OGH 4Ob105/10k

OGH4Ob105/10k31.8.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Dr. Martin Deuretsbacher, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei M***** H*****, vertreten durch Mag. Karin Herbst, Rechtsanwältin in Klagenfurt, wegen 24.807,12 EUR sA (Revisionsinteresse 12.650,82 EUR), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 4. März 2010, GZ 12 R 25/09y-21, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 9. Dezember 2008, GZ 1 Cg 90/08z-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 838,44 EUR (darin 139,74 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Revision ist unzulässig.

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichts hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ab.

Rechtliche Beurteilung

1. Die Beurteilung konkludenter Willenserklärungen (hier: die Beendigung eines Vertragsverhältnisses) ist regelmäßig einzelfallbezogen (RIS-Justiz RS0109021 [T5, T6]; RS0014150 [T8]; RS0014158 [T8]).

2. Gleiches gilt für die Auslegung eines Vertrags (hier: der Vereinbarung vom 1. 4. 2006), der in aller Regel keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl RIS-Justiz RS0112106, RS0044358, RS0042776, RS0042936, RS0044298).

3.1. Die Auffassung des Berufungsgerichts, ein bereicherungsrechtlicher Rückforderungsanspruch wegen Zweckverfehlung könne auch dann bestehen, wenn die zurückgeforderte Leistung vertraglich geschuldet war, weicht von höchstgerichtlicher Rechtsprechung nicht ab.

3.2. Gemäß § 1435 ABGB kann der Geber vom Empfänger auch Sachen, die als eine wahre Schuldigkeit gegeben worden sind, zurückfordern, wenn der rechtliche Grund, sie zu behalten, aufgehört hat (condictio causa finita). Nach ständiger Rechtsprechung wird diese Bestimmung über ihren Wortlaut hinaus als Grundlage für eine Kondiktion wegen des Wegfalls des Grundes oder des Nichteintritts des erwarteten Erfolgs angesehen (condictio causa data, causa non secuta; 4 Ob 84/09w mwN; RIS-Justiz RS0033855, RS0033952). Sie ist immer dann anzuwenden, wenn der Geschäftszweck oder ganz allgemein diejenigen Umstände weggefallen sind, die nach der Interessenabwägung und nach dem Sinn und Zweck des Geschäfts die Grundlage der Leistung gewesen waren (RIS-Justiz RS0033952 [T9]). Hiezu bedarf es keiner ausdrücklichen Abrede über den Rechtsgrund der Zuwendung; es muss aber doch das Motiv und der Zweck der Leistung in einer dem Leistungsempfänger zweifelsfrei erkennbaren Weise zum Ausdruck gebracht worden sein, um im Falle der Zweckverfehlung die Leistung rückfordern zu können (RIS-Justiz RS0033952 [T8]).

3.3. Auch die Rückabwicklung im Fall einer (hier: vorzeitigen) Vertragsauflösung erfolgt nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen. § 921 Satz 2 ABGB ist nichts anderes als ein Anwendungsfall des § 1435 ABGB (RIS-Justiz RS0018505 [T1]). So ist etwa der Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreisteils nach Vertragsaufhebung als Bereicherungsanspruch ein Unterfall der condictio causa finita des § 1435 ABGB (RIS-Justiz RS0029403 [T1]).

3.4. Teilweise Zweckverfehlung führt nur zu einer Teilrückabwicklung (vgl 4 Ob 2021/96a = SZ 69/89).

4.1. Zwischen den Parteien ist nicht strittig, dass der am 1. 4. 2006 für eine (Mindest-)Vertragsdauer von drei Jahren abgeschlossene Vertrag schon 2007 aufgelöst worden ist (Verhandlung 26. 8. 2008 S 2, AS 37). Dem Beklagten war nach den Feststellungen klar, „dass die ausgehandelten Vereinbarungen der Bewerbung und Vermarktung der Produkte der Klägerin dienen sollten“ (Ersturteil S 12); dieser Geschäftszweck ist somit auch Vertragsinhalt geworden.

4.2. Wurde demnach die vereinbarte Vertragsdauer nicht erreicht, haben Zuwendungen einer Vertragsseite, die erkennbar in der Erwartung des Fortbestands des Vertragsverhältnisses für einen bestimmten Zeitraum gemacht wurden (hier: Ausstattung eines Lokals mit Einrichtung, die infolge ihrer Ausgestaltung als Werbeträger für dort erhältliche Produkte des Zuwendenden dient), ihren Zweck (die causa) mit dem vorzeitigen Entfernen der Werbematerialien teilweise verfehlt. Diese teilweise Zweckverfehlung löst einen - der Höhe nach im Rechtsmittel nicht in Frage gestellten - bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch des Zuwendenden aus.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 Abs 1, § 50 Abs 1 ZPO. Da die Klägerin in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat, diente ihr Schriftsatz der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung.

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