OGH 5Ob60/05t

OGH5Ob60/05t21.6.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Baumann, Dr. Hurch, Dr. Kalivoda und Dr. Höllwerth als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei ***** Gesellschaft m.b.H., *****, vertreten durch Berger-Saurer-Zöchbauer, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Verein *****, vertreten durch Mag. Elisabeth Moser-Marzi, Rechtsanwältin in Wien, wegen Anfechtung von Vereinsbeschlüssen (Streitwert insgesamt EUR 36.000), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom 24. November 2004, GZ 13 R 202/04b-24, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 15. Juli 2004, GZ 7 Cg 171/02x-18, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei deren mit EUR 1.754,82 (darin EUR 292,47 an USt) bestimmte Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Dkfm. Hans F*****, nunmehriger Mehrheitsgesellschafter und alleiniger Geschäftsführer der Klägerin, unterzeichnete am 18. 1. 1993 als damaliger Alleininhaber des später in die Klägerin eingebrachten Einzelunternehmens „Offene Handeslgesellschaft Robert F*****" die Beitrittserklärung zur ordentlichen Mitgliedschaft in der Sektion Österreichischer K***** des Vereins Österreichisches F*****. Im Frühjahr 1993 wurde der nunmehr beklagte Verein gegründet und es wurden über Wunsch des Vereinsvorstandes die ordentlichen Mitglieder des Vereins Österreichisches F***** aufgenommen; die Versendung der Statuten erfolgte am 30. 4. 1993.

Die Klägerin hat keinen Antrag auf Aufnahme als Vereinsmitglied des Beklagten gestellt, dessen Ausschuss hat darüber auch nicht Beschluss gefasst, doch nahm das Generalsekretariat - wie auch in anderen Fällen - die Änderung der Rechtsform der Klägerin formlos zur Kenntnis; diese wird seither zu den Generalversammlungen geladen, in den jeweiligen Anwesenheitslisten geführt und entrichtet den jährlichen Mitgliedsbeitrag.

Die Statuten des beklagten Vereins lauten auszugsweise:

„ ....

§ 9 Generalversammlung

....

3. Die Einberufung der Generalversammlung erfolgt durch den Obmann und hat mittels schriftlicher Ladung unter einer umfassenden Bekanntgabe der Tagesordnung mit detaillierter Beschreibung jedes einzelnen Tagesordnungspunktes an alle Mitglieder zu ergehen. Die Ladung hat höchstens 30 spätestens 15 Tage vor dem Termin zu erfolgen.

4. Anträge zur Generalversammlung sind schriftlich so einzureichen, dass sie dem Obmann mindestens 7 Tage vor dem Termin zugehen, andernfalls hat der Einreicher keinen Anspruch auf deren Behandlung.

5. Gültige Beschlüsse - ausgenommen über einen Antrag zur Einberufung der außerordentlichen Generalversammlung - können nur zur Tagesordnung gefasst werden.

....

§ 16 Schiedsgericht

1. Für die Entscheidung über Streitfälle, die sich aus dem Vereinsverhältnis ergeben, ist das Schiedsgericht zuständig.

2. Das Vorliegen eines Streitfalles ist von wenigstens einem der beiden streitenden Teile dem Obmann des Vereines anzuzeigen, worüber dieser den nicht anzeigenden Streitpartner gegebenenfalls zu verständigen hat. Jeder der beiden streitenden Teile wählt aus der Reihe der übrigen Mitglieder binnen 3 Wochen nach der Anzeige einen Schiedsrichter sowie einen Stellvertreter. Kommt einer der streitenden Teile der Pflicht zur Schiedsrichterbestellung nicht nach, so werden die jeweiligen Schiedsrichter vom Obmann des Vereins bestellt.

3. Die bestellten Schiedsrichter (bzw bei deren Verhinderung die Stellvertreter) wählen bei Stimmeneinhelligkeit einen Vorsitzenden, der in Vereinsangelegenheiten erfahren sein und die Befähigung zum Richter, Rechtsanwalt oder Wirtschaftsprüfer und Steuerberater haben muss. Können die Schiedsrichter sich nicht auf einen Obmann einigen, so hat der Präsident der Wiener Rechtsanwaltskammer eine Wahl zu treffen.

4. Das Schiedsgericht trifft seine Entscheidungen mit einfacher Mehrheit nach bestem Wissen und Gewissen vereinsintern endgültig

....".

Mit Schreiben vom 22. 8. 2002 wurden die Mitglieder des beklagten Vereins zur außerordentlichen Generalversammlung für den 11. 9. 2002 geladen. Dieser Einladung war die Tagesordnung angefügt, welche folgende Punkte enthielt:

„1. Begrüßung und Feststellung der Beschlussfähigkeit

2. Genehmigung der Tagesordnung

3. Genehmigung des Protokolls der letzten Generalversammlung vom 8. 5. 2002

4. Kündigung des Entsorgungsvertrages zwischen Ö*****-AG und A***** AG durch A***** AG

5. Allfälliges".

Zentrales Thema dieser außerordentlichen Generalversammlung bildete die per 31. 12. 2003 ausgesprochene Kündigung des Entsorgungsvertrages zwischen der Ö***** AG und A***** AG durch letztgenannte Gesellschaft. Diese Kündigung hätte der Ö***** AG die wirtschaftliche Basis entzogen. Einige Vereinsmitglieder stellten deshalb Überlegungen an, wie diese Kündigung rückgängig gemacht werden könnte. Eine der zentralen Forderungen der A***** AG bezog sich auf die Zusammensetzung des Aufsichtsrats der Ö***** AG, dem ein Wirtschaftsprüfer/Wirtschaftstreuhänder und ein Rechtsanwalt angehören sollten, und auf die Vermeidung von Interessenskonflikten sowie Unvereinbarkeiten zwischen Aufsichtsratsmitgliedern einerseits und Auftragnehmern bzw Lieferanten andererseits. In diesem Sinn stellte ein Vereinsmitglied den - vom Vereinsobmann den übrigen Mitgliedern mit Schreiben vom 5. 9. 2002 übermittelten - Antrag, die beiden auch den Ö***** Verein und/oder die Ö***** AG entgeltlich beratenden Aufsichtsratmitglieder der Ö*****K AG Dr. Roland D***** und Dkfm. Wilhelm T***** aus dem Aufsichtsrat abzuberufen und an Stelle Dris. D***** Dr. W***** zum Aufsichtsrat zu bestellen.

Ein weiteres Vereinsmitglied stellte das - vom Vereinsobmann den übrigen Mitgliedern ebenfalls mit Schreiben vom 5. 9. 2002 übermittelte - Ansuchen um Aufnahme des Tagesordungspunktes „Änderung der Statuten des Vereins Ö*****" und stellte den Antrag auf Änderung näher bezeichneter Teile der §§ 8 und 11 der Vereinsstatuten.

Seit der Vereinsgründung ist es üblich, Anträge zur Tagesordnung auch nach Erhalt der Einladung zur Generalversammlung zu stellen, die dann vor deren Abhaltung den Mitgliedern teilweise auch erst weniger als 15 Tage vor dem Termin übermittelt werden.

Bei der Generalversammlung am 11. 9. 2002 kam es dann zur Abstimmung über die beiden zuvor genannten Anträge. Die Abstimmung über den Vorschlag zur Änderung der Zusammensetzung des Aufsichtsrates der Ö***** AG ergab 64 Pro- und 14 Contrastimmen. Der Vorsitzende stellt den Beschluss fest, wogegen die Klägerin Widerspruch zu Protokoll erhob. Die Abstimmung über die Statutenänderung ergab 68 Pro- und 3 Cotrastimmen bei 7 Stimmenthaltungen.

Bei der Generalversammlung am 30. 1. 2003 erfolgte bei Anwesenheit von mehr als 2/3 der ordentlichen Mitglieder die Bestätigung dieser Beschlüsse und zwar der erstgenannte mit einer Gegenstimme und der Zweite ohne Gegenstimme mit einer Stimmenthaltung. Bei dieser Generalversammlung war die Klägerin durch ihre - auch zur Ausübung des Stimmrechts bevollmächtigte - Prokuristin DI. Andrea E***** vertreten, welche in beiden Fällen der Bestätigung der bei der Generalversammlung am 11. 9. 2002 gefassten Beschlüsse zustimmte.

Die Klägerin begehrte - ohne vorherige Anrufung des Vereinsschiedsgerichts - mit ihrer beim Erstgericht am 27. 9. 2002 eingelangten Klage die Nichtigerklärung der beiden bei der außerordentlichen Generalversammlung am 11. 9. 2002 gefassten Beschlüsse gerichtet auf Änderung der Zusammensetzung des Aufsichtsrates der Ö***** AG und auf Statutenänderung. Die Beschlussanträge seien unter keinen der bekannt gegebenen Tagesordnungspunkte subsumierbar und deshalb nicht ordnungsgemäß angekündigt gewesen. Die nunmehrige Auseinandersetzung betreffe die Gültigkeit der Willensbildung der Generalversammlung und sei deshalb keine Vereinsstreitigkeit, für welche das in § 16 der Statuten vorgesehene Schiedsgericht zuständig wäre, weshalb ihr die sofortige gerichtliche Anfechtung zustehe. Weder die vom Beklagten behauptete Genehmigung der um die Mitgliederanträge ergänzten Tagesordnung am Beginn der Generalversammlung am 11. 9. 2002 noch die allfällige - rechtswidrige - Übung, Beschlussfassungen ohne Zusammenhang mit einem bestimmten Tagesordnungspunkt vorzunehmen, könne die Wirksamkeit der hier bekämpften Beschlüsse begründen.

Der Beklagte beantragte Abweisung der Klagebegehren und wandte - soweit noch wesentlich - ein, die Klägerin hätte vor Klageerhebung das in § 16 der Statuten vorgesehene Vereinsschiedsgericht anrufen müssen, weil eine Streitigkeit aus dem Vereinsverhältnis vorliege. Es fehle der Klägerin ein rechtliches Interesse an der Anfechtung der bekämpften Beschlüsse, weil deren Bestätigung bei der Generalversammlung am 30. 1. 2003 auch mit Beteiligung und Zustimmung der Klägerin erfolgt sei.

Das Erstgericht gab den Klagebegehren im Sinne der Aufhebung der bekämpften Beschlüsse der Generalversammlung statt. Der ordentliche Rechtsweg sei nur dann ausgeschlossen, wenn die Vereinsstatuten die Anrufung eines Schiedsgerichts iSd §§ 577 ff ZPO vorschreiben würden; dies sei hier nicht der Fall und die Klägerin habe auch keine Schiedsklausel unterfertigt, weshalb die sofortige Anrufung des Gerichts zulässig sei. Die bekämpften Beschlüsse seien auch anfechtbar, weil der jeweilige Entscheidungsgegenstand in der bekannt gegebenen Tagesordnung nicht detailliert beschrieben gewesen sei.

Das Berufungsgericht gab dem Rechtsmittel der Beklagten Folge und wies die Klagebegehren ab. Die Einrede einer Schiedsvereinbarung begründe nicht die Unzulässigkeit des Rechtswegs, sondern (nur) die (prorogierbare) sachliche Unzuständigkeit, wenn es sich um ein Schiedsgericht nach den §§ 577, 599 ZPO handle. Es sei auch mangels ausreichender Ankündigung der dann angenommenen Mitgliederanträge von einer Statutenwidrigkeit der Beschlussfassung auszugehen, doch sei schon keine Kausalität dieses Fehlers für das Beschlussergebnis zu erkennen, weil jedenfalls eine ausreichende Mehrheit für die Anträge vorgelegen habe. Letztlich seien dann die bekämpften Beschlüsse bei der darauffolgenden Generalversammlung auch noch mit der Stimme der Klägerin bestätigt worden, sodass es dieser am rechtlichen Interesse an der Beseitigung dieser Beschlüsse fehle; daran vermöge auch die im Anschluss an die Generalversammlung vom 11. 9. 2002 erfolgte Abberufung der Prokuristin der Klägerin, DI Andrea E*****, als Vorstandsmitglied der Ö***** AG durch den dann anders zusammengesetzten Aufsichtsrat dieser Gesellschaft nichts zu ändern. Der Entfernung der bekämpften Beschlüsse aus dem Rechtsbestand komme nach deren Sanierung bei der folgenden Generalversammlung nur mehr akademische Bedeutung zu, weshalb für eine Klagsstattgebung kein Raum mehr bleibe.

Das Berufungsgericht sprach aus, der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteige EUR 20.000 und die ordentliche Revision sei zulässig, weil zur Frage einer allfälligen Genehmigung satzungswidrig gefasster Beschlüsse sowie zur Sinnentleertheit von Entscheidungen über bereits beseitigte und sanierte Beschlüsse, von denen die Klägerin nicht mehr betroffen sein könne, fehle.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts, an den der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist (§ 508a Abs 1 ZPO), ist die Revision der Klägerin mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig:

1. Nach § 33 Abs 1 VereinsG 2002 ist dieses Bundesgesetz mit 1. Juli 2002 in Kraft und gleichzeitig ist das VereinsG 1951, BGBl. Nr. 233/1951, außer Kraft getreten. Gemäß § 33 Abs 2 VereinsG 2002 sind (nur mehr) die zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des VereinsG 2002 bereits anhängig gewesenen Verfahren noch nach den Bestimmungen des Vereinsgesetzes 1951 zu Ende zu führen. Im vorliegenden Fall ist die Klage am 27. 9. 2002 beim Erstgericht eingelangt, weshalb bereits das Vereinsgesetz 2002 anzuwenden ist.

2. § 8 Vereinsgesetz 2002 bestimmt unter der Überschrift „Streitschlichtung":

„(1) Die Statuten haben vorzusehen, dass Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis vor einer Schlichtungseinrichtung auszutragen sind. Sofern das Verfahren vor der Schlichtungseinrichtung nicht früher beendet ist, steht für Rechtsstreitigkeiten nach Ablauf von sechs Monaten ab Anrufung der Schlichtungseinrichtung der ordentliche Rechtsweg offen. Die Anrufung des ordentlichen Gerichts kann nur insofern ausgeschlossen werden, als ein Schiedsgericht nach den §§ 577 ff ZPO eingerichtet wird.

(2) Die Statuten haben die Zusammensetzung und die Art der Bestellung der Mitglieder der Schlichtungseinrichtung unter Bedachtnahme auf deren Unbefangenheit zu regeln. Den Streitparteien ist beiderseitiges Gehör zu gewähren".

Diese Bestimmung stellt zunächst im Sinn der Rechtsprechung klar, dass die Anrufung der ordentlichen Gerichte nach Entscheidung durch ein Vereinsschiedsgericht zulässig ist. Während § 4 Abs 2 lit j VereinsG 1951 - wie nun auch § 3 Abs 2 Z 10 VereinsG 2002 - bloß vorschrieb, dass den Statuten „die Art der Schlichtung von Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis" zu entnehmen sein müsse, gebietet § 8 Abs 1 erster Satz VereinsG 2002 die Aufnahme von Statutenbestimmungen, wonach derartige Streitigkeiten vor einer Schlichtungsstelle auszutragen sind. Daraus ist zu entnehmen, dass der Verein zwingend über eine eigene Streitschlichtung verfügen muss (6 Ob 219/04f; Fessler/Keller, Kommentar zum Vereinsgesetz 2002, 104).

3. Nach den Gesetzesmaterialien (990 BlgNR 21. GP, 28) diene diese Streitschlichtungsstelle der außergerichtlichen vereinsinternen Bereinigung von Vereinsstreitigkeiten. Die Verpflichtung der Mitglieder, vor Anrufung eines Gerichts eine derartige Schlichtung anzustreben, erscheine sinnvoll, weil man sich auf diese Weise vorerst die Auseinandersetzung mit der mitunter schwierigen Frage, ob eine bloße Vereinsstreitigkeit oder eine Rechtsstreitigkeit aus dem Vereinsverhältnis vorliege, erspare. Außerdem stellten in vielen Vereinen die Vereinsverhältnisse Sonderbeziehungen dar, die es angebracht erscheinen ließen, die Vereinsmitglieder vor der Anrufung eines Gerichts zu einer außergerichtlichen Streitbeilegung anzuhalten. Die Schlichtungseinrichtung sei sowohl zur Schlichtung rechtlicher als auch sonstiger Vereinsstreitigkeiten berufen. Komme es zu keiner Beendigung des Schlichtungsverfahrens innerhalb einer Frist von sechs Monaten, so könne das ordentliche Gericht angerufen werden. Die Schlichtungseinrichtung sei kein Schiedsgericht nach den §§ 577 ff ZPO. Dazu bedürfte es eines gesonderten, von den Streitparteien abgeschlossenen schriftlichen Schiedsvertrags, der keine Gültigkeit hätte, wäre er lediglich in Form einer Schiedsklausel in Vereinsstatuten enthalten. Sei kein Schiedsgericht nach den §§ 577 ff ZPO vorgesehen, so sei der statutarische Ausschluss des Rechtswegs für Rechtsstreitigkeiten in Vereinsangelegenheiten unzulässig und unwirksam. Komme ein Schiedsgericht nach den §§ 577 ff ZPO zustande, schneide seine Anrufung den Rechtsweg mit Ausnahme der gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten, den Schiedsspruch vor dem ordentlichen Gericht anzufechten, ab.

4. Der Oberste Gerichtshof hat bereits zu 6 Ob 219/04f Folgendes ausgesprochen:

„Insbesondere auch im Zusammenhang mit dem zweiten Satz des § 8 Abs 1 ergibt sich, dass nun zwingend vor der Anrufung der ordentlichen Gerichte vorerst zumindest der Versuch unternommen werden muss, die Schlichtungseinrichtung anzurufen (Fessler/Keller aaO 106; Brändle, Das österreichische Vereinsrecht³ 106). (Auch) nach der neuen Rechtslage führt daher im Fall der vorzeitigen Anrufung des Gerichts die materiellrechtliche Einwendung der mangelnden Klagbarkeit zur Abweisung der Klage (Krejci/Bydlinski/Rauscher/Weber-Schallauer, Vereinsgesetz 2002 § 8 Rz 6). Nach den Gesetzesmaterialien zum Vereinsgesetz 2002 (....) soll mit dem neuen § 8 insbesondere die Auseinandersetzung der Frage, ob eine bloße Vereinsstreitigkeit oder eine Rechtsstreitigkeit aus dem Vereinsverhältnis vorliege, erspart werden. Die Streitschlichtungsstelle sei „sowohl zur Schlichtung rechtlicher als auch sonstiger Vereinsstreitigkeiten" berufen. Zwar seien wohl die meisten, keineswegs aber alle Vereinsstreitigkeiten zugleich auch „Rechtsstreitigkeiten". Eine reine Vereinsstreitigkeit beträfe beispielsweise die Frage, ob zu einer Veranstaltung des Vereins ein bestimmter Ehrengast eingeladen werden solle oder nicht. Vereinsstreitigkeiten, die keine „Rechtsstreitigkeiten" seien, entscheide die Schlichtungseinrichtung endgültig. Im Übrigen seien „Rechtsstreitigkeiten aus Vereinsverhältnissen bürgerliche Rechtssachen gemäß § 1 JN" (990 BlgNR 21. GP, 28). Aus diesen Ausführungen ist abzuleiten, dass die jetzt gemäß §§ 3 und 8 VerG 2002 vorzusehenden Schlichtungseinrichtungen nicht nur bei bloßen Meinungsverschiedenheiten über vereinsinterne Angelegenheiten oder allenfalls darüber hinaus nur mit Fällen typischer interner Selbstverwaltung befasst werden sollen, wie in einem Teil der Rechtsprechung zu § 4 VerG 1951 vertreten wurde, sondern, dass der Begriff der „Streitigkeit aus dem Vereinsverhältnis" umfassender als in jenen Entscheidungen, die bei privatrechtlichen Rechtsstreitigkeiten eine weitere Differenzierung vornahmen (keine Geldansprüche wie Mitgliedsbeiträge, Schadenersatz), zu verstehen ist. Gesetzesmaterialien kommt zwar nicht die Bedeutung wie dem Gesetz selbst oder gar eine diesem übergeordnete Bedeutung zu (9 ObA 49/04b; RIS-Justiz RS0088919). Ein Rechtssatz, der im Gesetz nicht angedeutet ist und nur in den Materialien steht, kann nicht durch Auslegung Geltung erlangen (RIS-Justiz RS0008799). Die ausdrückliche gesetzliche Vorschrift, dass Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis - ohne weitere Differenzierung - vor einer Schlichtungsstelle auszutragen sind und die Möglichkeit des Zugangs zu den ordentlichen Gerichten mit (höchstens) sechs Monaten ab Anrufung der Schlichtungsstelle begrenzt ist, spricht aber dafür, dass die zitierten Gesetzesmaterialien den Willen des Gesetzgebers zum Ausdruck bringen, den Begriff der „Streitigkeit aus dem Vereinsverhältnis" auf alle privatrechtlichen Streitigkeiten zwischen Vereinsmitgliedern und dem Verein oder Vereinsmitgliedern untereinander auszudehnen, sofern sie mit dem Vereinsverhältnis im Zusammenhang stehen. Abgrenzungsprobleme sollten nach Möglichkeit vermieden werden. Eine Einschränkung der Zuständigkeit der Streitschlichtungsstelle auf bestimmte Vereinsangelegenheiten ist nicht (mehr) zulässig."

5. Nach diesen schon in 6 Ob 219/04f dargestellten Grundsätzen ist auch der vorliegende Fall zu lösen:

Sehen die Statuten - so wie hier - ohne jede Einschränkung vor, dass das Schiedsgericht „für die Entscheidung über Streitfälle, die sich aus dem Vereinsverhältnis ergeben" zuständig ist, dann kann diese Regelung nur in dem jetzt vom Gesetzgeber gedachten Sinn einer umfassenden Zuständigkeit verstanden werden, die für alle privatrechtlichen Streitigkeiten zwischen Vereinsmitgliedern und dem Verein oder Vereinsmitgliedern untereinander gilt, sofern diese mit dem Vereinsverhältnis im Zusammenhang stehen. Auch die hier zu klärende Wirksamkeit der von der Klägerin bekämpften Beschlüsse ist eine Auseinandersetzung, die typischerweise ohne Verbundenheit der Klägerin mit dem beklagten Verein nicht denkbar wäre. Die Ansicht der Klägerin, wonach die Gültigkeit der Willensbildung der Generalversammlung, keine Vereinsstreitigkeit darstellen könne, widerspricht der dargestellten Intention des Gesetzgebers und wird auch von der Lehre nicht geteilt (vgl Krejci/Bydlinski/Rauscher/Weber-Schallauer, Vereinsgesetz 2002 § 7 Rz 21).

6. Zusammengefasst ergibt sich, dass der - ohne vorherige Anrufung des Vereinsschiedsgerichts als Schlichtungseinrichtung iSd § 8 VereinsG 2002 eingebrachten - Klage die vom Beklagten erhobene materiellrechtliche Einwendung der mangelnden Klagbarkeit entgegen steht, sodass es - wie schon zu 6 Ob 219/04f erkannt - bereits aus diesem Grund zur Abweisung der Klage kommen muss. Vom Berufungsgericht und von der Revisionswerberin als erheblich erkannte Rechtsfragen sind nicht zu lösen, weshalb die Revision zurückzuweisen ist.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO; der Beklagte hat auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen, weshalb die Revisionsbeantwortung als der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung dienlich zu honorieren ist.

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