OGH 10ObS51/12s

OGH10ObS51/12s3.5.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Monika Lanz (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Thomas Kallab (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Mag. S*****, vertreten durch Landl Edelmann Ganzert Rechtsanwaltspartnerschaft in Vöcklabruck, gegen die beklagte Partei Oberösterreichische Gebietskrankenkasse, Gruberstraße 77, 4021 Linz, vertreten durch ANWALTGMBH Mag. Teuchtmann in Linz, wegen Rückforderung von Kinderbetreuungsgeld (Streitwert: 5.274,39 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 17. Jänner 2012, GZ 11 Rs 198/11h-12, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Wels als Arbeits- und Sozialgericht vom 26. September 2011, GZ 16 Cgs 136/11p-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der Klägerin die mit 447,98 EUR (darin enthalten 74,66 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Im Jahr 2007 bezog die Klägerin aus Anlass der Geburt ihres Sohnes H***** am 30. 6. 2005 im Zeitraum 1. 1. bis 29. 12. 2007 Kinderbetreuungsgeld in Höhe von 5.274,39 EUR.

Mit Notariatsakt vom 5. 7. 2007 schenkte die Klägerin ihren Kommanditanteil an der K***** KG mit einer Vermögenseinlage von 363,36 EUR ihren Schwestern E***** und M*****. Dabei wurde vereinbart, dass diese Kommanditanteile ohne Mitübertragung des Stands auf dem Gesellschafterverrechnungskonto der Geschenkgeberin an die beiden Geschenknehmerinnen übereignet werden. Die Geschenknehmerinnen erklärten, die Klägerin hinsichtlich aller Verpflichtungen und Verbindlichkeiten, die sich aus dem Gesellschaftsverhältnis bezüglich der vertragsgegenständlichen Kommanditanteile ergeben, klag- und schadlos zu halten.

Zum Zeitpunkt der Schenkung wies das Kapitalkonto des Kommanditanteils der Klägerin einen negativen Saldo auf, zu dessen Auffüllung die Klägerin allerdings nicht verpflichtet war. Dieser negative Saldo musste von der Klägerin als Veräußerungsgewinn versteuert werden, wozu im Jahr 2007 ein Gesamtbetrag der Einkünfte von 103.545,45 EUR angesetzt wurde.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 27. 5. 2011 widerrief die beklagte Partei die Zuerkennung des Kinderbetreuungsgeldes für den angeführten Zeitraum und verpflichtete die Klägerin zum Rückersatz der empfangenen Leistung von 5.274,39 EUR. Die Klägerin habe im Jahr 2007 Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 103.545,45 EUR bezogen. Dieser Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 8 KBGG) übersteige die Zuverdienstgrenze (§ 2 Abs 1 Z 3 KBGG).

Die dagegen erhobene Klage ist auf die Feststellung gerichtet, dass für den angeführten Zeitraum kein Widerruf der Zuerkennung des Kinderbetreuungsgeldes erfolge und keine Verpflichtung zur Rückzahlung der empfangenen Leistung bestehe. Der beim Ausscheiden aus der Gesellschaft zu versteuernde Veräußerungsgewinn nach § 24 Abs 2 EStG 1988 sei kein Erwerbseinkommen, sondern lediglich eine gesetzliche Fiktion, die sicherstelle, dass dem ausscheidenden Kommanditisten mit steuerlicher Wirkung zugerechnete Verluste ohne entsprechende Ausgaben durch eine fiktive steuerliche Einnahme kompensiert würden. Dieser Vorgang habe mit der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des ausscheidenden Kommanditisten nichts zu tun. Der Klägerin sei im Jahr 2007 kein reales Einkommen zugeflossen, das den im KBGG normierten Grenzbetrag überschritten hätte. Steuerrechtliche Veräußerungsgewinne nach § 24 EStG 1988 stellten kein Erwerbseinkommen im Sinn des Sozialversicherungsrechts dar.

Die Beklagte beantragte Klagsabweisung aus den im Bescheid angeführten Gründen.

Das Erstgericht stellte fest, dass kein Widerruf der Zuerkennung des Kinderbetreuungsgeldes an die Klägerin für den Zeitraum 1. 1. bis 29. 12. 2007 erfolge und die Klägerin nicht zur Rückzahlung der empfangenen Leistung in Höhe von insgesamt 5.274,39 EUR verpflichtet sei. Den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt beurteilte es rechtlich dahin, dass ein Elternteil unter anderem nur dann Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld für sein Kind habe, wenn der maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte im Kalenderjahr den Grenzbetrag von 14.600 EUR nicht übersteige (§ 2 Abs 1 Z 3 KBGG). Maßgebliche Einkünfte nach § 8 Abs 1 KBGG seien die Einkünfte gemäß § 2 Abs 3 Z 1 bis 4 EStG 1988. Nach dieser Bestimmung unterlägen der Einkommensteuer Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§ 21 EStG), Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 22 EStG), Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 23 EStG) und Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit (§ 25 EStG). Einkünfte nach § 24 Abs 2 Satz 3 EStG - wie im vorliegenden Fall - seien in § 2 Abs 3 EStG nicht angeführt und würden auch nicht von der Aufzählung der verschiedenen Einkunftsarten in § 8 Abs 1 Z 1 und Z 2 KBGG erfasst. Der Veräußerungsgewinn sei daher nicht unter den Begriff der maßgeblichen Einkünfte des § 8 KBGG zu subsumieren; diese „Einkünfte“ seien der Klägerin nämlich jedenfalls nicht im Zeitpunkt des Bezugs des Kinderbetreuungsgeldes zugeflossen. Vielmehr sei im Bezugszeitraum lediglich die Steuerpflicht entstanden, sodass diese Einkünfte bei der Beurteilung, ob die Klägerin die Zuverdienstgrenze überschritten habe, nicht zu berücksichtigen seien. Andere Einkünfte habe die Klägerin nicht bezogen, sodass sie das Kinderbetreuungsgeld zu Recht erhalten habe.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Dem Standpunkt der Beklagten (Veräußerungsgewinne seien vom Begriff der maßgeblichen Einkünfte des § 8 KBGG erfasst; § 23 Z 3 EStG normiere, dass Veräußerungsgewinne im Sinn des § 24 EStG Einkünfte aus Gewerbebetrieb seien; § 24 EStG stelle lediglich eine nähere Definition des Begriffs Veräußerungsgewinn dar, regle also dessen Ermittlung) hielt es Folgendes entgegen:

Der erstgerichtlichen Beurteilung, dass Veräußerungsgewinne nach § 24 EStG 1988 generell nicht von der Aufzählung der verschiedenen Einkunftsarten in § 8 Abs 1 Z 1 und Z 2 KBGG erfasst seien, könne nicht gefolgt werden, weil es sich bei solchen Gewinnen nicht um eine „eigene“ Einkommensart, sondern (im hier vorliegenden Fall der „Veräußerung“ eines Kommanditanteils an einem Gewerbebetrieb) um Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 23 Z 3 EStG 1988 handle.

Zu prüfen bleibe jedoch die Berechtigung der Argumentation der Klägerin, dass der Veräußerungsgewinn bei der Berechnung ihrer Zuverdienstgrenze nach dem KBGG nicht zu berücksichtigen sei, weil ihr tatsächlich keine Beträge zugeflossen seien. Der Oberste Gerichtshof habe in mehreren Entscheidungen die Ansicht vertreten, dass es sich beim Veräußerungsgewinn im Sinn des § 24 EStG 1988 weder um Einkünfte im ausgleichszulagenrechtlichen Sinn (§ 149 GSVG), noch um ein Erwerbseinkommen handle, das zum Ruhen der Witwenpension führe. Dies sei im Wesentlichen damit begründet worden, dass die steuerliche Erfassung des Veräußerungsgewinns eine Art Finalbesteuerung darstelle, durch die alle bis dahin unversteuert gebliebenen Vermögensvermehrungen anlässlich der Veräußerung bzw Aufgabe des Betriebs einer Besteuerung unterzogen würden, und dass es sich beim Veräußerungsgewinn daher nicht um ein Erwerbseinkommen aus einer gleichzeitig ausgeübten Erwerbstätigkeit handle. Diese Rechtsansicht sei in der Entscheidung 10 ObS 7/11y fortgeschrieben und betont worden, dass es sich bei einem Veräußerungsgewinn nicht um relevante Einkünfte aus der Erwerbstätigkeit handle, die bei der Berechnung der Witwenpension zu berücksichtigen seien.

Nach Ansicht des Berufungsgerichts habe diese Rechtsprechung auch für die Frage der Überschreitung der Zuverdienstgrenze nach § 8 KBGG Anwendung zu finden.

Im Gegensatz zu § 149 GSVG, der auf die Summe sämtlicher Einkünfte in Geld oder Geldeswert nach Ausgleich mit Verlusten und vermindert um die gesetzlich geregelten Abzüge abstelle, und zu § 145 Abs 5 iVm § 60 Abs 1 GSVG, der als Erwerbseinkommen aus einer selbständigen Erwerbstätigkeit den auf den Kalendermonat entfallenden Teil der nachgewiesenen Einkünfte aus dieser Tätigkeit definiere, ordne § 8 Abs 1 Z 2 KBGG an, dass - unter anderem - Einkünfte nach § 23 EStG 1988 mit jenem Betrag zu berücksichtigen seien, der in die Ermittlung des Einkommens für das betreffende Kalenderjahr eingehe.

Wie der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 26. 2. 2009, G 128/08 ua, ausgeführt habe, sei der Heranziehung dieses steuerrechtlichen Einkommensbegriffs für die Zwecke der Bemessung familienfördernder Leistungen aus verwaltungsökonomischen Überlegungen nicht entgegenzutreten, zumal eine alternative, vom Steuerrecht losgelöste Ermittlung des „tatsächlichen Einkommens“ allein für Zwecke des KBGG nur mit unverhältnismäßig hohem administrativen Ermittlungsaufwand im Einzelfall zu verwirklichen wäre (10 ObS 173/10d).

Für den Bereich der selbständigen Erwerbstätigkeit seien bei der Frage, ob die Zuverdienstgrenze überschritten worden sei, die Einkünfte aus selbständiger Arbeit (nach § 22 EStG 1988) mit jenem Betrag zu berücksichtigen, der in die Ermittlung des Einkommens für das betreffende Kalenderjahr eingehe (§ 8 Abs 1 Z 2 Satz 1 KBGG). Auch bei dieser Einkunftsart sei - gleich den Einkünften aus unselbständiger Erwerbstätigkeit - grundsätzlich der Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Einkünfte im Sinn des § 2 Abs 2 EStG 1988 maßgeblich (10 ObS 104/10g).

Dies habe grundsätzlich auch für Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu gelten. Gemäß § 24 Abs 1 EStG 1988 seien Veräußerungsgewinne Gewinne, die erzielt würden entweder bei der Veräußerung des ganzen Betriebs, eines Teilbetriebs oder eines Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen sei, oder bei der Aufgabe des Betriebs (Teilbetriebs). Veräußerungsgewinn sei jener Betrag, um den der Veräußerungserlös nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Betriebsvermögens oder den Wert des Anteils am Betriebsvermögen übersteige; im Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen sei, jedenfalls der Betrag seines negativen Kapitalkontos, den er nicht auffüllen müsse (§ 24 Abs 2 EStG 1988).

§ 24 Abs 2 letzter Satz EStG 1988 treffe eine Regelung, mit der im Ergebnis eine unternehmens- bzw handelsrechtlich allenfalls nicht bestehende Verpflichtung eines ausscheidenden Mitunternehmers zur Auffüllung seines Kapitalkontos für steuerliche Zwecke jedenfalls als bestehend fingiert werde, sodass die Übernahme dieser (fingierten) Verpflichtung durch bisherige oder neu eintretende Gesellschafter schuldbefreiend wirke und so zu einem Veräußerungsgewinn führe (Atzmüller/Krafft/Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, MSA EStG 12. EL § 24 Anm 136).

Im vorliegenden Fall habe die Klägerin jedoch aus der Schenkung des Kommanditanteils an der K***** KG an ihre Schwestern keinerlei tatsächlichen Erlös oder sonstiges Einkommen erzielt. Auch wenn zum Zeitpunkt der Schenkung das Kapitalkonto des Kommanditanteils der Klägerin einen negativen Saldo aufgewiesen habe, sei sie durch die Übernahme des Kommanditanteils nicht von einer Verpflichtung befreit worden, weil sie nach den Feststellungen nicht zur Auffüllung ihres negativen Kapitalkontos verpflichtet gewesen sei. Damit zeige sich im konkreten Fall deutlich der bloß an steuerrechtlichen Aspekten, nicht aber an sozialversicherungsrechtlichen Zielsetzungen, nämlich der finanziellen Unterstützung (Familienleistung) für alle Eltern [...] abgekoppelt von einer vorherigen Erwerbstätigkeit [...] besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf (ErläutRV 620 BlgNR 21. GP 53), orientierte Begriff des Veräußerungsgewinns nach § 24 Abs 2 Satz 3 EStG 1988, der einer Qualifikation des bloß steuerlichen Veräußerungsgewinns als den Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld ausschließendes Einkommen der Klägerin im Sinn des § 8 KBGG entgegenstehe.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zur Frage, ob steuerrechtliche Veräußerungsgewinne nach § 24 EStG 1988 als Einkünfte im Sinn des § 8 Abs 1 Z 2 KBGG anzusehen seien, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehle.

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die Revision der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass die Klage abgewiesen und festgestellt werde, der Widerruf der Zuerkennung des Kinderbetreuungsgeldes im Zeitraum vom 1. 1. bis 29. 12. 2007 sei zu Recht erfolgt und die Verpflichtung zum Rückersatz der empfangenen Leistung von insgesamt 5.274,39 EUR bestehe zu Recht; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

In der Revisionsbeantwortung der Klägerin wird beantragt, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.

Die Revisionswerberin macht geltend, das Berufungsgericht habe den Veräußerungsgewinn contra legem nicht als Einkunftsart nach dem KBGG eingestuft und beruft sich dazu auf Folgendes:

Das Kinderbetreuungsgeld sei keine (Sozial-)Versicherungsleistung, sondern eine (wie die Familienbeihilfe) aus dem „Finanzlastenausgleichstopf“ (FLAG) finanzierte Familienförderung - mit der Zuverdienstgrenze als einzigem Regulativ für den Erhalt -, wobei die Leistung nicht an eine Beitragszahlung gekoppelt sei. Die vom Berufungsgericht „durchgeführte Erweiterung“ des Bezugs widerspreche der Rechtslage und dem Willen des Gesetzgebers, dass es irrelevant sei, ob der Klägerin ein Veräußerungsgewinn auch tatsächlich zufloss und ob sie zur Auffüllung des negativen Kapitalkontos verpflichtet war (VfGH G 128/08 [wonach es auf eine vom Steuerrecht losgelöste Ermittlung nicht ankomme und eine solche nicht administrierbar wäre]; vgl auch 10 ObS 2471/96x). Der Gesetzgeber habe dies dadurch klar zum Ausdruck gebracht, dass bei der Zuverdienstgrenze jedenfalls auf sämtliche Einkünfte im steuerrechtlichen Sinn abgestellt werde.

Nach den Materialien (ErläutRV 340 BlgNR „14. GP“ [richtig: 24. GP] 15) komme weder den Krankenversicherungsträgern noch den Gerichten die Berechtigung zu, die von der Abgabenbehörde festgestellten und übermittelten Einkunftsdaten nachzuprüfen; Steuerdaten unterlägen nicht der Kontrolle anderer Behörden oder der Arbeits- und Sozialgerichte. Es bestehe vielmehr eine Bindung an sämtliche im relevanten Steuerbescheid enthaltenen Daten, wovon nur bei legistischer Anordnung Ausnahmen zu berücksichtigen seien (wie zB bei Vermietung und Verpachtung sowie Einkünften aus Kapitalvermögen, weil es dabei nicht um Einkünfte aus Erwerb gehe, für welche das KBGG eine Einkommensersatzfunktion darstelle).

Die Klägerin habe bis zum Jahr 2007 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 103.545,45 EUR in der Vergangenheit bezogen, allerdings nicht versteuert und sich insoweit - durch sehr hohe Entnahmen - „Kredit beim Finanzamt“ genommen. Mit der Finalisierung der Gesellschafterstellung sei die Realisierung dieser Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit der Übertragung der Geschäftsanteile eingetreten. Wenn der Veräußerungsgewinn tatsächlich nicht im Auflösungszeitraum zufließe, aber dennoch in diesem Zeitraum realisiert werde, müssten dennoch sämtliche Einkünfte in die Beurteilung einfließen. Die Entnahmen seien ja bereits vorher getätigt worden, ohne dass dafür Steuern bezahlt worden seien.

Die Revisionsbeantwortung hält dem entgegen, auch beim Kinderbetreuungsgeld handle es sich um eine Sozialleistung, die vom Krankenversicherungsträger ausgezahlt werde. Daher sei die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu den unterschiedlichen Zielen der Sozialversicherungsgesetze und Steuergesetze sowie zum Veräußerungsgewinn auf die vorliegende Rechtssache zu übertragen. Die Revisionswerberin verkenne, dass sich die Klägerin [auch] bis zum Jahr 2007 keine Einkünfte von 103.545,45 EUR zugeführt habe, sondern anlässlich ihres Ausscheidens aus der Kommanditgesellschaft bis zum Jahr 2007 zugerechnete Verluste von 103.545,45 EUR steuerlich durch die Fiktion eines Veräußerungsgewinns „neutralisiert“ worden seien. Sie habe keine Einnahmen realisiert, sondern den in den Vorjahren in Anspruch genommenen „Kredit“ des Finanzamts (infolge Reduktion ihrer Einkommensteuer durch die buchhalterische Zurechnung von Verlusten, ohne diese Verluste der Gesellschaft zu ersetzen) wieder zurückgezahlt. Der Klägerin sei daher gar kein Einkommen zugeflossen; vielmehr habe sie eine hohe Steuerbelastung getroffen. Im Übrigen schloss sich die Rechtsmittelgegnerin zur Gänze der Beurteilung des Berufungsgerichts an, welches die vom Obersten Gerichtshof entwickelten Rechtsprechungsgrundsätze (zum steuerlichen Begriff des Veräußerungsgewinns und den unterschiedlichen Zielen der Sozialversicherungsgesetze und Steuergesetze) zutreffend auf das KBGG angewendet habe.

Rechtliche Beurteilung

Dem ist zu folgen.

Da der Oberste Gerichtshof die Begründung des Berufungsgerichts für zutreffend erachtet, ist grundsätzlich auf deren Richtigkeit hinzuweisen (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO). Ergänzend ist hinzuzufügen:

§ 2 Abs 1 Z 3 KBGG in der hier anzuwendenden Fassung (BGBl I 2001/103, zuletzt geändert durch BGBl I 2003/58) hat samt Überschrift folgenden Wortlaut:

Anspruchsberechtigung

§ 2. (1) Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld hat ein Elternteil (Adoptivelternteil, Pflegeelternteil) für sein Kind (Adoptivkind, Pflegekind), sofern

1. [...] 2. [...]

3. der maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 8 KBGG) des Elternteils im Kalenderjahr den Grenzbetrag von 14.600 EUR nicht übersteigt.

Nach den Gesetzesmaterialien (ErläutRV 620 BlgNR 21. GP 58) wurde zur Erhöhung der Wahlfreiheit die Zuverdienstgrenze gegenüber der Rechtslage beim Karenzgeld deutlich angehoben und Kinderbetreuungsgeldanspruch nun davon abhängig gemacht, dass der nach den Z 1 und Z 2 anspruchsberechtigte Elternteil mit seinem - nach den Bestimmungen des § 8 KBGG zu ermittelnden - Gesamtbetrag der Einkünfte die Einkommensgrenze von 14.600 EUR jährlich nicht übersteigt („Zuverdienstgrenze“). Wie bei der grundsätzlich vergleichbaren Regelung im Bereich der Anspruchsvoraussetzungen auf das Karenzgeld (§ 2 Abs 2 KGG) ist dabei auf das individuelle Einkommen des Anspruchsberechtigten abzustellen (10 ObS 61/09g, SSV-NF 23/37).

§ 8 KBGG in der hier anzuwendenden Fassung (BGBl I 2001/103, zuletzt geändert durch BGBl I 2003/58) hat samt Überschrift unter anderem folgenden Wortlaut:

Gesamtbetrag der Einkünfte

§ 8. (1) Der maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 2 Abs 1 Z 3 KBGG) ist wie folgt zu ermitteln:

1. …

2. Andere Einkünfte (§§ 21 bis 23 sowie §§ 27 bis 29 EStG 1988) einschließlich jener, die der Steuerabgeltung nach § 97 EStG 1988 unterliegen, sind mit jenem Betrag zu berücksichtigen, der in die Ermittlung des Einkommens für das betreffende Kalenderjahr eingeht. Einkünfte aus Betätigungen, die Grundlage für Pflichtbeiträge in der gesetzlichen Sozialversicherung darstellen, sind um die darauf entfallenden vorgeschriebenen Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung zu erhöhen. Wird eine Betätigung vor Beginn des Anspruchszeitraumes (Z 1) beendet oder nach Ablauf des Anspruchszeitraumes begonnen, bleiben die aus einer solchen Betätigung bezogenen Einkünfte außer Ansatz. Wird nachgewiesen, in welchem Ausmaß Einkünfte vor Beginn oder nach Ende des Anspruchszeitraumes angefallen sind, sind nur jene Einkünfte zu berücksichtigen, die während des Anspruchszeitraumes angefallen sind. Im Falle eines derartigen Nachweises sind die während des Anspruchszeitraumes angefallenen Einkünfte auf einen Jahresbetrag umzurechnen. Z 1 vorletzter Satz ist anzuwenden.

1. Die Revision zeigt selbst den in ständiger Rechtsprechung vertretenen Grundsatz auf, wonach - aufgrund der unterschiedlichen Ziele der Sozialversicherungsgesetze und der Steuergesetze - zwischen dem Einkommen im Sinn des EStG 1988 und dem Erwerbseinkommen im Sinn der Sozialversicherungsgesetze erhebliche Unterschiede bestehen können, sodass die Versicherungsträger (sowie aufgrund der sukzessiven Kompetenz die Gerichte) bei der Ermittlung des relevanten Einkommens zu durchaus anderen Ergebnissen als die Steuerbehörden im Abgabeverfahren kommen können (jüngst: 10 ObS 80/11d und 10 ObS 7/11v mwN).

2. Nach dieser Rechtsprechung ist - entgegen der Ansicht der Revisionswerberin - eine Bindung der Gerichte an einen Einkommensteuerbescheid der Abgabenbehörde in diesem Zusammenhang zu verneinen (RIS-Justiz RS0084294 [T2]; 10 ObS 163/07d, SSV-NF 22/25; 10 ObS 84/93, SSV-NF 8/106). So sind etwa steuerliche Abschreibungen, die nur aus wirtschaftlichen Gründen vorgesehen sind, für den Sozialversicherungsbereich nicht als einkommensmindernd anzuerkennen (RIS-Justiz RS0084294 [T1]). Schon deshalb können die Gerichte, deren Bindung sich überdies nur auf den Spruch über den Bescheidgegenstand (hier: Festsetzung der Einkommensteuer) erstrecken kann, nicht - wie die beklagte Partei meint - „an sämtliche enthaltenen Daten“ des Einkommensteuerbescheids der Abgabenbehörde gebunden sein (vgl 10 ObS 80/11d und 10 ObS 7/11v mwN): Sowohl nach der Lehre (Schragel in Fasching/Konecny², II/2 § 190 ZPO Rz 14; Fucik in Rechberger³, § 190 Rz 5) als auch nach ständiger Rechtsprechung (10 ObS 118/91, SSV-NF 5/49; RIS-Justiz RS0037051) ist für die Gerichte vielmehr nur der Spruch über den Bescheidgegenstand bindend, nicht hingegen dessen Begründung bzw rechtliche Beurteilung (jüngst: 9 ObA 42/10g mwN).

2.1. Demgemäß ist § 8 Abs 1 Z 2 Satz 1 KBGG, nach dem die Einkünfte aus selbständiger Arbeit (nach § 22 EStG 1988) mit jenem Betrag zu berücksichtigen sind, der in die Ermittlung des Einkommens für das betreffende Kalenderjahr eingeht, zB so zu verstehen, dass davon (jedenfalls) auch im Ausland erzielte Einkünfte erfasst sind; und zwar ungeachtet dessen, dass diese infolge der Geltung von Doppelbesteuerungsabkommen im Inland (gar) nicht besteuert werden dürfen. Es sind daher bei der Beurteilung eines möglichen Überschreitens der Zuverdienstgrenze Erwerbseinkünfte unabhängig davon, ob sie allein im Inland und/oder im Ausland erzielt wurden, einzubeziehen (10 ObS 173/10d). Nach dieser Rechtsprechung sind unter maßgeblichen Einkünften im Sinn des § 8 Abs 1 Z 2 KBGG also (vom Einkommensteuerbescheid abweichend) auch im Ausland erzielte zu verstehen, die im Inland aufgrund von Doppelbesteuerungseinkommen gar nicht steuerpflichtig sind (vgl RIS-Justiz RS0126593).

2.2. Letztlich ist es somit Aufgabe der Gerichte, zu klären, welche Einkünfte bzw Abzüge bei der Ermittlung der Höhe des Erwerbseinkommens im Sinne der Sozialversicherungsgesetze zu berücksichtigen sind (10 ObS 104/10g mwN).

3. Was nun den Willen des Gesetzgebers betrifft, führt dieser hinsichtlich des Einkommens (§ 8 KBGG) zu der in § 2 Abs 1 Z 3 KBGG geregelten Zuverdienstgrenze in den Gesetzesmaterialien (ErläutRV 620 BlgNR 21. GP 62) aus, dass diese auf den „maßgeblichen Gesamtbetrag der Einkünfte“ abstellt, wobei - wie bereits das Berufungsgericht aufgezeigt hat - „grundsätzlich“ von den (steuerpflichtigen) Einkünften gemäß EStG 1988 ausgegangen wird.

3.1. Nach den weiteren Ausführungen in den Materialien zur hier maßgebenden Bestimmung des § 8 Abs 1 Z 2 KBGG (ErläutRV 620 BlgNR 21. GP 63) ist bei den „anderen Einkünften“ eine zeitliche Zuordnung vielfach nicht möglich (etwa bei der Absetzung für Abnutzung oder bei Rückstellungen). Überdies sind Gestaltungen, wie sie für den Bereich der Lohneinkünfte typisch sind (Herabsetzung der Arbeitszeit, Wechsel in ein anderes Dienstverhältnis), kaum gegeben. Es ist daher gerechtfertigt, grundsätzlich die Einkünfte des gesamten Jahres anzusetzen. Auch in diesem Bereich erfolgt aber eine Bereinigung der Einkünfte um abgezogene Pflichtbeiträge; und im Sinn einer Gleichbehandlung mit den Beziehern von Lohneinkünften soll es auch den selbständig Tätigen ermöglicht werden, eine zeitliche Zuordnung der auf den Anspruchszeitraum entfallenden Einkünfte zu treffen. Voraussetzung dafür ist ein konkreter „Zuordnungsnachweis“. Im Bereich der betrieblichen Einkünfte wird vom Vorliegen eines solchen Nachweises dann ausgegangen werden können, wenn ein rechnerischer Zwischenabschluss („Rumpfwirtschaftsjahr“) erstellt wird. In weiterer Folge werden die auf den Anspruchszeitraum entfallenden Einkünfte gleich den nichtselbständigen Einkünften auf einen Jahresbetrag hochgerechnet (10 ObS 61/09g, SSV-NF 23/37; RIS-Justiz RS0124063 [T3]). Auch die Materialien sprechen somit für die Möglichkeit, die auf den Anspruchszeitraum entfallenden Einkünfte abweichend vom Einkommensteuerbescheid zu ermitteln und damit gegen eine Bindung an sämtliche dort enthaltene Daten.

3.2. Die in der Revision zitierten Erwägungen des Gesetzgebers zu den am 1. 1. 2010 in Kraft getretenen, hier noch gar nicht anzuwendenden (§ 49 Abs 19 ff KBGG) §§ 8b, 24a und 37 Abs 2 KBGG idF BGBl I 2009/116, die den individuellen Grenzbetrag und das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld betreffen (ErläutRV 340 BlgNR 24. GP 15, 20 f), können daran nichts ändern. Anders als die eingangs zitierte, hier maßgebende Fassung der Bestimmung des § 8 Abs 1 Z 2 KBGG hat nämlich der § 8b Abs 1 Z 2 idF BGBl I 2009/116, auf den sich die von der Revisionswerberin wiedergegebenen Gesetzesmaterialien beziehen, folgenden Wortlaut:

Andere maßgebliche Einkünfte (§§ 21 bis 23 EStG 1988) sind mit jenem Betrag zu berücksichtigen, der in die Ermittlung des Einkommens für den relevanten Zeitraum (Z 1) eingeht und der im zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Einkommensteuerbescheid für das betreffende Kalenderjahr ausgewiesen ist .

3.3. Der - die Argumentation der beklagten Partei allenfalls stützende - letzte Halbsatz dieser für den individuellen Grenzbetrag des § 8b KBGG geltenden Bestimmung, der ausdrücklich festlegt, dass die maßgeblichen Einkünfte mit jenem Betrag „zu berücksichtigen sind“, der nicht nur (wie bisher) in die Einkommensermittlung „für den relevanten Zeitraum eingeht“, sondern auch (darüberhinaus) „im [...] geltenden Einkommensteuerbescheid für das betreffende Kalenderjahr ausgewiesen ist“, ist im hier anzuwendenden § 8 Abs 1 Z 2 KBGG also gar nicht enthalten.

4. Im Gegensatz zu § 149 GSVG (der auf die Summe sämtlicher Einkünfte in Geld oder Geldeswert nach Ausgleich mit Verlusten und vermindert um die gesetzlich geregelten Abzüge abstellt) und zu § 145 Abs 5 iVm § 60 Abs 1 GSVG (die als Erwerbseinkommen aus einer selbständigen Erwerbstätigkeit den auf den Kalendermonat entfallenden Teil der nachgewiesenen Einkünfte aus dieser Tätigkeit definieren) ordnet § 8 Abs 1 Z 2 KBGG also lediglich an, dass - unter anderem - Einkünfte nach § 23 EStG 1988 mit jenem Betrag zu berücksichtigen sind, der in die Ermittlung des Einkommens „für das betreffende Kalenderjahr eingeht“.

4.1. Demgegenüber sind im Beitragsrecht gemäß § 25 Abs 1 GSVG für die Ermittlung der Beitragsgrundlage für die Pflichtversicherten die im jeweiligen Kalenderjahr auf einen Kalendermonat der Erwerbstätigkeit im Durchschnitt entfallenden Einkünfte aus einer oder mehreren Erwerbstätigkeiten, die der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz unterliegen, heranzuziehen; wobei als Einkünfte „die Einkünfte im Sinn des EStG 1988 gelten“.

4.2. Veräußerungsgewinne sind nach § 24 EStG 1988 Gewinne, die unter anderem bei Veräußerung eines ganzen Betriebs, eines Teilbetriebs bzw eines Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist, erzielt werden. Diese Zuordnung des Veräußerungsgewinns zu den steuerpflichtigen Einkünften stellt eine Konstruktion des Steuerrechts dar, die darauf beruht, dass diese Gewinne als echte Einkünfte gewertet werden. Führt aber der Versicherte in der Folge die auf Veräußerungsgewinne entfallenden Beträge wiederum dem Betriebsvermögen (Anlagevermögen) zu, dann ist bei wirtschaftlicher Betrachtung gegenüber dem Zustand vor Veräußerung des Betriebs keine Änderung eingetreten. Aus diesem Grund ist im § 25 Abs 2 Z 3 GSVG vorgesehen, dass auf Veräußerungsgewinne nach den Vorschriften des EStG 1988 entfallende Beträge im Durchschnitt der Monate der Erwerbstätigkeit die Beitragsgrundlage gemäß Abs 1 vermindern, wenn es der Versicherte beantragt und überdies nur insoweit, als der auf derartige Gewinne entfallende Betrag dem Sachanlagevermögen eines Betriebs des Versicherten oder einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, an der der Versicherte mit mehr als 25 % beteiligt ist, zugeführt worden ist. Im Beitragsrecht (§ 25 GSVG) handelt es sich daher bei Veräußerungsgewinnen zusammenfassend um Einkünfte aus einer die Pflichtversicherung begründenden Erwerbstätigkeit, wobei diese Veräußerungsgewinne jedoch unter den erwähnten Voraussetzungen des § 25 Abs 2 Z 3 GSVG die Beitragsgrundlage reduzieren (10 ObS 7/11v).

5. Wie zuletzt in dieser vom Berufungsgericht zutreffend wiedergegeben Entscheidung (10 ObS 7/11v) dargelegt wurde, entspricht es der Zielsetzung des KBGG, das Kinderbetreuungsgeld nur jenen Eltern(-teilen) zu gewähren, die bereit sind, die Berufstätigkeit im Hinblick auf die Kinderbetreuung einzuschränken. Die „Zuverdienstgrenze“ ist daher als Maßstab für die Bereitschaft zur Einschränkung der Berufstätigkeit zugunsten der Betreuungsleistung bzw - anders betrachtet - für die Bereitschaft (und Möglichkeit) zur Kinderbetreuung zu sehen (VfGH G 128/08 ua, VfSlg 18.705). Im Hinblick auf diese Zielsetzung erscheint es aber sachlich nicht gerechtfertigt, Veräußerungsgewinne im Sinn des § 24 EStG als ein im Sinn des § 8 Abs 1 Z 2 KBGG relevantes Einkommen zu behandeln weil dies im Extremfall dazu führen könnte, dass jemand, der eine selbstständige Tätigkeit im Interesse der Betreuungsarbeit aufgibt, deswegen das Kinderbetreuungsgeld verliert, weil der Veräußerungsgewinn die Zuverdienstgrenze übersteigt (vgl Mazal, Kinderbetreuungsgeld: Zuverdienstgrenze verfassungskonform?, ZAS 2010/3, 9 ff [14]).

5.1. Wie ebenfalls bereits in der Entscheidung 10 ObS 7/11v dargelegt wurde, ist der Oberste Gerichtshof bereits zu 10 ObS 250/91, SSV-NF 6/140 und 10 ObS 6/93, SSV-NF 7/23 zum Ergebnis gelangt, dass es sich beim Veräußerungsgewinn im Sinn des § 24 EStG 1988 zwar um betriebliche Einkünfte im steuerlichen Sinn handelt, aber weder um Einkünfte im ausgleichszulagenrechtlichen Sinn (§ 149 GSVG; RIS-Justiz RS0085449), noch um ein Erwerbseinkommen im Sinn des § 60 GSVG, welches bei der Berechnung der Witwenpension zu berücksichtigen wäre (RIS-Justiz RS0083789; RS0127081). Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die steuerliche Erfassung des Veräußerungsgewinns eine Art Finalbesteuerung darstellt, durch die alle bis dahin unversteuert gebliebenen Vermögensvermehrungen anlässlich der Veräußerung bzw Aufgabe des Betriebs einer Besteuerung unterzogen werden, und es sich beim Veräußerungsgewinn daher nicht um ein Erwerbseinkommen aus einer gleichzeitig ausgeübten Erwerbstätigkeit handelt.

5.2. Diese Rechtsprechung kann hier, wie das Berufungsgericht bereits dargelegt hat, fortgeschrieben werden; ist doch das für die Zuverdienstgrenze maßgebliche Gesamteinkommen gemäß § 8 Abs 1 Z 2 KBGG ausdrücklich so zu ermitteln, dass - unter anderem - Einkünfte nach § 23 EStG 1988 mit „jenem Betrag zu berücksichtigen sind“, der in die Ermittlung des Einkommens für das betreffende Kalenderjahr eingeht, wobei „nur jene Einkünfte zu berücksichtigen sind, die während des Anspruchszeitraumes angefallen sind“, wenn nachgewiesen wird, in welchem Ausmaß Einkünfte vor Beginn oder nach Ende des Anspruchszeitraums angefallen sind.

5.3. An solchen Einkünften, die während des Anspruchszeitraums „angefallen“ und daher bei der Ermittlung des Einkommens der Klägerin im maßgeblichen Zeitraum zu berücksichtigen wären, fehlt es aber beim rein fiktiven „Veräußerungsgewinn“. Demgemäß beruft sich die Revisionswerberin selbst nur noch darauf, die Klägerin habe „bis zum Jahr 2007“, also „in der Vergangenheit“ Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 103.545,45 EUR bezogen, was jedoch nicht geeignet ist, die zu Punkt 3.1. dargelegten Voraussetzungen einer zeitlichen Zuordnung zum Anspruchszeitraum zu erfüllen.

5.4. Auch wenn daher der Veräußerungsgewinn im Beitragsrecht gemäß § 25 GSVG grundsätzlich als relevantes Einkommen gewertet wird, ist im Leistungsrecht davon auszugehen, dass es sich beim hier zu beurteilenden „fiktiven“, eine Konstruktion des Steuerrechts darstellenden Veräußerungsgewinn um kein im Sinn des § 8 Abs 1 Z 2 KBGG relevantes Einkommen handelt, welches dem für die Rückforderung des Kinderbetreuungsgeldes maßgebenden Zeitraum zugeordnet werden könnte.

5.5. In der Bestimmung des § 24 Abs 2 letzter Satz EStG 1988 wird eine unternehmens(handels)rechtlich allenfalls gar nicht bestehende Verpflichtung eines ausscheidenden Mitunternehmers zur Auffüllung seines Kapitalkontos für steuerliche Zwecke jedenfalls als bestehend fingiert, sodass die Übernahme dieser (fingierten) Verpflichtung durch bisherige oder neu eintretende Gesellschafter schuldbefreiend wirkt und so zu einem „Veräußerungsgewinn“ führt. Diese Bestimmung kommt nur dann nicht zum Tragen, wenn Umstände vorliegen, die klar zutage treten lassen, dass der Gesellschafterwechsel nicht auf ein entgeltliches Rechtsgeschäft wie unter fremden Personen zurückzuführen, sondern von Schenkungsabsichten getragen ist. Tritt an die Stelle des betrieblichen Interesses eine private Motivation, so muss dies mit besonderer Deutlichkeit in Erscheinung treten. Ein negatives Kapitalkonto, das ein ausscheidender Mitunternehmer (zB Kommanditist) bei realer Überschuldung nicht auffüllen muss, ist jedenfalls als Veräußerungsgewinn zu erfassen (Atzmüller/Krafft/Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, MSA EStG 12. EL § 24 Anm 136 mwN).

5.6. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin aus der Schenkung des Kommanditanteils an ihre Schwestern aber weder einen tatsächlichen Erlös oder sonstiges Einkommen erzielt, noch wurde sie - auch wenn zum Zeitpunkt der Schenkung das Kapitalkonto des Kommanditanteils der Klägerin einen negativen Saldo aufgewiesen hat - durch die Übernahme des Kommanditanteils von einer Verpflichtung befreit (sie war zur Auffüllung ihres negativen Kapitalkontos ja nicht verpflichtet). Im dennoch zu versteuernden fiktiven Veräußerungsgewinn sind keine in die Einkommensermittlung (im maßgebenden Zeitraum) eingehenden Einkünfte der Klägerin enthalten, die bei der Berechnung des Gesamtbetrags im Sinn des § 8 Abs 1 Z 2 KBGG idaF zu berücksichtigen wären. Der Revision der beklagten Partei muss daher ein Erfolg versagt bleiben.

5.7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a und b ASGG. Die Klägerin hat Anspruch auf Ersatz der Kosten ihrer erfolgreichen Revisionsbeantwortung in der verzeichneten Höhe. Ein Kostenersatzanspruch der beklagten Partei nach Billigkeit gemäß § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG ist ausgeschlossen, weil der Versicherungsträger (abgesehen vom hier nicht in Betracht kommenden Fall des § 77 Abs 3 ASGG) seine Kosten des Verfahrens jedenfalls selbst zu tragen hat (§ 77 Abs 1 Z 1 ASGG).

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