OGH 14Os19/06k

OGH14Os19/06k8.3.2006

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. März 2006 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Philipp als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Schroll und Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Westermayer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Werner G***** wegen Verbrechen nach § 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster Fall SMG, AZ 18 Ur 342/05v des Landesgerichtes für Strafsachen Graz, über die Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Beschwerdegericht vom 12. Jänner 2006, AZ 10 Bs 11/06b, 10 Bs 13/06x (ON 17 des Ur-Aktes), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Werner G***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Grundrechtsbeschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Gegen Werner G***** wird beim Landesgericht für Strafsachen Graz Voruntersuchung wegen Verdachtes von Verbrechen nach § 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster Fall SMG geführt.

Mit Beschluss vom 20. Dezember 2005 wurde über den Beschuldigten die Untersuchungshaft aus den Gründen der Verdunkelungs- und der Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 2 Z 2 und Z 3 lit a und lit b StPO verhängt (ON 7). Mit Beschluss vom 2. Jänner 2006 wurde wegen Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 2 Z 3 lit a und lit b StPO die Fortsetzung der Untersuchungshaft angeordnet (ON 13). Den gegen die Verhängung und die Fortsetzung der Haft erhobenen Beschwerden gab das Oberlandesgericht Graz mit dem angefochtenen Beschluss nicht Folge und setzte die Haft wegen Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 2 Z 3 lit a und b StPO fort (ON 17).

Danach richtet sich gegen den Beschuldigten der dringende Verdacht, das Verbrechen nach § 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster Fall, Abs 4 Z 3 SMG begangen zu haben, indem er in der Zeit von Jänner 2004 bis zu seiner Festnahme am 19. Dezember 2005 in Graz in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung solcher Taten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, mit von vornherein auf die kontinuierliche Begehung und den daran geknüpften Additionseffekt gerichtetem Vorsatz aus den Niederlanden importierte suchtmittelhältige Pilze mit einem Reinsubstanzgehalt von zumindest rund 737 g Psilocybin, das ist mehr als das 245-fache der Grenzmenge von 3,0 g, durch Verkauf an überwiegend unbekannte Zwischenhändler und Endabnehmer in Verkehr setzte.

Das Oberlandesgericht nahm in der angefochtenen Entscheidung auf die Verantwortung des Beschwerdeführer Bedacht, er habe die Pilze aufgrund einer gültigen Exportgenehmigung aus den Niederlanden bezogen und im Rahmen seines Geschäftsbetriebes, also nicht im Verborgenen, verkauft und am 24. September 2004 die Pilze betreffende Schreiben an die Bundesministerien für Inneres sowie für Gesundheit und Frauen gerichtet (S 217 bis 221).

Rechtliche Beurteilung

Die Grundrechtsbeschwerde hält den Erwägungen der angefochtenen Entscheidung in Ansehung des dringenden Tatverdachtes entgegen, dass § 84 StPO für bestimmte Fälle eine Anzeigepflicht vorsehe. Damit macht sie hinsichtlich der Sachverhaltsgrundlage des dringenden Tatverdachtes weder eine Unvollständigkeit der Entscheidungsbegründung noch einen Aspekt geltend, mit dem unter Bezugnahme auf konkrete Beweisergebnisse erhebliche Bedenken aufgezeigt würden (dazu Ratz, ÖJZ 2005, 417 f). Das Oberlandesgericht befasste sich auch mit der inneren Tatseite eingehend, wobei es unter anderem auf die erwähnten Schreiben Bezug nahm. Diese blieben, wie der Gerichtshof zweiter Instanz hervorhob, unbeantwortet (S 219 f). Das weitere Vorbringen, wonach „sämtliche für die Beurteilung des Tatverdachts notwendigen Feststellungen nicht abschließend getroffen" wurden, geht an den erwähnten Sachverhaltsannahmen auch zur inneren Tatseite vorbei.

Die rechtliche Annahme einer der von § 180 Abs 2 StPO genannten Gefahren wird vom Obersten Gerichtshof im Rahmen des Grundrechtsbeschwerdeverfahrens dahin überprüft, ob sie aus den in der angefochtenen Entscheidung angeführten bestimmten Tatsachen abgeleitet werden durfte, ohne dass die darin liegende Ermessensentscheidung als willkürlich angesehen werden müsste (jüngst zB 14 Os 9/06i).

Der Beschwerdeführer zeigt jedoch keinerlei Willkür des Oberlandesgerichtes bei der Annahme des genannten Haftgrundes auf. Dieses leitete die begründete Gefahr der Begehung von Straftaten der vorliegenden Art aus einer Zusammenschau auf die Vorstrafe des Beschuldigten vom 15. Dezember 2003 wegen §§ 27 Abs 1, 28 Abs 2 SMG, die nach der Verdachtslage geschehene Tatbegehung während offener Probezeit, die sehr große Menge der in Verkehr gesetzten Suchtmittel, den langen Deliktszeitraum und die Fortsetzung der Tathandlungen auch nach polizeilichem Einschreiten und trotz Belehrung über die Gesetzwidrigkeit seines Tuns ab (S 223). Damit wurde die Annahme von Tatbegehungsgefahr gesetzmäßig begründet.

Betreffend die in der Beschwerdeentscheidung verneinte Anwendbarkeit gelinderer Mittel vermag der Beschuldigte mit dem Hinweis auf seine Erklärung in der Haftverhandlung, „bis zur Klärung im gegenständlichen Strafverfahren" keine suchtmittelhältigen Pilze mehr zu veräußern, nicht darzulegen, dass dem Oberlandesgericht bei Prüfung der Substituierungsmöglichkeit nach § 180 Abs 5 StPO angesichts der vorstehend genannten Umstände ein Fehler unterlaufen wäre.

Eine Grundrechtsverletzung liegt daher nicht vor, weshalb die Beschwerde ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen war.

Stichworte