OGH 3Ob108/11w

OGH3Ob108/11w24.8.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Egon Z*****, vertreten durch Dr. Karl Schelling, Rechtsanwalt in Dornbirn, gegen die Antragsgegnerin Gemeinde L*****, vertreten durch Dr. Dietmar Fritz, Rechtsanwalt in Bezau, wegen Festsetzung einer Entschädigung nach § 27 Vlbg RPG, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom 19. April 2011, GZ 3 R 56/11z-11, womit über Rekurs des Antragstellers der Beschluss des Bezirksgerichts Bludenz vom 14. Jänner 2011, GZ 4 Nc 7/10y-6, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Antrag der Antragsgegnerin auf Zuerkennung von Kosten für die Revisionsrekursbeantwortung wird abgewiesen.

Text

Begründung

Der Antragsteller ist Alleineigentümer der Grundstücke 608/18 (338 m²) und 608/16 (550 m²) in einer Vorarlberger Gemeinde. Das Grundstück 608/18 erhielt der Antragsteller bereits 1964 von der Antragsgegnerin, der Heimatgemeinde des Antragstellers, im Zusammenhang mit seinen großen sportlichen Erfolgen übergeben, die Vertragserrichtung erfolgte 1972 und die Verbücherung 1973. Das daran unmittelbar angrenzende Grundstück 608/16, das vorher im Eigentum seines Vaters stand, ging nach dessen Tod im Jahr 1989 im Erbweg (Einantwortung) auf den Antragsteller über.

Mit Schreiben vom 30. Juli 1975 erhoben der Antragsteller und sein Vater Einspruch gegen den Entwurf für den ersten Flächenwidmungsplan der Antragsgegnerin, weil die beiden erwähnten Grundstücke unter der Klassifizierung „Landwirtschaft, Skipisten“ aufschienen. Sie wiesen darauf hin, dass die Grundstücke 608/16 und 608/18 immer für Bauzwecke bestimmt gewesen seien, und beantragten, die genannten Grundflächen als Baugebiet zu klassifizieren. Seitens der Antragsgegnerin wurde dieser Änderungsvorschlag mit Beschluss vom 9. Juni 1978 mit der wesentlichen Begründung zurückgewiesen, diese Grundstücke müssten einerseits für eine Schiabfahrt und andererseits für eine allfällige Verlegung des Skischulsammelplatzes freigehalten werden. Der Flächenwidmungsplan wurde am 26. Oktober 1978 von der Antragsgegnerin beschlossen, am 14. Oktober 1980 von der Vorarlberger Landesregierung genehmigt und blieb seither hinsichtlich der beiden Grundstücke unverändert.

Weder der Antragsteller noch sein Vater haben je einen Antrag auf Entschädigung nach dem Vorarlberger Raumplanungsgesetz (Vlbg RPG) bei der Antragsgegnerin eingebracht. Der Antragsteller versuchte vielmehr sein Anliegen, auf den beiden Grundstücken bauen zu dürfen, durchzusetzen.

1996 äußerte sich der damalige Bürgermeister der Antragsgegnerin anlässlich einer Feier wegen eines sportlichen Erfolgs eines anderen Gemeindebürgers, dem deshalb ein Grundstück überlassen wurde, gegenüber dem Antragsteller, dass „das vom [Antragsteller] jetzt auch miterledigt werde“. Weiters machte die Antragsgegnerin dem Antragsteller zur einvernehmlichen Erledigung der Angelegenheit in der Folge mehrere Angebote, etwa auf Tausch des Grundes oder auf Umwidmung eines Grundstücks des Antragstellers, welches sich derzeit im Bauerwartungsland befindet. Eine Einigung wurde jedoch nicht erzielt.

Am 14. Oktober 2010 beantragte der Antragsteller beim Erstgericht gemäß § 27 Vlbg RPG, für die Widmung der Grundstücke 608/16 und 608/18 als Freifläche anstatt als Bauwohnfläche durch den von der Antragsgegnerin erlassenen und von der Vorarlberger Landesregierung aufsichtsbehördlich am 14. Oktober 1980 genehmigten Flächenwidmungsplan eine ihm zustehende Entschädigung mit 1.776.000 EUR festzusetzen und die Antragsgegnerin zur Zahlung dieses Betrags zuzüglich 5 % Zinsen seit 13. Oktober 1980 zu verpflichten.

Die ursprünglich größer zugesagte Fläche sei von der Antragsgegnerin auf 338 m² entsprechend dem nunmehrigen Grundstück 608/18 reduziert worden, weil der Vater des Antragstellers Eigentümer des Grundstück 608/16 sei und beide Grundstücke zusammen eine ausreichende Fläche darstellen würden, um ein Hotel oder Gasthaus bauen zu können. Der Antragsteller habe diese Vorgangsweise der Antragsgegnerin akzeptiert, weil er die Zusage seines Vaters gehabt habe, ihm die Grundstücksfläche 608/16 jederzeit über Verlangen unter Anrechnung auf seinen Erb- und Pflichtteil zum Baulandpreis zu übereignen. Er habe letztlich auf den Liegenschaften kein Hotel errichtet, weil es Probleme mit der Zufahrt gegeben habe. Im erstmaligen Flächenwidmungsplan seien entgegen der Absprache mit der Antragsgegnerin die weder im land- oder forstwirtschaftlichen Gebiet noch im Ödland gelegenen Grundstücke 608/16 und 608/18 nicht als Bauland gewidmet worden. Vielmehr sei dort eine Widmung als Freifläche festgelegt worden, obwohl sich die Grundstücke zwar jenseits eines Flusses, aber mitten im Ortsgebiet und in unmittelbarer Nähe von errichteten Gebäuden befunden hätten. Aufgrund der Zusagen der Antragsgegnerin habe der Antragsteller davon ausgehen können, dass der Bebauung dieser Grundstücke kein Hindernis entgegenstehen werde.

Die Nichtwidmung der beiden Grundstücke in Bauland stelle eine unbillige Härte dar, welche einen Entschädigungsanspruch gegenüber der Antragsgegnerin nach § 25 Vlbg RPG (LGBl Nr 1973/15), nunmehr § 27 Abs 1 Vlbg RPG 1996, rechtfertige, wenn durch die Wirkungen des Flächenwidmungsplans die Bebauung eines Grundstücks, welches zur Bebauung geeignet sei, verhindert werde und dadurch eine Wertminderung entstehe, die für den betroffenen Grundstückseigentümer eine unbillige Härte darstelle. Allerdings falle der vorliegende Sachverhalt unter keinen der taxativ aufgezählten Tatbestände, sodass die sogenannte Sonderopfertheorie Grundlage des vom Antragsteller geltend gemachten Entschädigungsanspruchs sei. Deshalb gelte dafür auch die Frist von einem Jahr für die Einbringung des Antrags auf Entschädigung bei der Gemeinde nicht, sondern die allgemeine Verjährungsfrist von dreißig Jahren. Der Antragsteller habe über seinen Vater „damals“ einen Antrag bei der Gemeinde auf Entschädigung eingereicht. Die Ansprüche auf Entschädigung für Grundstück 608/16 seien auf ihn im Erbweg übergegangen.

Die Antragsgegnerin habe im Jahre 1996 das erste Mal und auch im Frühjahr 2010 ein zweites Mal mehrfach anerkannt und betont, dass „sie die Frage einvernehmlich regeln will und in dieser Sache eine Entschädigung erfolgen wird“. Aufgrund dieses ausdrücklichen Anerkenntnisses des Entschädigungsanspruchs durch die Antragsgegnerin könne eine Verjährung oder Verfristung nicht eingetreten sein. Die Antragsgegnerin habe zuletzt noch betont, dass sie das Problem im Sinne des Antragstellers lösen wolle, und ihm eine Umwidmung eines anderen, in seinem Eigentum stehenden Grundstücks angeboten; es werde allerdings vom Antragsgegner erwartet, die fehlenden Zufahrtsrechte sicherzustellen, was bisher nicht gelungen sei. Dennoch sei der Antragsteller weiter zu einer einvernehmlichen Regelung bereit, müsse aber vor Ablauf der dreißigjährigen Verjährungsfrist den vorliegenden Antrag einbringen.

Die Antragsgegnerin bestritt das Entschädigungsbegehren als unzulässig und unberechtigt. Die Widmung der beiden Grundstücke in Bauland sei an ihrer Lage in Gefahrenzonen laut einem vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft vorgegebenen Gefahrenzonenplan gescheitert. Der Antragsteller habe zu keinem Zeitpunkt, somit auch nicht innerhalb der Frist des § 27 Abs 4 Vlbg RPG, einen Antrag auf Entschädigung (gemeint: bei der Antragsgegnerin) gestellt, was aber Voraussetzung für die Anrufung des Gerichts sei; schon deshalb sei der Antrag zurückzuweisen. Wegen der Lage der Grundstücke in Gefahrenzonen sei auch keine Wertminderung durch die unterbliebene Baulandwidmung eingetreten. Zwischen den Parteien sei es zu keinen Absprachen gekommen, vor allem nicht zur Zusage, einer Bebauung der Grundstücke stünden keine Hindernisse entgegen. 1964 hätten noch gar keine die Bebaubarkeit von Grundstücken einschränkende Regelungen bestanden. Die Antragsgegnerin habe auch niemals einen auf § 27 Vlbg RPG gestützten Entschädigungsanspruch des Antragsgegners anerkannt.

Das Erstgericht wies den Antrag zurück. Es fehle an der Zulässigkeit des Rechtswegs, weil der Antragsteller einen Antrag nach § 27 Abs 4 Vlbg RPG, der ein Zulässigkeitserfordernis für die Antragstellung bei Gericht darstelle, bisher nicht gestellt habe, sodass ein befristetes Prozesshindernis vorliege.

Das Rekursgericht bestätigte die erstgerichtliche Entscheidung. Die erstmals im Rekurs des Antragstellers erhobene Behauptung, er habe am 11. Oktober 2010 bei der Antragsgegnerin Entschädigungsansprüche geltend gemacht, sei als unzulässige Neuerung iSd § 49 Abs 1 AußStrG unbeachtlich. Die in § 27 Abs 6 Vlbg RPG enthaltene Regelung stelle keinen Fall der sukzessiven Kompetenz dar, sondern bewirke einen temporären Ausschluss des Rechtswegs. Das Unterbleiben der Antragstellung beim Gemeindeamt stelle daher ein „befristetes Prozesshindernis“ dar, welches nach der Rechtsprechung zur Zurückweisung des Antrags wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zu führen habe. Mangels gerichtlicher Zuständigkeit sei derzeit weder zu prüfen, welche Auswirkungen die Fristversäumnis nach § 27 Abs 4 Vlbg RPG habe, noch ob die Regelung des § 27 Abs 6 Vlbg RPG auf den Lauf der dreißigjährigen Verjährungsfrist Einfluss habe oder ob die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den Anspruch überhaupt vorliegen würden.

Den ordentlichen Revisionsrekurs erklärte das Rekursgericht für zulässig, weil keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur (ausnahmsweisen) Zulässigkeit der gerichtlichen Antragstellung nach § 27 Abs 6 Vlbg RPG vor der Antragstellung bei der Gemeinde bei drohender Anspruchsverjährung und bei Fristversäumnis nach § 27 Abs 4 Vlbg RPG bestehe.

Mit seinem Revisionsrekurs, mit dem er die Abänderung im Sinne der Aufhebung der Zurückweisung seines Antrags anstrebt, schließt sich der Antragsteller zur erheblichen Rechtsfrage im Wesentlichen dem Rekursgericht an und macht zusammenfassend weiters geltend: Der von ihm erhobene Entschädigungsanspruch falle nicht unter die taxativ aufgezählten Fälle des § 27 Abs 2 und 3 Vlbg RPG, weshalb § 27 Abs 4 Vlbg RPG dafür nicht gelte, stehe ihm aber nach der sogenannten Sonderopfertheorie zu; eine Verfristung sei daher wegen Wahrung der 30-jährigen Verjährungsfrist zu verneinen. Er sei nicht über die Möglichkeit, einen Entschädigungsantrag zu stellen, belehrt worden; das verstoße gegen Art 6 EMRK und Art 1.1. ZP EMRK. § 27 Abs 4 Vlbg RPG sehe keinen Verlust des Entschädigungsanspruchs bei Versäumung der Frist vor. Da die Antragsgegnerin im Verfahren erkennen habe lassen, dass sie eine einvernehmliche Regelung kategorisch ablehne, und angesichts der drohenden Verjährung sei der Antragsteller berechtigt, den Entschädigungsantrag bei Gericht ohne Antragstellung bei der Gemeinde einzubringen. Es fehle an Feststellungen zur vom Antragsteller behaupteten mehrfachen Zusage der Antragstellerin, die Angelegenheit im Sinne des Antragstellers zu erledigen; diese seien aber für die Frage, ob ein Anerkenntnis des Entschädigungsanspruchs dem Grunde nach oder ein Verzicht auf den Verjährungs- oder Verfristungseinwand vorliege, wodurch die Frist neu zu laufen beginne oder aber zumindest im Ablauf gehemmt werde, wesentlich. Die Rekursinstanz habe nicht beachtet, dass in erster Instanz die Erörterung der Notwendigkeit eines Antrags bei der Gemeinde unterlassen worden sei.

Die Antragsgegnerin macht in ihrer Revisionsrekursbeantwortung die Unzulässigkeit des Rechtsmittels geltend und tritt ihm auch inhaltlich entgegen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, im Ergebnis aber nicht berechtigt.

1. Verfahrensfehler des Erstgerichts wegen Verletzung der Anleitungspflicht zur Maßgeblichkeit der Antragstellung bei der Gemeinde und zur nunmehrigen Ablehnung einer einvernehmlichen Regelung durch die Antragsgegnerin (§ 14 AußStrG; RIS-Justiz RS0037095; RS0048529) wurden im Rekurs nicht geltend gemacht und können daher im Revisionsrekurs nicht nachgeholt werden (RIS-Justiz RS0043111 [T18 und T22]; RS0074223 [T1]), zumal keine von der Qualität des § 66 Abs 1 Z 1 AußStrG 2005 in Rede stehen.

Abgesehen davon ließ das vom Erstgericht verkündete Prozessprogramm zweifelsfrei erkennen, dass es von der Notwendigkeit einer dem Gerichtsverfahren vorausgehenden Antragstellung bei der Gemeinde ausgeht. Im Übrigen hätte eine in erster Instanz erfolgte Belehrung und nachfolgende Antragstellung bei der Gemeinde keinen Einfluss auf die noch zu erläuternde Unzulässigkeit des Rechtswegs.

2. Im Revisionsrekurs wird mit den Vorschriften des § 27 Vorarlberger Raumplanungsgesetzes (RPG idF der Neukundmachung LGBl 1996/39) argumentiert. Der einen möglichen Entschädigungsanspruch auslösende Flächenwidmungsplan stammt aus dem Jahr 1978 (die Genehmigung der Landesregierung erfolgte im Oktober 1980), sodass hier für das Schlichtungsverfahren noch die inhaltlich weitgehend idente Vorgängerbestimmung des § 25 RPG idF LGBl 1973/15 anzuwenden gewesen wäre. Nach § 25 Abs 1 leg cit hat die Gemeinde als Trägerin von Privatrechten auf Antrag eine Entschädigung zu leisten, wenn durch die Wirkung des Flächenwidmungsplans die Bebauung eines iSd § 13 geeigneten Grundstücks verhindert wird und dadurch eine Wertminderung entsteht, die für den betroffenen Grundeigentümer eine unbillige Härte darstellt. Nach Abs 2 lit c liegt eine unbillige Härte iSd Abs 1 vor, wenn ein Grundstück, das vor der Widmung nicht in einem land- oder forstwirtschaftlichen Gebiet oder nicht im Ödland gelegen war, allein oder im Zusammenhang mit anderen Grundstücken als Freifläche gewidmet wurde, obwohl es ganz oder überwiegend von gleichwertigen Grundstücken umgeben ist, die nicht als Freiflächen oder Verkehrsflächen gewidmet wurden. Genau auf einen solchen Sachverhalt stützt der Antragsteller seinen Entschädigungsanspruch. § 25 Abs 4 leg cit bestimmt, dass ein Antrag auf Entschädigung gemäß Abs 2 innert eines Jahres nach dem Inkrafttreten des Flächenwidmungsplans beim Gemeindeamt einzubringen ist. § 25 Abs 6 sieht Folgendes vor: Wenn über die Entschädigung innerhalb von drei Jahren nach Einbringung des Antrags keine Einigung zustandekommt, kann jede der Parteien die Festsetzung durch das Gericht beantragen. Hiefür gelten, soweit im Abs 5 nichts anderes bestimmt ist, sinngemäß die §§ 46 und 47 des Straßengesetzes (die Dreijahresfrist wurde mit der Änderung des RPG, LGBl 1996/34, auf ein Jahr verkürzt). Seit der letzten Gesetzesänderung, LGBl 2011/28, ist der Antrag auf Entschädigung bei sonstigem Verlust des Anspruchs innerhalb eines Jahres nach der betreffenden Änderung des Flächenwidmungsplans bei der Gemeinde einzubringen (§ 27 Abs 3). Kommt keine Einigung zustande, kann innerhalb von drei Jahren nach der Änderung des Flächenwidmungsplans die Festsetzung der Entschädigung beim Landesgericht Feldkirch beantragt werden (§ 27 Abs 5).

Der Antragsteller brachte vor, im erstmaligen, im Oktober 1980 wirksam gewordenen Flächenwidmungsplan seien sein Grundstück und jenes seines Vaters, das erst später im Erbweg ebenso wie der Anspruch auf Entschädigung auf ihn übergegangen sei, (entgegen einer Absprache mit der Antragsgegnerin) nicht als Bauland gewidmet worden, obwohl sie mitten im Ortsgebiet außerhalb von land- und forstwirtschaftlichen Gebiet und Ödland gelegen gewesen und ober- und unterhalb davon Gebäude errichtet (also diese Grundstücke nicht als Freiflächen oder Verkehrsflächen gewidmet) worden seien. Er macht damit einen eigenen sowie einen auf ihn im Weg der Gesamtrechtsnachfolge übergegangenen Entschädigungsanspruch geltend und behauptet also genau jenen Tatbestand, der von § 25 Abs 2 lit c RPG umschrieben wird, jedoch nicht an einen entgeltlichen Erwerb innerhalb einer bestimmten Frist geknüpft ist.

Der Entschädigungsanspruch unterliegt deshalb auch § 25 Abs 4 RPG, wonach der Antrag auf Entschädigung innert eines Jahres nach dem Inkrafttreten des Flächenwidmungsplans beim Gemeindeamt einzubringen ist. Ein solcher Antrag wurde aber nach den bindenden Feststellungen des Erstgerichts weder vom Antragsteller noch von seinem Vater gestellt.

3. Vorweg ist aus der Verwendung der Formulierung „ist innert eines Jahres [...] einzubringen“ mit Rücksicht auf § 25 Abs 6 Vlbg RPG 1973, der als Voraussetzung für die Anrufbarkeit des Gerichts vorsieht, dass „keine Einigung zustande kommt“, das Vorliegen einer obligatorischen (und nicht bloß fakultativen) Schlichtungsklausel abzuleiten; es steht daher nicht im Belieben des betroffenen Grundeigentümers, ob er sich vorerst an die Gemeinde wendet oder nicht, vielmehr hat er diesen Weg zu beschreiten, der auch in bundesgesetzlichen Regelungen vorgesehen ist (vgl § 8 Abs 1 VerG). Er hat das zwingend vorgesehene Schlichtungsverfahren mit Antrag einzuleiten.

4. Die Rechtsfolgen einer unterlassenen Antragstellung bei der Gemeinde können im Sinne der bekämpften Meinung des Rekursgerichts in der Unzulässigkeit des Rechtswegs bestehen oder aber darin, dass ein über Einwand wahrzunehmender Mangel der Klagbarkeit bzw der Fälligkeit des Anspruchs vorliegt, der zur Abweisung des Antrags auf Entschädigung führt. Die zweite Ansicht wurde in der oberstgerichtlichen Judikatur in ähnlichen Fällen vorgelagerter Schlichtungsverfahren lange Zeit vertreten (RIS-Justiz RS0033687 [insb T4 und T6]; RS0119982 [T2]; RS0114603 [T1]; RS0045298), in den vergleichbaren - wie noch zu erläutern sein wird - Fällen des Schlichtungsverfahrens nach § 8 Vereinsgesetz 2002 (VerG 2002) brachte die Entscheidung des 4. Senats AZ 4 Ob 146/07k, SZ 2007/140, jedoch eine Judikaturwende. Danach steht einer Klage in einer Streitigkeit aus dem Vereinsverhältnis, die vor dem Verstreichen von sechs Monaten seit Anrufung der vereinsinternen Schlichtungseinrichtung eingebracht wurde, das Prozesshindernis der Unzulässigkeit des Rechtswegs entgegen. Der 4. Senat folgte damit der im Schrifttum (ua Mayr in einer Glosse in JBl 2007, 327 und Rechberger 3 Vor § 1 JN Rz 11) vertretenen Ansicht, dass unklar sei, woraus sich eine materiell-rechtliche Unklagbarkeit ergeben sollte und dass der Gesetzgeber den angestrebten Zweck der Gerichtsentlastung nicht von einer Einrede der Prozessparteien abhängig habe machen wollen. Die Ansicht von Krejci/S. Bydlinski/Rauscher/Weber-Schallauer in Vereinsgesetz 2002, § 8 Rz 6, wonach die Unzulässigkeit des Rechtswegs nur dann zu bejahen sei, wenn das Gesetz ein Schlichtungsverfahren zwingend vorsehe und als Sanktion seiner Übergehung die Zurückweisung der Klage anordne, und die dieser Lehrmeinung folgenden Vorentscheidungen mehrerer Senate des Obersten Gerichtshofs lehnte der 4. Senat ab. Seiner Ansicht schlossen sich in der Folge der 5., 6., 7. und 8. Senat an (RIS-Justiz RS0122426, zuletzt 5 Ob 130/09t, in welcher Entscheidung die Unzulässigkeit des Rechtswegs auch für den Fall bejaht wurde, dass überhaupt keine Anrufung der Schlichtungseinrichtung des Vereins erfolgte). Auch der 3. Senat vermag in der unterlassenen Anrufung der Schlichtungsstelle (der Gemeinde) keinen meritorisch zu erledigenden, im materiellen Recht begründeten Abweisungsgrund zu erkennen und erachtet die verfahrensrechtliche Rechtslage nach dem Vorarlberger RPG durchaus mit derjenigen nach dem Vereinsgesetz vergleichbar. Auch ohne Hinweise in den Gesetzesmaterialien ist von einem beabsichtigten Entlastungseffekt für die Gerichte auszugehen, wenn dem gerichtlichen Verfahren obligatorisch ein Schlichtungsverfahren vorgeschaltet wird. Nach dem Wortlaut der zitierten Gesetzesvorschriften kann von einem fakultativen Schlichtungsverfahren, bei dem die Möglichkeit, den Rechtsweg zu beschreiten, unberührt bleibt keine Rede sein. Für Ansprüche nach dem Vorarlberger RPG gilt daher, dass es nicht der Parteidisposition unterliegt, ob das Schlichtungsverfahren durchgeführt wird. Einer sofortigen Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs vor Gericht steht die Unzulässigkeit des Rechtswegs (hier des außerstreitigen gerichtlichen Verfahrens) entgegen.

5. Der Revisionsrekurswerber versucht mit seinen Ausführungen zu den Grundsätzen des Art I 1. ZP EMRK, des Art 6 EMRK sowie zur Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs („Sonderopfertheorie“), des Verfassungsgerichtshofs und des EGMR seinen Entschädigungsanspruch auf eine allgemeine Rechtsgrundlage zu stützen, geht dabei von einer taxativen Aufzählung der Entschädigungsfälle in § 27 Abs 2 und 3 RPG (idF 1996, inhaltsgleich § 25 idF 1973) aus und unterstellt, dass der von ihm relevierte Sachverhalt nicht darunter fiele. Dies trifft jedoch nicht zu, macht er doch - wie schon ausgeführt - genau den Sachverhalt geltend, wie ihn § 25 Abs 2 lit c (§ 27 Abs 2 lit c idF 1996) beschreibt. Es geht also keineswegs darum, dass dem Antragsteller mit der landesgesetzlichen Entschädigungsregelung ein Ersatz für Vermögensnachteile verwehrt wird und deshalb auf anderer Anspruchsgrundlage und unabhängig von den Verfahrensvorschriften des RPG über einen Entschädigungsanspruch vor Gericht im außerstreitigen Verfahren zu entscheiden wäre. Für eine aus verfassungsrechtlichen Gründen erforderliche Suche nach anderen Anspruchsgrundlagen zur Vermeidung eines sogenannten Sonderopfers besteht kein Anlass.

6. Wegen der Anrufungsmöglichkeit des Gerichts erst dann, wenn innerhalb von drei Jahren (gemäß § 25 Abs 6; innerhalb von einem Jahr gemäß § 27 Abs 6 idF 1996) nach Einbringung des Antrags bei der Gemeinde keine Einigung zustandekommt, gehen die Hinweise des Revisionsrekurswerbers ins Leere, die Gemeinde habe einerseits mehrmals erklärt, die Sache im Sinne des Antragstellers zu erledigen und andererseits letztlich doch eine einvernehmliche Regelung kategorisch abgelehnt, weshalb eine Antragstellung bei der Gemeinde nicht mehr erforderlich sei. Vergleichsgespräche zwischen den Parteien können die erläuterten zwingenden Verfahrensbestimmungen nicht außer Kraft setzen. Der gerügte Feststellungsmangel liegt nicht vor. Ebenso kann es auf einen Verzicht der Antragsgegnerin auf den „Verjährungs- oder Verfristungseinwand“ nur bei einer meritorischen Entscheidung, nicht aber bei der vorliegenden über die Prozessvoraussetzungen, ankommen. Ob der Entschädigungsanspruch präkludiert ist (vgl die nunmehrige ausdrückliche Präklusionsbestimmung in § 27 Abs 3 RPG idgF LGBl 2011/28) ist hier nicht zu entscheiden.

Aus den dargelegten Gründen erfolgte die Zurückweisung des Entschädigungsanspruchs wegen Unzulässigkeit des gerichtlichen außerstreitigen Verfahrens zu Recht.

7. Da der Enteignete auch bei Erfolglosigkeit und sogar bei Unzulässigkeit seines Rechtsmittels dem Enteigner nicht kostenersatzpflichtig wird (RIS-Justiz RS0058151), ist der Antrag auf Zuerkennung von Kosten für die Revisionsrekursbeantwortung abzuweisen.

Stichworte