OGH 6Ob63/12a

OGH6Ob63/12a19.4.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Handelsgerichts Wien zu FN ***** eingetragenen m***** gmbH mit dem Sitz in Wien, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Gesellschaft und des Geschäftsführers M***** K*****, beide vertreten durch Arnold Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 14. Februar 2012, GZ 4 R 623/11i, 4 R 624/11f-9, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 15 Abs 1 FBG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat bereits in der Entscheidung 6 Ob 129/11f mit eingehender Begründung ausgesprochen, dass § 283 UGB idF BudgetbegleitG 2011 nicht gegen das Unionsrecht verstößt und dagegen auch keine innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen. Dies entspricht mittlerweile der gefestigten Judikatur des Obersten Gerichtshofs (RIS-Justiz RS0113089, RS0113285, RS0126979).

Ebenso hat der Oberste Gerichtshof zu dem von den Rechtsmittelwerbern genannten Vorabentscheidungsersuchen des Oberlandesgerichts Innsbruck ausgesprochen, dass er dessen Bedenken nicht teilt und darin auch keinen Anlass für eine Unterbrechung von Verfahren sieht (6 Ob 128/11h).

Die Offenlegungsverpflichtung bildet auch nach Inkrafttreten der Grundrechte-Charta keinen Verstoß gegen Unions-(Grund-)recht(e) (RIS-Justiz RS0113089 [T20]).

Die Verpflichtung zur Aufstellung (§ 222 UGB) und zur Vorlage eines Jahresabschlusses (§ 277 UGB) besteht auch dann, wenn die Gesellschaft keine Tätigkeit (mehr) ausübt, bis zur Löschung der Gesellschaft (6 Ob 68/03y; RIS-Justiz RS0127629). Für „Rumpfgeschäftsjahre“ sieht das Gesetz - auch wenn die Gesellschaft noch keine Tätigkeit aufgenommen hat - eine Ausnahme nicht vor.

Die Ausführungen der Rechtsmittelwerber über die angeblich nicht ausreichende Sachverhaltsermittlung durch die Vorinstanzen gehen ins Leere. Abgesehen davon, dass der im Außerstreitverfahren geltende Untersuchungsgrundsatz nicht bedeutet, dass sämtliche erdenkliche Beweise aufgenommen werden müssten (RIS-Justiz RS0043368), können vom Rekursgericht verneinte Mängel des Verfahrens erster Instanz auch im außerstreitigen Revisionsrekursverfahren - von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen - nicht mehr aufgegriffen werden (RIS-Justiz RS0050037).

Ein repressiver Charakter der Zwangsstrafe nach § 283 UGB idF BudgetbegleitG 2011 kann nicht zwingend aus dem Gesetz abgeleitet werden (RIS-Justiz RS0115894 [T10]).

Der Oberste Gerichtshof hat bereits in zahlreichen Entscheidungen ausgesprochen, dass sowohl die Einführung einer Mindeststrafe von 700 EUR (§ 283 Abs 3 UGB idF BudgetbegleitG 2011) als auch die nun normierte Verhängung von Strafen sowohl gegen die Gesellschaft als auch den Geschäftsführer verfassungsrechtlich unbedenklich sind (RIS-Justiz RS0126979).

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs sind Zwangsstrafen nach § 283 UGB keine Strafen iSd Art 6 Abs 1 EMRK (keine „Kriminalstrafen“: RIS-Justiz RS0115894 [T7]), fallen doch unter den Begriff der „strafrechtlichen Anklage“ im Sinn dieser Konventionsbestimmung jedenfalls keine Maßnahmen, die dazu dienen, die Erfüllung einer durch das Gesetz vorgeschriebenen Verpflichtung zu erzwingen (Art 5 lit b EMRK), wie dies der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl VfSlg 10.840/1986 mwN) vertritt und dem keine Judikatur des EGMR entgegensteht (vgl EGMR 2. 6. 1993, K gegen Österreich Nr 16.002/90, Rz 38 f; EFSlg 10.840 mwN; Grabenwarter/Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention5 394).

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