Spruch:
1. Der Revision wird, soweit die Vorinstanzen das Klagebegehren, die erst- und zweitbeklagten Parteien als Eigentümer des Grundstücks Nr. ***** inneliegend EZ ***** GB ***** sowie die drittbeklagte Partei als Bauführer seien schuldig, jegliche Zuleitung von Schnee auf das im Eigentum der Kläger stehende Grundstück Nr. ***** GB ***** zu unterlassen, abgewiesen haben, nicht Folge gegeben.
Die Kostenentscheidung wird insoweit der Endentscheidung vorbehalten.
2. Im Übrigen, soweit die Vorinstanzen das Klagebegehren, die erst- und zweitbeklagten Parteien als Eigentümer des Grundstücks Nr. ***** inneliegend EZ ***** GB ***** sowie die drittbeklagte Partei als Bauführer seien schuldig, jegliche Zuleitung von Wasser auf das im Eigentum der Kläger stehende Grundstück Nr. ***** GB ***** zu unterlassen, abgewiesen haben, werden die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben und es wird die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind insoweit weitere Verfahrenskosten.
Entscheidungsgründe:
Die Kläger sind je zur Hälfte Eigentümer des Grundstücks Nr. ***** GB ***** mit der Adresse M*****straße *****. An dieses Grundstück grenzt das im Hälfteeigentum des Erst- und der Zweitbeklagten stehende Grundstück Nr. ***** GB *****, auf dem ein überdachter Abstellplatz („Carport") errichtet wurde.
Die Kläger begehren, die erst- und zweitbeklagten Parteien als Eigentümer des im Spruch genannten Grundstücks sowie den Drittbeklagten als Bauführer für schuldig zu erkennen, jegliche Zuleitung von Wasser oder Schnee auf das im Eigentum der Kläger stehende Grundstück zu unterlassen. Sie brachten vor, das Dach des Carports sei mit einer Saumrinne versehen worden. Diese befinde sich jedoch nicht an der Grundstücksgrenze, sondern etwa 20 bis 50 cm innerhalb derselben. Deshalb würden jene Niederschlagswässer, die außerhalb der Saumrinne auf das Dach fielen, auf das klägerische Grundstück abgeleitet, weil der Carport hart an der Grundgrenze errichtet worden sei. Trotz Aufforderung hätten die Beklagten eine Änderung der Saumrinne nicht vorgenommen. Es wäre technisch möglich gewesen, eine sogenannte Kastenrinne direkt am Ende des Dachs anzubringen, sodass keinerlei Niederschlagswässer auf das Grundstück der Kläger gelangen würden. Die Auflage der Baubehörde, wonach zu achten sei, dass herabfallende Schneemassen aufgefangen werden und eine Schädigung des Nachbargrundstücks ausgeschlossen werden könne, sei nicht erfüllt worden.
Die Beklagten bestritten und brachten vor, die Saumrinne sei am tiefstmöglichen Punkt angebracht worden, der sich im Durchschnitt rund 17 bis 23 cm von der Grundstücksgrenze entfernt befinde. Ein noch tieferes Anbringen der Saumrinne sei aus technischen Gründen nicht möglich, da jede Saumrinne auch ein Saumblech haben müsse. Die Klagsführung stelle eine schikanöse bzw rechtsmissbräuchliche Rechtsausübung dar. Eine solche liege nicht nur dann vor, wenn die Schädigungsabsicht den einzigen Grund der Rechtsausübung bilde, sondern bereits dann, wenn zwischen den vom Handelnden verfolgten eigenen Interessen und den beeinträchtigten Interessen des Anderen ein krasses Missverhältnis bestehe oder der Schädigungszweck so augenscheinlich im Vordergrund stehe, dass andere Ziele der Rechtsausübung völlig in den Hintergrund träten. Durch das Niederschlagsabwasser unterhalb der Saumrinne werde das ortsübliche Maß an Immissionen nicht überschritten und die ortsübliche Benützung des Klagsgrundstücks nicht beeinträchtigt.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf folgende Feststellungen:
Die Stadtgemeinde E***** als Baubehörde teilte dem Drittbeklagten mit Schreiben vom 6. 9. 2004 mit, er dürfe mit der Bauausführung beginnen. Diese Mitteilung enthielt folgende Auflagen:
„1. Sämtliche Niederschlagswasser sind auf Eigengrund zur Versickerung zu bringen (mittels Saumrinne).
2. Es ist darauf zu achten, dass herabfallende Schneemassen aufgefangen werden und eine Schädigung des Nachbargrundstücks ausgeschlossen werden kann."
Die Sockelmauer, auf der die Konstruktion des Carports aufbaut, befindet sich genau an der Grenze auf dem Grundstück der Beklagten zum Grundstück der Kläger. Auf dem Grundstück der Kläger schließt an die Sockelmauer eine Reihe von Pflastersteinen zur Abgrenzung und Erleichterung des Rasenmähens an; daran grenzt eine Rasenfläche.
Das Dach des Carports ist mit Bitumenschindeln eingedeckt. Auf dem Dach ist eine Saumrinne angebracht. Der Abstand zwischen Saumrinne und Abschlusskante beträgt am nördlichen Ende des Dachs zur M*****straße hin 23 cm; er verringert sich zum südlichen Ende hin, um ein Gefälle im Verlauf der Rinne sicherzustellen. An die Dachrinne schließt ein Saumblech an, das an der Kante mit einem Falz endet. Die Länge des Carports an der Grundstücksgrenze beträgt 11,15 cm. Die vom Saumblech bedeckte Dachfläche des Carports unterhalb der Saumrinne beträgt daher weniger als 2,56 m². Das auf diesen Bereich unterhalb der Saumrinne fallende Niederschlagswasser wird auf das Grundstück der Kläger abgeleitet.
Die zur Abwasserableitung gewählte Konstruktion einer Saumrinne mit anschließendem Saumblech ist eine bautechnisch allgemein übliche Ausführung, wenn man den Überhang einer Dachrinne über die Dachfläche - womit hier das Eindringen in den Luftraum des klägerischen Grundstücks verbunden wäre - vermeiden will. Die Saumrinne ist sach- und fachgerecht ausgeführt.
Der Erstkläger erklärte dem Erstbeklagten zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt bei oder nach der Errichtung des Carports, dass ihm die Saumrinne nicht gefalle. Auf die Frage des Erstbeklagten, was er damit für Probleme habe, erklärte er, er müsse bedenken, was seine Erben vorhätten, die Sache müsse jetzt geklärt werden.
Der Erstkläger lehnt die Saumrinne in ihrer derzeitigen Ausführung deshalb ab, weil dadurch seiner Berechnung nach durchschnittlich rund 2.000 l Wasser jährlich auf sein Grundstück abgeleitet werden, die er nicht haben möchte.
Das Grundstück der Kläger hat nach dem Grundbuchsstand eine Gesamtfläche von 712 m².
Für das Gebiet der Stadtgemeinde E***** liegt das Jahresmittel der Niederschlagsmenge bei rund 500 mm; das entspricht 500 l pro m².
Im Jahresdurchschnitt werden daher von dem unterhalb der Saumrinne liegenden Dachabschnitt des Carports der Beklagten weniger als 1.300 l Niederschlagswasser auf das Grundstück der Kläger abgeleitet; auf das gesamte Grundstück der Kläger fällt in diesem Zeitraum eine Niederschlagsmenge von durchschnittlich 356.000 l.
Im Winter bildet sich bei starkem Schneefall und den entsprechenden Windverhältnissen von Osten am Dach des Wohnhauses der Beklagten eine hohe Schneewechte; diese kann auf das Dach des Carports herunterfallen. Der Winter 2005/2006 war im Gebiet von E***** sehr schneereich, häufig lösten sich Dachlawinen. Weder im Winter 2004/2005 noch im Winter 2005/2006 rutschte eine Dachlawine vom Dach des Hauses der Beklagten über das Dach des Carports so weit, dass dadurch Schnee auf das Grundstück der Kläger gefallen wäre.
In rechtlicher Hinsicht kam das Erstgericht im Wesentlichen zum Ergebnis, die von den Klägern mit der gegenständlichen Klagsführung verfolgte Rechtsausübung sei schikanös.
Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichts und führte in rechtlicher Hinsicht im Wesentlichen aus, gemäß § 364 Abs 2 Satz 2 ABGB seien unmittelbare Zuleitungen, insbesondere von Flüssigkeiten, ohne besonderen Rechtstitel unter allen Umständen unzulässig. Durch die konkrete Gestaltung des Dachs des Carports durch den Drittbeklagten liege eine solche unmittelbare Zuleitung vor. Der Oberste Gerichtshof habe aber zu 2 Ob 11/05i ausgeführt, dass, wenn von einer „maßgeblichen" Änderung der natürlichen Abflussverhältnisse im Sinne der Entscheidung 1 Ob 42/01k, die einen anders gelagerten Fall betroffen habe, nicht gesprochen werden könne, eine unmittelbare Zuleitung gemäß § 364 Abs 2 Satz 2 ABGB nicht vorliege. Sei auch eine wesentliche Beeinträchtigung iSd § 364 Abs 2 Satz 1 ABGB nicht gegeben, wenn ein Durchschnittsmensch, der sich in der Lage des Klägers befinde, sich durch die Folgen nicht gefährdet fühlte, scheide ein Ausgleichsanspruch gemäß § 364a ABGB aus. Dem Begriff der Wesentlichkeit, deren Maßstab in erster Linie ein objektiver sei, liege auch der Gedanke „minima non curat praetor" zu Grunde. Dies habe auch für den Anspruch nach § 364 Abs 2 ABGB selbst zu gelten. Nach den Feststellungen sei davon auszugehen, dass eine maßgebliche Änderung der natürlichen Abflussverhältnisse nicht stattgefunden habe und sich im Übrigen ein Durchschnittsmensch in der Lage der Kläger nicht gestört fühlen würde. Die Kläger hätten den Beweis für das Vorliegen der Voraussetzungen einer vorbeugenden Unterlassungsklage nicht erbracht.
Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil die Entscheidung 2 Ob 11/05i zu § 364a ABGB ergangen sei und ihre Grundsätze vom Berufungsgericht verallgemeinert worden seien.
Dagegen richtet sich die Revision der Kläger aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das Urteil des Berufungsgerichts im Sinne der Klagsstattgebung abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Die Beklagten beantragen in der Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.
Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht von der oberstgerichtlichen Rechtsprechung abgewichen ist. Sie ist, soweit sich das Unterlassungsbegehren auf die Zuleitung von Schnee bezieht, nicht berechtigt, im Übrigen, soweit sich das Unterlassungsbegehren auf die Zuleitung von Wasser bezieht, im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags berechtigt.
Zu 1.: Voraussetzung einer „vorbeugenden Unterlassungsklage" ist die konkrete Besorgnis einer drohenden Rechtsverletzung (RIS‑Justiz RS0010479). Die bloße Drohung einer Rechtsverletzung rechtfertigt nur unter besonderen Umständen die vorbeugende Unterlassungsklage, wenn nämlich ein dringendes Rechtsschutzbedürfnis des Bedrohten dies verlangt (RIS‑Justiz RS0009357 [T13]). Eine vorbeugende Unterlassungsklage ist dann gerechtfertigt, wenn das Zuwiderhandeln unmittelbar drohend bevorsteht, also Erstbegehungsgefahr besteht. Der Kläger muss diesfalls die tatsächlichen Umstände, die eine ernstlich drohende und unmittelbar bevorstehende Gefahr erstmaliger Begehung begründen, im Einzelnen darlegen und im Bestreitungsfall beweisen. Die bloße theoretische Möglichkeit der Begehung genügt nicht (RIS‑Justiz RS0009357 [T19]).
Die Kläger haben im Hinblick auf herabfallenden Schnee schon ihrer Behauptungslast für die drohende Rechtsverletzung nicht entsprochen. Nach den Feststellungen ist in den Wintern seit der Errichtung des Carports, selbst im schneereichen Winter 2005/2006, noch niemals Schnee vom Dach des Carports auf das klägerische Grundstück gefallen. Es liegen somit auch keine Feststellungen vor, die Anspruchsvoraussetzungen für einen diesbezüglichen (vorbeugenden) Unterlassungsanspruch böten. In diesem Umfang erweist sich daher die Abweisung des Klagebegehrens durch die Vorinstanzen als zutreffend.
Zu 2.: Das Berufungsgericht hat sich für die Abweisung des Klagebegehrens auf die Entscheidung 2 Ob 11/05i gestützt. Dieser Entscheidung lag zugrunde, dass in der Nähe des Hofs des Klägers ein Schotterweg asphaltiert worden war, wodurch es zu einer geringfügigen Änderung der Abflussverhältnisse des Wassers in Richtung zum Hof des Klägers gekommen war. Der Oberste Gerichtshof sprach in dieser Entscheidung aus, dass im Unterschied zur Entscheidung 1 Ob 42/01k, die einen anders gelagerten (gravierenderen) Fall betroffen habe, weder eine unmittelbare Zuleitung gemäß § 364 Abs 2 Satz 2 ABGB vorliege, noch eine wesentliche Beträchtigung gemäß § 364 Abs 2 Satz 1 ABGB gegeben sei.
Im vorliegenden Fall ist aber eine „unmittelbare Zuleitung" gemäß § 364 Abs 2 Satz 2 ABGB zu bejahen: Unmittelbare Einwirkungen im Sinn des § 364 Abs 2 Satz 2 ABGB sind solche, die durch eine Veranstaltung bewirkt werden, die für eine Einwirkung gerade in der Richtung auf das Nachbargrundstück hin ursächlich ist (RIS‑Justiz RS0010635). Die Zuführung von Abwässern verstößt gegen das Verbot unmittelbarer Zuleitung (RIS‑Justiz RS0010551; SZ 54/137 [Abflussrohr]). Im Sinne dieser Rechtsprechung liegt in der Errichtung des Dachs des Carports eine „Veranstaltung", durch die unmittelbar Regenwasser auf das klägerische Grundstück abgeleitet wird.
Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut und ständiger Rechtsprechung ist eine derartige unmittelbare Zuleitung ohne besonderen Rechtstitel unter allen Umständen unzulässig (RIS‑Justiz RS0010635 [T2, T6]; RS0010528; RS0115462; RS0010683; vgl auch RS0117337). Dies gilt insbesondere auch für die unmittelbare Zuleitung von Wasser (RIS‑Justiz RS0010635 [T6, T15]; RS0117337).
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts besteht daher - wie schon das Erstgericht zutreffend erkannt hat - der klägerische Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Zuleitung von Wasser grundsätzlich zu Recht.
Dies macht aber die Auseinandersetzung mit dem von den Beklagten bereits in erster Instanz erhobenen Einwand der Schikane bzw des Rechtsmissbrauchs durch die Kläger notwendig.
Von einer gegen die guten Sitten verstoßenden missbräuchlichen Rechtsausübung kann nur gesprochen werden, wenn demjenigen, der sein Recht ausübt, jedes andere Interesse abgesprochen werden muss als eben das Interesse, dem Anderen Schaden zuzufügen. Besteht ein begründetes Interesse des Rechtsausübenden, einen seinem Recht entsprechenden Zustand herzustellen, wird die Rechtsausübung nicht schon dadurch zu einer missbräuchlichen, dass der sein Recht Ausübende unter anderem auch die Absicht verfolgte, mit der Rechtsausübung dem Anderen Schaden zuzufügen (SZ 28/133; RIS‑Justiz RS0026271). Das Schikaneverbot beschränkt die Ausübung des Eigentums nur so weit, als die Schädigung des Anderen der einzige Zweck der Rechtsausübungshandlung ist (RIS‑Justiz RS0010568). Beweispflichtig dafür, dass der Rechtsausübende kein anderes Interesse hatte als zu schaden, ist der, der Schikane behauptet, hier sind es also die Beklagten (SZ 44/86; RIS‑Justiz RS0026205 [T1]).
Nach der jüngeren (in der Lehre nicht unumstrittenen, vgl jüngst Reischauer in Rummel³ § 1295 Rz 64 ff mwN) Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs liegt Schikane aber nicht nur dann vor, wenn die Schädigungsabsicht den einzigen Grund der Rechtsausübung bildet, sondern auch dann, wenn zwischen den vom Handelnden verfolgten eigenen Interessen und den beeinträchtigten Interessen des Anderen ein ganz krasses Missverhältnis besteht (RIS‑Justiz RS0026265).
Entgegen der Ansicht des Erstgerichts ergibt sich aus den Feststellungen aber nicht ohne Weiteres ein derart ganz krasses Missverhältnis zwischen den Interessen der Streitteile, das die Rechtsausübung der Kläger schikanös erscheinen ließe. Insbesondere im Nachbarrecht werden von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs sehr strenge Anforderungen an das Vorliegen von Rechtsmissbrauch gestellt. So kann etwa die Geltendmachung des Begehrens auf Räumung der vom Nachbarn beanspruchten, mehrere Quadratmeter großen Grundfläche nicht als schikanös bezeichnet werden (RIS‑Justiz RS0037903). Dieses Recht ist in der natürlichen Freiheit des Eigentums begründet; seine Geltendmachung verstößt für sich allein betrachtet nicht gegen die guten Sitten (9 Ob 32/02z; 7 Ob 21/04w; 7 Ob 8/07p).
Die Kläger haben bereits in erster Instanz vorgebracht, dass es technisch möglich gewesen wäre, eine sogenannte Kastenrinne direkt am Ende des Dachs anzubringen, sodass keinerlei Niederschlagswässer auf das Grundstück der Kläger gelangen würden. Dieses Vorbringen impliziert, dass es offensichtlich mit relativ einfachen Mitteln und somit mit einem nicht übermäßigen finanziellen Aufwand für die Beklagten möglich wäre, den rechtmäßigen Zustand, nämlich das Verhindern der Zuleitung von Wasser vom Dach des Carports der Beklagten auf den Grund der Kläger, herzustellen.
Angesichts des, abgesehen von möglichem Rechtsmissbrauch, bestehenden Anspruchs der Kläger könnte die vorzunehmende Interessenabwägung nur dann zu Lasten der Kläger ausgehen, wenn die Herstellung des rechtmäßigen Zustands (Verhindern der Zuleitung von Wasser vom Dach des Carports auf die klägerische Liegenschaft) gar nicht oder nur mit einer zur Beeinträchtigung der Kläger völlig außer Verhältnis stehenden finanziellen Aufwendung möglich wäre. Ein derartiges Missverhältnis wurde etwa bejaht bei einem vorzunehmenden Rückbau eines Grenzüberbaus, was einen Aufwand von knapp 130.000 EUR zuzüglich Umsatzsteuer erfordern würde, wenn dieser Betrag um ein Vielfaches über dem Wert der überbauten Fläche von rund 2,1 m² liegt (9 Ob 32/02z). In der Entscheidung 2 Ob 1587/95 hielt der Oberste Gerichtshof die Beurteilung des Berufungsgerichts für vertretbar, ein derart krasses Missverhältnis liege vor, wenn die Kläger den jenseits der Grenzmauer befindlichen Grundstreifen ihres Grundstücks ohnehin nicht benützen konnten und die Beklagten mit der Entfernung des von ihnen auf dem klägerischen Grundstück angebrachten Zauns einen beträchtlichen Aufwand hätten. Insoweit wird im vorliegenden Fall mitzuberücksichtigen sein, dass das Regenwasser nach den aktenkundigen Lichtbildern auf einen hinter einer Hecke liegenden Grundstreifen der Kläger tropft.
Nicht nachvollziehbar sind die Rechtsausführungen des Berufungsgerichts zu den Voraussetzungen der vorbeugenden Unterlassungsklage, soweit sie sich offenbar auch auf das Unterlassungsbegehren betreffend das Wasser (und nicht den Schnee) beziehen. Da nach den Feststellungen bei jedem Regen vom Dach des Carports Wasser auf die Liegenschaft der Kläger geleitet wird, liegt jedes Mal ein Eingriff gemäß § 364 Abs 2 Satz 2 ABGB vor, sodass sich die Frage einer drohenden Rechtsverletzung nicht stellt.
Da die Urteile der Vorinstanzen keine Feststellungen dazu enthalten, ob und gegebenenfalls mit welchem (finanziellen) Aufwand der rechtmäßige Zustand hergestellt werden kann, erweisen sie sich als mit sekundären Feststellungsmängeln behaftet. Sie waren daher aufzuheben und es war dem Erstgericht die neuerliche Verhandlung und Entscheidung aufzutragen. Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht die Möglichkeiten der Herstellung des rechtmäßigen Zustands sowie (gegebenenfalls) den (finanziellen) Aufwand dafür erörtern und dazu Feststellungen treffen müssen. Erst danach wird eine abschließende rechtliche Beurteilung möglich sein, ob die Rechtsausübung der Kläger rechtsmissbräuchlich ist oder nicht.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.
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