OGH 10ObS6/12y

OGH10ObS6/12y14.2.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Fellinger und die Hofrätin Dr. Fichtenau sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Christoph Kainz (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Susanne Jonak (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei N*****, vertreten durch Mag. Karin Sonntag, Rechtsanwältin in Salzburg, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, wegen Invaliditätspension, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29. November 2011, GZ 11 Rs 174/11d-34, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Nach ständiger Rechtsprechung können Mängel des Verfahrens erster Instanz nicht mehr geltend gemacht werden, wenn die behaupteten Mängel bereits in der Berufung erfolglos gerügt worden waren (RIS-Justiz RS0042963; RS0042206 [T1]). Die Anfechtungsbeschränkung für Verfahrensmängel kann auch nicht mit der Behauptung unterlaufen werden, das Berufungsgericht sei auf bestimmte Argumente im Zusammenhang mit einem verneinten Verfahrensmangel nicht (ausreichend) eingegangen (RIS-Justiz RS0042981 [T7]).

2. Für einen Ausschluss eines Versicherten vom allgemeinen Arbeitsmarkt ist erforderlich, dass in Zukunft mit hoher Wahrscheinlichkeit und trotz zumutbarer Krankenbehandlung leidensbedingte Krankenstände in einer Dauer von sieben Wochen und darüber im Jahr zu erwarten sind (RIS-Justiz RS0084855 [T15]). Grundsätzlich sind klare Feststellungen über die wirkliche Dauer von mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Krankenständen zu treffen (10 ObS 184/92, SSV-NF 6/82). Dies ändert aber nichts daran, dass auch in Sozialrechtssachen die allgemeinen Grundsätze über die Verteilung der objektiven Beweislast gelten, es also zum Nachteil desjenigen ausschlägt, der ein Recht für sich in Anspruch nimmt, wenn die rechtsbegründenden Tatsachen nicht bewiesen sind (RIS-Justiz RS0086050; 10 ObS 2430/96t, SSV-NF 10/133, 10 ObS 75/99y; 10 ObS 124/99d, SSV-NF 13/113). Sind aufgrund des Beweisverfahrens daher keine klaren Feststellungen über die wirkliche Dauer von Krankenständen getroffen worden, und ergibt sich eine Krankenstandsprognose nur innerhalb einer gewissen Schwankungsbreite, dann ist im Sinne der ständigen Rechtsprechung der rechtlichen Beurteilung der niedrigste der möglichen Zeitwerte zugrunde zu legen. Bei einer Schwankungsbreite von fünf bis sechs Wochen ist davon auszugehen, dass Krankenstände von mehr als insgesamt fünf Wochen im Jahr nicht vorhersehbar sind (10 ObS 75/99y). Die gerügte Aktenwidrigkeit liegt demnach nicht vor.

3. Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Berücksichtigung von Kuraufenthalten lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Wenn auch Kuraufenthalte arbeitsrechtlich einen Krankenstand bilden oder einem solchen gleichzuhalten sind, können sie in Verbindung mit leidensbedingten Krankenständen von insgesamt sieben Wochen einen Ausschluss vom Arbeitsmarkt begründen; dies aber nur dann, wenn die Absolvierung der Kurbehandlungen zur Hintanhaltung einer Verschlechterung des Leistungskalküls unbedingt notwendig ist (RIS-Justiz RS0084079). Im vorliegenden Fall steht die unbedingte Notwendigkeit von Kuraufenthalten nicht fest, sondern nur deren Zweckmäßigkeit. Dass Kurbehandlungen medizinisch empfohlen werden, reicht aber nicht aus. Sind sie nicht zur Hintanhaltung der Verschlechterung des Leistungskalküls erforderlich, liegen die Voraussetzungen für die Berücksichtigung von Kurzeiten nicht vor (RIS-Justiz RS0084079 [T5]).

Von diesen Grundsätzen weicht die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht ab.

Da die Klägerin mit ihren Revisionsausführungen keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen vermag, ist ihr Rechtsmittel zurückzuweisen.

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