OGH 7Ob119/11t

OGH7Ob119/11t28.9.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C***** H*****, vertreten durch Dr. Hans-Moritz Pott, Rechtsanwalt in Liezen, gegen die beklagte Partei Nationale Antidoping Agentur Austria GmbH (NADA Austria), 1030 Wien, Rennweg 46-50/1, vertreten durch bpv Hügel Rechtsanwälte OG in Mödling, wegen Feststellung und Unterlassung, über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 28. April 2011, GZ 13 R 57/11i-16, mit dem der Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 21. Februar 2011, GZ 62 Cg 152/10v-11, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.961,64 EUR (darin 326,94 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Kläger war bis Anfang Juli 2010 Mitglied im Ö***** (im Folgenden: Ö*****) und über Jahre als Spitzensportler im Langlauf tätig. Er kündigte die Mitgliedschaft zum Ö***** auf.

Die beklagte GmbH ist seit 2. 8. 2008 die Unabhängige Dopingkontrolleinrichtung gemäß § 4 Anti-Doping-Bundesgesetz 2007 (ADBG 2007) und führt ab diesem Zeitpunkt deren Aufgaben (§ 3 Z 1 der Kundmachung des Bundeskanzlers über die Unabhängige Dopingkontrolleinrichtung, BGBl II 2008/283).

Die Beklagte stellte am 11. 12. 2009 betreffend den Kläger einen Prüfantrag auf Sicherungs- und Disziplinarmaßnahmen wegen Verdachts eines Verstoßes gegen die geltenden Anti-Doping-Bestimmungen an die gemäß § 4 Abs 2 Z 5 ADBG 2007 bei ihr eingerichtete Rechtskommission. Mit Beschluss vom selben Tag leitete die Rechtskommission das Verfahren gegen den Kläger ein. Mit Beschluss der Rechtskommission vom 31. 12. 2009 wurde der Kläger mit sofortiger Wirkung bis zum Abschluss des Dopingverfahrens suspendiert. Im fortgesetzten Disziplinarverfahren fasste die Rechtskommission am 26. 4. 2010 den Beschluss, dass sie für die Durchführung und Entscheidung über das bei ihr auf Grund des Prüfungsantrags der Beklagten vom 11. 12. 2009 gegen den Kläger eingeleitete bzw anhängige Dopingverfahren für den Ö***** zuständig sei.

Der Kläger begehrt die Feststellung und Unterlassung,

- dass die Beklagte für das Verfahren gegen ihn „nicht zuständig“ sei; sie sei schuldig, die Durchführung des Verfahrens zu unterlassen, insbesondere keine weiteren Maßnahmen, Unterstützungstätigkeiten und Handlungen gegen ihn zu setzen;

- in eventu, dass die Beklagte auf Grund der Kündigung der Mitgliedschaft zum Ö***** für das Verfahren gegen ihn „nicht mehr zuständig“ sei; sie sei schuldig, die Weiterführung des Verfahrens zu unterlassen, insbesondere keine weiteren Maßnahmen, Unterstützungstätigkeiten und Handlungen gegen ihn zu setzen und das Verfahren einzustellen;

- in eventu, die Beklagte sei schuldig, weitere Maßnahmen, Untersuchungstätigkeiten und Handlungen gegen ihn zu unterlassen.

Dazu brachte der Kläger - soweit für das Revisionsrekursverfahren von Bedeutung - vor, er sei bis Anfang Juli 2010 Mitglied des Ö***** gewesen und habe diese Mitgliedschaft aufgekündigt. Das über Prüfantrag der Beklagten gegen ihn eingeleitete Disziplinarverfahren bei der Rechtskommission sei noch nicht abgeschlossen. Gegen den verfahrensleitenden Beschluss der Rechtskommission vom 26. 4. 2010, dass sie für die Durchführung und Entscheidung des Dopingverfahrens zuständig sei, stehe ihm kein Rechtsmittel offen; den Beschluss könne er nur durch eine Klage beim ordentlichen Gericht bekämpfen. Die Beklagte und die bei ihr eingerichtete Rechtskommission seien privatrechtliche Gesellschaften und keine Behörden. Bei der „NADA“ handle es sich um ein Disziplinargericht; es bestehe eine ausgelagerte Vereinsgerichtsbarkeit für den jeweiligen Bundessportfachverband. Das ADBG 2007 sei verfassungswidrig, weil es gegen die „Vereinsfreiheit“ verstoße. Es nehme den Sportfachverbänden - in diesem Fall dem Ö***** - Rechte und übertrage sie der Beklagten/Rechtskommission. Dem Kläger werde auch der zuständige Richter entzogen. Er habe sich nicht der Disziplinargewalt der Beklagten unterworfen. Da er nicht mehr Mitglied des Ö***** sei, bestehe auch keine Zuständigkeit der Beklagten/Rechtskommission mehr, weil in diesem Fall die aus der Mitgliedschaft zum Verein abgeleitete Disziplinargewalt verloren gehe. Vereinsstrafen könnten nur gegen Mitglieder oder solche Personen verhängt werden, welche die Vereinsordnungsgewalt durch Vertrag anerkannt hätten. Sei die Vereinsmitgliedschaft beendet (zum Beispiel durch Austritt), entfalle auch die Strafbefugnis des Vereins. Der Kläger habe ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung, weil das Disziplinarverfahren trotz fehlender Zuständigkeit aufrecht erhalten werde.

Die Beklagte wendete - soweit im Revisionsrekursverfahren von Relevanz - die Unzulässigkeit des ordentlichen Rechtswegs ein. Das Vorbringen des Klägers sei überwiegend auf ein Gesetzesprüfungsverfahren gerichtet, für das der Verfassungsgerichtshof zuständig sei. Der ordentliche Rechtsweg sei unzulässig, weil nach § 17 Abs 2 ADBG 2007 die Parteien gegen Entscheidungen gemäß § 15 ADBG 2007 deren Überprüfung durch die Unabhängige Schiedskommission begehren könnten. Der vereinsinterne Instanzenzug bei Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis sei nicht eingehalten worden. Der Kläger sei bei Eröffnung des Dopingverfahrens am 11. 12. 2009 noch Vereinsmitglied des Ö***** gewesen, zu dem seine Mitgliedschaft erst Anfang Juli 2010 geendet habe. Art 7.6 WADA Code (World Anti-Doping Code) sehe vor, dass die Anti-Doping-Organisation, die für das Dopingverfahren zuständig sei - hier die Beklagte -, die Zuständigkeit für den Abschluss des Verfahrens behalte, wenn der Athlet während des Verfahrens seine aktive Laufbahn beende. Auch Nichtmitglieder könnten sich durch vertragliche Anerkennung der Disziplinargewalt eines Sportfachverbandes unterstellen. Der Kläger habe die Verpflichtungserklärung gemäß § 19 ADBG 2007 abgegeben und sich daher zivilrechtlich verpflichtet, sich bei Verletzung der geltenden Anti-Doping-Regelungen dem Regime über die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen zu unterwerfen. Sein Austritt stehe der disziplinarrechtlichen Verfolgung von Verstößen gegen Anti-Doping-Bestimmungen nicht entgegen.

Das Erstgericht wies die Klage wegen Unzulässigkeit des ordentlichen Rechtswegs zurück. Bei der Rechtskommission und der übergeordneten Unabhängigen Schiedskommission handle es sich um gesetzlich eingerichtete Vereinsschiedsgerichte mit verfahrensrechtlichen Elementen eines zivilen Schiedsgerichts. Die Nichteinhaltung des vereinsinternen Instanzenzugs begründe (vorläufig/befristet/temporär) die Unzulässigkeit des Rechtswegs. Da die Unabhängige Schiedskommission § 592 Abs 1 und 2 ZPO über die Wahrnehmung der eigenen Zuständigkeit anzuwenden habe, stehe deren Anrufung zur Überprüfung des Einwands des Klägers, die Beklagte sei zur Durchführung eines Disziplinarverfahrens gegen ihn nicht zuständig, nichts im Weg. Die Anrufung des Zivilgerichts sei erst gegen Entscheidungen der Unabhängigen Schiedskommission vorgesehen (§ 17 Abs 6 ADBG 2007). Da es sich beim Beschluss der Rechtskommission über die Zuständigkeit nicht um einen verfahrensleitenden Beschluss, sondern den Ausspruch über die Zulässigkeit des Rechtswegs vor einem gesetzlich geregelten Vereinsschiedsgericht handle, sei eine abgesonderte Anrufung der Unabhängigen Schiedskommission möglich, weil über die Zuständigkeit selbständig entschieden worden sei. Wäre die abgesonderte Anfechtung nur dann rechtens, wenn die gesonderte Ausfertigung zulässiger Weise geschehe, wäre die Entscheidung vor der Unabhängigen Schiedskommission nicht abgesondert anfechtbar, vor dem Zivilgericht aber gar nicht.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Klägers nicht Folge, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige, und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig. Rechtlich führte es aus, der Kläger hätte den Instanzenzug der Spruchkörper nach dem ADBG 2007 ausschöpfen müssen, um eine Klage auf gerichtliche Aufhebung der Zuständigkeitsentscheidung nach dem ADBG 2007 einbringen zu können. Gegenstand des Verfahrens seien jedoch Feststellungs- und Unterlassungsbegehren, nicht aber eine Klage auf Aufhebung des Schiedsspruchs der Rechtskommission über deren Zuständigkeit. Der Kläger strebe nicht die Überprüfung der Zuständigkeitsentscheidung der Rechtskommission an, sondern die Feststellung, dass die Beklagte das Verfahren gegen ihn (inklusive der Zuständigkeitsentscheidung) gar nicht durchführen hätte dürfen. Es könne dahingestellt bleiben, ob die beklagte GmbH funktionell für einen Verein (Ö*****) tätig werde und daher § 8 VerG 2002 anwendbar sei, weil die temporäre Unzulässigkeit des streitigen Rechtswegs sechs Monate nach der Anrufung der „Schlichtungseinrichtung“ (hier der Rechtskommission) abgelaufen sei (§ 8 Abs 1 zweiter Satz VerG 2002). Die Anrufung des ordentlichen Zivilgerichts scheitere daher nicht an § 8 Abs 1 VerG 2002.

Vor der Schaffung des § 8 Abs 1 VerG 2002 habe es der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs entsprochen, dass der ordentliche Rechtsweg erst nach Anrufung und Entscheidung eines Vereinsschiedsgerichts offen stehe. Der ordentliche Rechtsweg sei für das Hauptbegehren nicht gegeben, weil der Kläger den Instanzenzug der Spruchkörper nach dem ADBG 2007 nicht ausgeschöpft habe. Der ordentliche Rechtsweg für die Eventualbegehren sei nicht offen, weil er noch keine Anträge an die Spruchkörper nach dem ADBG 2007 gerichtet habe, die darauf abzielten, über die Unzuständigkeit dieser Spruchkörper wegen seines mittlerweile erfolgten Austritts aus dem Ö***** zu entscheiden. Damit könnten die ordentlichen Zivilgerichte für sämtliche Begehren des Klägers wegen Unzulässigkeit des streitigen Rechtswegs derzeit nicht angerufen werden.

Den ordentlichen Revisionsrekurs ließ das Rekursgericht mit der Begründung zu, dass sich der Oberste Gerichtshof noch nicht mit der Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs für Ansprüche befasst habe, die darauf abzielten, die Zuständigkeit der nach dem ADBG 2007 eingerichteten Spruchkörper in Frage zu stellen.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung gerichtete ordentliche Revisionsrekurs des Klägers ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.

1. Der Kläger war bis Anfang Juli 2010 Mitglied im Bundessportfachverband Ö*****. Er wurde mit Beschluss der Rechtskommission vom 31. 12. 2009 mit sofortiger Wirkung bis zum Abschluss des Dopingverfahrens suspendiert.

Dopingverstöße durch einen vereinszugehörigen Sportler sind - sofern nicht zusätzlich strafrechtliche Tatbestände verwirklicht werden - zivilrechtlich zu beurteilende Sachverhalte, weil es sich um Verstöße gegen die Statuten des betreffenden Vereins handelt. Die Sanktion, die wegen eines solchen Verstoßes in den Statuten vorgesehen sein kann, ist eine privatrechtliche (Disziplinar-)Maßnahme des Vereins gegen sein Mitglied und Ausdruck seiner „Strafgewalt“ in Disziplinarsachen (Hauser, Anti-Doping-Gesetz 2007 - Handlungsbedarf für Österreichs Sportverbände!, AnwBl 2008, 205 mwN).

Gemäß § 27 Abs 1 Z 1 erster Satz ADBG 2007 obliegen der Unabhängigen Dopingkontrolleinrichtung ab 1. 7. 2008 unter anderem die Aufgaben gemäß § 4 Abs 1 Z 4 ADBG 2007 sowie die Entscheidungen gemäß § 15 ADBG 2007. Die Beklagte ist gemäß § 3 Z 1 der Kundmachung, BGBl II 2008/283, seit 2. 8. 2008 die Unabhängige Dopingkontrolleinrichtung gemäß § 4 ADBG 2007. Ab diesem Zeitpunkt ist sie gemäß § 4 Abs 1 Z 4 ADBG 2007 mit der Einleitung und Durchführung von Disziplinarverfahren sowie mit Entscheidungen gemäß § 15 ADBG 2007 für den zuständigen Bundessportfachverband beauftragt, wobei nach § 4 Abs 2 Z 5 ADBG 2007 die bei ihr eingerichtete - weisungsfreie und unabhängige -Rechtskommission zur Entscheidung über Disziplinarmaßnahmen in erster Instanz bei Verstoß gegen Anti-Doping-Regelungen gemäß § 15 Abs 6 ADBG 2007 zuständig ist.

Bis zum Inkrafttreten des ADBG 2007 am 1. 7. 2008 war es Aufgabe des Disziplinarorgans des jeweiligen Bundessportfachverbandes, ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Es wurde jedoch als Nachteil empfunden, dass der Sportverband gegen sein eigenes Mitglied ein Dopingverfahren führen musste. Mit dem ADBG 2007 wurde daher die Zuständigkeit in Dopingsachen bei der Beklagten „gebündelt“. Die Entscheidung wird aber immer noch „für“ den Bundessportfachverband getroffen, womit zum Ausdruck kommt, dass diese funktionell dem Sportverband zuzurechnen ist, weil nur der Bundessportfachverband zivilrechtlich sein Mitglied sperren oder disqualifizieren kann (Brandstetter/Grünzweig, Anti-Doping-Recht [2010], 68 f).

Gegen Entscheidungen der Rechtskommission gemäß § 15 ADBG 2007 können die Parteien innerhalb von vier Wochen ab Zustellung deren Überprüfung durch die Unabhängige Schiedskommission begehren (§ 17 Abs 1 erster Satz ADBG 2007). Parteien dieses Schiedsverfahrens sind unter anderem die von der Entscheidung des Bundessportverbands Betroffenen (zB Sportler) und auch die Beklagte (§ 17 Abs 3 Z 1 und 3 ADBG 2007). Gemäß § 17 Abs 6 zweiter Satz ADBG 2007 steht den Parteien des Schiedsverfahrens „ungeachtet des Schiedsspruchs“ der Unabhängigen Schiedskommission „auch der Zivilrechtsweg offen“.

2. Einer Klage steht das gemäß § 42 Abs 1 JN in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmende Prozesshindernis der Unzulässigkeit des Rechtswegs entgegen, wenn sie in einer Streitigkeit aus dem Vereinsverhältnis nach § 8 Abs 1 VerG 2002 vor dem Verstreichen von sechs Monaten seit Anrufung der vereinsinternen Schlichtungseinrichtung eingebracht worden ist, außer das Schlichtungsverfahren endete bereits vor der Klagseinbringung (RIS-Justiz RS0122426).

Dopingverfahren sind zivilrechtliche Vereinsstreitigkeiten. Die bei der Beklagten eingerichtete Rechtskommission trifft ihre Entscheidung für den Sportverband. Eine in einem Dopingverfahren ergangene Entscheidung ist daher funktionell dem Verband zuzurechnen. Seit dem Inkrafttreten des ADBG 2007 ersetzen die Anti-Doping-Institutionen (Rechtskommission und Unabhängige Schiedskommission) die vereinsinternen Schlichtungsstellen (Disziplinarorgane des Vereins) in Dopingverfahren. Die Erwägungen des Gesetzgebers zum VerG 2002 (990 BlgNR XXI.GP 28), dass vor einem Gerichtsverfahren zunächst eine vereinsinterne Klärung der Streitigkeit versucht werden soll, kann auch auf Dopingverfahren übertragen werden. Daher gilt die Sechs-Monats-Frist des § 8 Abs 1 VerG 2002 auch in Dopingfällen. An die Stelle des Verfahrens vor der vereinsinternen Stelle tritt das Verfahren vor den Anti-Doping-Kommissionen (Brandstetter/Grünzweig aaO 113 f).

3. „Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis“ gemäß § 8 Abs 1 VerG 2002 sind nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs solche privatrechtlichen Streitigkeiten zwischen Vereinsmitgliedern und dem Verein oder Vereinsmitgliedern untereinander, die mit dem Vereinsverhältnis „im Zusammenhang stehen“ (6 Ob 219/04f = SZ 2005/41), „typischerweise ohne Verbundenheit der Klägerin mit dem beklagten Verein nicht denkbar wären“ (5 Ob 60/05t) oder „in der Vereinsmitgliedschaft wurzeln“ (4 Ob 146/07k = SZ 2007/140 = Rauscher, Zak 2007/639, 367; 4 Ob 168/07w; 8 Ob 66/11f).

Nach dem VerG 2002 ist der Begriff der „Streitigkeit aus dem Vereinsverhältnis“ umfassend (vgl RIS-Justiz RS0119982). Anderes gilt (jedenfalls) dann, wenn der geltend gemachte Anspruch auf einem selbständigen vertraglichen Schuldverhältnis beruht, für dessen Zustandekommen die Vereinszugehörigkeit nicht denknotwendige Voraussetzung ist (2 Ob 273/06w). Zu prüfen ist daher, ob sich der Anspruch auf die Verletzung von Pflichten aus dem Vereinsverhältnis stützt, die Mitgliedschaft im Verein daher denknotwendige Voraussetzung für das Bestehen des Anspruchs ist, oder ob ein vom Vereinsverhältnis unabhängiger Anspruch geltend gemacht wird, der in gleicher Weise auch von einem Nichtmitglied erhoben werden könnte (4 Ob 73/09b).

4. Für die Prüfung der Zulässigkeit des Rechtswegs ist nach allgemeinen Grundsätzen in erster Linie der Wortlaut des Klagebegehrens und darüber hinaus der Klagesachverhalt (die Klagebehauptungen) maßgebend. Es kommt auf die Natur und das Wesen des geltend gemachten Anspruchs an, wofür wiederum der geltend gemachte Rechtsgrund von ausschlaggebender Bedeutung ist. Ohne Einfluss ist es, was die Beklagte einwendet oder ob der behauptete Anspruch begründet ist (stRsp, RIS-Justiz RS0045584; RS0045644; RS0045718; 4 Ob 73/09b mwN).

5.1. Der Kläger klagt nicht den Ö*****, sondern die Beklagte, deren Rechtskommission in Dopingsachen nach den Bestimmungen des ADBG 2007 als Schlichtungseinrichtung erster Instanz für den genannten Verein tätig ist. Er bringt vor, keine Verpflichtungserklärung gemäß § 19 Abs 1 Z 1 ADBG 2007 abgegeben und sich damit nicht zivilrechtlich der Disziplinargewalt der Beklagten und ihrer Rechtskommission unterworfen zu haben. Er begründet seine als Haupt- und Eventualbegehren formulierten Feststellungs- und Unterlassungsbegehren damit, dass weder er noch der Ö***** die Disziplinargewalt der Rechtskommission anerkannt hätten und nach seiner Kündigung der Mitgliedschaft zum Ö***** auch keine Disziplinarbefugnis dieses Vereins mehr bestehe. Der Beschluss der Rechtskommission vom 26. 4. 2010 sei gefasst worden, nachdem der Ö***** in der Verhandlung vom selben Tag unter Verweis auf § 27 (Abs 1 Z 1 erster Satz) ADBG 2007 den Einwand der Unzuständigkeit der Rechtskommission für allfällige Verstöße gegen die Anti-Doping-Bestimmungen vor dem 1. 7. 2008 erhoben und der Kläger die Beschlussausfertigung beantragt habe. Die Anrufung der Unabhängigen Schiedskommission gegen diese Zuständigkeitsentscheidung durch ihn sei - neben der gerichtlichen Bekämpfung - nicht notwendig.

5.2. Die Beschlüsse der Rechtskommission vom 11. 12. 2009 über die Einleitung des Disziplinarverfahrens und vom 31. 12. 2009 über seine Suspendierung mit sofortiger Wirkung bis zum Abschluss des Dopingverfahrens ließ der Kläger unbekämpft. Diese sind nicht Gegenstand des Rechtsstreits.

5.3. Der Streit über die Frage der Disziplinargewalt des Ö***** oder dessen funktioneller Schlichtungseinrichtung - auf der Grundlage, dass die Tätigkeit der Beklagten und ihrer Rechtskommission von der Sportorganisation und dem Sportler zivilrechtlich anerkannt wurde (§ 18 Abs 2 Z 2 und Z 6; § 19 Abs 1 Z 1 ADBG 2007; Bericht und Antrag des Ausschusses für Sportangelegenheiten, 105 BlgNR XXIII. GP 6) - auch nach Kündigung der Vereinsmitgliedschaft stellt eine Streitigkeit dar, die „ihre Wurzel in der Vereinsmitgliedschaft“ des Klägers hat. Dieser war bis Anfang Juli 2010 Mitglied des Ö*****. Der vorliegende Streit im Zusammenhang mit Dopingvorwürfen ist ohne diese Mitgliedschaft nicht denkbar. Nach der Rechtsprechung (vgl 4 Ob 146/07k = SZ 2007/140; 7 Ob 52/08k; 6 Ob 280/08g) wird das Vorliegen einer Streitigkeit aus dem Vereinsverhältnis auch dann bejaht, wenn die Vereinsmitgliedschaft bereits beendet wurde. Bei Nachwirkungen aus der Vereinsmitgliedschaft - wie hier - hat sich der ausgeschiedene Kläger vor der Anrufung des ordentlichen Gerichts an die jeweilige vereinsinterne Schlichtungseinrichtung zu wenden (aA Höhne/Jöchl/Lummerstorfer, Das Recht der Vereine3 295).

Gemäß § 19 Abs 1 Z 1 ADBG 2007 haben sich Sportler gegenüber dem Bundessportfachverband schriftlich zu verpflichten, die jeweils aktuellen Anti-Doping-Regelungen des Bundessportfachverbands und die Regelungen gemäß den §§ 5, 6 bis 17 und 18 Abs 5 und 7 anzuerkennen. Nach § 19 Abs 1 ADBG 2007 ist der Sportler nicht kraft Gesetzes, sondern kraft seiner Erklärung zivilrechtlich zur Einhaltung der angeführten Regelungen verpflichtet (Bericht und Antrag des Ausschusses für Sportangelegenheiten, 105 BlgNR XXIII. GP 14). Mit seiner Erklärung unterwirft sich der Sportler bei Verletzung der für ihn geltenden Anti-Doping-Regelungen dem Regime über die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen (vgl Bonner, Die zivilrechtliche Haftung des Fußballspielers gegenüber dem Fußballklub im Dopingfall, in Grundei/Karollus, Berufssportrecht II [2008], 23 [39 FN 29]). Die Verpflichtungserklärung des Sportlers ist vom Bundessportfachverband einzuholen und an die Beklagte zu übermitteln (§ 18 Abs 7 ADBG 2007).

Im Hinblick auf die vom Gesetzgeber geforderte zivilrechtliche Anerkennung des Regimes über die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen bei Verstoß gegen Anti-Doping-Regelungen sowohl durch die Sportorganisation (§ 18 Abs 2 Z 2 ADBG 2007) als auch durch den Sportler (§ 19 Abs 1 Z 1; vgl § 18 Abs 2 Z 6 lit d ADBG 2007) liegen die vom Kläger geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken zur „Vereinsfreiheit“ und zum „gesetzlichen“ Richter nicht vor.

Die Frage, ob der Kläger gegenüber dem Ö***** die Verpflichtungserklärung gemäß § 19 Abs 1 Z 1 ADBG 2007 abgegeben und damit die Tätigkeit der Beklagten/Rechtskommission anerkannt hat (und ob eine Anerkennung gemäß § 18 Abs 2 Z 2 ADBG 2007 vorliegt), ist im Verfahren vor der Rechtskommission (unter allfälliger nachfolgender Prüfung durch das Gericht) zu klären, weil auch ein Streit über diese Frage aus dem Vereinsverhältnis resultiert.

Der Rechtsstreit zwischen dem Kläger und der Beklagten ist unter den weiten Begriff der „Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis“ zu subsumieren, auch wenn er nicht zwischen dem Verein Ö***** und seinem (ehemaligen) Mitglied geführt wird. Die Rechtskommission ist eine „ausgelagerte“ Schlichtungseinrichtung des Vereins Ö***** in Dopingangelegenheiten. Sie handelt nicht im eigenen Namen, sondern wird für den Verein tätig; ihre Entscheidung ist - wie dargelegt - funktionell dem Sportverband zuzurechnen. Ob es sich dabei um ein Organ des Vereins handelt (im Hinblick auf § 5 Abs 1 VerG 2002 wohl verneinend 3 Ob 111/05b; krit dazu Höhne/Jöchl/Lummerstorfer aaO 284), kann hier dahinstehen.

Das auf die Kündigung der Vereinsmitgliedschaft und die fehlenden „Anerkennungserklärungen“ gestützte Klagebegehren ist so zu verstehen, dass es aus dem Vereinsverhältnis abgeleitet wird und eine Nachwirkung desselben gegenüber der für den Verein tätigen Schlichtungseinrichtung abklären will. In diesem Fall ist auch die Streitigkeit zwischen dem (ehemaligen) Mitglied und der für den Verein tätigen Schlichtungseinrichtung über deren Tätigkeit ein Streit aus dem Vereinsverhältnis, der zunächst im vereinsinternen Schlichtungsverfahren zu entscheiden ist.

Einen Einstellungsantrag oder Antrag auf Ausspruch der Unzuständigkeit der Beklagten nach seinem Austritt aus dem Ö***** (Anfang Juli 2010) stellte der Kläger bei der Rechtskommission nicht. Damit hat er den vereinsinternen Instanzenzug in Bezug auf diesen Teil des Klagebegehrens nicht ausgeschöpft. Im Übrigen berief sich der Kläger gegenüber der Schlichtungseinrichtung nicht darauf, dass weder er noch der Ö***** die Disziplinargewalt der Beklagten/Rechtskommission anerkannt hätten.

5.4. Nachdem der Ö***** am 26. 4. 2010 - so das Klagsvorbringen - den Einwand der Unzuständigkeit der Rechtskommission für allfällige Verstöße des Klägers gegen die Anti-Doping- Bestimmungen vor dem 1. 7. 2008 erhob, sprach die Rechtskommission mit Beschluss vom selben Tag aus, dass sie für die Durchführung und Entscheidung über das gegen den Kläger eingeleitete bzw anhängige Dopingverfahren für den Ö***** zuständig sei.

Gemäß § 17 Abs 2 ADBG 2007 kann (unter anderem) der Sportler gegen Entscheidungen (der Rechtskommission) gemäß § 15 ADBG 2007 innerhalb von vier Wochen ab Zustellung deren Überprüfung durch die Unabhängige Schiedskommission begehren. Die Entscheidung ist von der Schiedskommission auf Rechtmäßigkeit zu überprüfen und kann wegen Rechtswidrigkeit ersatzlos behoben oder in jeder Richtung abgeändert werden. Bei der Unabhängigen Schlichtungsstelle handelt es sich um eine Schlichtungsstelle im Sinn des § 8 VerG 2002 (Brandstetter/Grünzweig aaO 98). Ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung der Rechtskommission hat der Kläger nach seinem erstinstanzlichen Vorbringen nicht erhoben. Die Zulässigkeit der Zuständigkeitsentscheidung und deren Bekämpfung vor der Unabhängigen Schiedskommission wurde vom Rekursgericht mit teleologischen Argumenten aus dem Verweis in § 17 Abs 1 ADBG 2007 auf § 592 Abs 1 und 2 ZPO begründet. Selbst wenn die Rechtsansicht des Klägers zutreffen sollte, dass die Rechtskommission mangels gesetzlicher Grundlage an sich keine Zuständigkeitsentscheidung treffen hätte dürfen, würde es sich dabei um eine - wenn auch rechtswidrige - Entscheidung gemäß § 15 Abs 6 ADBG 2007 handeln, die nach § 17 Abs 2 ADBG 2007 vor der Unabhängigen Schiedskommission bekämpfbar und überprüfbar wäre. Der behauptete Grund für die unterlassene Bekämpfung - die fehlende und unrichtige Rechtsmittelbelehrung des anwaltlich vertretenen Klägers - ist für die Beurteilung der Zulässigkeit des Rechtswegs nicht von Relevanz.

Der Kläger erhob die Klage, mit der er auch festgestellt haben will, dass die Beklagte für das Dopingverfahren gegen ihn „nicht zuständig“ sei, am 22. 9. 2010. Ausgehend von der Anrufung der vereinsinternen Schlichtungseinrichtung am 26. 4. 2010 wurde die Klage innerhalb der Sechs-Monats-Frist des § 8 Abs 1 VerG 2002 eingebracht, ohne dass eine unanfechtbare Entscheidung vorlag. Die vom Kläger beabsichtigte Überprüfung des Beschlusses der Rechtskommission über die Zuständigkeit für das Disziplinarverfahren im Hinblick auf die Übergangsbestimmung des § 27 Abs 1 Z 1 erster Satz ADBG 2007 scheitert daher schon an der vorzeitigen Anrufung des Gerichts. Wird eine Klage in einer Streitigkeit aus dem Vereinsverhältnis vor Ablauf von sechs Monaten seit Anrufung der vereinsinternen Schlichtungseinrichtung eingebracht, so steht ihr, sofern - wie hier - das Schlichtungsverfahren (der innervereinsmäßige Instanzenzug) nicht früher beendet ist, das gemäß § 42 Abs 1 JN in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmende Prozesshindernis der Unzulässigkeit des Rechtswegs entgegen (RIS-Justiz RS0122426).

6. Zusammenfassend ergibt sich, dass die Vorinstanzen zu Recht von der (temporären) Unzulässigkeit des Rechtswegs ausgegangen sind.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 Abs 1 und § 50 Abs 1 ZPO.

Stichworte