Spruch:
Martin K***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Text
Gründe:
Die Untersuchungsrichterin des Landesgerichtes für Strafsachen Wien verhängte mit Beschluss vom 24. März 2006 (ON 28) über den am 22. März 2006 festgenommenen (S 127/I) Beschuldigten Martin K***** die Untersuchungshaft aus dem Grund der Tatbegehungsgefahr (§ 180 Abs 2 Z 3 lit b StPO). Nach zwischenzeitigem Vollzug (§ 180 Abs 4 StPO) einer dreimonatigen Strafhaft (ON 32, 55) setzte sie - jeweils nach Durchführung einer Haftverhandlung (ON 53, 64, 75, 86 und 99) - mit Beschlüssen vom 3. Juli 2006 (ON 54), 21. Juli 2006 (ON 65), 21. August 2006 (ON 76), 8. September 2006 (ON 87) und 7. November 2006 (ON 100) die Untersuchungshaft aus dem genannten Haftgrund fort. Nach der letztgenannten Entscheidung ist der Beschuldigte dringend verdächtig, in der Zeit vom Jahr 1991 bis zum Februar 2006, zum Teil im einverständlichen Zusammenwirken mit einem anderen, gewerbsmäßig in 49 Angriffen zahlreichen Geschädigten Geld-, Dienst- und Sachleistungen im Gesamtwert von mehr als 190.000 Euro betrügerisch herausgelockt zu haben.
Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Oberlandesgericht Wien der Beschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluss vom 7. November 2006 nicht Folge und setzte die Untersuchungshaft aus dem dort angenommenen Haftgrund fort.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen erhobene Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten geht fehl.
Soweit die Beschwerde im Zusammenhang mit den am 10. November 2006 beim Erstgericht eingelangten ergänzenden Polizeierhebungen (ON 103) eine Verletzung des Beschleunigungsgebots (§ 193 Abs 1 StPO) einwendet, legt sie die diesbezüglichen Verfahrensschritte nur rudimentär und solcherart verzerrend dar.
Nach der Aktenlage schloss die Untersuchungsrichterin die Voruntersuchung (§ 111 StPO) zunächst am 10. April 2006 (S 1 f verso/I). Aufgrund weiterer Erhebungsergebnisse (S 1g/I, 1i/I, 1l/I) wurden die Akten aber sogleich an das Erstgericht retourniert und in der Folge am 23. Juni 2006 erneut gemäß § 112 Abs 1 erster Satz StPO an die Staatsanwaltschaft übermittelt (S 1m/I). Der den ergänzenden Polizeierhebungen (ON 103) zugrunde liegende Antrag der Staatsanwaltschaft vom (richtig:) 28. Juni 2006 langte am 30. Juni 2006 bei der Untersuchungsrichterin ein (S 1n verso), welche am 3. Juli 2006 (ua) ein antragskonformes Ersuchen an das - mit der Strafsache bereits befasst gewesene (ON 41) - Kriminalkommissariat Zentrum Ost richtete (S 1o/I). Nachdem ein Mitarbeiter dieser Polizeidienststelle am 10. Juli 2006 mitgeteilt hatte, dass für die gewünschten Erhebungen die Polizeiinspektion Bruck an der Leitha zuständig sei, sendete die Untersuchungsrichterin am selben Tag an diese Dienststelle ein inhaltsgleiches Erhebungsersuchen (S 1p/I). Der diesbezügliche Bericht wurde am 27. Oktober 2006 sowie am 30. Oktober 2006 urgiert (S 1l11/I) und langte - rund 700 Aktenseiten umfassend - am 10. November 2006 beim Erstgericht ein (ON 103). Ausgehend von dieser Verfahrenschronologie und unter Berücksichtigung der Faktenvielzahl sowie des Aktenumfangs von (im Zeitpunkt der bekämpften Entscheidung) neun Bänden ist den Gerichten in Bezug auf die ergänzenden Erhebungen (ON 103) keine Verfahrensverzögerung vorzuwerfen, womit auch das Vorbringen, spätestens zum 11. Juli 2006 seien „alle Fakten bekannt" gewesen, auf sich zu beruhen hat. Der Einwand, trotz mehrmonatiger Voruntersuchung sei hinsichtlich zahlreicher Vorwürfe kein exakter Tatzeitpunkt bekannt, ist unverständlich, zumal die Kenntnis der genauen Tatzeit grundsätzlich nicht einmal zwingende Voraussetzung eines verurteilenden Erkenntnisses ist (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 290). Die rechtliche Annahme einer der in § 180 Abs 2 StPO genannten Gefahren überprüft der Oberste Gerichtshof im Rahmen des Grundrechtsbeschwerdeverfahrens nur darauf, ob sich diese angesichts der zugrunde gelegten bestimmten Tatsachen als willkürlich darstellt (14 Os 82/03; zuletzt 11 Os 41/06y, 15 Os 86/06w, 13 Os 97/06y). Fallbezogen leitet das Beschwerdegericht den Haftgrund der Tatbegehungsgefahr mängelfrei aus der verschränkten Betrachtung der unzähligen gleichartigen, einen mehrjährigen Zeitraum umfassenden Tathandlungen und den zahlreichen einschlägigen Vorstrafen ab. Indem die Beschwerde dies ignoriert und der angefochtenen Entscheidung vom Akteninhalt losgelöste Erwägungen entgegensetzt, entzieht sie sich somit einer inhaltlichen Erwiderung.
Korrespondierendes gilt für den nicht sachbezogenen Hinweis, dass sich der (in Bezug auf einige Tathandlungen) präsumtive Mittäter Markus Ka***** auf freiem Fuß befindet sowie für die Behauptung der Anwendbarkeit gelinderer Mittel, die nicht erkennen lässt, inwiefern dem Beschwerdegericht bei der Verneinung dieser Frage ein Fehler unterlaufen sein soll.
Der Einwand fehlender Dringlichkeit des Tatverdachts (§ 180 Abs 1 StPO) ist mangels argumentativen Substrats einer inhaltlichen Erörterung nicht zugänglich.
Da die behauptete Grundrechtsverletzung somit nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne Kostenzuspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen.
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