind die Entscheidungen der Vorinstanzen in dem aus dem Spruch dieses Beschlusses ersichtlichen Sinn abzuändern. Weil es sich um eine rechtsgestaltende Entscheidung handelt, die über die Aufteilung des Ehevermögens insgesamt abspricht, erübrigt sich eine formelle Abweisung des Begehrens des Antragstellers ebenso wie ein Ausspruch, dass bestimmte Werte (Lebensversicherung, Bausparguthaben) dem Antragsteller verbleiben.

Der Ausspruch über die Haftung für die Kreditverbindlichkeiten im Innenverhältnis beruht auf § 92 EheG, jener über die Stellung als Hauptschuldnerin bzw als Ausfallsbürge gegenüber den Gläubigern auf § 98 Abs 1 EheG. Nach § 93 EheG ist dem Antragsteller nicht nur die Übertragung seines Miteigentumsanteils, sondern darüber hinaus auch die geräumte Übergabe der Gesamtliegenschaft aufzutragen. Die Leistungsfrist von drei Monaten soll ihm das Finden einer neuen Wohnung ermöglichen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 Abs 2 AußStrG. Die Antragsgegnerin war mit ihrem Begehren fast zur Gänze erfolgreich, weshalb ihr der Ersatz ihrer gesamten Verfahrenskosten zusteht. Die Schriftsätze ON 9 und 42 sind nicht zu honorieren (§ 48 ZPO analog bzw § 78 Abs 2 AußStrG), ebenso wenig die Einwendungen gegen das Kostenverzeichnis des Gegners (§ 78 Abs 4 AußStrG iVm § 54 Abs 1a letzter Satz ZPO). Weitere als die zuerkannten Barauslagen wurden nicht bescheinigt.

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