OGH 5Ob51/08y

OGH5Ob51/08y14.5.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Claudia K*****, vertreten durch Friedl & Holler Rechtsanwalt‑Partnerschaft in Gamlitz, gegen die beklagte Partei Herbert S*****, vertreten durch Dr. Günther Schmied, Rechtsanwalt in Graz, und der auf Seiten der beklagten Partei beigetretenen Nebenintervenientin L***** GmbH Nfg OHG, *****, vertreten durch Scherbaum/Seebacher, Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen Unterlassung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 9. Jänner 2008, GZ 7 R 124/07t‑21, womit das Urteil des Bezirksgerichts Deutschlandsberg vom 21. August 2007, GZ 11 C 110/06m‑12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie lauten:

„Die beklagte Partei ist schuldig, jeweils binnen 14 Tagen die Benutzung des Innenhofs des Hauses ***** als Gastgarten zu unterlassen und der klagenden Partei die mit 3.835,65 EUR (darin enthalten 522,61 EUR USt und 700 EUR Barauslagen) bestimmten Verfahrenskosten der ersten und zweiten Instanz zu Handen der Klagevertreter zu ersetzen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 1.132,80 EUR (darin enthalten 81,73 EUR USt und 642,40 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Mit Kauf‑ und Wohnungseigentumsvertrag, der auf Verkäufer- und Käuferseite am 4. 8./20. 8. 1991 unterzeichnet und 1992 grundbücherlich durchgeführt wurde, kaufte die L***** ImmobilienvermietungsgesmbH (Rechtsvorgängerin der Nebenintervenientin; im folgenden nur Nebenintervenientin) von der Mutter des Beklagten als damaliger Alleineigentümerin 2384/2728‑Anteile an einer Liegenschaft samt bereits errichtetem Haus in E*****. Zugunsten der Käuferin sollte Wohnungseigentum an insgesamt 14 Wohnungen und Geschäftsräumen begründet werden, darunter am Geschäftslokal Nr 1. Der Beklagte (Sohn der Verkäuferin) erwarb nach dieser Vereinbarung 92/2728‑Anteile, mit denen Wohnungseigentum an der Wohnung top Nr 16 und einem unausgebauten Dachboden begründet werden sollte. Der Verkäuferin verblieben 252/2728‑Anteile (Wohnungseigentumsobjekt top 5).

§ 8 Punkt 9/1 hielt ausdrücklich die Absicht der Nebenintervenientin fest, im gesamten Haus Aus- und Umbauarbeiten durchzuführen; die beiden anderen Beteiligten erklärten ihre Zustimmung zu diesem Bauvorhaben entsprechend den angeschlossenen Planskizzen eines Architekten.

In § 14 dieser Vereinbarung wurde das alleinige Verfügungs- und Nutzungsrecht der Nebenintervenientin unter anderem an Freiflächen als allgemeine Teile der Liegenschaft vereinbart. Die Nebenintervenientin war berechtigt, diese allgemeinen Teile zu vermieten bzw Nutzungsrechte jedweder Art an Dritte weiter zu geben und die daraus resultierenden Einnahmen zu erhalten (unstrittiger Text Beil D).

Die Mutter des Beklagten hatte im (nunmehrigen) Wohnungseigentumsobjekt top Nr 1 einen Gastbetrieb geführt und dabei den Innenhof als Gastgarten genutzt. Mit Mietvertrag vom 26. 8. 1991 mieteten der Beklagte und seine Mutter als Mitmieter von der Nebenintervenientin als Vermieterin und außerbücherliche Mehrheitseigentümerin das Geschäftslokal top Nr 1 samt Gastgarten im Innenhof des Gebäudes.

Die Klägerin erwarb mit Kaufvertrag vom 23. 3. 1999 das Wohnungseigentumsobjekt top Nr 6 von der Nebenintervenientin. Bereits vor Abschluss des Kaufvertrags hatte der Ehemann der Klägerin und Klagevertreter das Objekt als Kanzlei benutzt. Die Klägerin vermietete das Objekt mit Hauptmietvertrag vom 14. 5. 1999 an ihren Ehegatten, der von der Nutzung des Innenhofs als Gastgarten wusste, die Klägerin aber nicht darüber informierte. Die Klägerin erfuhr von dieser Nutzung erst im Sommer 2006, als der Beklagte sie um Zustimmung zur Benutzung ersuchte.

Mit Kaufvertrag vom 23. 6. 2006 kaufte der Beklagte von der Nebenintervenientin das Geschäftslokal top Nr 1 (Gastwirtschaft). Vereinbart wurde die ausschließliche Benutzung des Innenhofs als Gastgarten sowie die Bezahlung eines Entschädigungsbetrags von 5.000 EUR zugunsten des Käufers, falls Miteigentümer der Liegenschaft die Benutzung des Innenhofs und der Durchfahrt wesentlich beeinträchtigen.

Die Klägerin begehrt die Unterlassung der Benutzung des Innenhofs als Gastgarten. Sie sei als Einzelrechtsnachfolgerin nicht an eine ihr nicht bekannte Benützungsvereinbarung gebunden. Der Beklagte dürfe den Innenhof als allgemeinen Teil der Liegenschaft nicht ausschließlich nützen. Vereinbarungen über die ausschließliche Nutzung widersprächen § 24 Abs 1 Z 1 WEG 1975.

Der Beklagte beruft sich auf eine zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kauf‑ und Wohnungseigentumsvertrags 1991 wirksam zustandegekommene Benützungsvereinbarung sowie auf den am 26. 8. 1991 geschlossenen Mietvertrag, der eine titellose Benützung ausschließe. Die Benützungsvereinbarung, die den jeweiligen Wohnungseigentümer der top 1 zur Nutzung des Innenhofs als Gastgarten berechtige und Grundlage für den Mietvertrag gewesen sei, sei allen Rechtsnachfolgern überbunden worden und der Klägerin bekannt gewesen.

Die auf der Seite des Beklagten beigetretene Nebenintervenientin schloss sich dem Vorbringen der Hauptpartei an.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es verneinte zunächst aufgrund des auf sämtliche Mit‑ und Wohnungseigentümer übergegangenen (Alt‑)Mietvertrags eine titellose Benutzung und wertete die über Jahre geduldete tatsächliche Benutzung des Innenhofs als konkludent zustandegekommene, auch der Klägerin zurechenbare Benützungsvereinbarung.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Der Mietvertrag sei nicht nach § 24 Abs 1 Z 1 WEG 1975 rechtsunwirksam, weil die Nebenintervenientin nicht als Wohnungseigentumsorganisator zu qualifizieren sei. Zwar erlösche ein Mietverhältnis gemäß § 1445 ABGB, soferne ein Hauptmieter einer Eigentumswohnung diese kaufe. Im vorliegenden Fall habe aber nur der Beklagte als Mitmieter das Objekt erworben, weshalb der auch mit seiner Mutter geschlossene Mietvertrag über das Geschäftslokal samt Innenhof aufrecht sei. Der Beklagte leite somit sein Benutzungsrecht aus dem Mietrecht seiner Mutter ab.

Die Klägerin beantragt in ihrer außerordentlichen Revision, dem Klagebegehren stattzugeben.

Die Klägerin und die Nebenintervenientin beantragen in ihren Revisionsbeantwortungen, dem gegnerischen Rechtsmittel nicht Folge zu geben. Die Nebenintervenientin beantragt zusätzlich die Zurückweisung der Revision als unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der Klägerin ist zulässig und berechtigt, weil eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts zur Frage der Rechtsunwirksamkeit des Mietvertrags nach wohnungseigentumsrechtlichen Bestimmungen vorliegt.

I. Zur Rechtsunwirksamkeit nach WEG:

§ 23 Abs 1 Satz 2 WEG 1975 definierte in seiner Stammfassung, die zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kauf‑ und Wohnungseigentumsvertrags und des Mietvertrags galt, als Wohnungseigentumsorganisator den (auch außerbücherlichen) Liegenschaftseigentümer sowie jeden, der im Zusammenhang mit der Einräumung von Wohnungseigentumsrecht mit der Abwicklung des Bauvorhabens befasst war. Der damalige Gesetzestext nahm nur Bezug auf Bauvorhaben, was nach dem Wortlaut die Qualifikation als Wohnungseigentumsorganisator bei Begründung von Wohnungseigentum in einem bereits errichteten Objekt („Althaus") ausschloss.

Der Oberste Gerichtshof betonte bereits in der Entscheidung 5 Ob 31/83 = SZ 56/138 die grundsätzliche Möglichkeit einer analogen Anwendung der Schutzbestimmungen der §§ 23 ff WEG auf die Erwerber von Wohnungseigentum in einem „Althaus", wenn dies die rechtliche Wertung im Einzelfall erfordere. In dem zu 5 Ob 269/00w entschiedenen Fall bejahte der Oberste Gerichtshof die Eigenschaft einer gemeinnützigen Bauvereinigung als Wohnungseigentumsorganisator im Sinn des § 23 Abs 1 WEG 1975 idF vor dem 3. WÄG, weil diese als Liegenschaftseigentümerin eines „Althauses" die Wohnungseigentumsbegründung initiiert hatte. Schon die Stammfassung des § 23 Abs 1 WEG behandle den Liegenschaftseigentümer als Wohnungseigentumsorganisator, wenn er Schritte zur Wohnungseigentumsbegründung setzte oder billigte.

Das 3. WÄG brachte ab 1. 3. 1994 insofern eine Änderung der Gesetzeslage, als § 23 Abs 1 Satz 2 WEG jedenfalls eine organisatorische und administrative Abwicklung der Wohnungseigentumsbegründung bzw die Beteiligung daran für die rechtliche Qualifikation einer Person als Wohnungseigentumsorganisator genügen ließ, und zwar unabhängig davon, ob das betreffende Gebäude erst bezogen werden soll oder schon bezogen ist (Würth/Zingher Miet- und Wohnrecht20 Rz 1; Vonkilch in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht Vor §§ 37 bis 44 WEG Rz 5; 5 Ob 269/00w).

Unverändert blieb die in § 24 Abs 1 Z 1 WEG 1975 angeordnete Rechtsunwirksamkeit von Vereinbarungen oder Vorbehalten über die Aufhebung oder Beschränkung der dem Wohnungseigentumsbewerber oder Wohnungseigentümer zustehenden Nutzungs- oder Verfügungsrechte durch von Wohnungseigentumsorganisatoren vereinbarte Mietverträge oder Nutzungsvorbehalte über Teile der Liegenschaft, die nur mit selbständigen Wohnungen oder sonstigen selbständigen Räumlichkeiten im Wohnungseigentum stehen können oder an denen Wohnungseigentum nicht bestehen kann. Bereits die Übergangsbestimmung des § 29 Abs 2 WEG 1975 hatte grundsätzlich die Nichtigkeit derartiger auch vor Inkrafttreten des WEG 1975 mit 1. 9. 1975 geschlossenen Vereinbarungen (mit Ausnahmen, die hier aufgrund des Abschlusses der Verträge 1991 nicht relevant sind) angeordnet.

Die Definition des Wohnungseigentumsorganisators findet sich nunmehr in § 2 Abs 6 Satz 2 WEG 2002: Danach ist Wohnungseigentumsorganisator sowohl der Eigentümer oder außerbücherliche Erwerber der Liegenschaft als auch jeder, der mit dessen Wissen die organisatorische Abwicklung des Bauvorhabens oder - bei bereits bezogenen Gebäuden - der Wohnungseigentumsbegründung durchführt oder an dieser Abwicklung in eigener Verantwortlichkeit beteiligt ist; eine Definition, deren Voraussetzungen die Nebenintervenientin ebenso erfüllt, wie jene der Vorgängerbestimmung des § 23 Abs 1 Satz 2 WEG 1975 idF des 3. WÄG, wie noch gezeigt werden wird.

In ihrem wesentlichen Inhalt unverändert blieb die nunmehr in § 38 Abs 1 Z 1 WEG 2002 angeordnete Rechtsunwirksamkeit jener von Wohnungseigentumsorganisatoren vereinbarten Mietverträge oder Nutzungsvorbehalt über Teile der Liegenschaft, die sich nur als Zubehörobjekte eignen oder an denen Wohnungseigentum nicht bestehen kann.

Voraussetzung der Rechtsunwirksamkeit nach den §§ 24 Abs 1 Z 1 WEG 1975, 38 Abs 1 Z 1 WEG 2002 ist jedenfalls, dass die Nebenintervenientin als Wohnungseigentumsorganisatorin zu behandeln ist. Das ist hier entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts der Fall:

Die Übergangsbestimmung des § 56 Abs 3 WEG 2002 ordnet an, dass dieses Gesetz mit seinem Inkrafttreten auch auf zu diesem Zeitpunkt bestehende Rechtsverhältnisse anzuwenden ist. Kraft ausdrücklicher Anordnung sind nach dem neuen Recht auch die davor zwischen Wohnungseigentümer, Wohnungseigentumsbewerbern, Wohnungseigentumsorganisatoren untereinander oder mit Dritten abgeschlossene Rechtsgeschäfte zu beurteilen, also auch die Unwirksamkeit von Vereinbarungen im Sinn des § 38 Abs 1 Z 1 WEG 2002 (5 Ob 223/05p; vgl Vonkilch aaO § 56 WEG 2002 Rz 55). Konsequenz dieser intertemporalen Generalklausel ist, dass sich auch die Definition des Wohnungseigentumsorganisators nach der neuen Rechtslage, somit nach § 2 Abs 6 Satz 2 WEG 2002 zu richten hat.

Die Nebenintervenientin hat insgesamt 2384/2728‑Anteile an der Liegenschaft gekauft; zu ihren Gunsten sollte an 14 Objekten Wohnungseigentum begründet werden, während lediglich zwei Objekte anderen Personen (darunter die bisherige Alleineigentümerin und Verkäuferin) verblieben. § 8 Punkt 9/1 des Kauf‑ und Wohnungseigentumsvertrags berechtigte sie zum Umbau des gesamten Objekts entsprechend den Plänen eines (offensichtlich) von ihr als ImmoblienvermietungsgesmbH beauftragten Architekten. Damit liegt die selbständige und organisatorische Abwicklung der Wohnungseigentumsbegründung (nach Errichtung der Wohnungseigentumsobjekte durch Umbau) durch die Nebenintervenientin als Voraussetzung der Qualifikation als Wohnungseigentumsorganisator im Sinn eines funktionalen Begriffs (Ofner in Schwimann² IV § 23 WEG 1975 Rz 7; Vonkilch aaO Vor §§ 37 - 44 WEG Rz 23f; vgl wobl 2006/6) auf der Hand: Wer sollte denn sonst mit der organisatorischen Abwicklung der Errichtung von Wohnungseigentum befasst gewesen sein als die außerbücherliche Erwerberin von insgesamt 14 Objekten? Dass dies die bisherige Alleineigentümerin und Verkäuferin gewesen wäre, haben nicht einmal der Beklagte oder die Nebenintervenientin im Verfahren erster Instanz behauptet. Sie haben die Eigenschaft der Nebenintervenientin als Wohnungseigentumsorganisatorin, welche grundlegende Voraussetzung für die Anwendung des von der Klägerin herangezogenen § 24 WEG 1975 (nunmehr § 38 WEG 2002) ist, jedenfalls nicht konkret bestritten.

Die in § 14 des Kauf‑ und Wohnungseigentumsvertrags vereinbarten, auf freie Flächen als allgemeine Teile der Liegenschaft bezogenen Nutzungsvorbehalte verstoßen ebenso wie Mietverträge über allgemeine Teile der Liegenschaft wegen der regelmäßig bestehenden Vertragsübermacht des Organisators gegen das Verbot des § 24 Abs 1 Z 1 WEG 1975 bzw nunmehr § 38 Abs 1 Z 1 WEG 2002 (5 Ob 103/99d = wobl 1999/134; 5 Ob 223/05p = wobl 2006/115; Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht21 § 38 WEG Rz 2; Vonkilch aaO § 38 WEG 2002 Rz 13 und 14).

Irrelevant für die Anwendbarkeit jeweils der Z 1 der zitierten Bestimmungen ist die Bezeichnung des gewählten Vertragstyps (Vonkilch aaO Rz 15 mwN); entscheidend für die Rechtsunwirksamkeit ist vielmehr, ob Vereinbarungen über die Einräumung von Nutzungsrechten an allgemeinen Teilen der Liegenschaft die Rechte der Wohnungseigentumsbewerber oder Wohnungseigentümer unbillig beschränken. Beruft sich der Beklagte daher auf eine anlässlich des Abschlusses des Kauf‑ und Wohnungseigentumsvertrags geschlossene Benützungsvereinbarung, die der Nebenintervenientin die ausschließliche Nutzung des Innenhofs als Gastgarten einräumt, so wäre diese Vereinbarung inhaltlich nicht anders zu werten als der bereits erwähnte Nutzungsvorbehalt in § 14 des Vertrags. Ob eine derartige Benützungsvereinbarung tatsächlich getroffen wurde, steht außerdem nicht fest.

Die Nichtigkeitssanktion des § 38 Abs 1 Z 1 WEG 2002 bzw des § 24 Abs 1 Z 1 WEG 1975 tritt dann nicht ein, wenn der Begünstigte beweist, dass der Vereinbarung im konkreten Fall keine Beschränkungseignung zukommt (wobl 1993/134 = MietSlg 51.570; 5 Ob 223/05p; vgl RIS‑Justiz RS0040166; Würth/Zingher aaO Rz 6). Solche Argumente wurden im Verfahren erster Instanz aber nicht vorgetragen.

Bei nachträglicher Wohnungseigentumsbegründung in einem „Althaus" ist zwar zu berücksichtigen, dass Vereinbarungen, die lediglich schon vorher existente Nutzungsrechte von Mietern oder sonstigen Nutzungsberechtigten in entsprechende Rechte nach dem WEG 2002 umwandeln, in der Regel nicht nach § 38 Abs 1 Z 1 unwirksam sein müssen (Vonkilch aaO Rz 18 mit Hinweis auf AB 1050 BlgNR XXI GP 14). Hier wurde festgestellt, dass die Verkäuferin und bisherige Alleineigentümerin schon vor Abschluss des Kauf- und Wohnungseigentumsvertrags den Gastgarten im Innenhof im Rahmen des Betriebs ihrer Gastwirtschaft benutzt hatte. Aufgrund des Kauf- und Wohnungseigentumsvertrags nutzungsberechtigt war aber die Nebenintervenientin (Wohnungseigentümer der top 1) und nicht die Verkäuferin. Diese benützte das Objekt top 1 samt Gastgarten vielmehr aufgrund des mit der Nebenintervenientin geschlossenen Mietvertrags. Eine Aufrechterhaltung bereits bestehender Nutzungsrechte liegt daher nicht vor.

II. Zur konkludenten Benützungsvereinbarung:

Seit dem Inkrafttreten des WEG 2002 mit 1. 7. 2002 sind Benützungsvereinbarungen schriftlich abzuschließen (§ 17 Abs 1 WEG 2002), was ihr konkludentes Zustandekommen ausschließt. Sie binden nach § 17 Abs 3 WEG 2002 aber jedenfalls den Einzelrechtsnachfolger, und zwar unabhängig von ihrer Anmerkung im Grundbuch; dies im Gegensatz zur früheren Rechtslage, die bei Einzelrechtsnachfolge eine ausdrückliche Überbindung der Benützungsvereinbarung durch Vertragsübernahme (wobl 1996/39, 257 [Call]; immolex 1997/66, 132 = wobl 1997/55, 182 [Call]; RIS‑Justiz RS0013614 [T 7 und 8]) oder eine stillschweigende Unterwerfung (SZ 58/84; MietSlg 40.043, 42.040, 48.049 und 48.055; immolex 1997, 138; 5 Ob 20/01d) forderte. Eine mehrjährige Duldung der Benützung durch den Einzelrechtsnachfolger führt zum schlüssigen Eintritt in eine Benützungsvereinbarung (5 Ob 20/01d mwN = RIS‑Justiz RS0013614 [T9]).

Die Übergangsregelung des § 56 Abs 13 WEG 2002 hat grundsätzlich die nach der alten Rechtslage wirksam (konkludent) zustandegekommenen Benützungsvereinbarungen mit 1. 7. 2002 nicht beseitigt (Vonkilch aaO § 56 WEG 2002 Rz 55f mwN; 5 Ob 106/03d mwN). Das nützt dem Beklagten aber nichts: Ein konkludenter Eintritt der Klägerin in eine solche Vereinbarung nach Erwerb ihrer Miteigentumsanteile 1999 scheidet hier schon deshalb aus, weil ihr die Tatsache der Nutzung des Innenhofs als Gastgarten durch die Mieter des Objekts top 1 nicht bekannt war. Von einer mehrjährigen Duldung des ausschließlichen Benützungsrechts eines Mit‑ und Wohnungseigentümers kann daher nicht die Rede sein. Die Argumentation des Beklagten in der Revisionsbeantwortung geht in diesem Punkt nicht vom festgestellten Sachverhalt aus.

III. Ergebnis:

Die klagende Wohnungseigentümerin ist berechtigt, die sich aus § 24 Abs 1 Z 1 WEG 1975 bzw aus der Nachfolgebestimmung des § 38 Abs 1 Z 1 WEG 2002 ergebende Rechtsunwirksamkeit des Nutzungsvorbehalts und des Mietvertrags, soweit es den Innenhof betrifft, geltend zu machen (vgl Würth/Zingher aaO § 38 WEG Rz 3). Konsequenz der Teilnichtigkeit des Mietvertrags (Nutzung des Innenhofs) ist grundsätzlich die Berechtigung des Unterlassungsbegehrens (4 Ob 269/99h = SZ 72/150; 5 Ob 61/06s = wobl 2006/125 [Call]; vgl RIS‑Justiz RS0013399).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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