Spruch:
Die Unterlassung der dem Kläger gemäß § 62 Abs 2 ZPO aufgetragenen Ergänzung der Prozeßkostensicherheit spricht - anders als der Nichterlag der dem Kläger nach § 57 ZPO auferlegten Kaution - für sich allein nicht gegen die Annahme einer "gehörigen Fortsetzung der Klage" iS des § 1497 ABGB
Voraussetzungen einer "gehörigen Fortsetzung der Klage", wenn die Parteien das Verfahren ruhen lassen, um Vergleichsverhandlungen zu führen
OGH 26. 9. 1972, 5 Ob 130/72 (OLG Wien 3 R 66/72; HG Wien 23 Cg 97/70)
Text
Mit der am 9. 10. 1967 eingebrachten Klage begehrte die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines Betrages von S
156.511.78 samt 5% Stufenzinsen mit der Behauptung, daß ihr seit 31. 8. 1965 ein Restbetrag von S 95.311.78 für im Auftrag der Beklagten erbrachte Arbeitsleistungen (Behandlung land- und forstwirtschaftlich genutzter Bodenflächen durch Absprühen bestimmter Produkte vom Flugzeug) sowie seit Ende September 1966 wegen Verletzung des Ausschließlichkeitsvertrages der Streitteile durch die Beklagte als Schadenersatz ein Betrag von S 61.200.- gebühre.
Auf Antrag der Beklagten wurde der Klägerin der Erlag einer Prozeßkostenkaution von S 25.000.- aufgetragen. Nach erfolgloser Anfechtung dieses Beschlusses erlegte die Klägerin diesen Betrag. Die Beklagte wendete ein, daß der Klägerin für ihre Arbeitsleistungen höchstens ein Restbetrag von S 59.872.68 zustehe; im übrigen wurden gegen die Klageforderung Gegenforderungen von zusammen S 122.194.- aus dem Titel des Schadenersatzes einredeweise geltend gemacht. Rücksichtlich der erst in der fortgesetzten Tagsatzung zur Streitverhandlung erhobenen Gegenforderungen der Beklagten wendete die Klägerin Verjährung ein.
Mit Schriftsatz vom 28. 2. 1969 beantragte die Beklagte, der Klägerin eine weitere Prozeßkostenkaution von S 30.000.- aufzuerlegen, weil ihre bis dahin aufgelaufenen Kosten die erlegte Kautionssumme fast erreicht hätten und zu besorgen sei, daß die Klägerin für die weiteren Kosten keine Sicherheit biete.
Mit Beschluß vom 25. 8. 1969 wurde der Klägerin aufgetragen, binnen sechs Wochen einen weiteren Betrag von S 30.000.- als Kaution zu erlegen. Bei der folgenden Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 5. 9. 1969 vereinbarten die Parteien das Ruhen des Verfahrens. Mit Schriftsatz vom 16. 12. 1970 beantragte die Klägerin die Fortsetzung des Verfahrens, weil die in der Zwischenzeit mit der Beklagten geführten Vergleichsverhandlungen gescheitert seien. Demgegenüber beantragte die Beklagte, die für den 12. 3. 1971 anberaumte Streitverhandlung wieder abzusetzen, da die Klägerin die ihr aufgetragene Kaution nicht erlegt habe. Dieser Antrag wurde abgewiesen. In der Streitverhandlung wendete die Beklagte die Verjährung der Klageforderungen ein, weil das Verfahren nicht gehörig fortgesetzt worden sei.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es ging davon aus, daß auf den vorliegenden Rechtsstreit österreichisches Recht anzuwenden sei, weil die den Klagsansprüchen zugrunde liegenden Verträge in Wien zustande gekommen seien. Die Klageansprüche seien verjährt, weil sie zwar innerhalb der für sie maßgeblichen dreijährigen Verjährungsfrist eingeklagt wurden, die Klage aber nicht gehörig fortgesetzt worden sei. Dazu stellte das Erstgericht fest:
Nach mehr als zweijähriger Prozeßdauer habe der Verhandlungsrichter bei der Streitverhandlung vom 5. 9. 1969 einen Vergleichsvorschlag dahin gemacht, daß die Beklagte der Klägerin zur Bereinigung der vorliegenden Rechtssache an Kapital einen Betrag von Pfund 1000.- und für Zinsen und Kosten einen weiteren Betrag von S 25.000.- bezahle. Der damalige Klagevertreter erklärte, daß er die Entscheidung über die Annahme dieses Vorschlages seiner Partei überlassen wolle, weshalb die Parteien das Ruhen des Verfahrens vereinbarten, um diese Frage im Korrespondenzweg zu klären. Nach Rücksprache mit seiner Klientin erklärte der Beklagtenvertreter fernmündlich dem Klagevertreter, daß seine Partei den Vergleichsvorschlag des Richters mit Zahlungsfrist bis 31. 12. 1969 annehme. Nachdem die Klägerin hievon verständigt worden war, kam ihr Geschäftsführer A nach Wien, wo er mit der Beklagten am 19. 11. 1969 verhandelte. Hiebei kam es zu keiner Einigung. Dies teilte der Klagevertreter dem Beklagtenvertreter mit Schreiben vom selben Tag mit; er bat aber zugleich, um die Stellungnahme der Beklagten zu einem neuen Vergleichsvorschlag, wonach die Beklagte der Klägerin an Kapital samt Zinsen S 108.657.- und einen Kostenbeitrag von zirka S 43.000.- zu leisten habe, während über die Gegenforderung der Beklagten weiterprozessiert werden sollte. Mit Schreiben vom 19. 12. 1969 urgierte der Klagevertreter die bis dahin ausgebliebene Stellungnahme der Beklagten. Mit Schreiben vom 29. 12. 1969 erwiderte der Beklagtenvertreter, daß er unverzüglich nach der Rückkehr seiner Mandantin vom Weihnachtsurlaub zum Vorschlag der Klägerin Stellung nehmen werde. Mit Schreiben vom 12. 1. 1970 teilte der Beklagtenvertreter dem Klagevertreter mit, daß seine Mandantin weiter bereit sei, den gerichtlichen Vorschlag anzunehmen, daß der Vergleichsvorschlag der Klägerin aber nicht der Sach- und Rechtslage entspreche, zumal der geltend gemachte Klagebetrag nicht einmal rechnerisch stimme. Zur Unterrichtung seiner Mandantin ersuchte der Beklagtenvertreter aber um Mitteilung, welches Gericht nach Ansicht des Klagevertreters zur Entscheidung über die Gegenforderung der Beklagten zuständig sei. Die Beantwortung dieser Frage wurde dem Klagevertreter "anheimgestellt". Dieses Schreiben wurde drei Tage später in einem Ferngespräch zwischen dem Beklagtenvertreter und Dr P, der als Konzipient des Klagevertreters bei der Streitverhandlung vom 5. 9. 1969 für die Klägerin interveniert hatte, nochmals erörtert. Mit Schreiben vom 26. 1. 1970 teilte Dr P dem Beklagtenvertreter mit, daß die Klägerin vergleichsweise unter Einschluß der Gegenforderungen der Beklagten einen Betrag von S 171.022.- (davon S 15.000.- als Kosten) fordere. Diesen Vorschlag lehnte der Beklagtenvertreter mit Schreiben vom 6. 3. 1970 ab; zugleich erklärte er aber die weitere Bereitschaft seiner Mandantin, den richterlichen Vergleichsvorschlag anzunehmen. Auf Verlangen Dris P fand am 14. 4. 1970 in der Kanzlei des Beklagtenvertreters eine Aussprache zwischen Dr P und dem Beklagtenvertreter statt, bei der der Beklagtenvertreter seinen bisherigen Standpunkt aufrecht erhielt. Am 1. 6. 1970 hat Dr P den Beklagtenvertreter telephonisch um eine neuerliche Aussprache über den Vergleich. Der Beklagtenvertreter erklärte sich zu einem solchen Gespräch bereit, er forderte aber Dr P auf, den richterlichen Vergleichsvorschlag anzunehmen. Es kam damals zu keiner Terminvereinbarung. Mit Schreiben vom 5. 6. 1970 behauptete der Klagevertreter fälschlich, es sei Dr P nicht möglich gewesen, den Beklagtenvertreter telephonisch zu erreichen; er unterbreite der Beklagten einen neuerlichen Vergleichsvorschlag, wonach die Beklagte zum Ausgleich sämtlicher beiderseitiger Forderungen der Klägerin einen Betrag von insgesamt S 160.000.- kurzfristig zu zahlen hätte. Mit Schreiben vom 23. 6. 1970 urgierte der Klagevertreter die Antwort der Beklagten auf den zuletzt gemachten Vergleichsvorschlag. In seinem Antwortschreiben vom 13. 7. 1970 teilte der Beklagtenvertreter mit, daß er die Sache mit seiner Mandantin nochmals durchberaten habe; seines Erachtens sei vom richterlichen Vergleichsvorschlag auszugehen, den anzunehmen seine Mandantin noch immer bereit sei. Abschließend führte der Beklagtenvertreter in diesem Schreiben aus, daß er der Antwort Dris M mit großem Interesse entgegensehe. Mit Schreiben vom 21. 7. 1970 teilte der Klagevertreter dem Beklagtenvertreter mit, daß seiner Meinung nach ein Vergleich auf der Grundlage des richterlichen Vorschlages nicht geschlossen werden könnte, weil dieser Vorschlag von einer ungenauen Kenntnis des Sachverhaltes ausgehe. Er werde jedoch nach Einlangen einer Stellungnahme seiner Mandantin auf das Schreiben des Beklagtenvertreters vom 13. 7. 1970 zurückkommen. Im Schreiben vom 16. 11. 1970 behauptete der Klagevertreter abermals unrichtig, daß es seiner Kanzlei in letzter Zeit nicht gelungen sei, den Beklagtenvertreter zu erreichen. Im übrigen führte der Klagevertreter in diesem Schreiben aus, daß es unmöglich sei, auf der Grundlage des richterlichen Vorschlages einen Vergleich zu schließen. Sollte die Beklagte nicht bereit sein, ihr Anbot zu erhöhen, müßte die Klägerin die Fortsetzung des Verfahrens beantragen. Nachdem der Beklagtenvertreter seiner Mandantin die seiner Ansicht nach vorliegende Verjährung der Klageforderungen und die Folgen des Nichterlages der weiteren Prozeßkostenkaution durch die Klägerin auseinandergesetzt hatte, lehnte er in seinem Antwortschreiben vom 4. 12. 1970 an den Klagevertreter eine Erhöhung des richterlichen Vergleichsvorschlages ab. Mit Schreiben vom 15. 12. 1970 teilte der Klagevertreter dem Beklagtenvertreter mit, daß er den Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens gestellt habe.
Das Erstgericht war der Meinung, daß entscheidend sei, ob für die Klägerin stichhältige Gründe vorlagen, das ruhende Verfahren nicht früher fortzusetzen. Die während des ruhenden Verfahrens durchgeführten Vergleichsverhandlungen müßten stets in absehbarer Zeit beendet werden, da es sonst im Belieben der Parteien stunde, endlose Vergleichsverhandlungen ohne prozessuale Wirkung zu führen. Im vorliegenden Fall seien die Vergleichsverhandlungen bereits am 19. 11. 1969 gescheitert. Jedenfalls hätte es der Klägerin nach der Besprechung vom 14. 4. 1970 klar sein müssen, daß weitere Bemühungen, die Beklagte zur Verbesserung ihres Vergleichsanbotes zu bewegen, aussichtslos seien. Die weitere Korrespondenz des Klagevertreters mit der Beklagten sei daher völlig überflüssig gewesen, zumal die Beklagte eine Erhöhung des richterlichen Vergleichsvorschlages niemals in Aussicht stellte und niemals Vergleichsvorschläge der Klägerin forderte. Sie habe daher nichts unternommen, um die Klägerin vom Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens abzuhalten. Seit dem 14. 4. 1970 seien zwischen den Streitteilen keine ernsthaften Vergleichsgespräche geführt worden, die Klägerin habe daher die Klage nicht gehörig fortgesetzt, woraus sich ergebe, daß die Einbringung der Klage den Lauf der Verjährungsfrist nicht unterbrochen habe. Diese sei nunmehr längst abgelaufen. Die Einrede der Verjährung durch die Beklagte stelle weder einen Verstoß gegen Treu und Glauben noch eine Sittenwidrigkeit dar.
Auf Berufung der Klägerin hob das Berufungsgericht das Urteil der ersten Instanz auf; es verwies die Rechtssache unter Rechtskraftvorbehalt an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurück.
Das Berufungsgericht war der Meinung, daß die Verjährungseinrede der Beklagten nicht berechtigt sei. Allerdings habe das Erstgericht, so führte das Berufungsgericht aus, die Verjährungsfrage zutreffend nach österreichischem Recht beurteilt, da die Verträge der Streitteile, auf die sich die Klageansprüche stützen, in Österreich zustande kamen und die Frage der Verjährung nach jenem Recht zu beurteilen sei, das für das Rechtsverhältnis selbst gelte. Weil die Klage jedenfalls vor Ablauf der hier maßgeblichen dreijährigen Verjährungszeit eingebracht worden sei, müsse geprüft werden, ob die Klage auch gehörig fortgesetzt wurde. Hiebei komme es auf die Umstände des konkreten Einzelfalles an. Nicht bloß die Dauer der Untätigkeit der Klägerin, sondern auch deren Gründe seien zu prüfen, da die Klage nur dann als gehörig fortgesetzt angesehen werden könne, wenn die Fortsetzung des Verfahrens aus beachtlichen Gründen unterblieb. Die Vereinbarung des Ruhens des Verfahrens nach mehr als zweijähriger Prozeßdauer (richtig: fast zweijähriger Prozeßdauer) sei nicht unterbrechungsschädlich, weil die Initiative zu den Vergleichsverhandlungen vom Richter ausgegangen sei. Es sei aber nicht richtig, daß diese Vergleichsverhandlungen praktisch schon am 19. 11. 1969 gescheitert seien. Entscheidend sei, ob und wann die Beklagte nach Treu und Glauben zur Überzeugung gelangen mußte, der Klägerin fehle die Ernstlichkeit des prozessualen Verfolgungswillens. Von einem Scheitern der Vergleichsverhandlungen könne man erst sprechen, wenn unzweifelhafte Klarheit über die endgültige Ablehnung weiterer Verhandlungen bestehe. Es müsse daher von demjenigen, der sich auf die nicht gehörige Fortsetzung der Klage berufen wolle, verlangt werden, daß er seine Ansicht über die Aussichtslosigkeit weiterer Verhandlungen unverzüglich und vorbehaltslos der Gegenseite bekanntgebe. Die Beklagte habe vor dem 4. 12. 1970 eine solche deutliche und endgültige Stellungnahme nicht bezogen. Erst rückblickend könne man erkennen, daß die Beklagte niemals vom Vergleichsvorschlag des Richters abgewichen sei. Da die Klägerin nach Erhalt des Schreibens des Beklagtenvertreters vom 4. 12. 1970 das Verfahren ohne Verzug fortsetzte, seien auch die durch 15 Monate geführten Vergleichsverhandlungen der Streitteile für die Unterbrechung der Verjährung nicht schädlich. Daß die Klägerin die ihr aufgetragene weitere Prozeßkostenkaution nicht erlegte, sei mit Rücksicht auf die Umstände, unter denen es zum Ruhen des Verfahrens kam und welche der früheren Aufnahme des Verfahrens entgegenstanden, ohne Bedeutung. Während des Ruhens des Verfahrens habe für die Beklagte kein Interesse am Erlag dieser Kaution bestehen können.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der Beklagten gegen diesen Aufhebungsbeschluß Folge, hob ihn auf und trug dem Berufungsgericht auf, über die Berufung der Klägerin neuerlich zu entscheiden.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Wie die Untergerichte durchaus zutreffend erkannten und von der Rekurswerberin auch nicht in Abrede gestellt wird, sind die eingeklagten Ansprüche nach österreichischem Recht zu beurteilen, nicht bloß weil die Verträge, deren Zuhaltung die Klägerin begehrt bzw wegen deren Verletzung sie Schadenersatzansprüche stellt, in Österreich zustande kamen, sondern weil diese Verträge, selbst wenn sie nicht in Österreich abgeschlossen worden wären, jedenfalls ausschließlich in Österreich Rechtswirkungen hervorrufen sollten. Die Frage der Verjährung eines Anspruches, ihrer Hemmung und ihrer Unterbrechung ist nach demjenigen Recht zu beurteilen, das für das Rechtsverhältnis selbst maßgebend ist (HS 6540 und die dort zitierte Literatur und Rechtsprechung). Für die Beurteilung der Verjährungseinrede der Beklagten ist somit entscheidend, ob die rechtzeitig erhobene Klage iS des § 1497 ABGB gehörig fortgesetzt wurde. Allerdings kann einer Verjährungseinrede grundsätzlich die Replik der Arglist entgegengehalten werden (EvBl 1971/20 uva), hievon machte die Klägerin im vorliegenden Fall jedoch keinen Gebrauch. Es ist daher entbehrlich, zu untersuchen, ob die Berufung der Beklagten auf die Verjährung der Klageansprüche gegen Treu und Glauben verstößt.
Von einer gehörigen Fortsetzung der Klage kann allerdings nicht gesprochen werden, wenn der Kläger die ihm auferlegte Prozeßkostenkaution (§ 57 ZPO) nicht erlegt. Dies gilt jedoch nicht für die Unterlassung der dem Kläger aufgetragenen Ergänzung der Prozeßkostenkaution (§ 62 Abs 2 ZPO), da dem diesem Ergänzungsbeschluß zugrunde liegenden Antrag des Beklagten nach dem Gesetz keine aufschiebende Wirkung zukommt und der Beschluß selbst nach eingetretener Rechtskraft bloß vollstreckbar ist (Fasching II 407; SZ 13/41), während der rechtzeitig gestellte Antrag auf Erlag einer Prozeßkostenkaution (§ 57 ZPO) zur Unterbrechung des Verfahrens führt (§ 61 Abs 1 ZPO) und die Klage auf Antrag des Beklagten für zurückgenommen zu erklären ist, wenn dem Antrag stattgegeben, die Kaution aber nicht rechtzeitig erlegt wird (§ 61 Abs 3 ZPO). Daß die Klägerin dem Beschluß vom 25. 8. 1969 nicht nachkam, spricht daher für sich allein nicht gegen die Annahme einer gehörigen Fortsetzung der Klage.
"Nicht gehörige Fortsetzung der Klage" bedeutet nach ständiger Rechtsprechung beharrliche Nichtbetätigung des Klägers. Ob eine solche vorliegt, ist nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen (SZ 5/211; EvBl 1971/230 uva). Dabei ist maßgebend, ob das Verhalten des Klägers den Schluß auf sein mangelndes Interesse an der Fortsetzung des Verfahrens iS des § 863 ABGB zuläßt (vgl Klang[2] VI 657). Nur unter diesem Gesichtspunkt kommt es auch auf die Dauer der Untätigkeit des Klägers an. Dafür, daß die Untätigkeit des Klägers gerechtfertigt war, trifft ihn die Behauptungs- und Beweispflicht (SZ 36/50; SZ 42/54; EvBl 1971/230; EvBl 1970/248). Die Vereinbarung der Streitteile, das Verfahren ruhen zu lassen, um Vergleichsverhandlungen zu führen, ist somit zunächst für die Beurteilung der Frage, ob das Verfahren gehörig fortgesetzt wurde, neutral, weil daraus noch nicht auf das mangelnde Interesse des Klägers an der weiteren Verfolgung seiner Ansprüche geschlossen werden kann. Werden jedoch die Vergleichsverhandlungen vom Kläger selbst nicht ernsthaft oder ohne stichhältige Gründe nur zögernd geführt, oder ist bei objektiver Beurteilung des Verhaltens des Beklagten zu erkennen, daß weitere Vergleichsversuche des Klägers aussichtslos sind, dann hat der Kläger, der nicht im frühestmöglichen Zeitpunkt die Fortsetzung des Verfahrens begehrt, die Klage nicht gehörig fortgesetzt. In einem solchen Fall wird die Verjährungsfrist durch die Einbringung der Klage nicht unterbrochen.
Der Auffassung des Berufungsgerichtes, das diese Grundsätze im allgemeinen durchaus richtig erkannte, daß im Falle von Vergleichsverhandlungen der Parteien während des vereinbarten Ruhens des Verfahrens der Beklagte verpflichtet sei, dem Kläger unverzüglich und vorbehaltlos seine Ansicht über die Aussichtslosigkeit weiterer Verhandlungen mitzuteilen, wenn er sich auf die nicht gehörige Fortsetzung des Verfahrens durch den Kläger berufen wolle, kann jedoch nicht zugestimmt werden, da es allein Sache des Klägers ist, der die nachteiligen Folgen seiner nicht gehörigen Fortsetzung des Verfahrens verhindern will, alles zu unternehmen, was er zur Weiterführung des Rechtsstreites unternehmen konnte (vgl EvBl 1965/144). Die Untätigkeit des Beklagten kann in einem solchen Fall dem Kläger nicht zum Vorteil gereichen. Freilich darf der Beklagte nichts tun, um den Kläger vom Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens abzuhalten; er darf daher weder im Kläger die Hoffnung auf Änderung seiner bisherigen Haltung im erfolglosen Vergleichsgespräch erwecken noch ihm Anlaß zur Annahme geben, der Beklagte werde aus der Unterlassung der Weiterführung des Rechtsstreites nicht auf das mangelnde Interesse des Klägers an einer gerichtlichen Entscheidung der Sache schließen (dazu vgl Bydlinski, Vergleichsverhandlungen und Verjährung, JBl 1967, 130 ff).
Geht man nun von den Feststellungen der Untergerichte über den Ablauf und Inhalt der Vergleichsgespräche der Streitteile in der Zeit ab 5. 9. 1969 (Vereinbarung des Ruhens des Verfahrens) aus, so kann zwar der Meinung des Erstrichters nicht beigetreten werden, daß die außergerichtlichen Verhandlungen bereits am 19. 11. 1969 als gescheitert anzusehen waren, weil der Klagevertreter der Beklagten mit Schreiben vom gleichen Tag einen neuen Vergleichsvorschlag unterbreitete und er innerhalb angemessener Frist mit einer Antwort der Beklagten rechnen konnte. Es kann nun dahingestellt bleiben, ob das Zuwarten des Klagevertreters auf die Antwort der Beklagten bis 19. 12. 1969 noch als vertretbar anzusehen ist oder ob die Beklagte aus diesem Verhalten der Klägerin bereits iS des § 863 ABGB mit Recht auf das mangelnde Interesse der Klägerin an der Fortsetzung des Verfahrens schließen konnte; jedenfalls gab die Beklagte auf eine Betreibung von diesem Tag ihre Bereitschaft zur Weiterführung der Gespräche zu erkennen. Ihre schließliche Antwort vom 12. 1. 1970 war hingegen nur als Ablehnung des Vorschlages der Klägerin zu verstehen. Die gleichzeitige Frage des Beklagtenvertreters, welches Gericht nach Ansicht der Klägerin zur Entscheidung über die Gegenforderung der Beklagten zuständig sei, enthält keinen neuen Vergleichsvorschlag. Da der Klägerin die Beantwortung dieser Frage überdies nur "anheimgestellt" wurde, machte es der Beklagtenvertreter deutlich, daß seine Mandantin an der Fortsetzung der Verhandlungen nicht wesentlich interessiert war. Zu welchem Ergebnis die telephonische Erörterung dieses Schreibens durch die Parteienvertreter einige Tage später führte, ist allerdings nicht festgestellt. Darauf kommt es aber nicht an, da die Klägerin mit Schreiben ihres Vertreters vom 26. 1. 1970 der Beklagten einen neuen Vergleichsvorschlag unterbreitete, der von der Beklagten mit Schreiben vom 6. 3. 1970 abgelehnt wurde. Die damalige Erklärung des Beklagtenvertreters, seine Mandantin sei bereit, den richterlichen Vergleichsvorschlag anzunehmen, enthält dagegen keinen neuen Vergleichsvorschlag, sondern stellt nur die Wiederholung ihres bisherigen Standpunktes dar. Der Abschluß eines Vergleiches hing also auch in diesem Stadium der Verhandlungen wie bisher ausschließlich von der Bereitschaft der Klägerin ab, sich mit dem Anbot der Beklagten zufriedenzugeben. Die mangelnde Bereitschaft der Beklagten, der Klägerin weiter entgegenzukommen, mußte der Klägerin aus den ergebnislosen Gesprächen der Parteienvertreter vom 14. 4. 1970 völlig klar werden. Da sich die Klägerin zu einer Änderung ihrer Haltung nicht entschließen konnte, mußten die Vergleichsgespräche in diesem Zeitpunkt als gescheitert erkannt werden. Es wäre daher schon damals Sache der Klägerin gewesen, die Fortsetzung des ruhenden Verfahrens zu beantragen. Nach den Feststellungen der Untergerichte über den Inhalt der weiteren Gespräche der Parteienvertreter und ihren noch bis Dezember 1970 fortgesetzten Briefwechsel kann nicht gesagt werden, daß die Beklagte die Klägerin vom Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens abhielt, ihre Haltung zu den Vergleichsvorschlägen der Klägerin änderte, selbst Gegenvorschläge unterbreitete oder in anderer Weise zu erkennen gab, sie werde aus der Unterlassung der Fortsetzung des Rechtsstreites durch die Klägerin nicht auf deren mangelndes Interesse an einer gerichtlichen Austragung der Sache schließen, oder gar, sie habe auf die Einrede der Verjährung (soweit zulässig, daher nach Eintritt der Verjährung: § 1502 ABGB) verzichtet. Als die Klägerin aber auf die Ablehnung ihres dritten Vergleichsvorschlages durch die Beklagte (13. 7. 1970) lediglich mit der Mitteilung reagierte, daß das dem richterlichen Vorschlag entsprechende Anbot der Beklagten auf unrichtigen Voraussetzungen beruhe (21. 7. 1970), und sie in der Folge durch nahezu vier Monate nichts weiter unternahm, konnte die Beklagte dieses Verhalten der Klägerin iS des § 863 ABGB nur dahin verstehen, daß die Klägerin an der Fortsetzung des gerichtlichen Verfahrens nicht mehr interessiert sei.
Unter diesen Umständen erscheint aber in Übereinstimmung mit dem Erstrichter die Annahme, daß die Klägerin die Klage iS des § 1497 ABGB gehörig fortsetzte, nachdem das Verfahren am 5. 9. 1969 zum Ruhen gekommen war, unhaltbar. Die Einbringung der Klage unterbrach daher den Lauf der Verjährungsfrist nicht. Da die hier maßgebliche dreijährige Verjährungszeit der Klageansprüche im Zeitpunkt des Antrages der Klägerin auf Fortsetzung der Verhandlung (16. 12. 1970) bereits abgelaufen war, ist die von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede berechtigt. Die Sache ist daher iS der Entscheidung des Erstrichters spruchreif, weshalb auch der Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes aufzuheben und dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung aufzutragen war.
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