Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen, die im Umfang der Abweisung eines Begehrens von 464.161 EUR sA als unbekämpft unberührt bleiben, werden im Übrigen, somit im Umfang der Entscheidung über ein Begehren von
1.237.500 EUR sA, aufgehoben. Die Rechtssache wird in diesem Umfang zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Mit der am 9. 2. 2006 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte der Kläger zunächst 350.000 EUR sA. Er habe 1988 mit dem Glücksspiel begonnen und seither regelmäßig die Betriebsstätten der Beklagten aufgesucht. Bereits ab dem Jahr 1990 sei sein Spielverhalten pathologisch gewesen. In den letzten drei Jahren vor Klageeinbringung habe er Spielverluste in Höhe von 1.036.000 EUR erlitten. Davon machte der Kläger unter dem Vorbehalt der Ausdehnung auf vor dem 11. 2. 2003 liegende Zeiträume vorerst den genannten Teilbetrag von 350.000 EUR sA geltend. Die Haftung der Beklagten für seine Spielverluste gründe sich auf § 25 Abs 3 GSpG. Der Beklagten hätte aufgrund der Häufigkeit der Besuche des Klägers und mehrerer näher geschilderter Selbstsperren auffallen müssen, dass er keine Kontrolle über sein Spielverhalten habe und nicht über entsprechende Mittel verfüge, um dauernd spielen zu können. Die Beklagte hafte aber auch nach Bereicherungsrecht. Der Kläger sei nämlich zumindest seit dem Jahr 2000 partiell geschäftsunfähig gewesen. Die geschlossenen Glücksspielverträge seien nichtig. Aufgrund seiner pathologischen Spielsucht sei der Kläger nicht in der Lage gewesen, seine Ansprüche gegen die Beklagte zu verfolgen. Es sei daher auch Verjährungshemmung nach § 1494 ABGB eingetreten.
Mit am 26. 2. 2007 beim Erstgericht eingelangtem Schriftsatz (ON 30) dehnte der Kläger das Klagebegehren auf insgesamt 1.964.161 EUR aus. Diese Ausdehnung bezieht sich einerseits auf die bereits in der Klage bezifferten Verluste ab 11. 2. 2003 bis Juli 2005 in Höhe von 1.036.000 EUR. Von den ursprünglich geltend gemachten 350.000 EUR machte daher der Kläger für diese Periode nun einen Gesamtbetrag in Höhe von 1.036.000 EUR geltend. Ferner dehnte der Kläger das Klagebegehren um weitere 928.160,90 EUR sA für behauptete Spielverluste zwischen April 1992 und September 1998 aus. Auch das ausgedehnte Klagebegehren gründet der Kläger einerseits auf einen Verstoß der Beklagten gegen § 25 Abs 3 GSpG und andererseits auf die behauptete Geschäftsunfähigkeit.
Die Beklagte bestritt die Höhe des Klagebegehrens und wendete zusammengefasst ein, dass sämtliche Klageansprüche, die sich auf den Zeitraum vor 9. 2. 2003 bezögen, jedenfalls verjährt seien. Darüber hinaus sei nach § 25 Abs 3 GSpG idF BGBl I 2005/105 eine Haftung des Spielbankbetreibers, gestützt auf § 25 Abs 3 GSpG, innerhalb von sechs Monaten nach dem jeweiligen Verlust gerichtlich geltend zu machen. Der Kläger könne daher überhaupt nur solche Ansprüche klageweise geltend machen, die nach dem 9. 8. 2005 entstanden seien. Nach diesem Zeitpunkt habe der Kläger jedoch kein einziges Mal eine Betriebsstätte der Beklagten mehr besucht. Nach § 25 Abs 3 GSpG sei überdies die Haftung des Spielbankbetreibers mit dem Existenzminimum beschränkt. Der Kläger sei überdies nicht geschäftsunfähig gewesen. Die Beklagte wendete überdies eine Gegenforderung von 71.000 EUR ein, die sich aus den Durchschnittskosten der Beklagten für die Verweildauer pro Besucherstunde ergebe. Überdies habe der Kläger bei den Österreichischen Lotterien 794.461,37 EUR bzw 53.031,50 EUR gewonnen. Der Kläger sei bei Abschluss der zugrunde liegenden Glücksspielverträge geschäftsunfähig gewesen. Die Österreichischen Lotterien hätten der Beklagten diese Rückforderungsansprüche abgetreten. Eine allfällige Bereicherung des Klägers könne überdies nur 20 % der vom Kläger behaupteten Spielverluste betragen, weil die Beklagte von den Bruttospielerträgen eine 80%ige Spielbankabgabe zu entrichten habe. Da der Kläger zumindest in den Zeiträumen zwischen den Spielepisoden geistig in der Lage gewesen sei, seine vermeintlichen Ansprüche gegen die Beklagte geltend zu machen, sei die Verjährung nicht nach § 1494 ABGB gehemmt worden. Das Erstgericht sprach aus, dass die eingeklagte Forderung mit 1.000.000 EUR zu Recht bestehe, die von der Beklagten eingewendeten Gegenforderungen nicht zu Recht bestünden und verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von 1.000.000 EUR sA. Das Zahlungsmehrbegehren von 964.161 EUR sA wies das Erstgericht ab.
Das Erstgericht traf folgende Sachverhaltsfeststellungen:
Der Kläger erfüllt die diagnostischen Kriterien für das Vorliegen einer „Spielsucht" („Pathologisches Spielen" nach DSM-IV und „Pathologisches Glücksspiel" nach ICD-10). Dabei liegt für die klagegegenständlichen Zeiträume eine im Wesentlichen durchgehend bestehende pathologische Situation hinsichtlich des Spielverhaltens vor. Diesbezüglich ist aus psychiatrischer Sicht davon auszugehen, dass die Diskretions- und Dispositionsfähigkeit zwar beeinträchtigt ist, ohne dass diese aber dauernd aufgehoben ist. Nicht festgestellt werden kann, dass der Kläger deswegen nicht in der Lage war, allfällige Schadenersatzansprüche gegen die Beklagte zu erkennen, zu verfolgen und/oder durchzusetzen.
Während des „aktiven Glücksspielvorgangs" in Casinos der Beklagten erfolgte beim Kläger regelmäßig eine Aufhebung der Diskretions- und Dispositionsfähigkeit. Der Kläger war nicht mehr in der Lage, die Tragweite der mit der Beklagten abgeschlossenen Glücksspielverträge einzusehen. Dabei war der Zeitpunkt der Aufhebung der Diskretions- und Dispositionsfähigkeit unterschiedlich. Er konnte bereits beim Betreten des Spielcasinos oder auch erst im Laufe eines Abends bei Erreichung eines Erregungsniveaus eintreten.
Der Kläger spielte nebenbei auch Toto und erzielte hohe Gewinne. Nicht festgestellt werden kann, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Abschlusses der einzelnen Toto-Glücksspielverträge geschäftsunfähig war.
Der Kläger verzeichnete im April 1992 Totogewinne über 41.905 S und
6.131.930 S. Im Jänner 2003 gelang dem Kläger ein weiterer Totogewinn in Höhe von 2.302.412,50 S. Daneben hatte der Kläger in den Jahren 1992 und 1993 mehrere Totogewinne im Ausmaß von insgesamt 418.743 S. Im April 1998 gewann der Kläger im Toto weitere 2.008.545 S sowie
28.495 S. Daneben erhielt der Kläger von zwei von ihm „betreuten Damen" vier Sparbücher im Wert von rund 5.500.000 S. Den Großteil dieses Geldes verspielte der Kläger bei der Beklagten bis September 1998, wobei die genaue Höhe der Spielverluste im Einzelnen nicht mehr festgestellt werden kann.
In der Zeit ab Februar 2003 verspielte der Kläger bis Juli 2005 in den Casinos der Beklagten einen ähnlich hohen Betrag wie von April 1992 bis September 1998, wobei auch diesbezüglich die genaue Höhe der Spielverluste nicht mehr festgestellt werden kann.
Die Beklagte kontrollierte Wechslungen des Klägers im Zeitraum 2003 bis Juli 2005, um Informationen über seine Spielverluste zu haben. Der Kläger wechselte in dieser Zeit jedoch lediglich geringe Beträge und beauftragte zur Verschleierung seiner Spielverluste andere Mitspieler, Wechslungen für ihn vorzunehmen, sodass der Beklagten das wahre Ausmaß der Verluste des Klägers verborgen blieb. Im Jahr 2003 konnte die Beklagte deswegen nur einen Verlust im Ausmaß von 42.800 EUR feststellen. Nach diesem Verlust verlangte die Beklagte ein Gespräch mit dem Kläger. Der Kläger weigerte sich, ein derartiges Gespräch zu führen, übersandte jedoch eine Gewinnbestätigung der Österreichischen Lotterien GmbH über 53.031,50 EUR. Die Verluste des Klägers im Jahr 2004 betrugen nach den Aufzeichnungen der Beklagten, denen die vom Kläger persönlich erfolgten Wechselvorgänge in den Casinos zugrunde lagen, 3.500 EUR und im Jahr 2005 13.000 EUR. Seit 11. 7. 2005 ist der Kläger von der Beklagten gesperrt, nachdem eine Anfrage des Klagevertreters erfolgte.
Rechtlich ging das Erstgericht zusammengefasst davon aus, dass der Beklagten insgesamt kein Verstoß gegen § 25 Abs 3 GSpG anzulasten sei:
Im Zeitraum April 1992 bis September 1998 hätten keine begründeten Anhaltspunkte für die Beklagte bestanden, dass das Spielverhalten des Klägers existenzbedrohend gewesen sei. In der Zeit ab Februar 2003 wäre das Spielverhalten des Klägers zwar ausgehend von den Klagebehauptungen existenzbedrohend. Der Beklagte habe jedoch den Kläger ohnedies bei Bekanntwerden des ersten hohen Verlusts im August 2003 zu einem Gespräch aufgefordert, das der Kläger abgelehnt habe. In der Folge habe der Kläger einen Beleg über einen den Verlust abdeckenden Totogewinn vorgelegt. Ausgehend von diesen Informationen sei die Beklagte nicht gehalten gewesen, eine Sperre des Klägers vorzunehmen.
Allerdings stehe dem Kläger ein bereicherungsrechtlicher Rückforderungsanspruch zu, weil er regelmäßig im Zuge des Glücksspiels die Geschäftsfähigkeit verloren habe. Die Höhe dieses Rückforderungsanspruchs sei nicht zu ermitteln. Gemäß § 273 Abs 1 ZPO sei daher die Höhe der vom Kläger getätigten Glücksspieleinsätze nach freier Überzeugung festzusetzen. Mangels anderer Anhaltspunkte sei davon auszugehen, dass der Kläger rund die Hälfte der tatsächlich verspielten Geldbeträge, die das Gericht nach § 273 Abs 1 ZPO mit der Höhe des Klagebetrags einschätze, verloren habe. Dem Kläger stehe daher ein „geschätzter" Rückforderungsanspruch von 1.000.000 EUR zu. Der Einwand der Beklagten, sie sei zu einer Spielbankabgabe verpflichtet, sei unberechtigt, weil Spieleinnahmen, die ohne gültigen Abschluss eines Glücksvertrags zustande kämen, nicht in die Bemessungsgrundlage der Jahresbruttospieleinnahmen des § 28 GSpG fiele. Überdies sei ein der bereicherten Beklagten allenfalls entstandener Nachteil durch die Abführung der Spielbankabgabe nicht in Form eines Nachteilausgleichs zu berücksichtigen, weil die Beklagte weder schutzwürdiger als der Kläger sei noch der Kläger die Vermögensverschiebung sorglos verursacht habe. Die eingewendeten Gegenforderungen seien ohnehin unbegründet, weil der Beklagten für den Ersatz von „Generalunkosten" keine Anspruchsgrundlage zur Verfügung stehe. Hinsichtlich der aufrechnungsweise eingewendeten Rückforderung von Toto-Gewinnen habe eine Geschäftsunfähigkeit des Klägers nicht festgestellt werden können.
Das Urteil des Erstgerichts erwuchs im Umfang der Abweisung eines Klagebegehrens von 464.161 EUR sA in Rechtskraft; auf die ursprünglich geltend gemachten 350.000 EUR entfällt davon ein Teilbetrag von 87.500 EUR (siehe Berufungsantrag des Klägers S 2 in ON 43 und S 21 des Berufungsurteils ON 49). Im Umfang der vom Kläger zunächst geltend gemachten 350.000 EUR war daher nur noch ein Teilbegehren von 262.500 EUR sA und im Umfang des ausgedehnten Begehrens ein Begehren von 1.237.500 EUR Verfahrensgegenstand des Berufungsverfahrens.
Das Berufungsgericht gab der gegen die Abweisung eines Begehrens von
1.237.500 EUR sA erhobenen Berufung des Klägers (entgegen seinem unrichtigen Ausspruch, ihr „teilweise" Folge zu geben) zur Gänze nicht Folge, der gegen die gesamte Klagestattgebung erhobenen Berufung der Beklagten zur Gänze Folge und wies ein weiteres Teilbegehren von 1.237.500 EUR, somit einschließlich der rechtskräftig gewordenen Teilabweisung des Erstgerichts ein Begehren von 1.701.661 EUR sA, ab. Im Übrigen, also im Umfang eines Begehrens von 262.500 EUR sA und hinsichtlich der Entscheidung über die Gegenforderungen hob das Berufungsgericht das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück.
Das Berufungsgericht übernahm ausdrücklich die vom Kläger bekämpfte Negativfeststellung, wonach das Erstgericht erachtete, nicht feststellen zu können, dass der Kläger nicht in der Lage gewesen sei, allfällige Schadenersatzansprüche zu erkennen, zu verfolgen und/oder durchzusetzen.
Im Übrigen erachtete das Berufungsgericht die Feststellungen des Erstgerichts zum Thema der Geschäfts-(un-)fähigkeit des Klägers als mangelhaft, weil das vom Erstgericht hiezu eingeholte Sachverständigengutachten nicht widerspruchsfrei sei. Das Berufungsgericht ging daher davon aus, dass im Umfang der noch inhaltlich zu behandelnden Ansprüche des Klägers ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen sei und das Erstgericht in der Folge neuerliche Feststellungen zu treffen habe, die eine Beurteilung der Geschäfts-(un-)fähigkeit des Klägers zuließen. Ferner bejahte das Berufungsgericht den von der Beklagten gerügten Verfahrensmangel in Bezug auf die Anwendung des § 273 ZPO.
Rechtlich vertrat das Berufungsgericht die Auffassung, dass die durch BGBl I 2005/105 geschaffene Präklusivbestimmung des § 25 Abs 3 Satz 7 GSpG auch für „Altfälle" gelte. Zwar sei ein Gesetz gemäß § 5 ABGB nicht auf früher verwirklichte Sachverhalte anzuwenden. Die Präklusivfrist beginne aber für vor Inkrafttreten der neuen Regelung verwirklichte Sachverhalte ab Inkrafttreten der Neuregelung (27. 8. 2005). Sämtliche mit der Klage geltend gemachten Ansprüche in Höhe von 350.000 EUR seien somit nicht präkludiert, weshalb das Erstgericht im Umfang eines Teilbegehrens von 262.500 EUR sA (also jenes noch im Berufungsverfahren relevante Begehren, das sich auf die bereits mit der Klage geltend gemachten Ansprüche bezieht) im Sinne der vom Berufungsgericht aufgezeigten Verfahrensmängel ergänzende Feststellungen zu treffen haben werde (zum Thema der Geschäfts-[un-]fähigkeit des Klägers bzw der tatsächlichen Höhe der erlittenen Spielverluste).
Bezüglich der übrigen geltend gemachten Ansprüche, soweit sie noch Gegenstand des Berufungsverfahrens seien (Teilbegehren von 1.237.500 EUR sA), sei jedoch infolge der anzuwendenden Frist des § 25 Abs 3 Satz 7 GSpG Präklusion eingetreten.
Das Berufungsgericht erachtete in Ansehung jener Schadenersatzansprüche, die der Kläger für den Zeitraum 11. 2. 2003 bis Juli 2005 gestützt habe, das Verfahren ebenfalls für ergänzungsbedürftig: Die Auffassung des Erstgerichts, der Kläger habe in diesem Zeitraum seine Spielverluste gegenüber der Beklagten verschleiert, indem er Dritte mit Geldwechslungen beauftragt habe, sodass für die Beklagte keine Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Klägers gegeben gewesen seien, lasse außer Acht, dass die Frage offen bleibe, wie der Beklagten das auffällige Spielverhalten und die enormen Verluste des Klägers angesichts seiner Vorgeschichte verborgen geblieben seien. Es könne daher nicht abschließend beurteilt werden, ob die Ansprüche des Klägers für den Zeitraum 2003 bis 2005 auf § 25 Abs 3 GSpG gestützt werden könnten. Hinsichtlich des gefällten Teilurteils sprach das Berufungsgericht aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil zur Frage der Rückwirkung der Präklusivfrist des § 25 Abs 3 GSpG idF BGBl I 2005/105 (ABÄG) auf Ersatzansprüche, die vor ihrem Inkrafttreten entstanden sind, noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege.
Mit seiner auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützten Revision strebt der Kläger eine Abänderung des Teilurteils des Berufungsgerichts dahin an, dass dem Klagebegehren in Höhe von 1.237.500 EUR sA stattgegeben werde. Hilfsweise stellt er auch einen Aufhebungsantrag.
Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig und im Sinne ihres Eventualantrags auf Aufhebung auch berechtigt.
I. Zum Entscheidungsgegenstand:
Der unanfechtbare (§ 519 Abs 1 ZPO) - und vom Kläger auch (zutreffend) gar nicht angefochtene - Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts betrifft ausschließlich die vom Kläger geltend gemachten Schadenersatz- bzw Bereicherungsansprüche für den Zeitraum 11. Februar 2003 bis 1. Juli 2005.
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist das klageabweisende Teilurteil im Umfang eines Begehrens von 1.237.500 EUR sA, nachdem bereits das Erstgericht ein weiteres Teilbegehren von 464.161 EUR sA rechtskräftig abgewiesen hat. Dieses den Gegenstand des Revisionsverfahrens bildende Begehren von 1.237.500 EUR stützt der Kläger einerseits auf behauptete Spielverluste im Zeitraum April 1992 bis September 1998, andererseits auf Spielverluste zwischen 11. 2. 2003 und Juli 2005. Der Kläger ließ eine Teilabweisung des Erstgerichts in Höhe von 464.161 EUR sA unbekämpft. Aus dem Berufungsantrag des Klägers ist erkennbar, dass davon ein bereits mit der Klage geltend gemachter Betrag von 87.500 EUR sA umfasst ist. Ferner lässt sich dem Berufungsvorbringen des Klägers entnehmen, dass er das erstinstanzliche Urteil insgesamt deshalb bekämpft, weil das Erstgericht für sämtliche geltend gemachten Perioden bloß - in Anwendung des § 273 ZPO - Spielverluste von 1.000.000 EUR statt 1.500.000 EUR feststellte. Damit gab der Kläger aber ausreichend zu erkennen, dass er sich gegen eine aliquote Kürzung des ausgedehnten Begehrens für Spielverluste ab 2003 (686.000 EUR) und des ausgedehnten Begehrens für Spielverluste zwischen April 1992 und September 1998 (928.160,90 EUR) nicht zur Wehr setzen wollte. Daraus ergibt sich, dass sich die rechtskräftige Teilabweisung von 376.661 EUR (464.161 EUR abzüglich der dem ursprünglich erhobenen Klagebegehren zuordenbaren 87.500 EUR) aliquot auf die ausgedehten Begehren (686.000 EUR und 928.160,90 EUR) bezieht.
II. Zum Präklusionseinwand der Beklagten:
§ 25 Abs 3 Satz 7 des Glücksspielgesetzes (GSpG) idF BGBl I 2005/105 (Ausspielungsbesteuerungsänderungsgesetz - ABÄG) hatte folgenden
Wortlaut: „Die Haftung ist innerhalb von 6 Monaten nach dem jeweiligen Verlust gerichtlich geltend zu machen." Mit Erkenntnis vom 25. 9. 2008, G 162/07-31 ua, hat der Verfassungsgerichtshof die zitierte Gesetzesbestimmung aufgrund gestellter Anträge des Oberlandesgerichts und des Landesgerichts Innsbruck als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen, dass die als verfassungswidrig aufgehobene Gesetzesstelle auf die am 25. 9. 2008 bei Gericht anhängigen Verfahren nicht mehr anzuwenden ist (BGBl I 2008/141).
Da das vorliegende Verfahren am 25. 9. 2008 bereits gerichtsanhängig war, ist die aufgehobene Gesetzesbestimmung sohin nicht anwendbar (vgl auch 2 Ob 90/08m).
Mangels einer bestehenden Sondervorschrift (in Gestalt des aufgehobenen § 25 Abs 3 Satz 7 GSpG) verjähren daher die vom Kläger geltend gemachten Schadenersatzansprüche gemäß § 1489 ABGB grundsätzlich in drei Jahren (ab Kenntnis des Geschädigten von Schaden und Schädiger), Bereicherungsansprüche in 30 Jahren (RIS-Justiz RS0020167; 2 Ob 90/08m).
III. Zur anzuwendenden Fassung des GSpG:
§ 25 Abs 3 GSpG idF BGBl I 2005/105 enthält neben der vom VfGH aufgehobenen Präklusivfrist in Satz 7 weitere umfassende Änderungen:
So wurde ua die Ersatzpflicht der Beklagten mit dem Existenzminimum beschränkt (Satz 6), die Haftung für leichte Fahrlässigkeit aufgehoben (Satz 8) und schließlich (Satz 9) festgehalten, dass dieser Absatz „alle Ansprüche des Spielteilnehmers gegen die Spielbankleitung in Zusammenhang mit der Gültigkeit des Spielvertrages oder mit Verlusten aus dem Spiel abschließend regelt".
Art II Z 4 BGBl I 2005/105 (§ 59 Abs 18 GSpG) sieht keine Inkrafttretensanordnung für § 25 Abs 3 GSpG vor. Gemäß Art 49 Abs 1 B-VG trat die Bestimmung daher mit Ablauf des Tages ihrer Kundmachung (26. 8. 2005), somit am 27. 8. 2005, in Kraft. Mangels Rückwirkungsanordnung ist die Neufassung des § 25 Abs 3 GSpG durch BGBl I 2005/105 ebenso wie die Neufassung durch BGBl I 2008/126 (Inkrafttreten 1. 1. 2009) auf die hier geltend gemachten Ansprüche daher nicht anzuwenden. Maßgeblich ist vielmehr § 25 Abs 3 GSpG in der nach dem jeweiligen Beurteilungszeitpunkt geltenden Fassung vor BGBl I 2005/105. Der Oberste Gerichtshof hat bereits in 1 Ob 222/05m und 2 Ob 237/07b - in letzterer Entscheidung unter ausdrücklicher Ablehnung der gegenteiliger Meinung von Vonkilch (Rückforderung von Glücksspielverlusten nach dem
„Ausspielungsbesteuerungsänderungsgesetz" - Rien ne va plus? ÖJZ 2006, 487; ders, § 25 Abs 3 GSpG: authentische Interpretation „zum Quadrat", ecolex 2007, 241) - ausgesprochen, dass § 25 Abs 3 GSpG idF BGBl I 2005/105 und BGBl I 2006/145 keine authentische Interpretation der früheren Rechtslage enthalte. An dieser Ansicht ist festzuhalten. IV. Zum Verjährungseinwand gegen den geltend gemachten Schadenersatzanspruch:
Das Berufungsgericht übernahm ausdrücklich die vom Kläger in seiner Berufung bekämpfte Negativfeststellung des Erstgerichts, dass nicht festgestellt werden könne, dass der Kläger wegen seiner Spielsucht nicht in der Lage war, allfällige Schadenersatzansprüche gegen die Beklagte zu erkennen, zu verfolgen und/oder durchzusetzen. Damit kommt aber die vom Kläger gewünschte Anwendung des § 1494 ABGB (Verjährungshemmung) auf die von ihm geltend gemachten Schadenersatzansprüche von vorneherein nicht in Betracht. Jene Schadenersatzansprüche, die der Kläger für behauptete Spielverluste bis einschließlich September 1998 erhebt, sind daher wegen Ablaufs der dreijährigen Verjährungsfrist des § 1489 ABGB (Klage 9. 2. 2006, Ausdehnung des Klagebegehrens mit Schriftsatz vom 23. 2. 2007, eingelangt beim Erstgericht am 26. 2. 2007) jedenfalls verjährt.
V. Zum geltend gemachten Bereicherungsanspruch:
Wie zu II. dargelegt, ist infolge Aufhebung des § 25 Abs 3 Satz 7 GSpG idF BGBl I 105/2005 durch den VfGH hinsichtlich der vom Kläger geltend gemachten Bereicherungsansprüche von einer 30-jährigen Verjährungsfrist auszugehen. Auch in diesem Zusammenhang stellt sich daher die vom Kläger in der Revision aufgeworfene Frage der Anwendung des § 1494 ABGB nicht, weil die 30-jährige Verjährungsfrist jedenfalls gewahrt ist.
Zur Anspruchsgrundlage des Bereicherungsrechts erachtete das Berufungsgericht das Verfahren für ergänzungsbedürftig, wobei sich die entsprechenden Ausführungen des Berufungsgerichts zwar nur auf den vom Berufungsgericht aufgehobenen Teil des Ersturteils erstrecken, aber insoweit verallgemeinerungsfähig sind, als das Berufungsgericht zweifelsfrei insgesamt davon ausgeht, dass auf Tatsachenebene die Frage der Geschäfts-(un-)fähigkeit des Klägers nicht abschließend geklärt sei. Ist aber das Berufungsgericht der Ansicht, dass der Sachverhalt in der von ihm dargestellten Richtung noch nicht genügend geklärt ist, dann kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, dem nicht entgegentreten (RIS-Justiz RS0042179). Auf die von beiden Parteien im Revisionsverfahren zur Frage der Gschäftsfähigkeit des Klägers erstatteten Äußerungen war daher ebenso wenig einzugehen wie auf das mit der Revision vorgelegte psychiatrisch-neurologische Gutachten.
Ferner verneinte das Berufungsgericht für den konkreten Fall eine Anwendbarkeit des § 273 ZPO. Dabei handelt es sich um eine im Weg der Mängelrüge zu bekämpfende Verfahrensfrage (stRsp; RIS-Justiz RS0040282). Die Frage der grundsätzlichen Anwendbarkeit des § 273 ZPO kann im Revisionsverfahren nicht mehr aufgegriffen werden (6 Ob 213/08d).
Das Erstgericht wird daher die vom Berufungsgericht erteilten Ergänzungsaufträge zu befolgen haben. Das gilt auch für die vom Berufungsgericht als rechtserheblich angesehenen Feststellungen, die den noch nicht verjährten Teil des Schadenersatzbegehrens des Klägers betreffen: Auch hier gilt, dass der Oberste Gerichtshof den auf einer insoweit zutreffenden Rechtsauffassung des Berufungsgerichts beruhenden Ergänzungsaufträgen an das Erstgericht zur Klärung, ob der Beklagten das auffällige Spielverhalten des Klägers und seine enormen Verluste nicht trotz des Umstands auffielen, dass der Kläger Geldwechslungen durch dritte Personen vornehmen ließ, nicht entgegentreten kann (RIS-Justiz RS0042179).
VI. Zusammenfassung:
Die im vorliegenden Fall vom Kläger geltend gemachten Schadenersatzansprüche verjähren in drei Jahren, die Bereicherungsansprüche in 30 Jahren.
Bezüglich jener vom Kläger geltend gemachten Schadenersatzansprüche, die nicht verjährt sind, wird das Erstgericht im Sinne des Ergänzungsauftrags des Berufungsgerichts Feststellungen nachzutragen haben, die eine abschließende Beurteilung des vom Kläger geltend gemachten Schadenersatzanspruchs ermöglichen.
Hinsichtlich der vom Kläger geltend gemachten Bereicherungsansprüche ist Verjährung nicht eingetreten. In diesem Umfang wird das Erstgericht den vom Berufungsgericht erteilten Ergänzungsauftrag (Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens; ergänzende Feststellungen über die Geschäfts-[un-]fähigkeit des Klägers) zu befolgen haben.
Ferner wird das Erstgericht ebenfalls im Sinne der Ausführungen des Berufungsgerichts Feststellungen über die konkreten Spielverluste des Klägers zu treffen haben.
Für den Fall einer zumindest teilweisen Stattgebung des Klagebegehrens wird überdies ein Eingehen auf die geltend gemachten Gegenforderungen erforderlich sein.
Aus den genannten Gründen erweist sich eine Aufhebung des Teilurteils des Berufungsgerichts als unumgänglich.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.
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