Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 15 FBG iVm § 71 Abs 3 AußStrG).
Begründung
Rechtliche Beurteilung
1. Zu den offenkundig rechtsmissbräuchlich gestellten Ablehnungsanträgen gegen Mitglieder des firmenbuchrechtlichen Fachsenats des Obersten Gerichtshofs, über welche daher nicht entschieden werden muss, kann auf die Entscheidung 6 Ob 260/11w verwiesen werden.
2. Der Oberste Gerichtshof hat sich bereits in der Entscheidung 6 Ob 129/11f eingehend mit den Änderungen des Zwangsstrafenverfahrens nach § 283 UGB durch das Budgetbegleitgesetz 2011 auseinandergesetzt und insbesondere dargelegt, dass gegen die Regelung keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen.
3. Die Verhängung von Zwangsstrafen sowohl gegen die Gesellschaft als auch gegen den Geschäftsführer ist keine unzulässige Doppelbestrafung, weil in diesem Fall die mehrfache Verhängung von Geldstrafen bloß Folge des Umstands ist, das mehrere handlungspflichtige Rechtssubjekte den sie nach dem Gesetz treffenden Pflichten nicht nachkamen (RIS-Justiz RS0126979 [T2]).
4. Im Zwangsstrafenverfahren nach § 283 UGB besteht kein Verbot der reformatio in peius, weil das Verfahren von Amts wegen eingeleitet wird (§ 55 Abs 2 AußStrG; RIS-Justiz RS0127684). Zwangsstrafen nach § 283 UGB sind - worauf der Oberste Gerichtshof wiederholt hingewiesen hat - keine Strafen iSd Art 6 EMRK (RIS-Justiz RS0115894), fallen doch unter den Begriff der „strafrechtlichen Anklage“ im Sinn dieser Konventionsbestimmung jedenfalls keine Maßnahmen, die dazu dienen, die Erfüllung einer durch das Gesetz vorgeschriebenen Verpflichtung zu erzwingen (Art 5 lit b EMRK), wie dies der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl VfSlg 10.840/1986 mwN) vertritt und dem keine Judikatur des EGMR entgegensteht (vgl EGMR 2. 6. 1993, K gegen Österreich Nr 16.002/90, Rz 38 f; EfSlg 10.840 mwN; Grabenwarter/Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention5 394). Im Übrigen entspricht das Zwangsstrafenverfahren nach § 283 UGB den Garantien des Art 6 EMRK (vgl 6 Ob 41/08k; 6 Ob 64/08p).
5. Zwangsstrafen sind auch dann zu verhängen, wenn die Vorlage von mehrere Jahre zurückliegenden Jahresabschlüssen erzwungen werden soll (RIS-Justiz RS0115833 [T2]). Der Einwand, die offenzulegenden Taten seien mittlerweile „obsolet“ geworden, ist - wie bereits vom Obersten Gerichtshof ausgesprochen - unbegründet. Auch mehrere Geschäftsjahre zurückliegende Jahresabschlüsse und Konzernabschlüsse sind keineswegs für jeden daran Interessierten hinfällig geworden. Wenn sie nicht mehr offengelegt werden müssten, führte diese Argumentation zu dem vom Gesetzgeber keinesfalls gewünschten Ergebnis: Je länger ein Offenlegungspflichtiger die Erfüllung seiner Pflichten verweigert oder gar vereitelt, desto eher könnte er eine Erfüllung auf Dauer verhindern (RIS-Justiz RS0116220 [T1]).
6. Es entspricht mittlerweile gefestigter Judikatur des Obersten Gerichtshofs, dass § 283 UGB idF Budgetbegleitgesetz 2011 nicht gegen das Unionsrecht verstößt (RIS-Justiz RS0113089, RS0113285) und die Offenlegungspflicht auch nach Inkrafttreten der Grundrechte-Charta keinen Verstoß gegen Unions-(Grund-)Recht(e) bildet (RIS-Justiz RS0113089 [T20]). Die Bedenken des Vorabentscheidungsersuchens des Oberlandesgerichts Innsbruck (EuGH C-418/11) werden vom Obersten Gerichtshof nicht geteilt (6 Ob 128/11h; 6 Ob 63/12a; 6 Ob 66/12t).
7. Dass im Verfahren erster Instanz ein Rechtspfleger entschieden hat, nimmt dem Zwangsstrafenverfahren nach ständiger Rechtsprechung nicht die Qualität eines Tribunals iSd Art 2 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK (RIS-Justiz RS0123555).
Der behauptete Verstoß gegen den Richtervorbehalt (§ 16 Abs 2 Z 6 RpflG) hätte nicht die Ausgeschlossenheit des Rechtspflegers, sondern die Nichtigkeit des Verfahrens zur Folge (6 Ob 31/12w). Aus dem gesamten Verfahren ergibt sich allerdings kein Hinweis darauf, dass ausländisches Recht anzuwenden wäre. Das Recht der Europäischen Union ist nicht ausländisches Recht (vgl Fucik in Burgstaller/Deixler-Hübner, § 50 EO Rz 8), gilt es doch in Österreich (vgl Öhlinger, Verfassungsrecht8 Rz 142 ff; Berka, Verfassungsrecht4 Rz 301 ff).
8. Die Ausmessung der Zwangsstrafe hängt grundsätzlich von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Sie darf nicht zu niedrig angesetzt werden, weil sie sonst dem Zweck eines Druckmittels für die Erfüllung der Offenlegungsverpflichtung nicht mehr dienen könnte. Die Strafverhängung erfolgt typischerweise eher schematisch und aufgrund objektiver Kriterien. Es bedarf keiner Feststellungen über die Vermögenslage der Geschäftsführer (RIS-Justiz RS0115833 [T7, T8]). Jedenfalls dann, wenn aus dem Firmenbuchakt die Größenklassen nicht verlässlich beurteilt werden können, ist bei Nichtvorlage von Bilanzen und Unterlassung der Bekanntgabe der Größenmerkmale iSd § 282 Abs 2 UGB vom Vorliegen einer großen Gesellschaft auszugehen (6 Ob 119/07d = RIS-Justiz RS0113285 [T9]). Es bestehen auch keine Bedenken gegen die gleichzeitige Verhängung mehrerer Zwangsstrafen für verschiedene (jeweils zweimonatige) Bestrafungszeiträume (RIS-Justiz RS0127331).
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