OGH 4Ob97/12m

OGH4Ob97/12m18.9.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Zöchbauer Frauenberger Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei K***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Ruggenthaler, Rest & Borsky Rechtsanwälte OG in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 32.000 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 3.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom 28. März 2012, GZ 1 R 4/12h-9, mit welchem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 2. November 2011, GZ 18 Cg 83/11m-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird teils bestätigt und teils dahin abgeändert, dass sie insgesamt lautet:

„Die beklagte Partei ist schuldig, es im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, das periodische Druckwerk 'Kronen Zeitung' unter Bezugnahme auf Untersuchungen, insbesondere auf die GfK-Studie 'Image der Tageszeitungen 2011', als 'Testsieger', als 'klare Nummer eins' und/oder mit sinngleichen Äußerungen zu bewerben, wenn der behauptete Vorsprung in wesentlichen Kategorien, insbesondere aus Sicht der eigenen Leser ('Selbstbild'), nicht zutrifft, es sei denn, sie weist darauf gleich auffällig hin.

Hingegen wird das Mehrbegehren, solche Werbung auch für den Fall zu untersagen, dass sie nicht auf objektiv nachprüfbaren Ergebnissen eines Qualitätstests beruhe oder nicht in statistisch gesicherter Weise zutreffe und die Beklagte auf diese Umstände nicht gleich auffällig hinweise, abgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, den stattgebenden Teil der Entscheidung über das Unterlassungs- und das Veröffentlichungsbegehren binnen zwei Monaten im redaktionellen Teil einer Sonntagsausgabe der 'Kronen Zeitung' zu veröffentlichen, und zwar in einem Kasten mit Fettdruckumrandung unter der gesperrten und fettgedruckten Überschrift 'Im Namen der Republik', mit gesperrt und fett gedruckten Namen der Prozessparteien, im Übrigen in Normalschrift.

Das Mehrbegehren, die beklagte Partei auch zur Veröffentlichung des Urteils auf zehn Plakatwänden im Großraum Wien zu verpflichten, wird abgewiesen.

Die klagende Partei wird ermächtigt, binnen zwei Monaten den stattgebenden Teil der Entscheidung über das Unterlassungs- und das Veröffentlichungsbegehren im redaktionellen Teil einer Wochenendausgabe der Tageszeitung 'Der Standard' und in einer Sonntagsausgabe der Tageszeitung 'Die Presse' zu veröffentlichen, und zwar auf einer ganzen Seite mit Fettdruckumrandung unter der gesperrten und fettgedruckten Überschrift 'Im Namen der Republik', mit gesperrt und fett gedruckten Namen der Prozessparteien, im Übrigen in Normalschrift.“

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen einen mit 2.797,20 EUR bestimmten Anteil an den Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen (darin 466,20 EUR Umsatzsteuer) zu ersetzen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen einen mit 991 EUR bestimmten Anteil an den allein von ihr getragenen Barauslagen aller drei Instanzen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist Medieninhaberin der Tageszeitung „Österreich“, die Beklagte ist Medieninhaberin der Tageszeitung „Kronen Zeitung“. Die Parteien streiten über die Werbung der Beklagten mit den Ergebnissen einer Studie über das „Image der Tageszeitungen 2011“.

Für diese Studie hatte ein Meinungsforschungsinstitut 3.227 Personen zu deren Einschätzung der österreichischen Tageszeitungen befragt. Dabei holte es insbesondere deren Meinung zu fünfzehn konkret genannten Kriterien ein (Seriosität, Informationswert, Unterhaltungswert, gute Kommentare, Sympathie, Modernität uä). Bei der Auswertung unterschied die Studie zwischen dem „Selbstbild“ und dem „Fremdbild“ der Zeitungen. Das „Selbstbild“ ergab sich aus der Einschätzung durch die regelmäßigen Leser, das „Fremdbild“ aus jener durch Personen, die die jeweilige Zeitung zwar kannten, aber nicht regelmäßig lasen. Die Zusammenrechnung von „Selbstbild“ und „Fremdbild“ ergab das „allgemeine Image“.

Beim „Fremdbild“ war die Beklagte bei elf Kriterien an der Spitze, beim „Selbstbild“ nur bei vier, wobei ihr Vorsprung gegenüber der zweitplatzierten Zeitung hier teilweise innerhalb der statistischen Schwankungsbreiten lag. Beim „allgemeinen Image“ führte die Beklagte hingegen in vierzehn der fünfzehn Kriterien. Bei einem davon („berufliche Wichtigkeit“) lag ihr Vorsprung ebenfalls innerhalb der Schwankungsbreiten.

Die Beklagte warb im Juni 2011 an zumindest fünfzehn Tagen österreichweit in ihrer Tageszeitung und auf Plakatwänden mit folgenden Aussagen:

„Die Beste! Die Krone, klare Nummer 1 und Testsieger in 14 Kategorien.“

„Die Beliebteste! Die Krone, klare Nummer 1 und Testsieger in 14 Kategorien.“

„Die Informativste! Die Krone, klare Nummer 1 und Testsieger in 14 Kategorien.“

„Die Modernste! Die Krone, klare Nummer 1 und Testsieger in 14 Kategorien.“

„Die Aktuellste! Die Krone, klare Nummer 1 und Testsieger in 14 Kategorien.“

„Die Sympathischste! Die Krone, klare Nummer 1 und Testsieger in 14 Kategorien.“

Im Hintergrund dieser Aussagen waren jeweils andere Kriterien angezeigt, in denen die Zeitung der Beklagten ebenfalls „Testsieger“ gewesen sei. Unter den Aussagen stand jeweils in kleinerer Schrift folgender Text:

„Quelle: GfK Austria „Image der Tageszeitungen 2011“, repräsentative Befragung Jänner bis April 2011, Sample 3.227 Interviews.“

Die Klägerin beantragt, der Beklagten zu verbieten, ihre Zeitung im geschäftlichen Verkehr unter Bezugnahme auf Untersuchungen, insbesondere die GfK-Studie „Image der Tageszeitungen 2011“,

a. als „Testsieger“ und/oder mit sinngleichen Äußerungen zu bewerben, wenn die Behauptungen nicht aus den objektiv nachprüfbaren Ergebnissen eines Qualitätstests hervorgingen und/oder wenn der behauptete Vorsprung in wesentlichen Kategorien, insbesondere aus Sicht der eigenen Leser (Selbstbild), nicht oder nicht in statistisch gesicherter Weise zutreffe,

b. als „klare Nummer eins“ und/oder mit sinngleichen Äußerungen zu bewerben, wenn der behauptete Vorsprung in wesentlichen Kategorien, insbesondere aus Sicht der eigenen Leser (Selbstbild), nicht oder nicht in statistisch gesicherter Weise zutreffe,

es sei denn, die Beklagte weise darauf jeweils in gleicher Auffälligkeit hin.

Weiters beantragt die Klägerin, die Beklagte zu verpflichten, das Urteil im redaktionellen Teil einer Sonntagsausgabe ihrer Zeitung und auf zehn Plakatwänden im Großraum Wien, davon vier an konkret genannten vielbefahrenen Straßen, zu veröffentlichen. Hilfsweise zur Veröffentlichung auf Plakaten begehrt die Klägerin die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung in je einer Ausgabe der „Presse“ und des „Standard“.

Die Formulierung „Testsieger“ suggeriere eine objektive Studie über die Qualität eines Produkts. In Wahrheit habe es sich aber nur um eine Meinungsumfrage gehandelt. Die Beklagte liege auch beim „allgemeinen Image“ unter Berücksichtigung der Schwankungsbreiten nicht, wie behauptet, in vierzehn, sondern nur in dreizehn Kriterien klar voran. Sie verschweige, dass sie beim „Fremdbild“ nur in elf und beim „Selbstbild“ nur in vier Kriterien an erster Stelle liege. Dadurch entstehe ein irreführender Gesamteindruck.

Die Beklagte bestreitet die Vorwürfe. Aus der Gestaltung der Werbung ergebe sich eindeutig, dass sie auf einer Meinungsumfrage beruhe. Beim „allgemeinen Image“ sei die Werbung inhaltlich richtig. Dass der Vorsprung gegenüber der Zweitplatzierten bei einem von vierzehn Kriterien innerhalb der Schwankungsbreiten liege, habe keinen Einfluss auf die geschäftliche Entscheidung der angesprochenen Kreise. Eine Spitzenstellung, die die Meinung (fast) der gesamten Bevölkerung hinter sich habe, könne jedenfalls nur die Zeitung der Beklagten behaupten. Sie sei nicht verpflichtet gewesen, auf die Ergebnisse beim „Selbstbild“ und beim „Fremdbild“ hinzuweisen. Für die Adressaten der Werbung sei nur das „allgemeine Image“ relevant, weil sich das Werbepublikum sowohl aus Lesern als auch aus Nicht-Lesern der Zeitung zusammensetze und daher die Meinung beider Gruppen maßgebend sei. Das Veröffentlichungsbegehren sei überzogen, insbesondere komme eine Veröffentlichung auf Plakaten nicht in Betracht.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Aus der Gestaltung der Werbung habe sich eindeutig ergeben, dass sie (nur) auf einer Umfrage beruhe. Dass der Vorsprung der Beklagten in einer von vierzehn Kategorien innerhalb der Schwankungsbreiten liege, falle vernünftigerweise nicht ins Gewicht. Damit seien die Behauptungen an sich nicht irreführend gewesen. Dass die Beklagte die Unterkategorien „Selbstbild“ und „Fremdbild“ nicht erwähnt habe, schade nicht, weil es in der Werbung keine Pflicht zur Vollständigkeit gebe und dadurch auch kein unrichtiger Gesamteindruck entstanden sei.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Die Beklagte habe in der Werbung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ihren Behauptungen eine repräsentative Befragung zugrunde liege. Damit sei für einen verständigen Leser klar gewesen, wie er den Ausdruck „Test“ zu verstehen habe. Dass die Zeitung der Beklagten unter Bedachtnahme auf die Schwankungsbreiten möglicherweise nicht bei vierzehn, sondern nur bei dreizehn Kriterien an der ersten Stelle liege, sei lauterkeitsrechtlich irrelevant. Denn am maßgebenden Gesamteindruck der Werbung, dass die Beklagte beim „allgemeinen Image“ insgesamt bei weitem führend sei, hätte sich auch dann nichts geändert, wenn die Beklagte die Spitzenstellung nur für dreizehn Kriterien behauptet hätte. Ein Hinweis auf die (schlechteren) Ergebnisse beim „Selbstbild“ und „Fremdbild“ sei nicht notwendig gewesen, weil die Studie in erster Linie das „allgemeine Image“ von Tageszeitungen erheben sollte und die Ergebnisse der Unterkategorien ohnehin in das Gesamtergebnis eingeflossen seien. Ein durch Unvollständigkeit irreführender Gesamteindruck liege nicht vor, weil die Kategorien „Selbstbild“ und „Fremdbild“ keine eigenständige Bedeutung hätten. Da sich das „allgemeine Image“ eines Produkts nach dem Verständnis des Verkehrs auch aus der Wertschätzung durch solche Personen ergebe, die es zwar kannten, aber nicht nutzten, habe die Beklagte nicht darauf hinweisen müssen, dass den von ihr präsentierten Ergebnissen auch die Einschätzung durch Nichtleser zugrunde liege.

Die gegen diese Entscheidung gerichtete außerordentliche Revision der Klägerin ist zulässig, weil das Berufungsgericht bei der Prüfung der Irreführungseignung einer unvollständigen Werbeaussage die Grenzen seines Beurteilungsspielraums überschritten hat. Sie ist aus diesem Grund teilweise berechtigt.

1. Die Entscheidung des Berufungsgerichts zur Verwendung des Begriffs „Test“ trifft zu.

Rechtliche Beurteilung

Maßgebend ist das Verständnis eines durchschnittlich informierten und verständigen Adressaten, der eine dem Anlass angemessene Aufmerksamkeit aufwendet (RIS-Justiz RS0114366). Dieser wird von vornherein nicht annehmen, dass man Kriterien wie „Beliebtheit“, „Sympathie“ oder „Modernität“ in welcher Weise auch immer „objektiv“ testen könnte. Bei „Aktualität“ und „Informationsgehalt“ wäre das zwar theoretisch denkbar. Hier ergibt sich aber aus der Gestaltung der Werbung, insbesondere aus der jeweils erfolgten Nennung weiterer, jedenfalls nicht objektiv messbarer Kriterien und aus der ausreichend deutlich bezeichneten Quelle, dass die Behauptungen ausschließlich auf einer Meinungsumfrage beruhen. Eine irreführende Geschäftspraktik liegt hier daher nicht vor.

2. Ebenfalls richtig ist die Auffassung des Berufungsgerichts, die aufgrund der Schwankungsbreiten möglicherweise unrichtige Behauptung eines Vorsprungs bei vierzehn - statt jedenfalls richtig dreizehn - Kategorien sei nicht geeignet, den durchschnittlichen Adressaten der Werbung zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er sonst nicht getroffen hätte (§ 2 Abs 1 UWG).

2.1. Zwar trifft zu, dass eine Spitzenstellung im Regelfall nur behauptet werden darf, wenn sie auch unter Berücksichtigung der Schwankungsbreiten vorliegt (4 Ob 116/07y = ÖBl 2008, 134 [Gamerith] - Weekend Magazin mwN). Dagegen hätte die Beklagte verstoßen, wenn sie bei jener Kategorie, in der ihr Vorsprung gegenüber der Zweitplatzierten innerhalb der Schwankungsbreiten lag („berufliche Wichtigkeit“), ohne nähere Erläuterung eine Spitzenstellung behauptet hätte. Das hat sie aber nach den Feststellungen nicht (ausdrücklich) getan; ihre konkreten Werbebotschaften bezogen sich auf andere Kriterien.

2.2. Damit bleibt zu prüfen, ob die Behauptung der Spitzenstellung in vierzehn statt (unstrittig) dreizehn Kategorien tatsächlich eine lauterkeitsrechtlich relevante Irreführung (RIS-Justiz RS0078296) begründe. Die Revision zeigt hier nicht auf, weswegen dieser Umstand - entgegen der Auffassung der Vorinstanzen - für die wirtschaftliche Entscheidung eines Durchschnittsverbrauchers relevant sein sollte. Zwar ist im Zweifel nicht anzunehmen, dass Unternehmen unwirksame Werbebehauptungen aufstellen (4 Ob 127/12y - Klubvorteile). Im vorliegenden Fall wird der maßgebende Gesamteindruck der Werbung (RIS-Justiz RS0078352; RS0078340; RS0043590 [T49]) aber von der Behauptung einer generellen Spitzenstellung geprägt. An dieser Spitzenstellung änderte sich nichts, wenn sie allenfalls nur bei dreizehn statt vierzehn von fünfzehn Kriterien bestünde. Dies erkennt offenbar auch die Revision, nimmt sie doch zur von den Vorinstanzen aufgezeigten Frage der mangelnden Relevanz in Wahrheit nicht Stellung.

3. Berechtigt ist die Revision allerdings insofern, als sie eine irreführende Unvollständigkeit der beanstandeten Werbung geltend macht.

3.1. Unvollständige Angaben verstoßen gegen § 2 UWG, wenn durch das Verschweigen wesentlicher Umstände ein falscher Gesamteindruck hervorgerufen wird, sodass die Unvollständigkeit geeignet ist, das Publikum in einer für die geschäftliche Entscheidung erheblichen Weise irrezuführen (RIS-Justiz RS0121669; RS0078615; zuletzt etwa 4 Ob 165/11k = RdW 2012, 317 - Deckungsvergleich).

3.2. Ein solcher Fall liegt hier vor. Denn die Spitzenstellung beim „allgemeinen Image“ verliert in den Augen des durchschnittlichen Adressaten der Werbung (RIS-Justiz RS0114366) deutlich an Gewicht, wenn er erfährt, dass sie bei den regelmäßigen Lesern der Zeitung (im „Selbstbild“) gerade nicht vorliegt, sodass sie sich im Ergebnis auf der Einschätzung jener Befragten beruhen muss, die die Zeitung zwar kennen, aber gerade nicht regelmäßig lesen. Dies legt bei unbefangener Betrachtung den Schluss nahe, dass die Zeitung in Wahrheit nicht hält, was sie nach Meinung einer Mehrheit der Bevölkerung (der Gesamtheit von Lesern und Nichtlesern) verspricht. Dabei handelt es sich um einen wesentlichen Umstand, der die - isoliert betrachtet richtige - Aussage zur Spitzenstellung in hohem Maße relativiert. Dazu kommt, dass die Einschätzung durch Nichtleser (also das für die Spitzenstellung beim „allgemeinen Image“ faktisch maßgebende „Fremdbild“) für Werbekunden, die an Inseraten in einer Zeitung mit einem „positiven Image“ interessiert sind, völlig unerheblich ist.

3.3. An dieser Beurteilung ändert sich nichts, wenn die Studie - wie die Beklagte vorbringt - „Fremdbild“ und „Selbstbild“ nur als „Unterkategorien“ versteht, die in erster Linie der „Selbstevaluierung“ der teilnehmenden Zeitungen dienen. Denn nicht die Zielsetzung der Studie ist für die lauterkeitsrechtliche Beurteilung maßgebend, sondern die (tatsächliche oder hypothetische) Bewertung von deren Ergebnissen durch die Adressaten der Werbung. Dass diese, wie die Beklagte behauptet, an den Ergebnissen (insbesondere) beim „Selbstbild“ kein Interesse hätten, trifft aus den oben dargestellten Gründen nicht zu. Weiters mag zwar zutreffen, dass es große Zeitungen aufgrund einer heterogenen Leserschaft schwerer haben, eine Spitzenstellung beim „Selbstbild“ zu erreichen. Das ändert aber nichts daran, dass ein Zurückliegen in dieser Kategorie nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Adressaten der Werbung die Spitzenstellung beim „allgemeinen Image“ deutlich entwertet.

3.4. Aus diesen Gründen ist der Beklagten die beanstandete Spitzenstellungswerbung zu untersagen, wenn der behauptete Vorsprung in wesentlichen Kategorien, insbesondere aus Sicht der eigenen Leser (Selbstbild), nicht zutrifft. Im Übrigen, also bei der angeblichen Irreführung über das Vorliegen eines objektiven „Tests“ und in der Frage der Schwankungsbreiten, hat es bei der Abweisung zu bleiben.

4. Auch das Begehren auf Urteilsveröffentlichung ist teilweise berechtigt.

5.1. Die Verpflichtung zur Urteilsveröffentlichung setzt ein schutzwürdiges Interesse des Klägers an der Aufklärung des Publikums im begehrten Ausmaße voraus (RIS-Justiz RS0079737). Diese Frage hat das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Bei der dabei vorzunehmenden Interessenabwägung ist den Interessen dessen, dem das Recht auf Urteilsveröffentlichung zugesprochen wird, und dem Interesse der beteiligten Verkehrskreise an der Aufklärung ausgewogen Rechnung zu tragen (4 Ob 287/01m; RIS-Justiz RS0079820 [T15]). Bei in Druckschriften begangenen Wettbewerbsverstößen hat die Urteilsveröffentlichung - dem Talionsprinzip entsprechend - in der Regel an der gleichen Stelle und in der gleichen Schrift zu erfolgen wie der Wettbewerbsverstoß, weil auf diese Weise der Aufklärungszweck am besten erreicht werden kann (RIS-Justiz RS0079607; vgl 4 Ob 171/06k = SZ 2006/188 mwN).

5.2. Auf dieser Grundlage ist im vorliegenden Fall jedenfalls die in der Zeitung der Beklagten begehrte Veröffentlichung gerechtfertigt. Insofern kann ein vollstreckbarer Auftrag erteilt werden (4 Ob 141/04w = SZ 2004/128). Hingegen ist das Begehren auf Veröffentlichung des Urteils auf zehn Plakatwänden - davon vier an vielbefahrenen Straßen - abzuweisen. Eine solche Veröffentlichung entspräche zwar dem Talionsprinzip; sie erfasste auch jenen Teil der Zielgruppe der beanstandeten Werbung, der die Zeitung der Beklagten nicht liest. Dennoch wäre diese Veröffentlichung zur Aufklärung des Publikums nur in geringem Maße geeignet, weil der Durchschnittsverbraucher weder gewohnt noch - als Verkehrsteilnehmer - in der Lage ist, auf Plakaten einen umfangreichen, eher komplex formulierten Text zu studieren und in seiner Bedeutung zu begreifen. Ein schutzwürdiges Interesse der Klägerin ist hier daher nicht zu erkennen. Hingegen ist die Klägerin - im Sinn ihres Eventualbegehrens - zu ermächtigen, das Urteil in je einer Ausgabe der „Presse“ und des „Standard“ veröffentlichen zu lassen. Es ist allgemein bekannt, dass diese Zeitungen - als „Qualitätszeitungen“ - auf eine Zielgruppe ausgerichtet sind, die nicht unbedingt mit jener der „Kronen Zeitung“ übereinstimmt. Damit kann die Veröffentlichung dort Personen erreichen, die zwar die Plakate der Beklagten wahrgenommen haben, von einer Urteilsveröffentlichung in deren Zeitung aber nicht erfasst würden.

6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 43 Abs 1 und § 50 ZPO. Die Klägerin ist mit einem Drittel ihres Begehrens durchgedrungen. Sie hat daher Anspruch auf Ersatz eines Drittels der allein von ihr getragenen Pauschalgebühren; ihrerseits muss sie der Klägerin ein Drittel von deren Kosten der Rechtsverteidigung ersetzen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte