OGH 14Os48/09d

OGH14Os48/09d25.8.2009

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. August 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fuchs in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Annerl als Schriftführer in der Strafsache gegen Helmut E***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Helmut E*****, Dr. Hermann G***** und Mag. Peter N***** sowie die Dr. Hermann G***** betreffende Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 21. Mai 2008, GZ 122 Hv 34/07z-52, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Sämtlichen Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Helmut E***** (zu 1), Dr. Hermann G***** (zu 2) und Mag. Peter N***** (zu 3), die beiden Letztgenannten als Beitragstäter nach § 12 dritter Fall StGB, des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach haben

„1. Helmut E***** am 5. und 12. März 2003 in Wien die ihm als Vorsitzenden des Vorstands der B*****. AG durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über deren Vermögen zu verfügen, wissentlich missbraucht und dadurch der B***** einen 50.000 EUR übersteigenden Vermögensnachteil von 707.621,12 EUR zugefügt, indem er die Anweisungen erteilte, Dr. Hermann G***** 561.413,20 EUR in bar auszuhändigen und auf Forderungen der B***** AG gegen Dr. Hermann G***** entgegen den Interessen der Bank ohne Gegenleistung zu verzichten, ohne dass die Forderungen getilgt oder notleidend waren, und zwar:

a. auf eine Forderung aus dem Konto Nr ***** über 575.722,77 EUR, während er Dr. G***** in diesem Zusammenhang das aus der Valuta des angeführten Kredits stammende Realisat des Sparbuchs ***** von 561.413,20 EUR in bar übergab, und

b. auf eine Forderung aus dem Girokonto Nr ***** über 131.898,35 EUR;

2. Dr. Hermann G***** im März 2003 in Wien zur Ausführung strafbarer Handlungen Helmut E*****s mit einem 50.000 EUR übersteigenden Schaden beigetragen (§ 12 dritter Fall StGB), indem er im Wissen um den wissentlichen Befugnismissbrauch durch Helmut E***** mit diesem die Ausbuchung der im Urteilspunkt 1 angeführten Forderungen vereinbarte und am 12. März 2003 (siehe US 31 f) 561.413,20 EUR übernahm;

3. Mag. Peter N***** am 5. März 2003 in Wien zur Ausführung strafbarer Handlungen Helmut E*****s mit einem 50.000 EUR übersteigenden Schaden absprachegemäß beigetragen (§ 12 dritter Fall StGB), indem er im Wissen um die im Urteilspunkt 1 dargestellten Anweisungen Helmut E*****s den damit verbundenen wissentlichen Befugnismissbrauch und die daraus resultierende Vermögensschädigung in dessen Auftrag Dr. F***** anwies, eine Aktennote vorzubereiten, in der Dr. G***** um einen Verzicht auf die im Urteilspunkt 1/a angeführten Forderungen der B***** ersuchte."

Rechtliche Beurteilung

Die Angeklagten bekämpfen die gegen sie ergangenen Schuldsprüche jeweils mit Nichtigkeitsbeschwerde aus Z 5 und 9 lit a, die Angeklagten Helmut E***** und Mag. Peter N***** darüber hinaus aus den Gründen der Z 3 und 4, Letztgenannter zudem aus Z 5a des § 281 Abs 1 StPO. Den Nichtigkeitsbeschwerden kommt Berechtigung nicht zu. 1./ Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Helmut E*****:

Der Verfahrensrüge (Z 3) zuwider gilt die Mindestvorbereitungsfrist des § 221 Abs 2 erster Satz StPO nur für die Vorladung zum ersten Hauptverhandlungstermin, nicht aber für allfällige Folgetermine (RIS-Justiz RS0098370; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 241; ebenso Danek, WK-StPO § 221 Rz 9 und Fabrizy StPO10 § 221 Rz 2), weil die Hauptverhandlung nach dem System des 13. Hauptstücks der StPO eine Einheit darstellt.

Die vom Angeklagten vermisste Mitteilung nach § 250 Abs 1 zweiter Satz StPO über das in seiner Abwesenheit Vorgenommene ist durch Verlesung des Protokolls vom 24. Oktober 2007 (ON 26) noch vor Schluss des Beweisverfahrens (ON 50 S 93) - somit rechtzeitig (§ 250 Abs 2 StPO) - ebenso erfolgt wie die als unterblieben reklamierte Beeidigung der Schöffen im Kalenderjahr 2008 (siehe Hauptverhandlungsprotokoll vom 21. Jänner 2008, ON 33 S 253), derer es in Ansehung des Beschwerdeführers im Übrigen gar nicht bedurfte (vgl 14 Os 159/08a, 160/08y unter Hinweis auf Danek, WK-StPO § 240a Rz 1).

Die nach der Aktenlage nicht nachvollziehbare Behauptung, „bis zum heutigen Tage" kein ordnungsgemäß unterfertigtes Hauptverhandlungsprotokoll (vom 24. Oktober 2007) erhalten zu haben (vgl nämlich die aktenkundige Zustellung des berichtigten Protokolls am 22. September 2008; S 3w im Antrags- und Verfügungsbogen), zeigt keine Nichtigkeit auf (vgl im Übrigen RIS-Justiz RS0124686). Entgegen dem weiteren Vorbringen konnte die von der Verteidigung als Befangenheitsgrund (formell aus Z 4, seit 1. Jänner 2008 jedoch Z 1: siehe Ratz, WK-StPO § 281 Rz 132 und 386) geltend gemachte Konversation einer Schöffin mit einem Journalisten - dem Protokoll über die Hauptverhandlung am 8. Oktober 2007 zufolge (35.

Verhandlungstag: ON 1091 S 517 ff in AZ 122 Hv 31/07h des Landesgerichts für Strafsachen Wien) - ausschließlich der ohnedies enthobenen Petra Z***** zugeordnet werden. Gründe für die Annahme einer Befangenheit der Schöffinnen Gabriele K***** und Andrea O***** wurden nicht dargetan, weshalb diese zu Recht nicht ausgeschlossen wurden (ON 1091 S 525).

Der weiteren Verfahrensrüge (Z 4) ist vorweg zu erwidern, dass Anträge, welche nicht unmissverständlich erkennen lassen, dass sie einen für die Schuld- oder Subsumtionsfrage erheblichen Umstand betreffen, aus Z 4 unbeachtlich sind. Denn vom Schöffengericht muss erkannt werden können, warum ein unter Beweis zu stellender Tatumstand für das Verfahrensziel (die Feststellung, ob die sogenannten entscheidenden, also die rechtliche Lösung der Schuld- und Subsumtionsfrage [§ 260 Abs 1 Z 2 StPO] beeinflussenden Tatsachen vorliegen) erheblich ist (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 321, 332 und 340). Erst im Rechtsmittel nachgetragene Erörterungen sind zufolge des im Nichtigkeitsbeschwerdeverfahren herrschenden Neuerungsverbots (RIS-Justiz RS0098978) prozessual unbeachtlich (RIS-Justiz RS0099618; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 325).

Angesichts des aktuellen Untreuevorwurfs - der sich im missbräuchlichen Veranlassen eines Verzichts der B***** auf Forderungen gegenüber Dr. G***** aus Kontoüberziehung und Kreditvergabe in der Höhe von 707.621,12 EUR manifestiert - ließen die in der Hauptverhandlung gestellten und in der Rüge als zu Unrecht abgelehnt (ON 37 S 503 f, ON 50 S 83 f) kritisierten Anträge auf

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