Spruch:
Bettina D***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Text
Gründe:
Gegen Bettina D***** ist beim Landesgericht für Strafsachen Wien ein Verfahren wegen des Verdachtes der Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB anhängig. Danach soll sie im März und April 2006 in Wien in vier Fällen in bewusstem und gewollten Zusammenwirken mit Mittätern unbekannt gebliebene Schwarzafrikaner unter dem Vorwand, Suchtgift erwerben zu wollen, zum Einsteigen in das von ihr gelenkte Fahrzeug verleitet und diesen dann gewaltsam und unter Verwendung von Waffen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Suchtgift weggenommen haben.
Nachdem der Journalrichter des Landesgerichts für Strafsachen Wien den gegen Bettina D***** gestellten Haftantrag abgewiesen hatte, gab das Oberlandesgericht Wien mit dem angefochtenen Beschluss der Beschwerde der Staatsanwaltschaft Folge und trug dem Untersuchungsrichter die Verhängung der Untersuchungshaft über die Genannte gemäß § 180 Abs 2 Z 3 lit a und b StPO iVm § 35 Abs 1 zweiter Satz JGG auf. In Entsprechung dessen wurde nach ihrer Festnahme über sie am 18. Juli 2006 aus den angeführten Gründen die Untersuchungshaft verhängt.
Gegen den Beschluss des Gerichtshofs zweiter Instanz richtet sich die rechtzeitige Grundrechtsbeschwerde. Sie ist zulässig, weil durch den kassatorischen Beschluss des Gerichtshofs zweiter Instanz nach ursprünglicher Enthaftung die Fortsetzung der Untersuchungshaft abschließend effektuiert wurde (14 Os 22/02).
Rechtliche Beurteilung
Ihr kommt jedoch keine Berechtigung zu. Sie kritisiert die Annahme des Haftgrunds der Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 1 Z 3 lit a und b StPO und behauptet deren Substituierbarkeit durch gelindere Mittel mit der Begründung, dass sich das Oberlandesgericht nicht mit der untergeordneten Beteiligung der Beschuldigten sowie damit auseinandergesetzt habe, dass diese weder vorher noch nachher strafbare Handlungen begangen habe. Zwischen ihrer Enthaftung und ihrer neuerlichen Verhaftung habe sie sich einen Monat lang nichts zuschulden kommen lassen.
Die rechtliche Annahme der Gefahr, die Beschuldigte werde auf freiem Fuße ungeachtet des gegen sie geführten Strafverfahrens eine strafbare Handlung mit schweren oder nicht bloß leichten Folgen begehen, die gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet ist wie die ihr angelastete strafbare Handlung (§ 180 Abs 2 Z 3 lit a und b StPO), wird vom Obersten Gerichtshof im Rahmen des Grundrechtsbeschwerdeverfahrens dahin überprüft, ob sie aus den angeführten bestimmten Tatsachen abgeleitet werden durfte, ohne dass die darin liegende Ermessensentscheidung als willkürlich angesehen werden müsste (RIS-Justiz RS0117806).
Das Oberlandesgericht hat seine Prognose zum Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 2 Z 3 lit a und b StPO unter Verneinung der Substituierbarkeit der Haft durch gelinder Mittel auf die bereits lange andauernde Suchtgiftabhängigkeit der Beschuldigten, die schon zu mehreren Anzeigen führte, in Zusammenhang mit der mehrfachen Tatwiederholung und den Umstand gestützt, dass sie weder durch ihren aufrechten Arbeitsplatz noch die bereits seit November 2004 erfolgende Suchtgift-Substitionsbehandlung von den vorgeworfenen Taten abgehalten werden konnte. Der Gerichtshof zweiter Instanz hat somit zur Prognosebegründung durchaus solche - von der Grundrechtsbeschwerde aber außer Acht gelassene - bestimmte Tatsachen angeführt, die nach den Grundsätzen folgerichtigen Denkens und allgemeinen Erfahrungssätzen geeignet sind, die daraus abgeleiteten Befürchtungen zu tragen. Der Vorwurf der Willkür trifft daher nicht zu.
Einzelne aus der Sicht der Beschwerdeführerin erörterungsbedürftige Umstände bei dieser Prognose nicht ausdrücklich erwähnt zu haben, kann der angefochtenen Entscheidung nicht als Grundrechtsverletzung vorgeworfen werden (13 Os 118/03). Im Übrigen ist die rechtsrichtig als Beteiligung nach § 12 dritter Fall StGB zu beurteilende Rolle der Beschuldigten (vgl ON 95) schon in Hinblick darauf, dass sie in einem Fall das Opfer zum Tatort lockte, keineswegs als bloß untergeordnete anzusehen (vgl Ebner in WK2 § 34 Rz 16), und konnte ein in der Zukunft liegendes Wohlverhalten der Beschuldigten (nämlich bis zur Vollstreckung des angefochtenen Beschlusses) naturgemäß nicht Gegenstand der Entscheidung des Gerichtshofes zweiter Instanz sein. Somit wurde die Beschuldigte im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt, weshalb die Beschwerde ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen war.
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