Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung als Teilurteil zu lauten hat:
Das Klagebegehren des Inhalts, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen 22.260 EUR samt 4 % Zinsen seit 18. Februar 2002 zu zahlen, wird
abgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.357,44 EUR (darin 1.168 EUR Barauslagen und 198,24 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Der Kostenvorbehalt in Ansehung des Berufungsverfahrens bleibt aufrecht.
Text
Entscheidungsgründe:
Im Jahr 1996 installierte der Kläger den etwa 35 m langen Schriftzug „DARF KUNST JEDER EHE JEDER KUNST DARF" aus Aluminiumbuchstaben in einer Rasenfläche auf einem Platz in Wien. Die einzelnen Buchstaben wurden mit Eisenkrallen, „die ca. 50 cm in die Erde reichten, in einem Betonsockel verankert". Dieser wurde auf einer als öffentlicher Grund gewidmeten Straße errichtet, nachdem die MA 28 des Magistrats der Stadt Wien dafür im Mai 1996 eine „Gestaltungserlaubnis" erteilt hatte. Darin heißt es u.a.:
„2. Diese Gestaltungserlaubnis wird auf jederzeit möglichen Widerruf erteilt.
Bei Widerruf ist die Textinstallation „DARF KUNST JEDER EHE JEDER KUNST DARF" durch den Erlaubnisträger ohne Entschädigung sofort wieder zu entfernen und die Grünfläche nach den Angaben der MA 42 ... wieder herzustellen."
Im Jänner 2001 widerrief die MA 28 die Gestaltungserlaubnis wegen Errichtung einer Tiefgarage unter dem Platz und trug dem Kläger auf, die Textinstallation bis 1. März 2001 zu entfernen. Das war dem Kläger wegen einer Veranstaltung auf dem Platz, bei der der Schriftzug durch eine Plattform überbaut worden war, nicht möglich. Danach war ihm der Zugang verwehrt, weil Baustelleneinrichtungen aufgestellt worden waren und im Dezember 2001 die Erde gefroren war. Am 29. Jänner 2002 wurde die Schriftskulptur im Zuge von Bauarbeiten, die das vormals erstbeklagte und jetzt allein beklagte Bauunternehmen (im Folgenden nur beklagte Partei) durchführte, durch einen Bagger irreparabel beschädigt. Mitarbeiter der beklagten Partei informierten den Kläger umgehend von der Beschädigung, die er bereits am 31. Jänner 2002 besichtigte.
Am 15. Februar 2002 ging die Schadensmeldung an die vormals zweitbeklagte Partei, den Betriebshaftpflicht-Versicherer (im Folgenden nur Versicherer) der beklagten Partei. Mit Schreiben vom 28. März gab diese der mittlerweile vom Kläger beauftragten Klagevertreterin bekannt, einen Sachverständigen mit Erhebungen über die Schadenshöhe beauftragt zu haben. Am 2. Jänner 2003 wurde das fertiggestellte Gutachten samt Schreiben des Versicherers der Klagevertreterin übermittelt. Am 11. Februar 2003 rief diese - als Reaktion darauf - die neu zuständige Sachbearbeiterin des Versicherers an, die zusagte zurückzurufen, nachdem sie sich den Akt angesehen habe. Im darauffolgenden Telefonat vom 13. Februar 2003 diskutierten die beiden über eine mögliche Wiederherstellung des Kunstwerks und eine eventuelle Vorsteuerabzugsberechtigung des Klägers. Man kam überein, abwarten zu wollen, ob die MA 28 die Wiederherstellung der Skulptur genehmigen würde. Das war schließlich am 21. November 2003 der Fall.
2004 kam es zu keiner weiteren Kontaktaufnahme. Am 9. Februar 2005 rief die Klagevertreterin die Sachbearbeiterin des Versicherers an und bat um Abgabe eines Verjährungsverzichts. Die Sachbearbeiterin meinte, die Ansprüche des Klägers seien bereits verjährt. Der Kläger begehrte mit seiner am 18. Februar 2005 eingebrachten Klage die Zahlung von 29.636 EUR s.A. und zwar (jeweils einschließlich USt) 22.260 EUR für Anfertigungskosten der Buchstaben und 7.377 EUR für Kosten der Montage und Baustelleneinrichtung. Dazu brachte er im Wesentlichen vor, er sei Eigentümer der Textskulptur gewesen. Die beklagte Partei habe diese beschädigt, die vormals zweitbeklagte Partei hafte als deren Haftpflichtversicherer. Beide hätten den „Schaden" dem Grunde nach anerkannt.
Die beklagte Partei wendete u.a. Verjährung ein und bestritt ein Anerkenntnis.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren gegen die vormals zweitbeklagte Partei unangefochten ab und verhielt die beklagte Partei zur Zahlung des vom Kläger begehrten Betrags s.A.; lediglich einen Teil des Zinsenbegehrens wies es unbekämpft ab. Ausgehend von seinen eingangs großteils wiedergegebenen Tatsachenfeststellungen qualifizierte es die Buchstaben als Bauwerk iSd § 435 ABGB, deren Eigentümer der Kläger geblieben sei. Die eine Hemmung bewirkenden Vergleichsverhandlungen seien erst im Februar 2005 gescheitert; danach habe der Kläger sofort geklagt. Ein Abzug „neu für alt" sei bei einem Kunstwerk nicht zu machen. Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung der beklagten Partei teilweise dahin Folge, dass es mit (richtig: Teil-)Zwischenurteil einen Betrag von 22.260 EUR als dem Grunde nach zu Recht bestehend erkannte, dagegen mit Beschluss (ohne Zulassungsausspruch) das Ersturteil im Umfang von 7.377 EUR s.A. und im Kostenpunkt aufhob und die Rechtssache an das Erstgericht zurückverwies. Die Kosten des Berufungsverfahrens erklärte es zu weiteren Verfahrenskosten. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Das Berufungsgericht teilte die Rechtsansicht des Erstrichters, dass ein Superädifikat im Eigentum des Klägers bestanden habe, der auch einen, von seiner Entfernungspflicht unabhängigen Schaden erlitten habe. Es sei - auch durch die Aktionen des Versicherers allein - zu einer Hemmung der Verjährungsfrist gekommen, weil jener den Anspruch des Klägers nicht abgelehnt habe und somit von Vergleichsverhandlungen auszugehen sei. Diese seien erst im Februar 2005 gescheitert, wonach umgehend Klage eingebracht worden sei. Es fehlten aber noch Feststellungen zur Schadenshöhe.
Die außerordentliche Revision der beklagten Partei ist zulässig, weil der Oberste Gerichtshof die über den Einzelfall hinaus bedeutende Rechtsfrage, ob bei „Einschlafen-Lassen" von Vergleichsverhandlungen (außerhalb des Anwendungsbereichs des KHVG) die Hemmung der Verjährungsfrist fortdauert, noch nicht entschieden hat. Die Revision ist auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Schadenersatzansprüche verjähren nach § 1489 ABGB in drei Jahren ab Kenntnis des Geschädigten von Schaden und Person des Schädigers. Setzte man diesen im vorliegenden Fall mit der beklagten Partei gleich - nähere Feststellungen wurden dazu nicht getroffen - begann die Frist am 31. Jänner 2001, als der von Mitarbeitern derselben verständigte Kläger die Beschädigungen seines Kunstwerks besichtigte. Demnach wäre die am 18. Februar 2005 eingebrachte Klage erst nach Ablauf der Verjährungsfrist erhoben worden. Das Klagebegehren wäre daher auf die in erster Instanz wie auch bereits vorprozessual erfolgte Einwendung der beklagten Partei abzuweisen, wenn die Verjährungsfrist nicht gehemmt wurde. Der Beginn der Vergleichsverhandlungen der Streitteile ergibt sich aus dem im Wesentlichen übereinstimmenden Vorbringen der Parteien, er wurde von der beklagten Partei auch ausdrücklich eingeräumt. Nach einhelliger Rsp und Lehre reicht es aus, dass der Gläubiger seine Ansprüche anmeldet und der Schuldner eine Stellungnahme abgibt, in der er den Anspruch nicht vollständig ablehnt (8 ObA 85/03p = ARD 5459/3/03; OLG Innsbruck ZVR 2004/18; Dehn in KBB, § 1494 ABGB Rz 3; M. Bydlinski in Rummel3, § 1501 ABGB Rz 2a; Mader/Janisch in Schwimann3, Vor §§ 1494-1496 ABGB Rz 4; vgl auch RIS-Justiz RS0034472). Das entspricht auch der Rsp des deutschen BGH (nunmehr zu der ausdrücklichen Hemmungsregel des § 203 BGB nF, wo von „Verhandlungen über den Anspruch" die Rede ist: Palandt, BGB65 § 203 Rz 2 mwN; jüngst BGH VII ZR 194/05). Von einer solchen Ablehnung (durch den Haftpflichtversicherer der beklagten Partei; s 7 Ob 219/04p = SZ 2004/188 mwN) kann im vorliegenden Fall nach den Feststellungen keine Rede sein.
Fraglich ist dagegen, ob tatsächlich bei Ablauf der Verjährungszeit die demnach als begonnen anzusehenden Vergleichsverhandlungen noch
andauerten. Die nach stRsp und herrschender Lehre (1 Ob 564/94 = SZ
67/101 = JBl 1995, 177; 3 Ob 121/04x u.a.; RIS-Justiz RS0034501;
RIS-Justiz RS0020748; Dehn und M. Bydlinski, je aaO; Mader/Janisch aaO Rz 3) durch Vergleichsverhandlungen bewirkte Ablaufhemmung dauert zwei, drei Monate (RIS-Justiz RS0020748; vgl. dazu nunmehr die dreimonatige Frist des § 203 BGB nF, die ab Verweigerung der Verhandlungsfortsetzung läuft) über das Scheitern (den Abbruch) der Vergleichsgespräche hinaus an. Damit soll dem Schuldner die Möglichkeit genommen werden, den Berechtigten bis zum Eintritt der Verjährung hinzuhalten (3 Ob 121/04x).
Von den bisher vom Obersten Gerichtshof entschiedenen Fällen unterscheidet sich der vorliegende dadurch, dass die ausdrückliche Ablehnung weiterer Gespräche durch den Haftpflichtversicherer der beklagten Partei schon unter Berufung auf die eingetretene Verjährung erfolgte und dem eine langdauernde Untätigkeit des geschädigten Klägers voranging. Dieser erhielt nach den Feststellungen die für die Wiedererrichtung seiner Textskulptur notwendige Einwilligung des Magistrats, die man vereinbarungsgemäß abwarten wollte, am 21. November 2003. Die nächste Kontaktaufnahme der Klagevertreterin mit dem Haftpflichtversicherer war aber erst im Februar 2005, mehr als 14 Monate danach. Während die Vorinstanzen darin kein Scheitern der Verhandlungen sahen, strebt die beklagte Partei eine gegenteilige Beurteilung an, weil die Untätigkeit des Gläubigers nicht zu einer „ewigen Hemmung" führen dürfe.
Nach der Judikatur des BGH (zum Recht vor der Schuldrechtsreform mit 1. Jänner 2002) endet die Hemmung auch, wenn der Gläubiger die Verhandlungen „einschlafen" lässt, und zwar in dem Zeitpunkt, in dem nach Treu und Glauben sein nächster Schritt zu erwarten gewesen wäre (Palandt65 aaO Rz 4 mwN). Dieser Gedanke kann auch im österreichischen Rechtsbereich fruchtbar gemacht werden. Nach mehreren Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs zur gehörigen Fortsetzung iSd § 1497 ABGB bei zwecks Vergleichsgesprächen vereinbartem Ruhen des Verfahrens setzt die Unterbrechung voraus, dass der Kläger (Gläubiger) die Vergleichsverhandlungen ernsthaft und nicht ohne stichhältigen Grund zögerlich führt; nur wenn er im ehest möglichen Zeitpunkt die Fortsetzung des Verfahrens begehrt, ist auch „die Klage gehörig fortgesetzt (5 Ob 130/72 = SZ 45/97 = JBl 1973, 260 u.v.a., RIS-Justiz RS0034599). Zu Recht beruft sich in diesem Zusammenhang die Revisionswerberin auf die Entscheidung 1 Ob 568/91, wonach dem Kläger seine völlige Passivität nach der Ruhensvereinbarung schade.
Mag man auch für die spezielle Situation bei einem schon begonnenen, jedoch ruhenden Verfahren wegen der vom Kläger verlangten gehörigen Fortsetzung strengere Maßstäbe anlegen wollen als bei Vergleichsverhandlungen vor Prozessbeginn wie hier, kann nach Ansicht des erkennenden Senats auch für die Frage des Endes solcher Verhandlungen (zur Beurteilung der Hemmung der Verjährung) aus den dargelegten Grundsätzen abgeleitet werden, dass eine langdauernde grundlose Untätigkeit des Gläubigers nach Ablauf einer angemessenen Frist das Ende (Scheitern) der Verhandlungen bewirkt (ähnlich im Ergebnis schon 3 Ob 6/06p = wobl 2007, 56 [die darin gebilligte Begründung des Berufungsgerichts ist nicht veröffentlicht]), dies jedenfalls dann, wenn von ihm der nächste Schritt erwartet werden kann. Diese Frist wurde - ohne dass es im vorliegenden Fall einer näheren Festlegung bedürfte - bei einer Untätigkeit von mehr als einem Jahr (auch unter Einbeziehung der bloß dreijährigen Verjährungsfrist) jedenfalls deutlich überschritten. Dass es Sache des bereits anwaltlich vertretenen Klägers gewesen wäre, sich nach Erhalt der Einwilligung in eine Wiederaufstellung seines Werks an den Schuldner bzw. dessen die Verhandlungen führenden Versicherer zu wenden (und nicht umgekehrt), ergibt sich daraus, dass nur der Kläger eine Klärung mit dem Magistrat der Stadt Wien über die Wiederaufstellung seines Kunstwerks herbeiführen konnte. Demnach durfte auch der Versicherer darauf vertrauen, dass der Kläger den nächsten Schritt tun werde, weshalb dem Versicherer Untätigkeit nicht vorzuwerfen ist. Daraus folgt, dass die Schadenersatzansprüche des Klägers bei Klagseinbringung bereits verjährt waren. Dieses Ergebnis steht, weil eben der Kläger die Vergleichsverhandlungen „einschlafen" ließ, nicht im Widerspruch zum Zweck einer Ablaufhemmung, die Verschleppung von Vergleichsverhandlungen durch den Schuldner bis zur Verjährung zu verhindern. Einer ausdrückliche Erklärung des Versicherers (wie bei der Fortlaufshemmung des § 27 Abs 2 KHVG, der sogar eine schriftliche Ablehnung vorsieht) bedarf es nach bürgerlichem Recht für das Ende der Ablaufhemmung durch Vergleichsgespräche nicht.
Somit ist der Revision dahin Folge zu geben, dass das (in Wahrheit nur einen Teil des Klagebegehrens umfassende) Zwischenurteil in eine Abweisung des Klagebegehrens in dessen Umfang mit Teilurteil abzuändern ist.
Die Kostenentscheidung im Revisionsverfahren gündet sich auf die §§ 50, 41 ZPO. Der Kläger ist in diesem zur Gänze unterlegen. Dagegen kann über die Kosten der vorinstanzlichen Verfahren zufolge der unanfechtbaren teilweisen Aufhebung des erstgerichtlichen Urteils noch nicht entschieden werden (§ 52 Abs 2 ZPO).
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