Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Kläger sind zur ungeteilten Hand schuldig, dem Beklagten die mit 818,66 EUR (darin 136,44 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichts ist die ordentliche Revision nicht zulässig:
Das Berufungsgericht hat seinen über Antrag der Kläger abgeänderten Zulässigkeitsausspruch sinngemäß damit begründet, es sei möglicherweise von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage der Berechnung des Ausgleichsanspruchs bei Zerstörung einer gebrauchten Sache abgewichen.
1. Es ist zwischen den Parteien im Revisionsverfahren nicht mehr strittig, dass den Klägern gemäß § 364b ABGB und in analoger Anwendung des § 364a ABGB ein verschuldensunabhängiger Ausgleichsanspruch für die Beschädigung des 1958 errichteten Betonsockels des Zauns zwischen den Liegenschaften der Parteien auf einer Länge von 20 m infolge der 1971 erfolgten Errichtung des Lichtschachts auf der Liegenschaft des Beklagten zusteht. Der ursprünglich erhobene Verjährungseinwand des Beklagten wurde im Rechtsmittelverfahren nicht weiter verfolgt.
2. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bedeutet der Ausgleichsanspruch nach § 364a ABGB volle Schadloshaltung (RIS-Justiz RS0037927), er richtet sich also auf volle Genugtuung (10 Ob 113/98k); dies gilt auch für Ansprüche gemäß § 364b ABGB aufgrund einer Grundstücksvertiefung (1 Ob 620/94 SZ 68/101; 7 Ob 103/98t; RIS-Justiz RS0053282).
3. Für die Berechnung des zu ersetzenden Interesses sind die subjektiven Verhältnisse des Geschädigten maßgebend. Es ist nach dem Wert der beschädigten oder zerstörten Sache gerade im Vermögen des Geschädigten zu fragen. Dies geschieht mit Hilfe der Differenzmethode: Das zu leistende Interesse besteht in der Differenz zwischen der Vermögenslage des Geschädigten, wie sie sich im Beurteilungszeitpunkt ohne schädigendes Ereignis darstellen würde, und dem nach dem schädigenden Ereignis nun tatsächlich vorhandenen Vermögensstand (1 Ob 620/94; 7 Ob 103/98t; 1 Ob 15/02s; RIS-Justiz RS0030153, RS0030119).
4. Auch auf einen Ausgleichsanspruch nach § 364b ABGB ist die Bestimmung des § 1323 ABGB anzuwenden. Es genügt also, dass der Geschädigte die Beseitigung des Schadens beabsichtigt; er ist nicht gehalten, zunächst den Schaden auf eigene Kosten zu sanieren und erst dann Ersatz zu begehren (1 Ob 620/94; RIS-Justiz RS0053282). Die Vorinstanzen haben keine Feststellungen dahin getroffen, dass die Kläger gar nicht beabsichtigen würden, eine Sanierung des Betonsockels vorzunehmen.
5. Die Rechtsprechung vertritt zu § 1323 ABGB die Auffassung, Naturalherstellung sei selbst dann durchzuführen, wenn sie teurer komme als Geldersatz. Naturalherstellung scheide zwar wegen Untunlichkeit aus, wenn sie einen unverhältnismäßig hohen Aufwand an Kosten und Mühe erfordert (RIS-Justiz RS0030117); dies gelte auch bei bloß beabsichtigter Naturalherstellung (RIS-Justiz RS0053254; vgl auch RIS-Justiz RS0022844 [es darf keine Bereicherung des Geschädigten durch Zuspruch fiktiver Reparaturkosten eintreten]). Schweres Verschulden des Schädigers erweitere aber das Ausmaß der Tunlichkeit, weil diesfalls die Interessen des Schädigers weniger Berücksichtigung verdienen (RIS-Justiz RS0030117); auch bei Ansprüchen nach § 364b ABGB dürften der Tunlichkeit der Wiederherstellung keine engen Grenzen gezogen werden (1 Ob 620/94; 7 Ob 103/98t; 1 Ob 163/10t).
Der Grundsatz, Untunlichkeit liege dann vor, wenn die Reparaturkosten die Wertminderung erheblich übersteigen, ist nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bei beschädigten Liegenschaften nicht uneingeschränkt anwendbar. Bei solchen Sachen ist - ähnlich wie bei Sachen ohne Verkehrswert - zu fragen, ob ein verständiger Eigentümer in der Lage des Geschädigten, ob also ein wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch, der den Schaden selbst zu tragen hätte, ebenfalls die Aufwendungen machen würde (1 Ob 620/94; 7 Ob 2062/96b; 9 Ob 303/99w; 1 Ob 321/99h; 4 Ob 86/08p; 1 Ob 163/10t). Die Frage der Tunlichkeit beziehungsweise Untunlichkeit ist dabei eine Rechtsfrage (1 Ob 620/94; 7 Ob 2062/96b).
6. Das Berufungsgericht ist den Grundsätzen dieser Rechtsprechung zur Berechnung von Ersatzansprüchen nach § 364b ABGB gefolgt. Auch die Kläger verweisen in ihrer Revision mehrfach darauf, dass der Betonsockel mit ihrer Liegenschaft fest verbunden sei und keinen Verkehrswert aufweise. Auf die Frage der Tunlichkeit beziehungsweise Untunlichkeit einer Sanierung des Betonsockels gehen sie in der Revision nicht näher ein; sie meinen lediglich, jeder vernünftige Mensch saniere seine Liegenschaft, um „sich sein Eigenheim zu erhalten (1 Ob 620/94)“. In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt ging es allerdings um massive Hangrutschungen, während hier der Betonsockel eines Teils des Zauns der klägerischen Liegenschaft auf einer Länge von 20 m Risse aufweist; im Verfahren erster Instanz hat der beigezogene Sachverständige die Frage, ob der Betonsockel weiterhin seine Funktion erfüllen kann, nicht verneint (die Argumentation in der Revision, der Betonsockel sei „zerstört und damit unbrauchbar“, ist daher aktenwidrig), wobei auch zu berücksichtigen ist, dass die Lebensdauer des Betonsockels auch ohne die Einwirkungen auf der Liegenschaft des Beklagten spätestens 2020 abgelaufen wäre (maximale Lebensdauer 60 Jahre). Die Beurteilung des Berufungsgerichts, eine Reparatur des Betonsockels wäre unwirtschaftlich und damit untunlich, ist somit durchaus vertretbar; das Erstgericht hat den Klägern - insofern unbekämpft - ohnehin den von ihm festgestellten Zeitwertverlust des Betonsockels im Bereich der Beschädigung in Höhe von 600 EUR zugesprochen.
Soweit die Revision und das Berufungsgericht in seinem (nachträglichen) Zulassungsausspruch auf Entscheidungen (8 Ob 40/86 JBl 1987, 325; 2 Ob 285/01b RdW 2002/272; 4 Ob 98/01t JBl 2002, 381) verweisen, wonach in bestimmten Fällen anteilige Wiederherstellungskosten zuzuerkennen seien, wenn eine beschädigte Sache keinen Verkehrswert hat (etwa eine Almhütte, eine Brücke), übersehen sie, dass es bei diesen Entscheidungen von vorneherein nicht um Fragen der Untunlichkeit einer Reparatur oder Wiederherstellung gegangen ist. Dies gilt auch für die in der Revision angeführten Entscheidungen 1 Ob 54/03b und 2 Ob 176/07g (ZVR 2008/241 [Huber]).
7. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Der Beklagte hat in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen. Der Schriftsatz ist daher als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig anzusehen.
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