OGH 8Ob100/11f

OGH8Ob100/11f24.10.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** L*****, vertreten durch Kopp - Wittek Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, gegen die beklagten Parteien 1) W***** P*****, und 2) N***** P*****, ebendort, beide vertreten durch Dr. Herbert Harlander, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Entfernung, Unterlassung und Feststellung, über die außerordentliche Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 17. August 2011, GZ 22 R 253/11a-36, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Die Ausführungen in der außerordentlichen Revision zur behaupteten Mangelhaftigkeit des Verfahrens und zur Aktenwidrigkeit vermögen keine erhebliche Rechtsfrage zu begründen.

Das Berufungsgericht hat die Entscheidungsgründe des angefochtenen Ersturteils für zutreffend erachtet und daher von der erleichterten Entscheidungsbegründung nach § 500a ZPO (RIS-Justiz RS0122301) Gebrauch gemacht.

Durch die Zitierung eines Rechtssatzes kann eine Aktenwidrigkeit (RIS-Justiz RS0043284) nicht begründet werden. Davon, dass der Kläger mit der Errichtung der Korbsteinmauer einen nur vorübergehenden Zustand geschaffen hätte, sind die Vorinstanzen nicht ausgegangen.

2.1 Unstrittig ist, dass die Beklagten auf ihrem Grundstück die Aufschüttungsarbeiten samt Errichtung der Natursteinmauer nach der Einebnung und Befestigung auf dem Grundstück des Klägers vorgenommen haben. Ebenso unstrittig ist, dass die (ordnungsgemäß errichtete) Korbsteinmauer des Klägers aufgrund der von der Natursteinmauer ausgehenden Überlast Beschädigungen aufweist.

2.2 Der Anlassfall ist dadurch gekennzeichnet, dass sich der Kläger als Unterlieger gegen die Einwirkungen auf die auf seinem tiefer gelegenen Grundstück befindliche Stützmauer zur Wehr setzt. Dazu führen die Beklagten in der außerordentlichen Revision ins Treffen, der Kläger hätte die Störung an seiner Korbsteinmauer durch ihre Baumaßnahmen selbst zu verantworten, weil er die rechtswidrige Geländeveränderung auf seinem Grundstück nicht beseitigt habe. Außerdem hätten ihre Baumaßnahmen bei unverändertem Urgelände das Grundstück des Klägers nicht beeinflusst.

2.3 Entgegen der Argumentation der Beklagten hat der Kläger keineswegs bloß eine permanente Vertiefung seines Grundstücks vorgenommen. Vielmehr hat er sein Grundstück durch Errichtung einer Korbsteinmauer „anderweitig“ befestigt.

Nach § 364b ABGB darf ein Grundstück nicht in der Weise vertieft werden, dass der Boden oder das Gebäude des Nachbarn die erforderliche Stütze verliert, es sei denn, dass der Besitzer des Grundstücks für eine genügende anderweitige Befestigung Vorsorge trifft (RIS-Justiz RS0011948). Der Zweck dieser Bestimmung besteht in der Sicherung der Festigkeit und Standsicherheit des Nachbargrundstücks (RIS-Justiz RS0010703; 5 Ob 130/00d). Wird für eine anderweitige Befestigung gesorgt, so bleibt es nur vorübergehend bei einer bloßen Vertiefung.

Nach den Feststellungen hatte die Errichtung der Korbsteinmauer durch den Kläger keine erwähnenswerten negativen Folgen für das Grundstück der Beklagten. Soweit die Vorinstanzen die Arbeiten des Klägers als rechtmäßig qualifizieren, stellt dies keine Fehlbeurteilung dar.

2.4 Der Frage, ob die Beklagten „bei unverändertem Urgelände“ ihre Natursteinmauer in der nunmehr vom Kläger beanstandeten Form ohne Einwirkungen auf dessen Grundstück hätten errichten können, kommt keine Bedeutung zu. § 364b ABGB wird keineswegs dadurch unanwendbar, dass der beeinträchtigte Nachbar zuvor die „natürliche bodenphysikalische Beschaffenheit“ seines Grundstücks verändert hat (3 Ob 95/11h).

2.5 Weitere Argumente gegen die von den Vorinstanzen herangezogenen Rechtsgrundlagen (§ 364b und § 1319 ABGB) führen die Beklagten nicht ins Treffen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Oberste Gerichtshof im Einklang mit der herrschenden Lehre nicht nur (von Arbeiten ausgehende) Veränderungen, durch die der Boden oder das Grundstück des Nachbarn seine Stütze verliert, sondern ebenso Beeinträchtigungen an einem Grenzzaun und überhaupt an jeder Anlage auf dem Nachbargrundstück in den Schutzbereich des § 364b ABGB einbezieht (3 Ob 95/11h mwN).

Mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO war die außerordentliche Revision zurückzuweisen.

Stichworte