OGH 7Ob84/10v

OGH7Ob84/10v26.5.2010

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Hirsch und Dr. Ursula Leissing, Rechtsanwälte in Bregenz, gegen die beklagte Partei A***** M*****, vertreten durch Mag. Klaus P. Pichler, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen 160.768,30 EUR (sA), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Landesgerichts Feldkirch als Berufungsgericht vom 22. Dezember 2009, GZ 2 R 330/09h-37, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

B e g r ü n d u n g :

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat richtig erkannt, dass die von der Revisionswerberin im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO für erheblich erachtete Frage der Fälligkeit des Überziehungskredits durch Auslegung oder ergänzende Auslegung der von den Parteien getroffenen Vereinbarungen zu lösen ist. Ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, stellt allerdings nur dann eine erhebliche Rechtsfrage dar, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RIS-Justiz RS0042936; vgl RS0044358 und RS0112106). Dasselbe gilt auch für die ergänzende Vertragsauslegung (7 Ob 75/09v, RIS-Justiz RS0042936 [T41]), die sich am hypothetischen Parteiwillen, der Übung des redlichen Verkehrs, dem Grundsatz von Treu und Glauben sowie der Verkehrsauffassung zu orientieren hat (7 Ob 75/09v uva). Davon, dass das vom Berufungsgericht erzielte Auslegungsergebnis unvertretbar wäre, kann keine Rede sein; vielmehr liegt die Richtigkeit der Auffassung des Berufungsgerichts auf der Hand.

Das Geschäftsverhältnis zwischen Kreditunternehmung und Kunden ist ein Vertrauensverhältnis, das auch Grundlage für eine Aufklärungspflicht der Kreditunternehmung sein kann (1 Ob 791/79, SZ 53/13; 1 Ob 691/84, SZ 58/69 ua). Die daraus resultierenden Anforderungen an solche Aufklärungspflichten dürfen jedoch nicht überspannt werden; dem Bankkunden ist vielmehr zuzumuten, seine wirtschaftlichen Interessen grundsätzlich selbst zu wahren (stRsp, s. etwa 2 Ob 104/01k mwN ua). Über die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit von Geschäften oder über die mit ihnen verbundenen wirtschaftlichen Risken braucht die Bank in der Regel daher nicht aufzuklären (RIS-Justiz RS0016385); vielmehr geht es hiebei um Abwägungen, die jeder Kunde selbst vorzunehmen hat und die von vielerlei Umständen, die der Bank nicht erkennbar sein müssen, abhängig sein können (9 Ob 325/97b ua). Der Umfang der Aufklärungspflichten einer Bank ist im Übrigen grundsätzlich eine Frage des Einzelfalls (RIS-Justiz RS0106373; RS0111165). Das Berufungsgericht hat sich auch mit dieser Frage eingehend auseinandergesetzt, ohne dass ihm eine Fehlbeurteilung unterlaufen wäre.

Auch sonst wird von der Revisionswerberin eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht aufgezeigt. Die Ausführungen, mit denen sie eine Aktenwidrigkeit geltend macht, verkennen das Wesen dieses Rechtsmittelgrundes. Eine Aktenwidrigkeit liegt nur bei einem Widerspruch zwischen dem Akteninhalt und der darauf beruhenden wesentlichen Tatsachenfeststellung im Urteil vor, der nicht das Ergebnis eines richterlichen Werturteils ist, wobei aber dieser Widerspruch einerseits wesentlich, andererseits unmittelbar aus den Akten ersichtlich und behebbar sein muss (7 Ob 93/09s uva). In der Gewinnung tatsächlicher Feststellungen durch Schlussfolgerungen kann somit eine Aktenwidrigkeit nicht gelegen sein (RIS-Justiz RS0043421). Die Schlussfolgerungen, aus denen das Erstgericht mit Billigung des Berufungsgerichts zur Feststellung gelangte, zwischen den Streitparteien sei die Einverleibung eines erstrangigen Pfandrechts vereinbart worden, können demnach entgegen der Ansicht der Revisionswerberin eine Aktenwidrigkeit nicht verwirklichen. Die betreffenden Revisionsausführungen stellen vielmehr den unzulässigen Versuch dar, die unanfechtbare Beweiswürdigung der Vorinstanzen zu bekämpfen.

In der Rechtsrüge wiederholt die Revisionswerberin im Wesentlichen lediglich ihre bereits in der Zulassungsbeschwerde vertretenen, unrichtigen Rechtsansichten. Da sie demnach insgesamt keinen tauglichen Zulassungsgrund aufzuzeigen vermag, ist ihr außerordentliches Rechtsmittel als unzulässig zurückzuweisen. Dies bedarf nach § 510 Abs 3 ZPO keiner weiteren Begründung.

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