OGH 5Ob195/07y

OGH5Ob195/07y18.9.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der außerstreitigen Mietrechtssache der Antragstellerin Emine S*****, vertreten durch Walch & Zehetbauer Rechtsanwälte OEG in Wien, gegen die Antragsgegnerin Maria S*****, vertreten durch BLS Rechtsanwälte Boller Langhammer Schubert KG in Wien, wegen 18.168,21 Euro s.A. (§§ 27, 37 Abs 1 Z 14 MRG), über den ordentlichen Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 21. März 2007, GZ 39 R 47/07m-50, mit dem der Endsachbeschluss des Bezirksgerichts Floridsdorf vom 13. Dezember 2006, GZ 25 Msch 15/03v-45, abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten ihrer rechtsfreundlichen Vertretung im Revisionsrekursverfahren selbst zu tragen.

Text

Begründung

Das Erstgericht hat mit seinem Endsachbeschluss das auf § 27 Abs 1 Z 1 MRG gestützte Begehren der Antragstellerin, die Antragsgegnerin zur Zahlung von 18.168,21 Euro zu verpflichten, abgewiesen. Es legte seiner Entscheidung - soweit noch wesentlich - folgende Feststellungen zugrunde:

Erich F***** war vor der Antragstellerin Mieter der Wohnung Nr 17 im Haus 1210 Wien, *****. Dessen Mietverhältnis endete durch einvernehmliche Auflösung Ende Mai 1996. Der Hausverwalter Robert S***** hatte der Antragsgegnerin Ende März 1996, als klar wurde, dass Erich F***** seinen Mietvertrag beenden wolle, erzählt, dass die Antragsgegnerin an Erich F***** eine Ablöse von 320.000 Schilling für zurückgelassenes Inventar und Investitionen zahlen müsse. Robert S***** erklärte der Antragsgegnerin, dass die Wohnung in einwandfreiem Zustand sei, weshalb die Antragsgegnerin zustimmte und anordnete, Robert S***** solle 320.000 Schilling an Erich F***** zahlen. Tatsächlich erhielt Erich F***** nur 260.000 Schilling. Die Zahlung erfolgte bar am 23. 5. 1996. Erich F***** hatte seinerseits bei Anmietung der Wohnung im Dezember 1990 mit seinem Vormieter Karl B***** eine Ablösevereinbarung getroffen, wonach er diesem für Möbel und Investitionen 350.000 Schilling bezahlte. Als abzulösende Investitionen waren jene Inventargegenstände vereinbart, für die später die Antragsgegnerin an Erich F***** die Ablöse bezahlte. Die Antragstellerin mietete von der Antragsgegnerin mit unbefristetem Mietvertrag vom 18. 10. 1996 die 56 m² große Wohnung Nr 17 um den monatlichen Hauptmietzins von 2.733,10 Schilling (= 4.000,10 Schilling brutto inklusive USt und Betriebskosten). Der Mietvertrag zwischen den Parteien war über Songül K*****, eine Bekannte der Antragstellerin und damalige Angestellte des seinerzeitigen Hausverwalters, zustande gekommen. Songül K***** teilte der Antragstellerin mit, dass sie für die Wohnung eine Ablöse von 250.000 Schilling zu leisten habe, die die dem Vormieter bezahlte Ablöse abdecken solle.

Die Antragstellerin ging davon aus, dass der Vormieter für Einrichtungsgegenstände und Investitionen von der Antragsgegnerin etwas zu bekommen oder bereits bezahlt erhalten habe. Die Antragstellerin unterschrieb den vom Hausverwalter vorbereiteten Mietvertrag und übergab Songül K***** die 250.000 Schilling, die diese an den Hausverwalter weitergab, der den Betrag auf eines der Konten der Antragsgegnerin gutschrieb. Bei der Zahlung ging die Antragstellerin davon aus, dass Songül K***** und Robert S***** die Zahlung jedenfalls nicht selbst behalten, sondern an die Antragsgegnerin weiterleiten würden. Sie wollte, dass die Hauseigentümerin das Geld bekommt, weil sie meinte, dass sie nur so die Wohnung bekomme. Sie zahlte diese hohe Ablöse auch deshalb, weil die Wohnung vollständig eingerichtet war. Es war ihr egal, ob und allenfalls wie viel von der Zahlung an Erich F***** weitergeleitet würde oder ob dieser bereits etwas erhalten hatte.

Rechtlich verneinte das Erstgericht die Passivlegitimation der Antragsgegnerin, weil die Zahlung bei dieser eine bloße Durchlaufpost dargestellt habe. Die Antragstellerin sei davon ausgegangen, dass sie an die Antragsgegnerin deshalb leiste, weil diese an Erich F***** bereits bezahlt habe oder noch zahlen müsse.

Das Rekursgericht gab dem von der Antragstellerin erhobenen Rekurs Folge und verpflichtete die Antragsgegnerin zur Zahlung von 18.168,21 Euro. Dass der die Ablöse kassierende Vermieter den neuen Mieter darüber in Kenntnis gesetzt habe, eine Ablöse werde begehrt, weil dem Vormieter eine solche bezahlt worden sei, reiche, auch wenn diesem die Ablöse letztlich zugeflossen sei, nicht aus, die Passivlegitimation des Vermieters zu verneinen, soferne nicht der Vermieter erkennbar in Vertretung des Vormieters gehandelt und der Mieter eine Zuwendung an den Vormieter bezweckt habe. Das Rekursgericht sprach aus, der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil sich der Fall der von ihm herangezogenen E 5 Ob 224/01d (= immolex 2002/54, 110 = MietSlg 53.383/32) vom vorliegenden dadurch unterscheide, dass dort der Antragsteller von der Weiterleitung eines Teilbetrags nichts gewusst habe, während hier die Antragstellerin darüber informiert gewesen sei.

Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der ordentliche Revisionsrekurs der Antragsgegnerin mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der Rekursabweisung. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt und die Zurückweisung der Rechtssache an das Rekurs- bzw an das Erstgericht begehrt.

Die Antragstellerin erstattete eine Revisionsrekursbeantwortung mit dem Antrag, den Revisionsrekurs der Antragsgegnerin zurückzuweisen, in eventu diesem nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig. Die Entscheidung kann sich folgend auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 71 Abs 3 AußStrG):

1. Die Antragsgegnerin wirft dem Rekursgericht vor, nunmehr von seiner im ersten Rechtsgang zur fraglichen Passivlegitimation geäußerten Rechtsansicht abgegangen zu sein. Dies ist jedoch - selbst gegebenenfalls - ohne Bedeutung, wenn der Oberste Gerichtshof die erste Ansicht des Gerichts zweiter Instanz als unrichtig, die zweite jedoch als richtig erachtet (RIS-Justiz RS0042181).

2. Die Antragsgegnerin begehrt für den Fall, dass der Oberste Gerichtshof die Rechtsansicht des Rekursgerichts teile, näher bezeichnete Feststellungen, die darauf hinauslaufen, dass der Antragstellerin bekannt gewesen sei, die Ablösezahlung sei für den Vormieter bestimmt gewesen und die Antragsgegnerin habe diese „stellvertretend" für diesen in Empfang genommen.

Wie die Antragstellerin die Ablösezahlung einschätzte und der Zahlungsvorgang abgelaufen ist, hat das Erstgericht festgestellt. Soweit die Antragsgegnerin davon abweichende Feststellungen (allenfalls) in Richtung einer offengelegten Stellvertretung wünscht, bekämpft sie - im Revisionsrekursverfahren unzulässig (9 Ob 126/06d [bereits zu § 66 Abs 1 AußStrG]) - die Tat- und Beweisfrage.

3. Zur hier fraglichen Passivlegitimation für auf § 27 MRG (§ 17 MG) gestützte Rückforderungsansprüche liegt bereits umfangreiche Judikatur vor (RIS-Justiz RS0069711; RS0067479; RS0070133; RS0069769; RS0019741; RS0019690; RS0118133; RS0070119; RS0069758; vgl ferner RS0033737). Gerade in der vom Rekursgericht angesprochenen E 5 Ob 224/01d (= immolex 2002/54, 110 = MietSlg 53.383/32) hat der erkennende Senat ausgesprochen, dass, wenn an einer rechtsgrundlosen Vermögensverschiebung mehrere Personen beteiligt sind, die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung grundsätzlich zwischen jenen Personen zu erfolgen habe, die nach dem angenommenen Schuldverhältnis bzw Zweck der Vermögensverschiebung Leistender und Leistungsempfänger sein sollten. Die Sachlegitimation für den Rückforderungsanspruch ergebe sich aus einer idS „rechtlichen" Zuordnung des Vermögens vor und nach der Verschiebung. Es hätten die Regeln des Stellvertretungsrechts Anwendung zu finden, demzufolge eine mangelnde oder nicht offengelegte Vertretungsmacht allein den Empfänger des Vermögens zum Kondiktionsschuldner mache, andererseits aber der nicht auf Rückzahlung in Anspruch genommen werden könne, für den das empfangene Vermögen nur eine „Durchlaufpost" darstelle. Diese Grundsätze hat das Rekursgericht auf den vorliegenden Sachverhalt nicht unvertretbar angewandt:

Die zwischen dem Vormieter und der Antragsgegnerin getroffene Ablösevereinbarung war längst abgewickelt, als es zum Abschluss des Mietvertrags zwischen den Parteien kam. Die Antragsgegnerin ist nicht als offene Stellvertreterin des Vormieters aufgetreten. Die Zahlung der Antragstellerin ist an die (Vertreter der) Antragsgegnerin erfolgt und auf deren Konto gutgebracht worden. Eine Weiterleitung des von der Antragstellerin bezahlten Betrags an deren Vormieter hat nicht stattgefunden, sondern er ist im Vermögen der Antragsgegnerin verblieben. Die Zahlung der Antragstellerin hat das Vermögen der Antragsgegnerin gemehrt, in dem es den Abgang durch die - selbstständig vereinbarte - Zahlung der Antragsgegnerin an den Vormieter teilweise ausgeglichen hat. Die Bejahung der Leistungsbeziehung zwischen den Parteien stellt unter diesen Umständen kein Abweichen von einschlägigen Judikaturgrundsätzen und keine aufzugreifende Fehlbeurteilung des vorliegenden Einzelfalls dar.

4. Die Antragsgegnerin reklamiert schließlich - unter unzulässiger Berufung auf Ausführungen in einer anderen Rechtsmittelschrift (RIS-Justiz RS0043616) - die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Wert getätigter Investitionen. Diese Frage bedarf jedoch schon deshalb keiner Klärung, weil das Rekursgericht eine Ausnahme vom Ablöseverbot nach § 27 Abs 1 Z 1 MRG im Hinblick auf die Rechtslage vor der WRN 1997 schon dem Grunde nach verneinte. Dieser Rechtsansicht tritt die Antragsgegnerin in ihrem Revisionsrekurs nicht erkennbar entgegen.

Wegen Fehlens der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG ist der Revisionsrekurs unzulässig und daher zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 37 Abs 3 Z 19 MRG aF, weil das Verfahren vor dem 1. 1. 2005 anhängig wurde (Art 10 § 2 Abs 3 WohnAußStrBeglG).

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