Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Franz H***** des Verbrechens des schweren und gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 erster Fall und 15 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er „zwischen Jänner 2006 und Juni 2007 in W***** als Geschäftsführer der Franz H***** GmbH gewerbsmäßig mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, im Einzelnen nicht mehr feststellbare Endverbraucher von Frischeiern durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch Anbringen eines nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechenden Mindesthaltbarkeitsdatums auf der Verpackung der Eier, zum Ankauf von Eiern, deren Mindesthaltbarkeitsdatum nicht mit der Aufschrift auf der Verpackung übereinstimmte, die vielmehr älter als das angegebene Mindesthaltbarkeitsdatum waren und zu denen eine Feststellung des tatsächlich richtigen Mindesthaltbarkeitsdatums nicht mehr möglich gewesen wäre, sohin zum Ankauf von für die Konsumenten wertlosen Produkten,
A./ verleitet, nämlich hinsichtlich vorgeblicher Frischeier im Verkaufswert von 817.660,84 Euro, und
B./ zu verleiten versucht, nämlich hinsichtlich 99.318 Stück bereits verpackter und zur Auslieferung an den Lebensmittelhandel bestimmter, vorgeblicher Frischeier im Verkaufswert von 10.845 Euro, wobei die Auslieferung auf Grund einer am 12. Juni 2007 durchgeführten Hausdurchsuchung verhindert wurde“.
Rechtliche Beurteilung
Gegen dieses Urteil richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.
Dem Vorbringen der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) zuwider blieben die Feststellungen, dass die Eier um teilweise einige Tage bis hin zu mehreren Wochen „jünger gemacht“ bzw „wesentlich verjüngt“ wurden (US 7, 9 und 12; vgl auch US 11: Falschdatierung mit 10. Juli 2007 anstelle 21. Juni 2007), nicht unbegründet, sondern beruhen erkennbar auf den dazu in den Entscheidungsgründen dargelegten Erwägungen (US 15, 21, 22, 26 und insbesondere US 27 ff, 36 f und 40 f). Bei dem durch Kriminalpolizei und Sachverständigen angestellten Vergleich von Eingangs- und Ausgangslieferscheinen ergeben demnach die beschlagnahmten Sortierprotokolle erhebliche Abweichungen im bei der Sortierung bzw Auslieferung deklarierten zum pflichtgemäß auszuweisenden Mindesthaltbarkeitsdatum. Dass die Falschdatierungen im Übrigen eine gesundheitsgefährdende Dimension erreicht hätten, wird dem Angeklagten ohnehin nicht unterstellt (US 7, 45 und 49 f).
Entgegen der Behauptung des Nichtigkeitswerbers stützte das Erstgericht seine Überzeugung von der Unglaubwürdigkeit der Darstellung des Beschwerdeführers nicht allein auf den Schluss, dass dieser seine Pflichten zur Aufbewahrung und Dokumentation der Sortierprotokolle „sicherlich nicht sehenden Auges verletzt“ habe (US 20 f), sondern führte dieses Argument bloß als eines von mehreren Indizien - wie eine dem jeweiligen Stand der Ermittlungen angepasste und wechselhafte Verantwortung zu diesen Protokollen (US 16 ff und 23 ff), die wirtschaftliche und steuerliche Sinnlosigkeit des Führens von bloßen Sammelsortierprotokollen (US 19 ff), die Sinnlosigkeit der Anführung eines einzigen Mindesthaltbarkeitsdatums auf bloßen Sammelsortierprotokollen (US 21), das Fehlen jeglicher handschriftlicher Aufzeichnungen über einzelne Sortiervorgänge am Tag der Hausdurchsuchung (US 22) sowie die Branchenüblichkeit von Einzelsortierprotokollen (US 22 f) - an. Auch in diesem Zusammenhang wird sohin kein Fall unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) aufgezeigt, sondern bloß - nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung - durch isoliertes Herausgreifen eines einzigen Aspekts einer Gesamtbetrachtung die Beweiswürdigung bekämpft, zumal sich die Tatrichter auch eingehend mit der Behauptung eines Irrtums über die Auslegung der relevanten Vorschriften auseinandersetzten (US 23 ff).
Der Rechtsmittelwerber verkennt bei seinen weiteren Ausführungen den Umfang der auf eine gedrängte Darstellung der entscheidenden Umstände beschränkten - durch § 281 Abs 1 Z 5 zweiter Fall StPO abgesicherten - gerichtlichen Begründungspflicht (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO). Das Gericht muss nicht den vollständigen Inhalt sämtlicher Aussagen wie überhaupt sämtliche Verfahrensergebnisse im Einzelnen erörtern und darauf untersuchen, wie weit sie für oder gegen diese oder jene Geschehensvariante sprechen und sich nicht mit jedem gegen seine Beweiswürdigung möglichen Einwand im Voraus auseinandersetzen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 428).
Eine gesonderte Erörterung von Details der - jedenfalls in die Erwägungen des Erstgerichts einbezogenen (vgl US 30, 31 und 45) - Aussage des Zeugen P***** zu strengen Vorgaben der R***** AG in Bezug auf die zwischen Lieferung und Erreichen des Mindesthaltbarkeitsdatums geduldeten Fristen war mangels Erheblichkeit dieses Umstands nicht geboten, weil im konkreten Fall auf der subjektiven Tatseite - abgesehen vom Bereicherungsvorsatz - bloß ein Vorsatz einerseits auf Veranlassung der Abnehmer der Franz H***** GmbH (sohin R***** AG und J***** GmbH) zur Annahme und Bezahlung des vollen Kaufpreises für Frischeier infolge Täuschung über die pflichtgetreue Deklarierung des Mindesthaltbarkeitsdatums, andererseits in Bezug auf den tatsächlichen Wert der gelieferten Ware für diese Abnehmer im Lieferzeitpunkt und weiters auf deren damit einhergehende Vermögensschädigung entscheidend ist.
Der Einwand der Rechtsrüge (Z 9 lit a), die Endverbraucher (richtig: die direkten Abnehmer der Franz H***** GmbH, mithin die R***** AG und die J***** GmbH) hätten durch den ungewollten Erwerb von nicht normgetreu deklarierten Eiern mangels Qualitätsunterschieds zu vorschriftsmäßig bezeichneten Eiern überhaupt keinen Schaden erlitten, übergeht die gegenteiligen Feststellungen (US 5 f, 8 ff, 10 f, 13 f) zur einzelfallbezogen und wirtschaftlich zu betrachtenden Wertkausalität der Manipulation am Mindesthaltbarkeitsdatum bei (Frisch-)Eiern (vgl RIS-Justiz RS0094263, RS0094522; Kirchbacher in WK2 § 146 Rz 67, 80 ff; Fabrizy, StGB10 § 146 Rz 13, 16; Kienapfel/Schmoller, StudB BT II § 146 RN 169 ff), aufgrund welcher die Feststellung eines gesundheitliche Risiken signifikant begünstigenden Alters der Eier und somit des weiteren unbedenklichen Haltbarkeitszeitraums bloß an Hand des falsch ausgewiesenen Mindesthaltbarkeitsdatums nicht mehr möglich ist und aus welcher ein fehlendes verkehrswertbegründendes Konsumenteninteresse resultiert (US 8 f). Auch als minderwertige Industrieeier (Gesamtwert zu A./: 63.600 Euro) wären im Übrigen die von der Manipulation betroffenen Eier jedenfalls für die R***** AG nicht verwertbar gewesen (US 10 f).
Somit bringt die Beschwerde den herangezogenen materiellen Nichtigkeitsgrund nicht prozessordnungsgemäß zur Darstellung (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581 und § 285d Rz 18; RIS-Justiz RS0099748), zumal sie nicht aufzeigt, weshalb die Lieferungen an die direkten Abnehmer trotz fehlenden Konsumenteninteresses einerseits und trotz jedenfalls gänzlich fehlender anderer Verwertungsmöglichkeit für die R***** AG und trotz ebenfalls fehlender gleichwertiger Verwertungsmöglichkeit auch für die J***** GmbH ein dem hingegebenen Kaufpreis wirtschaftlich gemäßes Äquivalent bedeutet haben sollen (RIS-Justiz RS0094263, RS0094522).
Überdies orientiert sich die bloße Behauptung, die falsche Angabe des Mindesthaltbarkeitsdatums sei bloß nach Verwaltungsrecht strafbar (Z 9 lit a), nicht am Gesetz (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 587 ff), indem sie die gesetzlich normierte Subsidiarität lebensmittelrechtlicher Verwaltungsstraftatbestände gegenüber gerichtlichen Tatbeständen übergeht (vgl § 74 LMG 1975 bzw § 90 LMSVG; Kirchbacher in WK2 § 146 Rz 191).
Das auf die Haltbarkeit und haushaltsübliche Lagerung von Eiern, auf vom (richtigen) Mindesthaltbarkeitsdatum unabhängige und im durchschnittlichen modernen Haushalt nicht mehr gebräuchliche und auch nicht jedem Durchschnittskonsumenten bekannte Methoden zur Feststellung der Genießbarkeit („Wassertest“), auf den raschen Umsatz von Eiern sowie auf das Fehlen von Reklamationen eingehende weitere Vorbringen der Rechtsrüge (Z 9 lit a) ist auch unter dem bereits dargelegten Gesichtspunkt fehlenden Konsumenteninteresses für Eier, die den unbedenklichen Mindesthaltbarkeitszeitraum nicht vorschriftsmäßig ausweisen, irrelevant und gleichfalls nicht an den Urteilskonstatierungen ausgerichtet.
Indem die gegen die Annahme gewerbsmäßiger Tendenz gerichtete Subsumtionsrüge (Z 10) nicht darlegt, weshalb die vom Angeklagten - wie aus dem Gesamtzusammenhang sowie der häufig synonymen Verwendung der Person des Angeklagten (als zum maßgeblichen Zeitpunkt alleinvertretungsbefugter Geschäftsführer der Franz H***** GmbH) und der GmbH nach dem Rechtsmittelvorbringen selbst für diesen erkennbar ist (vgl US 3 „selbständiger … Betreiber einer Verpackungsstelle“; US 6 „der vom Angeklagten betriebenen Packstelle“, US 7 „für seine Vertragshändler“; US 8 „die direkten Abnehmer des Angeklagten auf Zwischenhändlerstufe“; US 8 f „hat der Angeklagte an … geliefert“; US 10 „die direkten Abnehmer … seiner … manipulierten Eier“; US 11 iVm US 4 „beim Angeklagten in Wallsee“; US 13 „als mit seinen unmittelbaren Abnehmern … vereinbart“; US 14 „die von ihm … ausgelieferten Eier“; US 14 f „dass er durch die täuschungsbedingte Selbstschädigung seiner direkten … Abnehmer durch Bezahlung der Kaufpreise durch … seine direkten Abnehmer … unrechtmäßig bereichert werde“) - mittelbar im Weg der Franz H***** GmbH angestrebte Vermögensvermehrung in wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht auch - wie festgestellt - durch wiederholte Tatbegehung ihm selbst (als beteiligtem Gesellschafter, vgl US 3; Jerabek in WK2 § 70 Rz 14; RIS-Justiz RS0089670, RS0086573; 14 Os 148/00) als fortlaufendes Einkommen zukommen sollte, leitet sie die begehrte rechtliche Konsequenz (Entfall der Qualifikation nach § 148 erster Fall StGB) einerseits nicht methodisch vertretbar aus dem Gesetz ab (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 587 ff) und orientiert sich andererseits auch nicht an den hinreichend deutlichen Urteilskonstatierungen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 19).
Die - im Rahmen der Berufung - mit Blick auf die Straflosigkeit von bloßen Vorbereitungshandlungen vorgebrachte Kritik gegen den zu B./ ergangenen Schuldspruch (der Sache nach Z 9 lit a: Ratz, WK-StPO § 281 Rz 636 und § 295 Rz 16; vgl 14 Os 126/87) entfernt sich von den Urteilsannahmen, wonach die Auslieferung einerseits der in der Sortierhalle zur Zuweisung an einen noch am selben oder am folgenden Tag zu beliefernden Abnehmer wie auch die Auslieferung der im Auslieferungslager zur Lieferung noch am selben oder am folgenden Tag an die R***** AG oder J***** GmbH bereits verpackten und bereitgestellten Eier nur durch das Einschreiten der Polizei im Zuge der am 12. Juni 2007 durchgeführten Hausdurchsuchung unterbunden wurde (US 2 und US 11 f).
Insbesondere zeigt die Rüge nicht auf, welcher weiterer essentieller zeitlicher, örtlicher oder manipulativer Etappen es zum zeitlich-örtlichen und aktionsmäßigen Konnex zur geplanten Tatausführung (Täuschung der zu beliefernden Abnehmer) noch bedurft hätte, die der Annahme einer (bereits strafbaren) Ausführungsnähe entgegenstünden (RIS-Justiz RS0089830, RS0090299; Kirchbacher in WK2 § 146 Rz 123 ff), waren die Abläufe im Betrieb der vom Angeklagten vertretenen Franz H***** GmbH nach den weiteren Feststellungen (US 4, 7 f und 11 f, vgl auch US 47 f) doch dergestalt organisiert, dass die Eier unmittelbar nach Durchlaufen der Sortiermaschine und Anbringung des Mindesthaltbarkeitsdatums in den Auslieferungsbereich kommen, um dort unverzüglich, meist noch am selben oder am nächsten Tag an einen Vertragshändler (US 4), vor allem die R***** AG und die J***** GmbH, ausgeliefert zu werden. In Bezug auf diesen Schuldspruch (B./) ist der Vollständigkeit halber auf die - wenngleich in der Beweiswürdigung dislozierten, jedoch hinreichend deutlichen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 19, 571 f und 584) - Feststellungen zur subjektiven Tatseite und zum Tatplan des Angeklagten hinzuweisen (US 46 f).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der hiezu erstatteten Äußerung des Verteidigers - bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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