OGH 14Os48/07a

OGH14Os48/07a8.5.2007

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. Mai 2007 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Philipp und Hon. Prof. Dr. Schroll als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Frizberg als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Helmut E***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 242 Ur 287/06s des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, über die Grundrechtsbeschwerde des Angeklagten Helmut E***** gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Beschwerdegericht vom 5. März 2007, GZ 19 Bs 382/06z, 55/07p, 68/07z, 70/07v (= ON 637), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Helmut E***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Grundrechtsbeschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der B***** AG, nachfolgend B***** AG (kurz: B***** bzw B***** AG), Helmut E*****, werden mit Anklageschrift vom 23. Oktober 2006 (ON 403) die Verbrechen der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB (I.A. und II.) und des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB (I.B.) sowie Vergehen nach § 255 Abs 1 Z 1 AktG (V.) zur Last gelegt. Danach steht er in Verdacht, er habe

I.

A. die ihm als Vorsitzenden des Vorstands durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über das Vermögen der B***** zu verfügen, wissentlich missbraucht und dadurch - unter Berücksichtigung der ihm zu Anklagepunkt II. zur Last gelegten Straftaten - der B***** einen Vermögensnachteil von insgesamt 1.442,214.945 Euro zugefügt, indem er

1. trotz der schlechten finanziellen Lage Dris. F*****, des Umstands, dass eine Rückzahlung der Mittel unwahrscheinlich war, obgleich die von Dr. F***** als Sicherheit zur Verfügung gestellten Vermögenswerte das aushaftende Obligo weit unterschritten und trotz der bereits eingetretenen Überschreitung der Höchstgrenze für Großveranlagungen

a. am 30. November 1998 der R***** Ltd bzw einer anderen Gesellschaft Dris. F***** 48 Millionen US-$ ohne vertragliche Grundlage - die erst am 15. Jänner 1999 durch Zeichnung einer Anleihe der F***** Ltd nachgetragen wurde - zur Verfügung stellte, wodurch der B***** unverzüglich ein Schaden in Höhe dieser Zuwendung von 41,606.584 Euro entstand;

b. am 14. Jänner 1999 den Erwerb einer Anleihe der C***** Ltd um 3.141,600.000 Yen veranlasste, wodurch der B***** am 26. August 1999 unter Einrechnung der in Punkt a. genannten Zahlung ein in Wertverlust gelegener Schaden von 19,795.498 Euro entstand;

c. am 9. September 1999 der R***** Ltd einen Kredit von 20 Millionen US-$ gewährte, wodurch der B***** unverzüglich ein in nicht rückgeführter Kreditvaluta gelegener Schaden in Höhe des Darlehens von 18,967.202 Euro entstand;

2. im Dezember 2000 der Entnahme von 9,173.091 Euro durch Dr. Wolfgang F***** für eigene Zwecke aus den nach den Verlusten verbliebenen Resten der Veranlagung in die Uni-Bonds zustimmte;

B. im November 2000 mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten um insgesamt 7,409.634 Euro unrechtmäßig zu bereichern, den Vorsitzenden des Aufsichtsrats der B*****, Günter W*****, und - teilweise - durch diesen die übrigen Mitglieder des Aufsichtsrats durch Täuschung über Tatsachen, nämlich seine zu den Anklagepunkten II.1. beschriebenen Gestionen und die dadurch bewirkten Verluste sowie seine Anordnung (gegenüber Dr. Wolfgang F*****), von August bis November 2000 die hochriskanten spekulativ eingegangenen Finanzinstrumente, mit welchen bei einem bis zum gesamten eingesetzten Kapital reichenden Verlustpotential auf steigende langfristige Zinsen im japanischen Yen gesetzt worden war, beizubehalten und nicht zu liquidieren,

zu Handlungen verleitet, und zwar

1. am 2. November 2000 eine im Vorstandsvertrag nicht vorgesehene, als außerordentliches Bilanzgeld bezeichnete Prämie für das Wirtschaften im Jahr 2000 zu bewilligen und auszahlen zu lassen, wodurch der B***** ein Schaden von 581.383 Euro (8,000.000 S) entstand;

2. am 23. November 2000 der Abfindung der Anwartschaftsrechte Helmut E*****s und dessen Ehegattin Ruth E***** auf eine vertraglich vereinbarte Betriebspension zuzustimmen und die am 24. November 2000 erfolgte Auszahlung zu veranlassen, wodurch der B***** ein Schaden von 6,828.252 Euro (93,958.797 S) entstand;

II.

als Vorsitzender und Dkfm. Johann Z***** als Mitglied des Vorstands im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter die ihnen durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über das Vermögen der B***** zu verfügen, wissentlich missbraucht und ihr dadurch einen (in der einleitend zu I. zitierten Schadenssumme enthaltenen) Vermögensnachteil von 1.352,672.570 Euro zugefügt, indem sie

1. im September und Oktober 1998

a. durch Täuschung über den Zweck und das Risikopotential des Kredits durch Behauptung, es würden sichere japanische Staatsanleihen angekauft, während tatsächlich hochriskante spekulative Finanzinstrumente erworben werden sollten, die Zustimmung der Vorstandsmitglieder Mag. Dr. Christian Bü***** und Mag. Hubert K***** für einen Kredit an die N***** Ltd in Höhe von 89 Millionen US-$ erschlichen und diesem auch selbst zustimmten, wodurch der B***** mangels Rückführung am 16. Oktober 1998 ein Schaden im Ausmaß der Darlehenssumme von 73,415.235 Euro entstand;

b. gegenüber Dr. Wolfgang F*****, dem Machthaber der Kreditnehmer F***** Ltd, G***** Ltd und S***** Ltd, anordneten, deren einseitig hochriskante spekulativ mit Kreditmitteln des B***** Konzerns erworbene Finanzinstrumente, mit denen bei einem bis zum gesamten Kapital reichenden Verlustpotential auf gegenüber dem US-Dollar fallenden Yen gesetzt worden war, beizubehalten und nicht zu liquidieren, sowie das zu Punkt a. angeführte Investment vornahmen, wodurch der B***** am 16. Oktober 1998 ein in nicht rückgeführten Krediten gelegener weiterer Schaden von 550 Millionen US-$, das entspricht 453,689.657 Euro, entstand;

2. vom 26. Oktober 1998 bis 20. November 2000 unter Verheimlichung der relevanten Umstände vor dem Aufsichtsrat, durch Darstellung eines weit überhöhten Werts des von Dr. Wolfgang F***** als Sicherheit für das bestehende Obligo zur Verfügung gestellten Vermögens sowie durch Verschweigen der eigenen, in Anklagepunkt II.1. - und bei Helmut E***** darüber hinaus in Anklagepunkt I.A.1. dargestellten Mitwirkung an den Verlusten - die für die Beschlussfassung maßgebliche Zustimmung anderer Vorstandsmitglieder zu Krediten und Veranlagungen erschlichen und diese auch selbst mittrugen, die Grundlage und Voraussetzung für den Transfer weiterer frischer Geldmittel an Gesellschaften Dris. F***** waren, nämlich

a. am 26. Oktober 1998 die Zustimmung von Mag. Hubert K***** und Dr. Josef S***** dazu, eine Anleihe der H***** Ltd von 250 Millionen US-$ über die B***** Ltd und die liechtensteinische Anstalt A***** sowie unter Einschaltung der liechtensteinischen Stiftungen BE*****, BI***** und T***** zu zeichnen, wodurch der B***** teils bis 1. Dezember 1999 und teils am 20. November 2000 ein in Wertverlust gelegener Schaden von insgesamt 256,128.193 Euro entstand;

b. am 26. und 27. Oktober 1998 die Zustimmung von Mag. Dr. Christian Bü*****, Mag. Hubert K***** und Dr. Josef S*****, der O***** Ltd einen Kredit von 90 Millionen US-$ über die B***** Ltd zu gewähren, wodurch der B***** im Ausmaß von 80 Millionen US-$ am 28. Oktober 1998 und im Übrigen am 13. November 1998 ein in nicht rückgeführter Kreditvaluta gelegener Schaden in Höhe des Darlehens von zu den Zeitpunkten des Schadenseintritts 76.509.866 Euro entstand;

c. am 17. Februar 1999 die Zustimmung von Mag. Hubert K***** und Dr. Josef S*****, eine Anleihe der F***** Ltd um 34 Millionen US-$ aufzustocken, wodurch der B***** am 26. August 1999 ein in Wertverlust gelegener Schaden im Ausmaß des Erhöhungsbetrages von 32,545.790 Euro entstand;

d. am 21. April 1999 die Zustimmung Mag. Hubert K*****s, der K***** BV und der H***** BV Kredite von 25 und 35, insgesamt 60 Millionen US-$ zwecks Zeichnung von weiteren Anleihen der H***** Ltd zu gewähren, wodurch der B***** spätestens am 1. Dezember 1999 ein in nicht rückgeführter Kreditvaluta gelegener Schaden in Höhe der Darlehen von gesamt 59,502.866 Euro entstand;

3. am 22. Dezember 1999 einen Vorstandsbeschluss über die Veranlagung von 350 Millionen Euro in sogenannte Uni-Bonds dadurch herbeiführten, dass sie diesen initiierten, ihm zustimmten, die Zustimmung der Vorstandsmitglieder Mag. Hubert K*****, Dr. Josef S***** und Mag. Dr. Christian Bü***** erschlichen und diese zur Unterfertigung der bezughabenden Verträge bewegten, indem sie tatsachenwidrig behaupteten,

Rechtliche Beurteilung

Die eine Verletzung der Unschuldsvermutung (Art 6 Abs 2 MRK) behauptende Kritik geht schon deshalb fehl, weil bei der hier (aufgrund ausdrücklicher Beschwerden und überdies gemäß § 214 Abs 2 zweiter Satz StPO von Amts wegen) durchzuführenden Prüfung der Haftfrage Feststellungen zum Vorliegen eines dringenden Tatverdachts - als unabdingbare Voraussetzung für die Verhängung sowie die Fortsetzung der Untersuchungshaft - zwingend notwendig sind (vgl Ratz, Zur Bedeutung von Nichtigkeitsgründen im Grundrechtsbeschwerdeverfahren, ÖJZ 2005, 417 f), wobei die abschließende Klärung der Schuld ausschließlich der Hauptverhandlung vorbehalten bleibt (vgl 12 Os 20/07v). Dabei kann - dem Beschwerdestandpunkt zuwider - allein in der rechtlichen Beurteilung des vom Anklagevorwurf umfassten Sachverhalts (der sich sowohl aus dem Tenor als auch aus der Begründung der Anklageschrift - die als Einheit aufzufassen sind - ergibt; vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 503) weder eine „mangelnde Unvoreingenommenheit" noch eine „nicht vorhandene Unparteilichkeit" des erkennenden Senats erblickt werden. Indem sich der Angeklagte - trotz ursprünglicher Beschränkung seiner Argumentation auf eine unrichtige Beurteilung des Haftgrunds - hinsichtlich des Vorwurfs des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB gegen das Vorliegen einer Bereicherung wendet und damit insoweit den Tatverdacht in Abrede zu stellen sucht, lässt er die dazu ergangenen Ausführungen des Oberlandesgerichts unbeachtet, wonach der Aufsichtsrat bei Kenntnis der wahren Sachlage weder der Auszahlung der Pensionsabfindungen noch eines außerordentlichen Bilanzgelds zugestimmt hätte (vielmehr der Vorstandsvertrag mit Helmut E***** beendet worden wäre) und der B***** durch die inkriminierten Täuschungshandlungen die Möglichkeit genommen wurde, Pensionsforderungen des Angeklagten zu begegnen (BS 64 f). Dabei konnte der Gerichtshof zweiter Instanz die sich auf die Unrechtmäßigkeit des Begehrens erstreckende innere Tatseite Helmut E*****s mängelfrei aus dessen besonderer Eile ableiten, mit der diese Pensionsabfindung (ohne vorhergehende Erwähnung im Vorstand) betrieben wurde (BS 66; zum außerordentlichen Bilanzgeld BS 67). Im Übrigen stellen auch die - in der Beschwerde unangefochten gebliebenen - Ausführungen zur dringenden Verdachtsannahme (BS 28, 58) massiver und bereits für sich genommen exorbitanten Schaden verursachender Untreuehandlungen (Anklagefakten I.A. und II.; siehe BS 4 bis 11, 25 bis 27 und 59 bis 63) eine für die Verhängung und Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft völlig ausreichende Grundlage dar.

Soweit sich die Kritik gegen die Ausführungen des Oberlandesgerichtes zur Fluchtgefahr (BS 67 ff) richtet, ist ihr vorweg zu entgegnen, dass die rechtliche Annahme eines Haftgrundes dahin überprüft werden kann, ob diese Prognoseentscheidung aus den im angefochtenen Beschluss angeführten bestimmten Tatsachen abgeleitet werden durfte, ohne dass die darin liegende Ermessensentscheidung als willkürlich angesehen müsste (14 Os 82/03 uva, zuletzt 13 Os 125/06s, 12 Os 148/06s, 11 Os 138/06p [RIS-Justiz RS0117806]; ebenso Ratz, ÖJZ 2005, 418).

Von einer logisch oder empirisch unhaltbaren und somit rechtsfehlerhaften Entscheidung (im Sinne eines Verstoßes gegen das Willkürverbot) kann vorliegend aber keine Rede sein. Denn das Beschwerdegericht erblickte jene Tatsachen, die im Anlassfall die Gefahr nahelegen, der Angeklagte werde auf freiem Fuß flüchten oder sonstige Verhaltensweisen setzen, die darauf abzielen, sich dem Zugriff der Strafverfolgungsbehörden zu entziehen, nicht nur im Umstand, dass er im Falle seiner Verurteilung - angesichts des enormen Schadens - mit einer Freiheitsstrafe beträchtlichen Ausmaßes zu rechnen habe, sondern, in verschränkter Betrachtungsweise, einerseits auch in der Vermögenslage Helmut E*****s, die - ungeachtet seiner (ohne konkreten Aktenbezug erfolgten) Beteuerung, dass „sämtliche Geldeingänge und -ausgänge [...] im Akt urkundlich und schlüssig dokumentiert seien" - schon alleine aufgrund der Höhe seiner Einkünfte in den letzten Jahren (inklusive der dem dringenden Verdacht gemäß betrügerisch erlangten Pensionsabfindung und des außerordentlichen Bilanzgeldes) ohne weiters den Schluss zulässt, er habe weiterhin die Möglichkeit, auf bislang nicht bekannte Finanzmittel zuzugreifen, um damit ein seinen bisherigen Lebensgewohnheiten adäquates Fortkommen finanzieren zu können (BS 67 f), sowie andererseits im besonders ausgeprägten Auslandsbezug des Beschwerdeführers, der seinen Lebensmittelpunkt offenbar nach Frankreich verlagert hatte, wodurch ein Auslieferungsverfahren überhaupt erst erforderlich wurde (BS 72).

Dem Beschwerdestandpunkt zuwider wurden diese (unabhängig vom Alter des Angeklagten und der nunmehr in Untersuchungshaft durchgeführten Operation) bereits für sich genommen einen besonders hohen Fluchtanreiz nahelegenden entscheidenden Tatsachen (vgl instruktiv 12 Os 162/96) weder erstmals noch als alleinige Begründung für die Annahme des Haftgrunds angeführt, sondern - wie schon in den bisherigen Haftprüfungsbeschlüssen des Oberlandesgerichtes Wien (ON 372, 435 und 564) - stets in Verbindung mit der (bloß einen Teilaspekt darstellenden) Annahme, dass Helmut E***** bereits Handlungen setzte, um sich dem Zugriff der Strafverfolgungsbehörden zu entziehen (BS 68 f), wobei die darauf abzielenden Erwägungen vom Beschwerdesenat nicht willkürlich, sondern - unter anderem - auch auf Basis des Gutachtens des gerichtsmedizinischen Sachverständigen ao Univ. Prof. Dr. S***** (ON 600 und 608) getroffen wurden. Danach hat sich aber die bisherige Annahme des Beschwerdegerichts bestätigt, dass der Angeklagte unter wahrheitswidriger Vorgabe seiner Transportunfähigkeit seine tatsächliche Auslieferung nach Österreich zu verhindern trachtete, obwohl er (was auch von ihm selbst - unter Berufung auf ein Privatgutachten Univ. Prof. Dr. D***** - nicht bestritten wird; siehe S 53 der Beschwerdeschrift) zumindest über längere Zeiträume transportfähig war. Ob Helmut E***** über weite Strecken möglicherweise wie von ihm und namhaft gemachten Ärzten behauptet - vernehmungsunfähig war, betrifft indes keine für die Begründung des Haftgrundes entscheidende Tatsache, weil Fluchtgefahr bereits dann zu bejahen ist, wenn der Verdächtige Maßnahmen - welcher Art auch immer - setzt, um die Durchführung eines Strafverfahrens soweit wie möglich hinauszuzögern oder gar zu vereiteln bzw um sich dem Zugriff der inländischen Strafverfolgungsbehörden überhaupt zu entziehen, und es im Übrigen Sache des zuständigen Strafgerichtes sein wird zu beurteilen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für eine allenfalls noch erforderliche Vernehmung (oder einen anderen Ermittlungsschritt) vorliegen.

Ob aufgrund sonstiger - teilweise erst nach der angefochtenen Entscheidung bekannt gewordener (und damit nicht grundrechtsrelevanter; vgl RIS-Justiz RS0106584) - Aktenbestandteile eine Ergänzung der Expertise Dris. S***** angebracht erscheint, kann hier dahingestellt bleiben, weil die in der Begründung eines Haftbeschlusses zum Ausdruck kommende sachverhaltsmäßige Bejahung oder Verneinung bloß einzelner von mehreren erheblichen Umständen (= bestimmten Tatsachen), welche erst in der Gesamtschau mit anderen die Prognoseentscheidung tragen, nach § 10 GRBG iVm § 281 Abs 1 Z 5 StPO nicht in Frage gestellt werden kann, es sei denn, eine als willkürlich kritisierte bestimmte Tatsache bildete erkennbar eine notwendige Bedingung für diese Annahme (15 Os 34/04; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 32 und 410).

Mit dem wiederholten Hinweis auf den Rahmenbeschluss des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedsstaaten (2002/584/JI), nach dessen Art 12 es Sache der vollstreckenden Justizbehörde ist, darüber zu entscheiden, ob die gesuchte Person nach Maßgabe des Rechts des Vollstreckungsmitgliedsstaates in Haft zu halten ist, und eine vorläufige Haftentlassung nach Maßgabe der innerstaatlichen Rechtsvorschriften des Vollstreckungsmitgliedsstaates jederzeit möglich ist, und wonach (Art 23 Abs 4 erster Satz) die Übergabe aus schwerwiegenden humanitären Gründen, zum Beispiel wenn ernsthafte Gründe für die Annahme bestehen, dass die Vollstreckung offensichtlich eine Gefährdung für Leib oder Leben der gesuchten Person darstellt, ausnahmsweise ausgesetzt werden kann, wird übersehen, dass damit die Entscheidungskompetenz zum tatsächlichen Vollzug des Europäischen Haftbefehls zwar dem Vollstreckungsstaat überantwortet wird, daraus aber keine Bindungswirkung für den ersuchenden Staat zur Beurteilung der Haftgründe - hier der Fluchtgefahr - abgeleitet werden kann.

In Ansehung des nach der dringenden Verdachtslage außerordentlichen volkswirtschaftlichen Schadens und der daraus - im Falle eines Schuldspruchs - zu erwartenden mehrjährigen Freiheitsstrafe kann von einer Unverhältnismäßigkeit der erst seit 14. Februar 2007 andauernden Untersuchungshaft (auch auch unter Berücksichtigung der kurzfristigen Auslieferungshaft) keine Rede sein.

Der vom Beschwerdegericht zutreffend aufgezeigte Haftgrund einer fallbezogen massiven Fluchtgefahr ist auch durch gelindere Mittel iSd § 180 Abs 5 StPO nicht substituierbar.

Helmut E***** wurde somit im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt, weshalb seine Beschwerde ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen war.

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