OGH 8Ob40/86

OGH8Ob40/8619.11.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Anton T*** Gesellschaft m.b.H., Erlaufpromenade 32- 34, 3270 Scheibbs, vertreten durch Dr. Hans-Jörg Schachner, Rechtsanwalt in Melk, wider die beklagten Parteien 1) Herbert P***, Transportunternehmer, 3341 Ybbsitz 57, und 2) I*** V***-AG, Hafnerplatz 12, 3500 Krems an der Donau, beide vertreten durch Dr. Ferdinand Fasching und Dr. Werner Pennerstorfer, Rechtsanwälte in St. Pölten, wegen S 612.594,- s.A.

(Rekursstreitwert S 311.110,-), infolge Rekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 19.März 1986, GZ 18 R 15/86-17, womit das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten vom 9.Oktober 1985, GZ 4 Cg 148/84-13, teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 9.873,60 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin Umsatzsteuer von S 897,60, keine Barauslagen) und die mit S 11.726,25 bestimmten Kosten des Rekursverfahrens (darin Barauslagen von S 960,- und Umsatzsteuer von S 978,75) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Stefanie N*** ist Eigentümerin des Wohnhauses Unterer Markt 2 in Gresten. Zu diesem Wohnhaus führt eine Brücke über die Kleine Erlauf, die gleichfalls im Eigentum der Stefanie N*** steht und nicht für den allgemeinen Verkehr bestimmt ist. Am 2.9.1983 befuhr Johann W*** als Lenker eines LKW, dessen Halter der Erstbeklagte und dessen Haftpflichtversicherer die Zweitbeklagte war, mit Zustimmung der Eigentümerin die Brücke mit diesem Fahrzeug, um Baumaterial zu einer Baustelle der Wasserbauabteilung der NÖ. Landesregierung zu befördern. Dabei brach die Brücke ein und wurde vollkommen zerstört. Die Klägerin errichtete im Auftrag der Eigentümerin eine neue Brücke, wofür ihr die Eigentümerin ihre Schadenersatzansprüche gegen die Beklagten abtrat. Die Schadenersatzpflicht der Beklagten ist dem Grunde nach unbestritten.

Es steht außer Streit, daß die angemessenen Baukosten für die neue Brücke S 418.727,- zuzüglich 20 % Umsatzsteuer (S 83.745,40), insgesamt daher S 502.472,40 betragen (ON 7 S 141 f). Die Klägerin begehrte im vorliegenden Rechtsstreit aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes die Verurteilung der Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung der von ihr errechneten Wiederherstellungskosten der Brücke in der Höhe von S 612.594,- s.A. Sie stützte ihr Begehren im wesentlichen darauf, daß der Lenker des LKW des Erstbeklagten die Brücke grob fahrlässig zerstört habe, weil er sie trotz ihrer augenscheinlich geringen Belastbarkeit ohne jede Überprüfung ihrer Tragfähigkeit befahren habe. Die zerstörte Brücke sei in einem derart guten Zustand gewesen, daß nicht angenommen werden könne, daß sie früher als die neu errichtete Brücke unbrauchbar geworden wäre. Es sei daher ein Abzug "neu für alt" nicht gerechtfertigt.

Die Beklagten wendeten ein, daß der Lenker des LKW des Erstbeklagten nur leichte Fahrlässigkeit zu verantworten habe, weil über diese Brücke schon mehrmals ähnliche Lasten befördert worden seien, er zur Benützung der Brücke berechtigt gewesen sei und die zulässige Belastung der Brücke weder angezeigt gewesen noch dem Erstbeklagten oder dessen Lenker mitgeteilt worden sei. Im übrigen hätte der angemessene Kostenaufwand für die Herstellung einer gleichwertigen Brücke höchstens S 400.000,- betragen. Weiters könne nicht der Ersatz des Neuwertes verlangt werden, sondern sei ein erheblicher Abzug von den Wiederaufbaukosten wegen der eingetretenen Wertminderung gerechtfertigt. Unter Berücksichtigung der "zeitbedingten Abminderung" der Brücke stelle sich der "amortisierte Restwert" mit lediglich ca. S 100.000,- zuzüglich Mehrwertsteuer dar.

Das Erstgericht verurteilte die Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung von S 301.484,- s.A. und wies das auf Zahlung eines weiteren Betrages von S 311.110,- s.A. gerichtete Mehrbegehren der Klägerin ab.

Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Das im Eigentum der Stefanie N*** stehende Wohnhaus in Gresten, Unterer Markt 2, ist nur über eine Brücke über die Kleine Erlauf vom öffentlichen Straßennetz erreichbar. Diese Brücke steht im Eigentum der Stefanie N*** und ist für den öffentlichen Verkehr gesperrt. Am hausseitigen Brückenende steht ein Tor, das versperrt gehalten wird. Am 1.9.1983 erhielt der Erstbeklagte als Transportunternehmer den Auftrag, Baumaterial zu einer Baustelle der Wasserbauabteilung der NÖ. Landesregierung über diese Brücke zu führen. Stefanie N*** hatte hiefür der Bauleitung die Erlaubnis erteilt und dabei ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Fahrzeuge nicht zu schwer sein dürften. Bei der telefonischen Auftragserteilung an den Erstbeklagten wurde über die begrenzte Tragfähigkeit der Brücke gesprochen. Der Erstbeklagte kannte diese Brücke von eigenen Fahrten mit dem PKW und erinnerte sich auch an Baumaterialtransporte über diese Brücke für ein früheres Bauvorhaben. Der Bauleiter gab den Auftrag, "das halt so zu machen, daß nichts passiert".

Der Erstbeklagte beauftragte mit diesem Transport seinen seit ca. 8 Jahren im Betrieb tätigen Kraftfahrer W*** mit dem Bemerken, daß er den LKW wegen der Brücke nicht überladen dürfe.

W*** verstand darunter die Anweisung, die Überschreitung des zulässigen Gesamtgewichtes zu vermeiden.

Am 2.9.1983 führte W*** mit dem LKW des Erstbeklagten (Eigengewicht 7890 kg, zulässiges Gesamtgewicht 16 Tonnen) zunächst leichtes Baumaterial anstandslos über die Brücke. Vor dem Befahren der Brücke stieg er aus und besichtigte sie. Dabei hatte er keine Bedenken gegen eine weitere Benützung. Bei der zweiten Fuhre lud er 4 m 3 Schotter (Gewicht rund 1,8 Tonnen pro Kubikmeter), was ein Gesamtgewicht von rund 15 Tonnen ergab. Er hielt vor der Überfahrt an, schaltete den ersten Gang ein und fuhr langsam über die Brücke. Diese hielt dem Gewicht des LKW (Achsdruck der Hinterachse) nicht stand und brach zur Gänze ein. Die Trümmer der Brückenfahrbahn und der nordseitigen Brüstung stürzten mit dem LKW ins Flußbett. Die im Jahr 1911 vom Prager Architekten und Baumeister C*** erbaute Brücke war eine Eisenbetonbrücke mit einer Spannweite von etwa 8,3 m. Als Hauptträger dienten die in einem Abstand von etwa 3,5 m parallel zueinander angeordneten Brüstungen, die bei den Auflagern auf eine Länge von einem Meter vollwandig ausgebildet waren. Jeweils im Brückendrittel standen Säulengruppen zu je vier Säulen. Die Brüstung war in zeitgemäßer Form zum Wohnhaus passend architektonisch gefällig ausgebildet. Das Tragwerk (Brückendecke) bestand aus rund 17 cm starkem Eisenbeton mit Längs- und Querbewehrung aus 14 mm starkem Rundstahl. Auf der Fahrbahnoberfläche wurde vor wenigen Jahren ein 4 cm starker Asphaltbelag aufgebracht. Die Güte des Eisenbetons entsprach der Festigkeit B 225. Es wurden aber unter den Trümmern auch Betonteile mit minderer Güte (etwa B 120) gefunden. Die Brücke wies zur Zeit der Beschädigung keine Mängel auf (etwa Korrosion, Sprünge, Rost der Bewehrung), die eine weitere Verwendung durch Befahren mit PKW oder Klein-LKW nicht mehr zu verantworten erscheinen ließen. Statische Untersuchungen der Brücke wurden nie vorgenommen. Von fachkundigen Betrachtern wurde die Brücke nach oberflächlicher Besichtigung auf durchschnittlich 10 Tonnen Tragfähigkeit geschätzt. Eine Gewichtsbeschränkung durch ein Verbotszeichen war nicht angebracht. Die Eigentümerin achtete immer selbst auf die Vermeidung einer Überlastung der Brücke. Eine wegen der geringen Flußtiefe ohne großen Aufwand mögliche Pölzung der Brücke wurde vor ihrem Befahren weder vom Bauleiter noch vom Erstbeklagten vorgenommen. Die Brücke hätte auf Grund des ausgezeichneten Erhaltungszustandes ohne Überbeanspruchung noch erhebliche Zeit ihren Dienst geleistet. Nach dem Stand der Wissenschaft, vor allem der Erfahrung mit ähnlichen Brücken, konnte mit einer Gesamtlebensdauer der alten Brücke von 120 Jahren gerechnet werden. Dabei wurde berücksichtigt, daß im Jahr 1911 wegen der noch geringen Erfahrung bei derartigen Konstruktionen mit einem Sicherheitsbeiwert 6 (heute 1,7) gebaut wurde. Mit Anbot vom 9.11.1983 und Annahme vom 25.1.1984 erteilte Stefanie N*** der Klägerin den Auftrag, die Brücke zu einem Pauschalpreis von

S 602.183,10 einschließlich Umsatzsteuer unter folgenden Bedingungen wieder herzustellen:

"1) Sie übernehmen meine gesamten Schadenersatzansprüche aus dem Schadensfall vom 2.9.1983 gegenüber der Firma Herbert P***, dessen Dienstnehmer, dem Lenker des LKWs und gegenüber der I***. U***- UND S*** AG., Hafnerpl. 12, 3500 Krems als Haftpflichtversicherer.

2) Ich, Stefanie N***, als Eigentümerin des oben genannten Objektes übernehme keine Haftung für die Einbringlichkeit der Schadenersatzansprüche (auch dann nicht, wenn der Anspruch gerichtlich geltend gemacht werden müßte)." In der Folge wurde die Brücke von der Klägerin in ihrer ursprünglichen Form wieder errichtet. Die angemessenen Baukosten hiefür betrugen S 502.472,40. Die Lebensdauer dieser neuen Brücke ist nach dem Stand der technischen Wissenschaft bei gleich geringer Beanspruchung und pfleglicher Behandlung wie der alten Brücke mit 80 Jahren anzusetzen.

Ausgehend von der festgestellten Lebensdauer betrug der Zeitwert der alten Brücke zum Zeitpunkt der Beschädigung S 301.484,-, das sind 60 % der angemessenen Neubaukosten.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, daß weder dem Erstbeklagten noch dem Lenker seines Fahrzeuges auffallende Sorglosigkeit anzulasten sei, weil eine statische Untersuchung der Brücke nicht vorgenommen worden und eine Gewichtsbeschränkung nicht angezeigt gewesen sei. Auch die massiv erscheinende Brüstung im Verhältnis zur geringen Spannweite von 8,3 m habe offensichtlich zur Täuschung über die wahre Tragfähigkeit beitragen können. Bei Beschädigung durch einen minderen Grad des Versehens sei gemäß § 1332 ABGB der gemeine Wert zu ersetzen, den die Sache zur Zeit der Beschädigung hatte. Bei einer Brücke, die keinen Marktpreis habe, sei der Zeitwert nach dem Maß der Abnutzung und dem Vergleich der Lebensdauer der alten und der neuen Brücke zu ermitteln. Diese Art der Berechnung ergebe eine Verringerung des Neubauwertes der Brücke um 40 %, also einen Betrag von S 301.484,-.

Dieses Urteil wurde von der Klägerin in seinem klagsabweisenden Teil mit Berufung bekämpft.

Mit dem angefochtenen Beschluß gab das Berufungsgericht diesem Rechtsmittel Folge. Es hob das Urteil des Erstgerichtes in seinem klagsabweisenden Teil unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück.

Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich und führte rechtlich im wesentlichen folgendes aus:

Es treffe zu, daß dem Erstbeklagten und dem Lenker seines Fahrzeuges grobes Verschulden nicht anzulasten sei. Ein solcher Grad des Verschuldens sei anzunehmen, wenn eine ungewöhnlich auffallende Vernachlässigung einer Sorgfaltspflicht vorliege und der Eintritt des Schadens als wahrscheinlich und nicht bloß als möglich vorhersehbar sei. Das für das Befahren der Brücke zulässige Gesamtgewicht sei nicht durch ein entsprechendes Verkehrszeichen (§ 52 Z 9 lit c StVO) angezeigt worden und auch gar nicht festgestanden. Gegenüber der Einschätzung durch Fachleute sei eine Überladung um etwa 50 % vorgelegen. Es könne unter diesen Umständen nicht gesagt werden, daß der Erstbeklagte oder der Lenker seines Fahrzeuges die Beschädigung der Brücke als wahrscheinlich vorhersehen hätten müssen, zumal schon früher ein ähnlicher Transport folgenlos durchgeführt worden sei. Überdies sei es ohne rechtliche Bedeutung, ob den Erstbeklagten oder den Lenker seines Fahrzeuges ein grobes Verschulden treffe, weil die Klägerin ohnedies nur einen positiven Schaden geltend mache.

Bei der Ermittlung des von den Beklagten zu ersetzenden Schadens sei davon auszugehen, daß zur Berechnung eines in Geld zu ersetzenden Vermögensschadens der Geldwertunterschied zwischen der Vermögenslage festzustellen sei, in der sich der Beschädigte infolge der erlittenen Beschädigung befinde und jener Lage, in der er sich ohne das schädigende Ereignis befinden würde. Für diesen Vermögensvergleich sei gegebenenfalls der Verkehrswert heranzuziehen.

Nun sei es zwar richtig, daß, gesondert betrachtet, eine Brücke einen Verkehrswert nicht besitze. Eine Brücke bilde aber einen unselbständigen Bestandteil einer Liegenschaft, für die im allgemeinen ein Verkehrswert festgestellt werden könne. Das Erstgericht habe den von den Beklagten zu ersetzenden Schaden durch einen Vergleich der Lebensdauer der alten und der neuen Brücke ermittelt. In der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes sei eine ähnliche Art der Berechnung, nämlich die Heranziehung des Neuwertes (Herstellungswertes) einer gleichartigen Brücke abzüglich der bis zur Zeit der Beschädigung eingetretenen Wertminderung der alten Brücke, als zutreffend angesehen worden.

Nach Ansicht des Berufungsgerichtes ergebe aber keine dieser Berechnungsarten den wahren Vermögensschaden des Geschädigten, weil es nicht sachgerecht sei, die Brücke unabhängig von der Hauptsache, zu der sie gehöre, zu betrachten.

Sei die Brücke schon beschädigt gewesen und hätte sie daher auch ohne das schädigende Ereignis in Kürze erneuert werden müssen, so werde hiedurch nur eine verhältnismäßig geringfügige Herabsetzung des Verkehrswertes der Liegenschaft eintreten. Es wäre dann auch der Schaden, den der Eigentümer der Brücke erleide, nur verhältnismäßig gering. Sei hingegen, wie hier, die Brücke in einwandfreiem Zustand gewesen und sei daher noch mit einer verhältnismäßig langen Lebensdauer zu rechnen gewesen, dann würde sie von einem Käufer der Liegenschaft als neuwertig betrachtet werden, weshalb sich der Verkehrswert der gesamten Liegenschaft wegen des Alters der Brücke nicht verringern würde. Ein Käufer, der die Liegenschaft nach der Beschädigung zu erwerben beabsichtige, würde hingegen zumindest dann, wenn die Brücke, wie hier, den einzigen Zugang zur Liegenschaft bilde, die gesamten Wiederherstellungskosten bei der Ermittlung des Kaufpreises, der ihm angenmessen erscheine, in Abzug bringen. Daraus folge, daß nur durch einen Vergleich der Verkehrwerte der Liegenschaft vor und nach der Schädigung der dem Eigentümer der Liegenschaft und damit der Brücke entstandene Schaden richtig ermittelt werden könne.

Zur Berechnung des Schadens durch den Vergleich der Verkehrswerte sei in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes auch die Auffassung vertreten worden, daß der Schaden in der Differenz zwischen dem auch ohne das Schadensereignis verminderten Verkehrswert und dem durch das schädigende Ereignis noch weiter verringerten Verkehrswert bestehe. In einer späteren Entscheidung sei ausgesprochen worden, daß dieser Berechnungsart in dieser allgemeinen Form zumindest in dem damals behandelten Fall nicht beigepflichtet werden könne und daß der Schaden auch in den aufzuwendenden Zinsen für fremdes Kapital oder dem Zinsverlust für verwendetes eigenes Kapital bestehe. Es müsse nicht geprüft werden, ob diese Berechnungsart schon bei leichter Fahrlässigkeit gerechtfertigt sei und ob Zinsen auch berücksichtigt werden dürften, wenn dies nicht ausdrücklich begehrt worden sei. Nach Ansicht des Berufungsgerichtes reiche nämlich in Fällen wie dem hier zu behandelnden ein Vergleich der Verkehrswerte aus, weil bei der Ermittlung des durch das schädigende Ereignis verringerten Verkehrswertes darauf Bedacht genommen werden könne und gegebenenfalls auch müsse, daß ein Käufer der Liegenschaft die Kosten der Aufnahme eines Darlehens oder den Zinsverlust bei Verwendung eigenen Kapitals in Rechnung stellen würde. Auch bei dieser Art der Schadensberechnung sei der Schaden der Höhe nach durch die tatsächlich erforderlichen angemessenen Reparaturkosten begrenzt.

Das Erstgericht habe es unterlassen, die dargestellte Art der Schadensberechnung, die in einem Vergleich der Verkehrswerte der Liegenschaft bestehe, mit den Parteien zu erörtern und hiezu die notwendigen Feststellungen zu treffen. Sein Urteil müsse daher gemäß § 496 Abs 1 Z 3 ZPO im Umfang der Anfechtung aufgehoben werden. Gegen diesen Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes richtet sich der Rekurs der Beklagten mit dem Antrag, "den angefochtenen Beschluß aufzuheben". Den Rechtsmittelausführungen in ihrer Gesamtheit ist zu entnehmen, daß die Beklagten die Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes anstreben.

Die Klägerin hat eine Rekursbeantwortung mit dem Antrag erstattet, dem Rekurs der Beklagten nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig und auch sachlich berechtigt. Die Vorinstanzen sind zutreffend davon ausgegangen, daß nach den Umständen des vorliegenden Falles dem Erstbeklagten und dem Lenker seines LKW nur leichte Fahrlässigkeit an der Zerstörung der Brücke anzulasten ist. Im Rekurs der Beklagten und in der Rekursbeantwortung der Klägerin wird dazu nichts ausgeführt. Es genügt daher der Hinweis auf die in diesem Punkt zutreffenden Rechtsausführungen des Berufungsgerichtes.

Gemäß § 1332 ABGB ist der Schade, welcher aus einem minderen Grad des Versehens oder der Nachlässigkeit, also leicht fahrlässig, verursacht worden ist, nach dem gemeinen Wert, den die Sache zur Zeit der Beschädigung hatte, zu ersetzen. Dieser besteht im Sinne des § 305 ABGB in dem zu schätzenden Nutzen, den die Sache mit Rücksicht auf Zeit und Ort gewöhnlich und allgemein leistet, in der Regel somit im Verkehrswert.

Es ist also im Fall der Schadenszufügung aus leichter Fahrlässigkeit nur der positive Schaden zu ersetzen, der dann, wenn eine Naturalherstellung nicht in Frage kommt, weil eine gleichartige und gleichwertige Sache nicht hergestellt werden kann, im Ersatz des gemeinen Wertes der beschädigten Sache besteht; nur im Fall der vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Schädigung ist das Interesse im Sinne des § 1331 ABGB zu ersetzen, das in der Differenz zwischen dem Betrag des Vermögens des Geschädigten, wie es ohne das schädigende Ereignis bestand, und dem durch das schädigende Ereignis gegebenen tatsächlichen Vermögensbestand zu erblicken ist (siehe dazu Koziol, Naturalersatz und Schadensberechnung beim Problem "neu für alt", JBl 1965,337 ff; derselbe, Haftpflichtrecht 2 I 188 ff, insbesondere 189,202 f).

Schon daraus folgt, daß der Rechtsmeinung des Berufungsgerichtes, der im vorliegenden Fall zu beurteilende Schaden sei aus der Differenz des Verkehrswertes der gesamten Liegenschaft der Stefanie N*** vor und nach der Beschädigung der angeblich einen Bestandteil dieser Liegenschaft bildenden Brücke zu ermitteln, nicht beigetreten werden kann, weil diese Betrachtungsweise auf einen allenfalls im Fall des Interesseersatzes im Sinne des § 1331 ABGB in Betracht kommenden allgemeinen Vermögensvergleich abgestellt ist, aber nicht berücksichtigt, daß im Fall der Schadenszufügung aus nur leichter Fahrlässigkeit und der damit verbundenen Verpflichtung, den positiven Schaden zu ersetzen, der Ausgleichsgedanke insofern eingeschränkt ist, als nicht auf einen vollen Ausgleich aller Nachteile des in seinen Rechtsgütern verletzten Subjektes abgestellt wird, sondern nur auf das verletzte Rechtsgut selbst, auf das die Bewertung allein abzustellen ist (Koziol, Haftpflichtrecht 2 I 193).

Es ist vielmehr im vorliegenden Fall davon auszugehen, daß eine Naturalrestitution der zerstörten Brücke nicht in Frage kam, weil die Herstellung einer Brücke mit dem gleichen Abnützungsgrad und der gleichen Lebensdauer wie der zerstörten Brücke nicht möglich war. Die Klägerin kann daher nicht mit Erfolg aus dem Titel der Naturalrestitution die gesamten angemessenen Kosten des Brückenneubaues verlangen, weil eben nicht eine der beschädigten gleichartige und gleichwertige Sache wiederhergestellt wurde, sondern nach den Feststellungen der Vorinstanzen eine Brücke, die eine wesentlich längere Lebensdauer aufweist als die zerstörte Brücke.

Es kommt daher nur im Sinne der §§ 1332, 305 ABGB der Ersatz des gemeinen Wertes der zerstörten Brücke in Betracht.

Nun ist es zwar sicher richtig, daß der hier in Frage stehenden Brücke kein Verkehrwert zugeordnet werden kann, weil derartige Gegenstände nicht gehandelt werden. In einem solchen Fall ist aber der gemeine Wert der beschädigten Sache nach den Herstellungskosten zu bestimmen (Koziol, Haftpflichtrecht 2 I 195 f), wobei bei Berechnung des gemeinen Wertes einer gebrauchten Sache für die vor ihrer Beschädigung erfolgte Abnützung - und somit ihre im Verhältnis zu jener der neuen Sache nur noch kürzere zukünftige Benützungsmöglichkeit - ein angemessener Abzug von den Kosten ihrer Neuherstellung vorzunehmen ist (SZ 35/87; SZ 37/165; JBl 1982,601; SZ 56/54 ua.).

Diese Art der Wertermittlung, die der zitierten Rechtsprechung, von der abzugehen kein Anlaß besteht, durchaus entspricht, hat das Erstgericht vorgenommen, indem es, dem Gutachten des Sachverständigen Prof.Dipl.Ing. Dr. O*** folgend, unter Annahme einer um 32 Jahre längeren Lebensdauer der neuen Brücke die angemessenen Neubaukosten um 40 % kürzte. Die Richtigkeit des Gutachtens dieses Sachverständigen wurde von der Klägerin im Berufungsverfahren nur insoweit angezweifelt, als sie die Feststellungen des Erstgerichtes über die Lebensdauer der alten und der neuen Brücke bekämpfte. Dieser Einwand blieb erfolglos, weil das Berufungsgericht die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich übernahm. Gegen die Angemessenheit des vom Erstgericht unter Zugrundelegung dieser Feststellungen vorgenommenen Abzuges von den Neubaukosten an sich wurde weder im Berufungsverfahren noch im Rekursverfahren etwas vorgebracht; ein in diesem Zusammenhang dem Erstgericht unterlaufener Rechtsirrtum ist nicht zu erkennen. Es ist sicher richtig, daß durch diese Art der Schadensberechnung der Geschädigte nur einen Teil dessen erhält, was er für die Neuanschaffung der beschädigten Sache benötigt. Die klare Gesetzesbestimmung des § 1332 ABGB verbietet aber eine andere Vorgangsweise (Koziol, Haftpflichtrecht 2 I 197 mwN). Die Rechtssache erweist sich daher als spruchreif im Sinne der Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes. In diesem Sinne war in Stattgebung des Rekurses der Beklagten gemäß § 519 Abs 2 ZPO durch Urteil in der Sache selbst zu erkennen. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungs- und des Rekursverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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