OGH 10ObS75/99y

OGH10ObS75/99y4.5.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Fellinger als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Wilhelm Koutny (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Gerhard Taucher (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Gertrude M*****, ohne Beschäftigung, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Zatlasch, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 1092 Wien, Roßauer Lände 3, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 18. November 1998, GZ 7 Rs 297/98t-29, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 23. März 1998, GZ 17 Cgs 146/96a-23, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die gerügte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens (§ 503 Z 2 ZPO) liegt nicht vor; diese Beurteilung bedarf nach § 510 Abs 3 Satz 3 ZPO keiner Begründung. Den Revisionsausführungen ist daher nur folgendes entgegenzuhalten:

Angebliche Verfahrensmängel erster Instanz, deren Vorliegen das Berufungsgericht verneint hat, wie hier die Unterlassung der Einholung eines berufskundlichen Gutachtens und der Parteieneinvernahme der Klägerin, können im Revisionsverfahren - auch in Sozialrechtssachen - nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden (SSV-NF 7/74 mwN uva).

Soweit die Klägerin erstmals im Revisionsverfahren eine angeblich unterlassene Einholung eines Zusammenfassungsgutachtens zu der Frage der künftigen Krankenstandserwartungen als Verfahrensmangel rügt, ist darauf hinzuweisen, das nach der seit SSV-NF 1/68 ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senates auch angebliche Verfahrensmängel erster Instanz, die im Berufungsverfahren nicht gerügt wurden, im Revisionsverfahren nicht mehr geltend gemacht werden können (10 ObS 217/95 uva). Im übrigen ist dieses Vorbringen inhaltlich nicht berechtigt, weil der lungenfachärztliche Sachverständige unmittelbar vor Schluß der Verhandlung erster Instanz die vorliegenden fachärztlichen Gutachten zusammengefaßt hat.

Auszugehen ist von den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des Erstgerichtes, daß leidensbedingte Krankenstände der Klägerin von insgesamt fünf bis sechs Wochen im Jahr zu erwarten sind. Da auch in Sozialrechtssachen die allgemeinen Grundsätze über die Verteilung der objektiven Beweislast gelten, es also zum Nachteil desjenigen ausschlägt, der ein Recht für sich in Anspruch nimmt, wenn die rechtsbegründenden Tatsachen hiefür nicht erwiesen sind (SSV-NF 10/133; 6/119; 1/48), ist es in der Frage des Ausschlusses vom Arbeitsmarkt infolge Krankenständen Sache des Versicherten, zu beweisen, daß Krankenstände in einem bestimmten Ausmaß mit großer Wahrscheinlichkeit in Zukunft eintreten werden (SSV-NF 4/40; 3/120 ua). Es ist daher der rechtlichen Beurteilung der niedrigste der möglichen Zeitwerte zugrunde zu legen (vgl SSV-NF 10/133), sodaß im vorliegenden Fall davon auszugehen ist, daß Krankenstände von mehr als insgesamt fünf Wochen im Jahr nicht vorhersehbar sind.

Die im angefochtenen Urteil enthaltene rechtliche Beurteilung der Sache ist zutreffend, weshalb es ausreicht, auf deren Richtigkeit hinzuweisen (§ 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO). Nach ständiger (von der Revisionswerberin in ihrem Rechtsmittel auch selbst referierter) Rechtsprechung des erkennenden Senates ist ein Ausschluß vom Arbeitsmarkt nur dann anzunehmen, wenn die maßgebliche Gesamtdauer der voraussichtlichen leidensbedingten Krankenstände sieben Wochen oder mehr beträgt (SSV-NF 10/14; 7/76; 6/82 mwN ua). Da dies bei der Klägerin nicht der Fall ist und die Klägerin noch unbestritten eine Reihe von Verweisungstätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten kann, liegt eine Invalidität im Sinne des § 255 Abs 3 ASVG nicht vor.

Die Revision mußte daher erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe für einen Kostenzuspruch nach Billigkeit liegen nicht vor und wurden auch nicht behauptet.

Stichworte