OGH 5Ob238/09z

OGH5Ob238/09z15.7.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hurch, Dr. Lovrek, Dr. Höllwerth und Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache des Antragstellers Dr. M***** S*****, wider die Antragsgegner 1. Z***** F*****, vertreten durch Mag. Michael Braun, Rechtsanwalt in Wien, 2. S***** T*****, 3. A***** M*****, 4. I***** M*****, 5. K***** K*****, 6. R***** R*****, 7. M***** R*****, 8. B***** D***** I***** GesmbH, *****, 9. M***** A***** S*****, 10. M***** K*****, und 11. S***** G*****, wegen § 52 Abs 1 Z 8 WEG, über den Revisionsrekurs des Einschreiters P***** B*****, vertreten durch Dr. Gernot Nachtnebel, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 29. Mai 2009, GZ 17 R 138/09d-27, womit der Rekurs des Einschreiters gegen den Sachbeschluss des Bezirksgerichts Wiener Neustadt vom 22. August 2008, 27 Msch 2/08w-11, zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

P***** B***** ist schuldig, dem Antragsteller binnen 14 Tagen die mit 835,49 EUR bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung (darin enthalten 139,25 EUR USt) zu ersetzen.

Text

Begründung

Gegenstand des am 16. 6. 2008 eingeleiteten Verfahrens ist die Feststellung der Rechtsunwirksamkeit der Kündigung des Antragstellers als Verwalter einer Wohnungseigentumsanlage zum 31. 12. 2007 mangels gültiger Beschlussfassung der Eigentümergemeinschaft.

Der Einschreiter war als Rechtsvorgänger der 8.-Antragsgegnerin bis zum 9. 5. 2008 bücherlicher Mit- und Wohnungseigentümer der Anlage. Er verfügte über die Mehrheit der Anteile und war der Initiator der strittigen Kündigung. Im verfahrenseinleitenden Schriftsatz des Verwalters wurde der Einschreiter als früherer Wohnungseigentümer und (Rechts-)Vorgänger der 8.-Antragsgegnerin genannt („Peter B. […], nunmehr Eigentümer dessen Wohnung … [= 8. Antragsgegnerin]“).

Der Einschreiter erklärte, dem Verfahren als „weitere Verfahrenspartei, eventuell Nebenintervenient“ beizutreten und das Antragsbegehren zu bestreiten. Er habe auch nach dem Verkauf seiner Liegenschaftsanteile ein rechtliches Interesse am Verfahrensausgang, weil er durch eine stattgebende Entscheidung gegenüber der Käuferin haftbar werden könne. Er sei im strittigen Zeitraum immerhin noch einige Monate lang Miteigentümer gewesen, sodass der Antragsteller, würde er als Verwalter für diese Zeit bestätigt, noch Leistungen von ihm für die Eigentümergemeinschaft einfordern könnte.

Der Erstantragsgegner trat dem Antrag ausdrücklich bei, alle anderen Antragsgegner beteiligten sich hingegen nicht am Verfahren.

Das Erstgericht gab dem Antragsbegehren statt und verpflichtete den Einschreiter zum Kostenersatz an den Erstantragsgegner.

Das Rekursgericht wies den Rekurs des Einschreiters gegen den antragsstattgebenden Sachbeschluss des Erstgerichts in der Hauptsache mangels Parteistellung des Rechtsmittelwerbers als unzulässig zurück und gab ihm im Kostenpunkt nicht Folge. Im Verfahren nach § 52 Abs 1 Z 8 WEG komme nur den Miteigentümern und dem Verwalter Parteistellung zu. Für Miteigentümer beginne die Parteistellung mit der Eintragung im Grundbuch und ende mit deren Löschung. Die Rechtsfigur der Nebenintervention sei im Verfahren außer Streitsachen nicht vorgesehen, es bestehe diesbezüglich auch keine planwidrige Gesetzeslücke.

Mit Beschluss vom 12. 10. 2009 erklärte das Rekursgericht über Antrag des Rechtsmittelwerbers nachträglich den Revisionsrekurs gegen seine Entscheidung für zulässig. Die Frage, ob dem Einschreiter wegen seiner früheren, aber in den verfahrensrelevanten Zeitraum noch hineinreichenden Miteigentümerstellung sowie in seiner Eigenschaft als Initiator der Verwalterkündigung eine rechtlich geschützte Stellung zukomme, sei über den Einzelfall hinaus von Bedeutung.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen die Zurückweisung seines Rekurses gerichtete, vom Antragsteller beantwortete Revisionsrekurs des Einschreiters ist zur Verdeutlichung der Rechtslage aus den vom Rekursgericht ausgeführten Gründen zulässig, aber nicht berechtigt.

In Verfahren nach § 52 Abs 1 WEG steht den Wohnungseigentümern und dem Verwalter nur insoweit Parteistellung zu, „als ihre Interessen durch die Entscheidung über den Antrag unmittelbar berührt werden können“ (§ 52 Abs 2 Z 1 WEG). Die Auslegung dieser Bestimmung durch das Rekursgericht steht mit der im angefochtenen Beschluss zitierten ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs im Einklang, die eine Parteistellung im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren jeweils an das aufrechte bücherliche Eigentum knüpft (ua RIS-Justiz RS0083100; RS0083106; RS0083185; RS0083224; RS0083019 [T1]; vgl auch RS0107160; RS0082917 [T1]; RS0106059; RS0106061; Prader, WEG 2.14 § 52 [E 185] mwN). Bei Eigentumsübergang scheidet der frühere Eigentümer aus dem Verfahren aus und tritt der Erwerber ein.

Auch aus § 2 Abs 1 Z 3 AußStrG lässt sich keine Parteistellung des Einschreiters ableiten. Nach dieser allgemeinen Regelung kommt im Außerstreitverfahren anderen Personen als den Antragstellern und Antragsgegnern insoweit Parteistellung zu, als „ihre rechtlich geschützte Stellung durch die begehrte oder vom Gericht in Aussicht genommene Entscheidung oder durch eine sonstige gerichtliche Tätigkeit unmittelbar beeinflusst würde“ (Z 3 leg cit). Dieser Parteibegriff ist entgegen der Meinung des Revisionsrekurswerbers nicht weiter, sondern enger gefasst als jener nach § 52 Abs 2 Z 1 WEG, weil es nach § 2 Abs 1 AußStrG gerade nicht ausreicht, wenn rechtliche Interessen nur „berührt“ werden (Rechberger in Rechberger, AußStrG § 2 Rz 9).

Um eine - vom Gesetzgeber offenkundig nicht gewünschte - uferlose Anerkennung von Verfahrensparteien zu vermeiden, ist § 2 Abs 1 AußStrG nach der Rechtsprechung einschränkend auszulegen (1 Ob 156/06g; RIS-Justiz RS0121263). Eine bloße Reflex- oder Tatbestandswirkung erfüllt die Voraussetzung für die Parteistellung nach § 2 Abs 1 AußStrG nicht, der mögliche Eingriff muss vielmehr zu einer unmittelbaren Beeinflussung der rechtlichen Stellung des Einschreiters führen (Fucik/Kloiber, AußStrG § 2 Rz 2; Rechberger aaO Rz 10). Unmittelbar beeinflusst iSd § 2 Abs 1 Z 3 AußStrG ist eine Person nur dann, wenn die in Aussicht genommene Entscheidung Rechte oder Pflichten dieser Person ändert, ohne dass noch eine andere Entscheidung gefällt werden muss. Es kommt vor allem darauf an, wer bzw wessen Stellung durch das jeweilige Verfahren geschützt werden soll (RIS-Justiz RS0123028 [T2]).

Diese Voraussetzungen liegen hier offenkundig nicht vor. Wenn der Revisionsrekurswerber durch eine stattgebende Entscheidung Gefahr laufen sollte, gegenüber Dritten eingegangene vertragliche Verpflichtungen nicht einhalten zu können, handelt es sich dabei ebenso um eine bloße Reflexwirkung im zuvor aufgezeigten Sinne wie bei der Frage, ob der alte oder ein neuer Verwalter aktiv und passiv für die Geltendmachung nachwirkender Rechtsansprüche aus dem Wohnungseigentumsverhältnis legitimiert ist.

Die Käuferin der Anteile des Revisionsrekurswerbers war als bücherliche Miteigentümerin im erstinstanzlichen Verfahren bereits als Antragsgegnerin einbezogen und hätte allfällige Einwände gegen das Antragsbegehren selbst geltend machen können. Der Umstand, dass sie sich am Verfahren nicht beteiligt hat, kann keine unmittelbare Betroffenheit ihres Rechtsvorgängers begründen.

Den weiteren Ausführungen des Rechtsmittelwerbers ist zu erwidern:

Der Verwalter nach dem WEG steht auch in keinem unmittelbaren Rechtsverhältnis zu den einzelnen Wohnungseigentümern, sondern nur zur Eigentümergemeinschaft (RIS-Justiz RS0110934). An den Rechten und Pflichten des Revisionsrekurswerbers gegenüber der (Wohnungseigentümer-)Gemeinschaft ändert sich durch einen Verwalterwechsel (oder dessen Unterbleiben) nichts. Welche Person als Vertreter der (Wohnungseigentümer-)Gemeinschaft bei der Geltendmachung ihrer Ansprüche auftritt oder gegen welchen Verwalter Abrechnung begehrt werden kann, betrifft Fragen der Aktiv- bzw Passivlegitimation, ändert aber die Rechtsstellung des Einschreiters nicht.

Ein Verwaltervertrag kann nach § 21 WEG entweder vom Verwalter selbst oder durch Beschlussfassung der Eigentümergemeinschaft gekündigt werden. Einem einzelnen Miteigentümer steht - abgesehen von einer hier nicht zu beurteilenden gerichtlichen Auflösung wegen grober Pflichtenverletzung nach § 21 Abs 3 WEG - kein Kündigungsrecht zu, auch wenn er über eine qualifizierte Anteilsmehrheit verfügt. Die gerichtliche Feststellung der schon ex lege zu beachtenden Wirkungslosigkeit einer ohne gültige Beschlussfassung ausgesprochenen Kündigung ändert an der persönlichen Rechtsposition des Initiators nichts. Noch weniger kann die Anmaßung eines ihm nach dem Gesetz nicht zustehenden Kündigungsrechts dem ehemaligen Wohnungseigentümer weiterhin Parteistellung im Verfahren nach § 52 Abs 1 Z 8 WEG verschaffen.

Dass sowohl nach altem wie auch nach neuem AußStrG eine Nebenintervention nicht vorgesehen war bzw ist, entspricht ebenfalls der bereits ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (10 Ob 29/06x = EvBl 2006/151; 6 Ob 236/06h = SZ 2006/164; 16 Ok 9/09 = Zak 2009/706, 439 = RdW 2010/94, 88; RIS-Justiz RS0120721; Rechberger aaO § 2 Rz 3; Fucik/Kloiber aaO unter Hinweis auf die zu § 2 abgedruckten ErlBem RV 224 BlgNR 22. GP mwN).

Dem Revisionsrekurs war daher keine Folge zu geben. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 2 WEG iVm § 37 Abs 3 Z 19 MRG.

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