OGH 11Os41/06y

OGH11Os41/06y9.5.2006

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. Mai 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Gebhart als Schriftführer, in der Strafsache gegen Helmut K***** und Silke K***** wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung, AZ 18 Ur 58/06f des Landesgerichtes für Strafsachen Graz, über die Grundrechtsbeschwerde der Beschuldigten Silke K***** gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Beschwerdegericht vom 23. März 2006, AZ 10 Bs 107, 121/06w, d (= ON 30 der Ur-Akten), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Silke K***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Grundrechtsbeschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Oberlandesgericht Graz der Beschwerde der Beschuldigten Silke K***** - gegen die beim Landesgericht für Strafsachen Graz die Voruntersuchung wegen des Verbrechens der absichtlich schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB und des Vergehens des Quälens oder Vernachlässigens unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen nach § 92 Abs 1 StGB geführt wird - wider die vom Untersuchungsrichter des Landesgerichtes für Strafsachen Graz am 26. Februar 2006, GZ 18 Ur 58/06f-7 (S 159), beschlossene Verhängung der Untersuchungshaft sowie deren am 10. März 2006 nach erster Haftverhandlung (ON 17) angeordnete Fortsetzung (ON 18) nicht Folge und erkannte (§ 179 Abs 6 StPO), der erstgerichtliche Beschluss ON 7 verletze das Gesetz nicht.

Bei dieser Entscheidung ging das Beschwerdegericht davon aus, dass die Beschwerdeführerin und ihr Ehegatte Helmut K***** im dringenden Verdacht stehen,

1. im Zeitraum zwischen Mitte Jänner 2006 und 21. Februar 2006 ihrem gemeinsamen, vier Monate alten Sohn Darius K***** in mehreren Angriffen auf nicht näher bestimmte Weise, vermutlich jedoch durch heftiges Schütteln, eine schwere Körperverletzung, nämlich ein Schütteltrauma mit Einblutungen der Netzhaut und mehrseitigen Blutungen im Bereich des Gehirns, absichtlich zugefügt zu haben,

2. durch die oben beschriebenen Handlungen ihrem genannten gemeinsamen Sohn, somit einer Person, die ihrer Fürsorge und Obhut untersteht und das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, körperliche Qualen zugefügt zu haben.

Rechtliche Beurteilung

Soweit die Beschwerde die Dringlichkeit des Tatverdachtes kritisiert, scheitert sie bereits an der Unterlassung einer entsprechenden Bekämpfung in der Beschwerde gegen die Beschlüsse der Untersuchungsrichterin (ON 24) und demgemäß an der Erschöpfung des Instanzenzuges (RIS-Justiz RS0114487, zuletzt 15 Os 16/06a). Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass die Gründe, die zur Feststellung einer Grundrechtsverletzung bei Helmut K***** führten (11 Os 31/06b), bei Silke K***** gerade nicht vorliegen. Zutreffend hebt die Rechtsmittelwerberin hervor, dass die Annahme eines Haftgrundes das Darstellen bestimmter Tatsachen dafür erfordert (§ 180 Abs 2 erster Satzteil StPO).

Mit dem Verweis auf die leugnenden Einlassungen der beiden miteinander verheirateten Beschuldigten und das Ausstehen eines gerichtsmedizinischen Gutachtens (S 5 des angefochtenen Beschlusses) genügte das Oberlandesgericht fallbezogen den gesetzlichen Anforderungen, ergibt sich doch aus den Ersteren, dass die Beschwerdeführerin die Herkunft in der Ehewohnung beschlagnahmter (S 53) Suchtmittel zu verschleiern suchte (S 23, 79, 103) und Apothekenbedienstete über die Verwendung der ihr dort übergebenen Substitutionsstoffe im Rahmen einer Suchtmittelentwöhnungsbehandlung täuschte (81, 109) sowie eine Verletzung ihres Säuglings deshalb nicht alsbaldiger ärztlicher Behandlung zuführte, weil sie Misshandlungsvorwürfen entgehen wollte (S 83, 97, 167, 119, 157). Ohne Verstoß gegen das Willkürverbot (vgl zu diesem Prüfungskriterium Ratz ÖJZ 2005, 415 [418] und aus der ständigen Judikatur jüngst 14 Os 19/06k) durfte der Gerichtshof zweiter Instanz daher im Gegenstand von Verdunkelungsgefahr ausgehen.

Eine Auseinandersetzung mit den Erwägungen der Beschwerde zur Tatbegehungsgefahr erübrigt sich somit (RIS-Justiz RS0061196). Die Beschuldigte Silke K***** wurde daher im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt, weshalb ihre Beschwerde ohne Kostenzuspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen war.

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