OGH 4Ob89/07b

OGH4Ob89/07b12.6.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei in der Rechtssache klagenden Partei Elke Maria K*****, vertreten durch Brunner & Kohlbacher Advokatur GmbH in Graz, gegen die beklagte Partei Eva H*****, vertreten durch Dr. Reinhard Tögl Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Graz, wegen 9.497,73 EUR sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 22. Jänner 2007, GZ 3 R 172/06w-33, mit welchem das Urteil des Bezirksgerichts Graz vom 28. September 2006, GZ 6 C 255/03f-27, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten binnen 14 Tagen die mit 624,06 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 104,01 EUR Umsatzsteuer) zu ersetzen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Nach § 510 Abs 3 ZPO kann sich die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.

Die Beurteilung von konkludenten Willenserklärungen ist einzelfallbezogen (RIS-Justiz RS0043253, RS0081754) und begründet daher idR keine erhebliche Rechtsfrage iSv § 502 Abs 1 ZPO. Eine auffallende Fehlbeurteilung ist nicht zu erkennen: Zwar kann bei Dauerschuldverhältnissen ein Verhalten durch längere Zeit Schlüsse auf einen besonderen Willen der Parteien erlauben (3 Ob 124/03m = MietSlg 55.075; RIS-Justiz RS0082191 T3). Allerdings legt § 863 ABGB bei konkludenten Willenserklärungen einen strengen Maßstab an (RIS-Justiz RS0014146, RS0014157). Maßgebend ist, welche Schlüsse der Partner aus dem Verhalten nach Treu und Glauben abzuleiten berechtigt war (RIS-Justiz RS0014159).

Auf der Grundlage dieser Rsp ist das Erbringen einer ursprünglich nicht vorgesehenen Leistung nicht als konkludente Zustimmung zu einer diesbezüglichen Vertragsänderung zu werten, wenn für den Vertragspartner bei sorgfältiger Prüfung erkennbar war, dass die Leistung nur auf einer irrtümlich angenommenen Verpflichtung beruhte (4 Ob 35/79 = SZ 52/76; RIS-Justiz RS0014505). Ebenso wird die unbeanstandete Bezahlung eines erhöhten Mietzinses, den der Vermieter für ein Zinsbeschränkungen unterliegendes Bestandobjekt einseitig fordert, in der Regel nicht als stillschweigende Zustimmung zu einer Vertragsänderung angesehen (RIS-Justiz RS0038618, RS0069831). Im vorliegenden Fall ist zwar kein Mietverhältnis zu beurteilen, sondern ein entgeltliches Wohnrecht. Dieses Wohnrecht wurde der Beklagten aber aufgrund einer testamentarischen Anordnung in einem Erbübereinkommen eingeräumt und sollte nach der jedenfalls vertretbaren Auffassung der Vorinstanzen den Willen der Erblasserin umsetzen, dass die Beklagte in Zukunft nicht mehr zahlen sollte als bisher aufgrund eines zwischen ihr und der Erblasserin bestehenden Mietvertrags. Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die Klägerin ihre Beweisrüge zum insofern erheblichen Willen der Erblasserin nicht gesetzmäßig ausgeführt habe, haftet zumindest keine durch den Obersten Gerichtshof zu korrigierende auffallende Fehlbeurteilung an (siehe zu den Erfordernissen einer gesetzmäßigen Beweisrüge RIS-Justiz RS0041835).

Die Zahlung der ursprünglich nicht vereinbarten Umsatzsteuer wäre nur dann als konkludente Zustimmung zu einer diesbezüglichen Vertragsänderung zu werten gewesen, wenn die Klägerin (bzw ihr Rechtsvorgänger) hätte annehmen können, dass der Beklagten das Fehlen einer diesbezüglichen Verpflichtung (oder zumindest deren Strittigkeit) bewusst war. Denn nur dann hätte die Klägerin (ihr Rechtsvorgänger) der Zahlung nach Treu und Glauben einen auf Vertragsänderung gerichteten Erklärungswert beimessen können. Ein diesbezügliches Vorbringen hat die Klägerin in erster Instanz nicht erstattet. Auf dieser Grundlage ist aber die Annahme des Berufungsgerichts jedenfalls vertretbar, dass aus der (letztlich ohnehin unterstellten) Zahlung der Umsatzsteuer keine konkludente Zustimmung zu einer diesbezüglichen Vertragsänderung abgeleitet werden könne.

Die den Hauptteil der Klagsforderung bildenden „Darlehensbeiträge" hat die Beklagte ohnehin nie gezahlt, sodass sich hier die Frage einer schlüssigen Vertragsänderung von vornherein nicht stellt. Ob die langjährige Leistung von ursprünglich ebenfalls nicht vereinbarten „Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträgen" nach § 863 ABGB zu einer diesbezüglichen Verpflichtung der Beklagten führen konnte, ist für die Entscheidung unerheblich. Denn diese Beiträge hat die Beklagte bis zuletzt gezahlt, sodass die Klagsforderung keinesfalls darauf gestützt werden kann. Über die aufrechnungsweise eingewendete Rückforderung dieser Beiträge ist wegen des Nichtbestehens der Klagsforderung nicht zu entscheiden. Zur Klarstellung ist allerdings festzuhalten, dass die Verpflichtung zur Zahlung dieser Beiträge (dh eines zusätzlichen Nutzungsentgelts) zwischen den Vertragspartnern strittig war. Deren vorbehaltlose Zahlung nach Eintritt des Ruhens eines darüber geführten Verfahrens ist möglicherweise anders zu beurteilen als jene der unstrittigen Umsatzsteuer.

Aus diesen Gründen liegt entgegen dem nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts keine erhebliche Rechtsfrage iSv § 502 Abs 1 ZPO vor. Die vom Berufungsgericht gemäß § 508 Abs 3 ZPO nachträglich zugelassene Revision der Klägerin ist daher zurückzuweisen. Da die Beklagte in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen hat, ist die Klägerin zum Kostenersatz verpflichtet (§§ 50, 41 ZPO). Für die Revisionsbeantwortung gebührt aber nur der einfache Einheitssatz (§ 23 Abs 9 RATG e contrario).

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