Spruch:
Engelbert T***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Text
Gründe:
Engelbert T***** wurde am 7.September 1995 in Untersuchungshaft genommen (ON 133/VII). Zuletzt ordnete die Untersuchungsrichterin am 4. Oktober 1996 die Fortsetzung der Haft an (ON 248/XI). Mit dem angefochtenen Beschluß gab das Oberlandesgericht der dagegen erhobenen Bechwerde des genannten Beschuldigten nicht Folge und erstreckte die Haftfrist bis 24.Dezember 1996 (ON 254/XI).
Dabei ging es (erkennbar) davon aus, daß Engelbert T***** dringend verdächtig sei, das Verbrechen der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und 2 StGB begangen zu haben, indem er (1987 bis 1993 - ON 248/XI) "vielfache Millionenbeträge" (mindestens 30 Millionen Schilling, vgl neuerlich ON 248/XI) durch Zwischenschaltung von Schweizer Treuhandfirmen (O***** AG und P***** AG) aus der von ihm geführten (§ 161 StGB) Unternehmensgruppe (bestehend aus P***** GmbH Nfg KG, P***** Geschäftsführungs GmbH, F***** Computererzeugung GmbH, Thomas und Engelbert T***** GmbH, T***** & Co, T***** & Co GmbH & Co KG, B***** Uhren und Schmuck Handels GmbH und M***** GmbH) "nachhaltig" entzog und dadurch die Befriedigung der Gläubiger schmälerte.
Im Hinblick auf § 194 Abs 2 StPO sah das Oberlandesgericht von einer (neuerlichen) Verdachtsprüfung hinsichtlich der Vergehen der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z 1 und 2 StGB mit einem (Kridaschaden von weit mehr als einer Milliarde Schilling) ab.
Der Gerichtshof zweiter Instanz nahm den Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 180 Abs 2 Z 1 StPO) als gegeben an. Die Substituierbarkeit der Haft (durch gelindere Mittel des § 180 Abs 5 StPO) und deren Unverhältnismäßigkeit verneinte er.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen erhobene Grundrechtsbeschwerde geht fehl.
Den gegen das Ausmaß der Gläubigerschädigung von (minimal) 30 Millionen Schilling erhobenen Einwänden genügt es zu erwidern, daß allein schon das vierte Teilgutachten des genannten Buchsachverständigen ON 226/X), der die Verantwortung des Beschwerdeführers (94 Mio S durch Bezahlung von für seine Unternehmen tätigen "Schwarzarbeitern" aufgewendet zu haben) und die diesbezüglichen Ermittlungen der Finanzbehörde (Großbetriebsprüfung Wien zu StNr 740/5614 - S 155/X) in die Prüfung einbezog, eine ausreichende Basis für den qualifizierten Verdacht darstellt.
Eine weitergehende Erörterung in Form einer vorwegnehmenden Würdigung der auf die Verdachtsintensität bezughabenden Sachverhaltsprämissen - etwa die ausländische Firmen und Konten einbeziehenden, umfangreiche Barbehebungen umfassenden Tatmodalitäten, ferner ein nach dem dritten und vierten Teilgutachten und den Ermittlungen der Finanzbehörde (ON 114/VI und 226/X iVm ON 221/X) von 1987 bis 1993 entstandener Überhang der von Engelbert T***** abgeschöpften Firmengelder gegenüber den für die Bezahlung von "Schwarzarbeitern" aufgewendeten Zahlungen von mehr als 60 Mio S, wovon allein auf das Jahr 1992 ca 30 Mio S entfallen (S 483/X) einerseits und die zur Höhe der an "Schwarzarbeiter" tatsächlich bezahlten Beträge undeutlichen Aussagen der vom Beschuldigten namhaft gemachten Zeugen (Ka*****, Ko*****, S*****, B***** und L*****), welche deponierten, daß der 1993 verstorbene (S 445/IX) Stevan M***** für die Bezahlung dieser Arbeiter zuständig war (ON 181/IX) - ist im Hinblick auf die Position des Obersten Gerichtshofes als höchste Instanz in Strafsachen und das daraus resultierende Gewicht seiner Aussprüche bei Prüfung des dringenden Tatverdachtes zu vermeiden, um der freien richterlichen Beweiswürdigung in einem allfälligen Erkenntnisverfahren im Rahmen des Grundrechtsbeschwerdeverfahrens nicht vorzugreifen (12 Os 19, 20/93, 12 Os 65/93 ua).
Der Beschwerde zuwider ist aus der vom Sachverständigen erschlossenen subjektiven Erkennbarkeit der Zahlungsunfähigkeit Mitte des Jahres 1991 für den Beschuldigten Engelbert T***** nichts zu gewinnen, weil die Zahlungsunfähigkeit kein Tatbestandsmerkmal des in Rede stehenden Vorsatzdeliktes (§ 156 StGB) ist und diese Aussage des Experten wegen der beschriebenen Tatmodalitäten die Verdachtslage hinsichtlich des Schädigungsvorsatzes in bezug auf allfällige Tathandlungen vor diesem Zeitpunkt nicht entscheidend beeinflußt.
Von einer Unverhältnismäßigkeit der bis zur Entscheidung des Gerichtshofes zweiter Instanz etwas mehr als 13 Monate dauernden Untersuchungshaft kann bei der für das Verbrechen der betrügerischen Krida in § 156 Abs 2 StGB angedrohten Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren keine Rede sein. Im Fall verdachtskonformer Anklage und Verurteilung wäre nämlich wegen des Ausmaßes der vorsätzlichen Gläubigerschädigung (und der erschwerend zu berücksichtigenden fahrlässigen Krida mit einem Schaden von weit über einer Milliarde Schilling) mit einer Sanktion im oberen Bereich des Strafrahmens zu rechnen.
Die dem Beschwerdeführer mutmaßlich bevorstehende hohe Strafe, seine Auslandskontakte, ferner die nach der Verdachtslage ins Ausland transferierten hohen Geldbeträge iVm der vernichteten wirtschaftlichen Existenz im Inland rechtfertigen im Ergebnis - der Beschwerde zuwider - die Annahme der Fluchtgefahr, deren Gewicht der Substituierung der Untersuchungshaft durch gelindere Mittel (§ 180 Abs 5 StPO) entgegensteht.
Wegen des dargestellten intensiven Fluchtanreizes kommt dem Alter des Beschuldigten von über 70 Jahren, der während der Untersuchungshaft notwendig gewordenen Operation und dem Umstand, daß vor der Verhaftung keine Anstalten zur Flucht beobachtet werden konnten, keine entscheidende Bedeutung (im Sinn des § 180 Abs 3 StPO) zu.
Die bekämpfte Erstreckung der Haftfrist verstößt auch nicht gegen § 194 Abs 3 StPO, weil der Buchsachverständige mehr als 100 Kubikmeter Unterlagen (S 67/III) auswerten und sukzessive auf neues Vorbringen des Beschwerdeführers und neue Erkenntnisse aus Ermittlungen und Bankerhebungsaufträgen reagieren mußte und die bisher vorliegenden Verfahrensergebnisse bereits elf Aktenbände füllen. Auf Grund dieser Schwierigkeiten und des besonderen Umfanges der Untersuchung ist die Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft im Hinblick auf das aufgezeigte Gewicht des Haftgrundes unvermeidbar.
Da der Beschluß des Oberlandesgerichtes nach dem Gesagten mit dem Gesetz (insbesondere auch mit Art 5 Abs 1 lit c EMRK und Art 1 Abs 3 PersFrG) im Einklang steht, war die Beschwerde mangels Grundrechtsverletzung ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen.
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