Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 976,68 EUR (darin 162,78 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision mit der Begründung zu, dass zur Frage, ob das Kärntner Landesvertragsbedienstetengesetz 1994 auf privatrechtliche Vereinbarungen mit der Beklagten zwingend anzuwenden sei, keine gesicherte Rechtsprechung vorliege. Die Revisionswerberin schloss sich dieser Begründung der Zulässigkeit der Revision an. Die Revisionsgegnerin bestritt demgegenüber das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage und beantragte die Zurückweisung der Revision der Beklagten.
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof ist bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision an den diesbezüglichen Ausspruch des Berufungsgerichts nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO nicht gebunden (§ 508a Abs 1 ZPO). Der vorliegende Fall kann, unter Berücksichtigung des Vorbringens der Parteien, auf der Grundlage des Kärntner Landesvertragsbedienstetengesetzes 1994 und der vorliegenden Rechtsprechung beurteilt werden. Eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO, der über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung zukäme, muss dabei nicht gelöst werden. Die Zurückweisung der ordentlichen Revision kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO). Angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz, die bereits vom Berufungsgericht verneint wurden, können mit der Revision nicht erfolgreich geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0042963 ua). Die Behauptung, es lägen Mängel des Berufungsverfahrens vor (§ 503 Z 2 ZPO), wurde vom Senat geprüft, erwies sich jedoch als nicht zutreffend. Diese Beurteilung bedarf keiner Begründung (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO). Die von der Revisionswerberin nur „aushilfsweise" geltend gemachte Nichtigkeit gemäß § 477 Abs 1 Z 9 ZPO liegt ebenfalls nicht vor. Nach dieser Bestimmung ist ein Urteil dann nichtig, wenn seine Fassung so mangelhaft ist, dass dessen Überprüfung nicht mit Sicherheit vorgenommen werden kann, wenn es mit sich selbst in Widerspruch ist oder für die Entscheidung keine Gründe angegeben sind. Dies ist hier nicht der Fall. Das Berufungsgericht hat sich mit der Berufung der Beklagten gegen das klagestattgebende Ersturteil ausführlich auseinandergesetzt. Die Berufungsentscheidung kann überprüft werden; sie steht auch nicht mit sich selbst in Widerspruch. Eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO wird von der Revisionswerberin insoweit nicht aufgezeigt. In der rechtlichen Beurteilung der Sache geht es vor allem um die Frage, ob das zwischen den Parteien bestehende privatrechtliche Dienstverhältnis dem Kärntner Landesvertragsbedienstetengesetz 1994 (K-LVBG 1994), LGBl 1994/73, unterliegt. Dies wurde von den Vorinstanzen, dem Standpunkt der Klägerin folgend, bejaht. Diese Auffassung kann sich auf den in § 1 Abs 1 K-LVBG 1994 klar geregelten Geltungsbereich stützen, wonach dieses Gesetz auf Personen Anwendung findet, die in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zum Land Kärnten stehen, soweit nicht § 1 Abs 2 bis 6 K-LVBG 1994 etwas anderes bestimmt. Die Klägerin fällt in den Geltungsbereich des K-LVBG 1994. Sie steht in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zur Beklagten; ein Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 2 bis 6 K-LVBG wurde nicht geltend gemacht. Die Beklagte hat in erster Instanz auch nicht behauptet, dass die Klägerin aus „historischen Gründen" vom K-LVBG 1994 ausgenommen worden sei. Insbesondere behauptete sie nicht, dass es sich bei den befristeten Dienstverhältnissen mit der Klägerin um solche gehandelt habe, die gemäß einer bis 2005 geltenden Ausnahmebestimmung zufolge Anwendung eines Kollektivvertrags vom K-LVBG 1994 ausgenommen gewesen seien. Auch das Vorliegen eines Sondervertrags nach § 8 K-LVBG wurde in erster Instanz nicht geltend gemacht. Die diesbezüglichen Überlegungen der Beklagten in der Revision widerstreiten dem Neuerungsverbot (§ 504 Abs 2 ZPO). Hierauf ist daher nicht weiter einzugehen. Zum Sondervertrag sei nur angemerkt, dass § 8 K-LVBG 1994 voraussetzt, dass das K-LVBG 1994 Anwendung findet.
Eine abweichende Fallbeurteilung ergibt sich auch nicht aus den von der Beklagten vorgelegten „Einsichtsauftrag-Dienstzettel", zu denen sie in erster Instanz vorbrachte, dass sie die „rechtliche Basis" der mit der Klägerin abgeschlossenen Dienstverhältnisse gewesen und dem § 2 Abs 2 AVRAG nachgebildet worden seien. Dienstzettel im Sinn dieser Bestimmung sind keine Rechtsfolgen nach sich ziehende Willenserklärungen, sondern bloße Wissenserklärungen (RIS-Justiz RS0027889 ua). Die in drei von vier vorgelegten Dienstzettel enthaltene Wissenserklärung der Beklagten, dass der jeweilige Dienstzettel ein privatrechtliches Dienstverhältnis gemäß § 3 AngG „begründet", ist gemäß § 1 Abs 1 K-LVBG 1994 und mangels Vorliegens eines Ausnahmetatbestands nach § 1 Abs 2 bis 6 K-LVBG 1994 unrichtig. Die Beklagte missversteht offensichtlich die Funktion eines Dienstzettels. Dieser begründet kein Dienstverhältnis; er setzt ein solches voraus. Dass die als „Dienstzettlerin" bezeichnete Klägerin zwei von vier Dienstzettel, und zwar jene hinsichtlich früherer befristeter Dienstverhältnisse vom 25. 6. 2003 bis 31. 12. 2003 und vom 14. 12. 2004 bis 13. 12. 2005 unterfertigt hat, ist hier ohne Belang. Daraus folgt nicht die „Unterwerfung" der Dienstnehmerin unter irgendwelche Vorschriften. Der Dienstzettel ist etwas „Faktisches", das vom vereinbarten Dienstvertrag zu unterscheiden ist (RIS-Justiz RS0027889 ua). Eine unrichtige Wissenserklärung des Dienstgebers wird nicht deshalb richtig, weil sie vom Dienstnehmer unterfertigt wird. Die Beklagte behauptete in erster Instanz nur, dass die Klägerin durch die Dienstzettel bestimmte rechtliche Konsequenzen ihrer Dienstverhältnisse „ausdrücklich zur Kenntnis genommen habe". Sie behauptete jedoch keine neben dieser durch die Dienstzettel vermittelten Kenntnisnahme liegenden Vereinbarungen mit der Klägerin. Es bestand daher für die Klägerin auch keine Veranlassung, nicht behaupteten Vereinbarungen mit einem bestimmten Vorbringen entgegenzutreten.
Eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO kann nur dann vorliegen, wenn die Entscheidung gerade von deren Lösung abhängt; die maßgebende Rechtsfrage muss somit „präjudiziell" sein (Zechner in Fasching/Konecny² IV/2 § 502 ZPO Rz 60; Kodek in Rechberger, ZPO³ § 508a Rz 1; RIS-Justiz RS0088931 ua). Dies ist hier nach der Lage des Parteienvorbringens nicht der Fall. Die vom Berufungsgericht als erheblich angesehene Frage der „zwingenden Anwendung des K-LVBG 1994 auf privatrechtliche Vereinbarungen der Beklagten" stellt sich in dieser Allgemeinheit nicht. Wie bereits ausgeführt wurde, folgt aus dem im § 1 Abs 1 K-LVBG 1994 normierten Geltungsbereich, dass das K-LVBG 1994 ex lege auf das Dienstverhältnis der Klägerin anzuwenden ist, ohne dass es besonders vereinbart werden muss. Die im K-LVBG 1994 normierten Ausnahmen von der Anwendung des K-LVBG 1994 liegen nicht vor. Gegenteiliges folgt auch nicht aus verschiedenen von der Revisionswerberin zitierten Entscheidungen, die anders gelagerte Fälle betroffen haben.
Nach § 228 ZPO kann auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder Rechts geklagt werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass jenes Rechtsverhältnis oder Recht durch eine gerichtliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Ein Rechtsverhältnis ist die bestimmte, durch den vorgetragenen Sachverhalt gegebene und konkretisierte rechtlich geregelte Beziehung von Personen untereinander (RIS-Justiz RS0039053 ua). Dass daher beispielsweise auf Feststellung des Bestehens eines Dienstverhältnisses geklagt werden kann, ist nicht weiter strittig (RIS-Justiz RS0039019 ua). Das Rechtsverhältnis zwischen zwei Personen erschöpft sich aber nicht in seinem bloßen Bestehen; es geht auch um dessen rechtliche Ausformung (vgl 4 Ob 147/80, Arb 10.026 ua). Auch ein, mehrere oder sogar alle Rechte aus einem Rechtsverhältnis können zwischen den Vertragsparteien strittig sein. Feststellbar ist daher gemäß § 228 ZPO nicht nur das Bestehen eines Rechtsverhältnisses, sondern auch das Bestehen von Rechten (vgl RIS-Justiz RS0039110 ua). Es genügt daher nicht, wenn die Beklagte einwendet, sie bestreite ohnehin nicht das Bestehen eines Dienstverhältnisses mit der Klägerin; die Beklagte bestreitet nämlich die Rechte der Klägerin, die diese aus der Anwendung des K-LVBG 1994 auf ihr Dienstverhältnis schöpfen will. Die Klägerin begehrt daher konsequenterweise die Feststellung, dass ihr Dienstverhältnis dem K-LVBG 1994 unterliegt. Damit macht sie die gemäß § 228 ZPO zulässige Feststellung geltend, dass ihr als Dienstnehmerin die im K-LVBG 1994 normierten Rechte zustehen.
Richtig ist, dass auch ein rechtliches Interesse des Klägers an der begehrten Feststellung bestehen muss, um nach § 228 ZPO eine Feststellungsklage erheben zu können. Ob dieses rechtliche Interesse gegeben ist, hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab, die regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO begründen (RIS-Justiz RS0039177 ua). Dass hier ein derartiges Interesse der Klägerin gegeben ist, ist nicht weiter zweifelhaft, bestreitet doch die Beklagte nach wie vor, dass das K-LVBG 1994 Anwendung findet (vgl RIS-Justiz RS0039090 ua).
Neben dem Feststellungsbegehren begehrt die Klägerin von der Beklagten auch die Ausfolgung einer schriftlichen Ausfertigung des Dienstvertrags im Sinn des § 7 K-LVBG 1994. Nach § 7 Abs 1 K-LVBG 1994 ist dem Vertragsbediensteten eine schriftliche Ausfertigung des Dienstvertrags und allfälliger Nachträge zum Dienstvertrag auszufolgen. Die Ausfertigung ist von beiden Vertragsteilen zu unterzeichnen. § 7 Abs 2 lit a bis f K-LVBG 1994 regelt, welche Bestimmungen der Dienstvertrag jedenfalls zu enthalten hat. Unter anderem ist auch ein Hinweis aufzunehmen, dass das K-LVBG 1994 und die zu seiner Durchführung erlassenen Verordnungen in ihrer jeweils geltenden Fassung auf das Dienstverhältnis Anwendung finden (§ 7 Abs 2 lit f K-LVBG 1994). Die mangelnde Bereitschaft der Beklagten, § 7 K-LVBG 1994 einzuhalten, begründet keine rechtliche relevante „Unmöglichkeit der Leistung". Auch insoweit liegt keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO vor. Die Revision der Beklagten ist daher, ungeachtet ihrer Zulassung durch das Berufungsgericht, zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Klägerin hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels ausdrücklich hingewiesen (RIS-Justiz RS0035962 ua).
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