Spruch:
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass es in Ansehung der erstbeklagten Partei lautet:
„Es wird festgestellt, dass die erstbeklagte Partei der klagenden Partei für die zukünftigen Vermögensschäden haftet, die der klagenden Partei aus der Verzögerung des Verfahrens zu AZ ***** des Bezirksgerichts G***** (früher ***** des Bezirksgerichts G*****) um insgesamt 41 Monate erwachsen.
Das weitere Begehren, die Haftung der erstbeklagten Partei auch für eine Verzögerung durch rechtsmissbräuchliche Prozesshandlungen im Zeitraum 1. März 2010 bis 12. Juli 2010 festzustellen, wird abgewiesen.
Die erstbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 11.728,74 EUR (darin 1.756,29 EUR an USt und 1.191 EUR an Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen.“
Die erstbeklagte Partei ist weiters schuldig, der klagenden Partei die mit 4.589,38 EUR (darin 332,73 EUR an USt und 2.593 EUR an Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Zwischen den Parteien war der im Spruch genannte Zivilprozess anhängig, in dem die Klägerin aufgrund eines zwischen ihr und dem Erstbeklagten (im Folgenden: Beklagten) abgeschlossenen Kaufvertrags dessen Einwilligung in die grundbücherliche Übertragung von ihm verkaufter Miteigentumsanteile begehrte, wobei die übrigen Miteigentumsanteile an den beiden betroffenen Liegenschaften der Klägerin gehörten. Die Klage war im Jahr 2004 eingebracht worden. Das Verfahren endete am 14. 7. 2011 mit Zurückweisung der außerordentlichen Revision des Beklagten gegen die (klagestattgebende) Entscheidung des damaligen Berufungsgerichts. Die lange Verfahrensdauer war nicht auf die Komplexität des Verfahrensgegenstands oder Verzögerungen durch die Gerichte zurückzuführen, sondern beruhte nach den unbekämpften Feststellungen der Vorinstanzen vor allem auf zahlreichen Ablehnungs- und Delegierungsanträgen des Beklagten, die - mit einer Ausnahme, auf die noch detaillierter eingegangen werden wird - jeweils als verspätet, unzulässig, gänzlich unbegründet oder substanzlos erfolglos blieben. Die Erledigung dieser Anträge führte insgesamt zu einer Verzögerung in der Dauer von 41 Monaten.
Die Klägerin begehrte - nach mehreren Klageerweiterungen in zeitlicher Hinsicht - zuletzt die Feststellung, dass der Beklagte für sämtliche zukünftige Schäden hafte, die ihr aus der Verzögerung des genannten Verfahrens „zwischen 20. 1. 2006 und 12. 7. 2010 durch rechtsmissbräuchliche Prozesshandlungen, insbesondere Ablehnungs- und Delegierungsanträge“ erwachsen. Sie brachte dazu im Wesentlichen vor, der Beklagte habe das Verfahren durch auch für ihn erkennbar rechtswidrige, rechtsmissbräuchliche, verfahrensverzögernde und aussichtslose Ablehnungs- und Delegierungsanträge verzögert, um die Eintragung der Klägerin als Alleineigentümerin der beiden Liegenschaften hinauszuzögern und die Klägerin überdies dazu zu bringen, ihm über den vereinbarten Kaufpreis hinaus weitere 100.000 EUR für seine Einwilligung in die Einverleibung des Eigentumsrechts zu zahlen. Er habe dabei die Situation der Klägerin ausnützen wollen, die auf den Liegenschaften die Umsetzung eines Bauprojekts plane, dafür aber auf die Mitwirkung des Beklagten angewiesen sei, der noch mit geringen Miteigentumsanteilen grundbücherlich berechtigt sei. Die Klägerin habe ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung, weil Schäden durch die verspätete Umsetzung des Bauvorhabens drohten, wie etwa eine Baukostensteigerung oder eine Verschlechterung der Verwertungschancen. Auch im Falle der allenfalls fehlenden Berechtigung ihres im Vorprozess erhobenen Begehrens führe eine (erheblich) verzögerte Entscheidung dazu, dass sie wirtschaftliche Dispositionen erst später vornehmen könne, was zu einem Schaden führen könne, etwa bei sinkenden Immobilienpreisen.
Der Beklagte wandte ein, er habe die monierten Anträge keineswegs zur Verfahrensverzögerung, sondern vielmehr zur Verfahrensbeschleunigung eingebracht. Sie seien auch nicht aussichtslos gewesen, zumal einem Ablehnungsantrag stattgegeben worden sei. Mit seinen Anträgen habe er auch nicht eine Verbesserung seiner Verhandlungsposition gegenüber der Klägerin angestrebt, sondern es sei ihm um eine faire Verhandlungsführung gegangen. Ein Schaden der Klägerin durch sein Prozessverhalten sei schon deshalb nicht zu befürchten, weil diese noch kein konkretes Bauprojekt in Angriff genommen habe. Damit mangle es auch am Feststellungsinteresse.
Das Erstgericht gab dem Feststellungsbegehren insoweit Folge, als es um die Haftung des Beklagten für die Verfahrensverzögerung zwischen dem 20. 1. 2006 und dem 28. 2. 2010 ging, und wies das Begehren für den Zeitraum vom 1. 3. bis 12. 7. 2010 ab. Durch den Ablehnungsantrag vom 1. 3. 2010 sei es zu keiner (weiteren) Verzögerung gekommen. Im Übrigen lägen aber die Voraussetzungen für eine Schadenshaftung des Beklagten nach § 1295 Abs 2 ABGB im Falle missbräuchlicher Rechtsausübung vor, dass nämlich das unlautere Motiv der Rechtsausübung die lauteren Motive eindeutig überwiege. Das Verhalten desjenigen, der sich in einen Prozess eingelassen habe, obwohl er bei nötiger Aufmerksamkeit hätte erkennen müssen, dass der Prozess aussichtslos ist, sei seiner Natur nach rechtswidrig und schuldhaft, sodass es zum Schadenersatz verpflichte. Einer Partei stehe es grundsätzlich zu, ihre Interessen im Prozess zu vertreten, soweit dies nicht gegen besseres Wissen erfolge. Eine schadensrechtliche Haftung trete ein, wenn die Partei bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte erkennen müssen, dass ihr im Verfahren vertretener Standpunkt aussichtslos ist. Auch wenn jeder Prozesspartei das Recht auf ein Verfahren vor einem unparteiischen Gericht zustehe, das auch durch Ablehnungsanträge durchgesetzt werden könne, seien auch Ablehnungsanträge danach zu prüfen, ob sie in rechtsmissbräuchlicher Absicht eingebracht wurden. Dies bedeutete bejahendenfalls eine massiv zweck- und funktionswidrige Inanspruchnahme dieses Rechtsinstituts. Von allen Ablehnungs- und Delegierungsanträgen sei nur einem Ablehnungsantrag ein Erfolg beschieden gewesen. Alle anderen seien - abgesehen von Fällen verspäteter Anträge - mit der durchgehenden Begründung zurück- oder abgewiesen worden, dass die Standpunkte bzw Behauptungen unsubstantiiert, unerfindlich, eindeutig unbegründet oder ähnliches seien. Dennoch habe der Beklagte auch nach Zugang einschlägiger Entscheidungen seine Behauptungen zur Gänze, teilweise oder mit geringen Variationen (etwa des Befangenheitsgrundes) aufrecht erhalten bzw wiederholt. Auch die Abweisung sämtlicher Delegierungsanträge wegen eindeutiger Rechtslage habe den Beklagten nicht davon abgehalten, weitere derartige Anträge mit weitgehend identer Begründung einzubringen. Der vom Beklagten eingenommene Prozessstandpunkt in den Ablehnungs- und Delegierungsanträgen hätte daher bei gehöriger Sorgfalt nicht nur als zweifelhaft, sondern als aussichtslos erkannt werden müssen. Dies gelte auch für den teilweise erfolgreichen Ablehnungsantrag vom 20. 4. 2007, weil die dort behaupteten Befangenheitsgründe wider besseren Wissens vorgebracht worden seien und dem Antrag nicht wegen der darin angegebenen Gründe, sondern wegen der Stellungnahme von zwei der betroffenen Richter stattgegeben worden sei. Das Ablehnungsverfahren solle einer Partei kein Forum dafür bieten, den Prozess zu verschleppen und dadurch der Gegenpartei einen Schaden zuzufügen. Wiewohl dieser Ablehnungsantrag teilweise - nämlich hinsichtlich zwei von vier abgelehnten Richtern - erfolgreich gewesen sei, reihe er sich in die lange Kette jener Anträge ein, die nach Ansicht des Gerichts nur den Zweck gehabt hätten, die Klägerin durch die dadurch bewirkte Verzögerung des Hauptverfahrens zu schädigen. Auch hier werde aus der Begründung des Ablehnungsantrags offenbar, dass das unlautere Motiv der Rechtsausübung ein wie immer geartetes, hier aber nicht erkennbares, lauteres Motiv eindeutig überwogen habe. Insgesamt habe der Beklagte die verfahrensrechtlichen Institute der Ablehnung und der Delegation als „Werkzeug“ benutzt, das Hauptverfahren zu verschleppen und derart die Entscheidung möglichst lange hinauszuzögern, worin ein klarer Rechtsmissbrauch zu sehen sei; das Verschulden ergebe sich bereits aus dem verpönten Motiv. Auch das Feststellungsinteresse der Klägerin sei zu bejahen, da nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ein schadenersatzrechtliches Feststellungsbegehren stets zulässig sei, solange der Eintritt künftiger Schäden nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden könne. Schon die Möglichkeit künftiger Schäden rechtfertige somit die Erhebung einer Feststellungsklage. Als künftige Schäden seien dabei solche zu verstehen, deren Ersatz im maßgeblichen Zeitpunkt der Erhebung des Feststellungsbegehrens mangels Fälligkeit des Anspruchs noch nicht begehrt werden könne. Dass der Klägerin im vorliegenden Fall Vermögensnachteile durch eine Verzögerung des Hauptprozesses sowohl bei Obsiegen (in Form erhöhter Baukosten oder entgangener Gewinne) als auch im Fall des Verlusts des Hauptverfahrens (mangels früherer - auch monetär wirksamer - Disposition über ihre Liegenschaftsanteile) entstehen könnten, liege auf der Hand.
Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung im Sinne einer gänzlichen Klageabweisung ab. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Die Delegierungs- und Ablehnungsanträge im Hauptverfahren hätten der Klägerin (noch) keinen Schaden zugefügt. Dieses Prozessverhalten bewirke lediglich eine spätere gerichtliche Klärung, ob die Klägerin Alleineigentümerin der beiden Liegenschaften werde und damit Entscheidungen über die Liegenschaften allein treffen könne. Gegenstand der Klage könne aber nicht ein erst künftig entstehendes Rechtsverhältnis oder ein künftig entstehender Anspruch sein. Nur für bestimmte schadensträchtige Ereignisse, wie Unfälle, Beratungsfehler oder Werkmängel, lasse die Rechtsprechung prozessökonomische Gründe zur Rechtfertigung der Feststellungsklage genügen, obwohl in Ermangelung eines eingetretenen Schadens ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis noch nicht vorliege und es nach einer grundlegenden, bis in die jüngste Zeit reichenden Judikaturlinie an einem rechtlichen Interesse an der alsbaldigen Feststellung der Schadenersatzpflicht fehle, wenn bis zum Schluss der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz ein Schaden nicht entstanden ist. Die Anträge des Beklagten im Hauptverfahren könnten auch nicht als derart schadensträchtige Vorfälle betrachtet werden, „dass der Schadenseintritt eher zufällig unterblieben ist und sich derartige Vorfälle mit möglichen Schäden jederzeit wiederholen könnten“. Selbst wenn der Beklagte im Wissen um das Fehlen ihrer tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen seine Anträge nur gestellt habe, um sich länger im Besitz eines ihm nicht gebührenden Vorteils zu erhalten, müsse auch berücksichtigt werden, dass das Recht jeder Person, bei Meinungsverschiedenheiten die Hilfe des Gerichts in Anspruch zu nehmen, nicht - etwa durch hoch bewertete Feststellungsklagen - mit einem abschreckenden Aufwand für die Rechtsverteidigung belastet werden dürfe. Insgesamt komme das Berufungsgericht zum Schluss, dass der Klägerin durch die Verweisung auf ein erst später (nach Eintritt eines Schadens) mögliches gerichtliches Vorgehen keine Verschlechterung ihrer rechtlichen Position im Verhältnis zum Beklagten drohe, weshalb ihr kein rechtliches Interesse an der mit der Klage begehrten Feststellung zuerkannt werden könne. Unter prozessökonomisch-pragmatischen Aspekten sei insbesondere auch zu berücksichtigen, dass die inkriminierten Prozesshandlungen in öffentlichen Urkunden (Verhandlungsprotokollen und Gerichtsentscheidungen) dokumentiert seien und daher keine Beweisprobleme drohten. Im Hinblick auf die dargestellte nicht einheitliche Rechtsprechung zur gerichtlichen Feststellbarkeit der Haftung für in Zukunft mögliche (Erst-)Schäden und im Hinblick darauf, dass zur Frage, ob verfahrensverzögernde Prozesshandlungen „schadensträchtige Ereignisse“ seien, keine höchstgerichtliche Rechtsprechung existiere, sei die Revision gemäß § 502 Abs 1 ZPO zulässig.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen erhobene Revision der Klägerin ist zulässig und berechtigt.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts und des Beklagten hat die höchstgerichtliche Rechtsprechung das Erfordernis eines bereits erfolgten Schadenseintritts für das rechtliche Interesse an der alsbaldigen Feststellung der Haftung für künftige (weitere) Schäden schon vor längerer Zeit aufgegeben (vgl auch die zur früheren Judikatur in RIS-Justiz RS0040838 ab [T3] [E 1 Ob 544/83 = SZ 56/38] angeführten Entscheidungen). Weiterhin reicht die bloß abstrakte Möglichkeit eines Schadenseintritts nicht aus, sondern ist es Sache des Klägers, im Einzelfall aufzuzeigen, welcher Art die möglichen Schäden sein könnten (RIS-Justiz RS0038949). Stets bedarf die Feststellungsklage eines konkreten, aktuellen Anlasses, der zur Hintanhaltung einer nicht bloß vermeintlichen, sondern tatsächlichen und ernstlichen Gefährdung der Rechtslage des Klägers eine ehestbaldige gerichtliche Entscheidung notwendig macht (RIS-Justiz RS0039215), wobei ein rechtliches Interesse regelmäßig zu bejahen ist, wenn eine Verschlechterung der rechtlichen Position des Klägers bei einer Verweisung auf ein erst später mögliches gerichtliches Vorgehen zu befürchten wäre (T8). Daher rechtfertigt grundsätzlich die bloße Möglichkeit künftiger Schadensfolgen die Erhebung einer Feststellungsklage, die damit auch der Vermeidung späterer Beweisschwierigkeiten und der Klarstellung der Haftungsfrage dem Grunde und dem Umfang nach dient (RIS-Justiz RS0038976 mit zahlreichen weitergehenden Detailaussagen). In jüngerer Zeit wird die Feststellungsklage ausdrücklich auch zugelassen, wenn erst künftige entstehende Ersatzansprüche bloß nicht auszuschließen sind und eine zeitnahe Klärung bestimmter Umstände, die für denkbare zukünftige Schadenersatzansprüche von Bedeutung sein können, objektiv zweckmäßig erscheint (RIS-Justiz RS0038976 [T21, T25, T29, T32]). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist dieser Ansatz auch keineswegs auf bestimmte Arten von Rechtsverletzungen beschränkt, was auch kaum zu begründen wäre (vgl etwa RIS-Justiz RS0038976 [T26]: Verletzung einer vertraglichen Aufklärungspflicht).
Die Klägerin hat auch ausreichend deutlich dargelegt, welche (künftigen) Schäden die Verzögerung der endgültigen Klärung der Verpflichtung des Beklagten zur Eigentumsübertragung nach sich ziehen könnten, wobei es sich auch keineswegs um ganz ungewöhnliche Kausalverläufe handelt. Unter Zugrundelegung der dargelegten aktuellen höchstgerichtlichen Judikatur besteht daher für den erkennenden Senat kein Zweifel daran, dass der Klägerin das von § 228 Abs 1 ZPO geforderte rechtliche Interesse an der alsbaldigen Feststellung einer Haftung des Beklagten dem Grunde nach zuzugestehen ist.
Der Auffassung des Berufungsgerichts, ein „Beweissicherungsinteresse“ der Klägerin sei deshalb zu bezweifeln, weil die Prozesshandlungen des Beklagten in öffentlichen Urkunden dokumentiert seien und daher keine Beweisprobleme drohten, ist entgegenzuhalten, dass für die von der Klägerin angestrebte Feststellung der Ersatzpflicht dem Grunde nach auch subjektive Elemente (Verschulden) maßgeblich sind, die typischerweise in einem zeitnahen Verfahren leichter ermittelt werden können, als zu einem (erheblich) späteren Zeitpunkt. Gerade im vorliegenden Verfahren strebte die Klägerin etwa den Nachweis an, dass der Beklagte für eine vorzeitige Prozessbeendigung eine (ihm nicht zustehende) Zahlung von 100.000 EUR anstrebte, woraus der Schluss zu ziehen sei, dass sein bedenkliches Prozessverhalten bewusst darauf abzielte, die Klägerin zu einer solchen Zahlung zu bewegen. Da dafür auch ein Personalbeweis angeboten wurde, kann auch im vorliegenden Einzelfall nicht gesagt werden, dass die Klägerin im Falle einer späteren Prozessführung mit Sicherheit keine Nachteile hätte hinnehmen müssen, entspricht es doch der Gerichtserfahrung, dass Erinnerungen verblassen oder Zeugen nach einigen Jahren - aus welchen Gründen immer - möglicherweise gar nicht mehr zur Verfügung stehen. Schließlich weist die Revisionswerberin zutreffend auch darauf hin, dass Prozessakten nach einiger Zeit nicht mehr aufbewahrt werden.
Auf die Frage, inwieweit die zu beurteilenden Anträge des Beklagten im Vorverfahren eine Haftung für aus einer Verfahrensverzögerung resultierende Vermögensnachteile der Klägerin begründen könnten, ist das Berufungsgericht aufgrund seiner abweichenden Rechtsansicht zum Feststellungsinteresse nicht eingegangen, hat allerdings angemerkt, es müsse auch berücksichtigt werden, dass das Recht jeder Person, bei Meinungsverschiedenheiten die Hilfe des Gerichts in Anspruch zu nehmen, nicht mit einem abschreckenden Aufwand für die Rechtsverteidigung, etwa durch hoch bewertete Feststellungsklagen, belastet werden dürfe. Die dazu angeführten Judikaturzitate sind aber keineswegs einschlägig, hat die Klägerin ihre Feststellungsbegehren doch jeweils erst im Nachhinein erhoben und damit nicht etwa darauf abgezielt, dem Beklagten künftig ein seinen schutzwürdigen Interessen entsprechendes prozessuales Verhalten zu erschweren. Wie noch auszuführen sein wird, ist dem Erstgericht aber auch bei seiner Beurteilung zu folgen, dass das vom Berufungsgericht angesprochene Recht, bei Meinungsverschiedenheiten die Hilfe des Gerichts in Anspruch zu nehmen, nicht schrankenlos ausgeübt werden darf, sondern seine Grenze dort findet, wo verfahrensrechtliche Möglichkeiten zur Schädigung des Prozessgegners missbraucht werden oder zumindest ohne Rücksicht auf diesen und trotz Erkennbarkeit fehlender Erfolgsaussichten wahrgenommen werden und zugleich billigend in Kauf genommen wird, dass der Gegner dadurch Vermögensnachteile erleidet.
So entspricht es der Judikatur zu § 1295 Abs 2 ABGB, dass derjenige schadenersatzrechtlich haftet, der Verfahrenshandlungen setzt, obwohl er weiß, dass dadurch sein Vertragspartner [und Prozessgegner] vermögensmäßige Nachteile erleiden kann, wenn er bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte erkennen müssen, dass sein im Verfahren vertretener Standpunkt aussichtslos ist (RIS-Justiz RS0022854). Auch bei Verzögerung eines Prozesses kommt eine Schadenersatzpflicht der Partei in Betracht, wenn sie ungeachtet ihres Wissens oder Wissenmüssens um den unhaltbaren Rechtsstandpunkt Prozess führt (RIS-Justiz RS0020727). Die Einräumung bestimmter Verfahrensrechte an die Prozessparteien soll ja zweifellos nur den als gerechtfertigt anzusehenden Verfahrenszwecken dienen, nicht aber eine Partei in die Lage versetzen, ohne Rücksicht auf die erkennbar fehlende Berechtigung von Anträgen dem Prozessgegner Verzögerungsschäden zuzufügen.
Richtig ist, dass grundsätzlich dem Kläger die Behauptungs- und Beweislast dafür obliegt, dass dem Beklagten sein qualifiziertes prozessuales Fehlverhalten auch subjektiv im dargelegten Sinn vorwerfbar ist. Dabei ist allerdings zu bedenken, dass die konkrete Motivation des potentiellen Schädigers für den Kläger regelmäßig nicht direkt beweisbar ist, sondern typischerweise nur aus den Umständen erschlossen werden kann. Es muss daher im Regelfall hinreichen, dass der Kläger einen äußeren Geschehnisablauf nachweist, der unter Berücksichtigung allgemeiner Lebenserfahrung die Vermutung der Schädigungsabsicht begründet oder zumindest als Grundlage für die Annahme ausreicht, der Beklagte habe bei gehöriger Aufmerksamkeit erkennen müssen, dass der in den betreffenden Prozessanträgen vertretene Standpunkt aussichtslos ist. Dann ist es Sache des Beklagten einen gerechtfertigten Beweggrund für sein Verhalten zu behaupten und zu beweisen (RIS-Justiz RS0117937).
Vor diesem Hintergrund moniert der Beklagte somit zu Unrecht das Fehlen von Tatsachenfeststellungen zu seiner subjektiven Motivation, wäre es doch an ihm gelegen, konkret darzutun, aus welchem Grund er Anlass gehabt haben könnte, mit einem Erfolg seiner substanzlosen Anträge zu rechnen. Wenn er nun in der Revisionsbeantwortung ausführt, seine Motivation sei „wohl viel eher“ gewesen, dass er eben vor bestimmten Richtern keine Verfahren habe führen wollen und dies in vehementer und nachdrücklicher Weise verfolgt habe, bestätigt er geradezu die schon aufgrund des äußeren Ablaufs naheliegende Vermutung, dass es ihm gerade nicht darum gegangen ist, Umstände aufzuzeigen, die nach den einschlägigen Gesetzesbestimmungen zur Verfahrensführung vor einem anderen Gericht oder anderen Richtern führen könnten, und damit bloß seine - vom Gesetz außerhalb der geregelten Tatbestände nicht als legitim anerkannte - Absicht, eine Entscheidung durch zuständige Gerichtsorgane zu verhindern. Liegen nun die gesetzlichen Tatbestände für die begehrten gerichtlichen Entscheidungen ersichtlich nicht vor, hat eine rechtstreue Prozesspartei von derartigen Anträgen Abstand zu nehmen, wenn für sie erkennbar ist, dass eine damit verbundene Verfahrensverzögerung zu Vermögensnachteilen beim Prozessgegner führen kann.
Der erkennende Senat hat angesichts der Vielzahl der offenbar unberechtigten Delegierungs- und Ablehnungsanträge des Beklagten auch keine Bedenken gegen die Schlussfolgerung des Erstgerichts, der Beklagte habe es insgesamt darauf angelegt, die bei regulärem Verfahrensverlauf zu erwartende Prozessbeendigung hinauszuzögern und dabei geradezu planmäßig substanzlose und erkennbar ungerechtfertigte, und damit rechtsmissbräuchliche, Anträge gestellt. Nur beispielshaft ist in diesem Zusammenhang etwa darauf zu verweisen, dass der Oberste Gerichtshof zu 2 Ob 138/11z aus dem hier zu beurteilenden Verfahren folgerte, dass der Beklagte wiederholt Ablehnungsanträge ohne konkrete Befangenheitsgründe gestellt habe und dass Ablehnungsanträge offensichtlich rechtsmissbräuchlich erfolgt seien, weshalb auf diese auch ohne Befassung des zuständigen Ablehnungssenats in der Sache entschieden werden könne. Deutlicher kann nun nicht gesagt werden, dass es dem Beklagten im Vorverfahren keineswegs um die gerechtfertigte Wahrung seiner Verfahrensinteressen, sondern in erster Linie darum gegangen ist, nach Möglichkeiten zu suchen, die aus ungerechtfertigten Gründen eine Verzögerung der Verfahrensbeendigung bewirken.
Unter diesen Umständen ist daher auch die Beurteilung seines Ablehnungsantrags vom 20. 4. 2007 durch das Erstgericht nicht zu beanstanden, auch wenn dieser im Ergebnis dazu geführt hat, dass die Befangenheit von zwei der vier abgelehnten Richter ausgesprochen wurde. Dass der Antrag selbst keine bereits bestehenden Befangenheitsgründe aufzeigte, stellt der Revisionsgegner auch gar nicht in Abrede, womit sich die Antragstellung ebenfalls als rechtsmissbräuchlich erweist. Seine durch die ungerechtfertigte Verfahrensverzögerung begründete Verantwortlichkeit gegenüber dem Prozessgegner kann nun aber nicht dadurch wegfallen, dass die wiederholten ungerechtfertigten Vorwürfe gegen Gerichtsorgane dazu führen, dass sich diese nun etwa gerade wegen dieser Angriffe nicht mehr unbefangen fühlen oder - wie im vorliegenden Fall - eine Äußerung über ihre Unbefangenheit abgeben, die nach Auffassung des zuständigen Ablehnungssenats Elemente enthält, die allenfalls nach außen den Anschein einer Befangenheit begründen könnten. Die gegenteilige Auffassung würde dazu führen, dass eine Partei ihren Prozessgegner durch Prozessverschleppung dann ohne Ersatzpflicht schädigen könnte, wenn sie nur so schwere ungerechtfertigte Angriffe gegen einen Richter erhebt, dass dieser tatsächlich seine Unbefangenheit verliert. Auch wenn somit einer der zahlreichen Ablehnungsanträge letztlich im Hinblick auf einzelne der abgelehnten Richter im Ergebnis erfolgreich war, kann daraus unter den gegebenen Umständen nicht der vom Revisionsgegner gewünschte Schluss gezogen werden, dass ihm die durch dieses Ablehnungsverfahren bewirkte Verzögerung im Verhältnis zum Prozessgegner haftungsrechtlich nicht anzulasten wäre.
Damit erweist sich das Klagebegehren - überwiegend - als berechtigt. Die urteilsmäßige Feststellung der Haftung des Beklagten für zukünftige Schäden aus einem bestimmten Haftungsgrund soll eine möglichst vollständige Beurteilung der Haftung dem Grunde nach enthalten und damit eine sichere Grundlage für die Beurteilung der Ersatzpflicht für später eintretende konkrete Schäden bilden. Dieser Aufgabe wird ein Feststellungsurteil regelmäßig nur dadurch gerecht, dass es die einzelnen haftungsauslösenden Sachverhalte - in seinem Spruch - möglichst präzise beschreibt, damit eine ausreichende Anknüpfungsmöglichkeit für die sich später stellende Kausalitätsfrage vorliegt. Diesem Erfordernis trägt die von der Klägerin - und vom Erstgericht - gewählte Formulierung des Begehrens allerdings nicht hinreichend Rechnung, wird doch dort lediglich die Feststellung der Haftung für die Verfahrensverzögerung durch in einem bestimmten Zeitraum getätigte „rechtsmissbräuchliche Prozesshandlungen, insbesondere rechtswidrige Ablehnungs- und Delegierungsanträge“, begehrt, ohne die jeweiligen haftungsbegründenden Anträge im Einzelnen zu bezeichnen (vgl dazu nur 1 Ob 187/08v) oder die Dauer der haftungsbegründenden Verzögerung anzugeben. Der Klägerin geht es ersichtlich darum, rechtskräftig geklärt zu bekommen, dass die von ihr in ihrem Prozessvorbringen im Einzelnen angeführten rechtsmissbräuchlichen Anträge des Beklagten zu einer bestimmten Verfahrensverzögerung geführt haben und der Beklagte für jene zukünftigen Schäden haften soll, die durch diese Verzögerung verursacht werden. Da das Erstgericht unbekämpft festgestellt hat, dass die Verfahrensbeendigung um insgesamt 41 Monate verzögert wurde - dass dem Beklagten darüber hinaus eine weitere Verzögerung vorzuwerfen wäre, etwa eine durch seinen Antrag vom 1. 3. 2010 ausgelöste, wird in der Revision nicht (mehr) ausgeführt -, entspricht es nach Auffassung des erkennenden Senats dem von der Klägerin angestrebten Rechtsschutzziel, diesen Umstand bereits in das klagestattgebende Feststellungsurteil aufzunehmen, um ihr jene Entscheidung zu verschaffen, an der ein Feststellungsinteresse gemäß § 228 Abs 1 ZPO besteht, zumal nur ein solcher Ausspruch geeignet ist, die anzustrebende möglichst weit reichende Basis für die Beurteilung zukünftiger Leistungsansprüche der Klägerin zu schaffen. Der stattgebende Urteilsspruch ist daher in diesem Sinne in einer vom Wortlaut des Klagebegehrens abweichenden Weise zu formulieren (vgl dazu nur die Judikaturnachweise bei Rechberger in Rechberger³ § 405 ZPO Rz 2) und die Teilabweisung für den letzten Verfahrensschritt des Vorprozesses zu bestätigen. Eine Solidarhaftung des Zweitbeklagten ist nicht auszusprechen, weil das Verfahren gegen diesen noch nicht beendet ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 50 Abs 1, § 41 und § 43 Abs 2 ZPO. Die geringfügige Teilabweisung fällt bei der Beurteilung der Erfolgsverhältnisse nicht zu Lasten der Klägerin ins Gewicht. Der Kostenersatz ist auf einer Bemessungsgrundlage von 50.000 EUR zu berechnen, jedoch ohne Streitgenossenzuschlag, da eine Solidarhaftung des Zweitbeklagten nicht feststeht.
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