Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Der Beklagte war Eigentümer von 460/55932 Anteilen der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch *****, mit welchen Anteilen Wohnungseigentum an der Wohnung W 34 auf Stiege V untrennbar verbunden war. Zu TZ 7548/2006 wurde ihm die Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung bis 18. 10. 2007 bewilligt.
Am 20. 11. 2006 wurde von Thomas G***** beim Grundbuchsgericht der Antrag auf Einverleibung seines Eigentumsrechts am Anteil des Beklagten auf Grund des Kaufvertrages vom 10. 10. 2006 im Rang der Rangordnung TZ 7548/2006 gestellt. Mit Beschluss vom 29. 11. 2006 wurde das Einverleibungsbegehren bewilligt.
Zwei Tage vorher, nämlich am 27. 11. 2006 langte beim Erstgericht die gegenständliche Mahnklage ein, worin monatliche Betriebskostenakonti aus dem Zeitraum Juni 2005 bis November 2006, insgesamt EUR 873,02, vom Beklagten begehrt wurden. Der Beklagte ist darin als bücherlicher Eigentümer der 460/55932 Anteile des Objekts EZ ***** Grundbuch *****, B-LNR 99 bezeichnet. Mit der Klage verbunden war der Antrag, die Anmerkung dieser Klage gemäß § 27 Abs 2 WEG zu bewilligen (TZ 8777/2006).
Das Erstgericht wies das Begehren um Klagsanmerkung ab. Der Beklagte sei im Zeitpunkt des Einlangens der Klage und des Antrags nicht mehr Miteigentümer der gegenständlichen Liegenschaft gewesen. Überdies sei im Antrag kein Geburtsdatum des Beklagten angeführt worden. Einem dagegen erhobenen Rekurs der Klägerin gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge. Dem Argument der Klägerin, der Beklagte sei im Zeitpunkt des Einlangens der Klage und des Grundbuchsgesuchs noch grundbücherlicher Eigentümer des bezeichneten Liegenschaftsanteils gewesen, weil erst am 29. 11. 2006 die Einverleibung des Eigentumsrechts seines Rechtsnachfolgers erfolgt sei, hielt das Berufungsgericht entgegen:
Die gegenständliche Klage samt Antrag auf Klagsanmerkung sei sowohl bei Gericht als auch im Grundbuch eingelangt, nachdem der nunmehrige Eigentümer den Antrag auf Einverleibung seines Eigentumsrechts gestellt hatte, jedoch bevor über letzteren entschieden und die Einverleibung seines Eigentumsrechts vollzogen worden sei. Dementsprechend sei das Einverleibungsgesuch TZ 8550/2006 gegenüber dem Antrag auf Klagsanmerkung TZ 8777/2006 vorrangig. Zwar könne eine Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung das Entstehen eines Vorzugspfandrechts nach § 27 Abs 2 WEG nicht verhindern (RIS-Justiz RS0113378; RS0114429), auch könne eine Klagsanmerkung gegen den vorgemerkten Eigentümer erwirkt werden (RIS-Justiz RS00114465), ohne dass dieser nach Rechtfertigung der Vormerkung die Möglichkeit habe, die Anmerkung des gesetzlichen Vorzugspfandrechts löschen zu lassen (RIS-Justiz RS0119209), doch könne die in § 27 WEG vorgesehene Klagsanmerkung nicht gegen den Rechtsnachfolger des Beitragsschuldners erfolgen: Der Beitragsschuldner müsse im Zeitpunkt der Klage und des Antrags auf Klagsanmerkung noch grundbücherlicher Eigentümer des latent mit dem Vorzugspfandrecht belasteten Anteils sein. Den Erwerber treffe die mit dem gesetzlichen Vorzugspfandrecht des § 27 WEG bezweckte Sachhaftung für Beitragsschulden des Veräußerers nur dann, wenn der Forderungsberechtigte sein Vorzugspfandrecht - den Vorgaben des § 27 WEG entsprechend - schon vor Verbücherung seines Eigentumsrechts ausnützbar gemacht habe (RIS-Justiz RS0114609). Für den Zeitpunkt, zu dem das gesetzliche Vorzugspfandrecht aktualisiert werde, sei der Zeitpunkt der Überreichung der Klage und des Antrags auf Klagsanmerkung maßgeblich (RIS-Justiz RS0114609). Das gesetzliche Vorzugspfandrecht sei in seinem Bestand weder von einer vertraglichen Einräumung noch von einer Eintragung im Grundbuch abhängig, abgesehen von den in § 27 WEG konzipierten Einschränkungen. Damit sei der Eintragungsgrundsatz des Grundbuchs lückenlos durchbrochen (RIS-Justiz RS0113378).
Für die Frage der Begründung des Eigentumsrechts sei aber damit kein Abrücken vom Rangprinzip verbunden. Der Rang der Intabulation des nunmehrigen Eigentümers sei bereits vor Einbringung der gegenständlichen Klage begründet worden. Das Eigentumsrecht an einer Liegenschaft gehe nämlich grundsätzlich schon im Zeitpunkt des Einlangens des vom Grundbuchsgericht erst später bewilligten und vollzogenen Grundbuchsgesuchs auf den Erwerber über (RIS-Justiz RS0011256).
Im vorliegenden Fall sei auch der Eigentumsübergang bücherlich bereits zu jenem Zeitpunkt vollzogen gewesen, in dem die erstgerichtliche Entscheidung gefasst wurde.
Zu Recht habe daher das Erstgericht den Antrag auf Anmerkung der Klage abgewiesen.
Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vorliege, ob erst die Einverleibung des Eigentumsrechts eines Rechtsnachfolgers die Anmerkung einer Klage nach § 27 Abs 2 WEG hindere oder bereits das Einlangen seines Ansuchens um Einverleibung. Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der klagenden Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Stattgebung des Antrags auf Klagsanmerkung.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht bezeichneten Grund zulässig. Er ist jedoch nicht berechtigt.
Die gesetzlichen Bestimmungen über das Vorzugspfandrecht der Eigentümergemeinschaft in § 27 WEG bezwecken vor allen die Sicherung der von den einzelnen Mit- und Wohnungseigentümern geschuldeten Beiträge zu den Liegenschaftsaufwendungen. Diese Forderungen sollen - wenn sich exekutive Schritte gegen den Beitragsschuldner als notwendig erweisen - zumindest teilweise durch den Wert (Erlös) des Wohnungseigentumsobjekts gedeckt werden. Als Schuldner der Beiträge nennt § 32 Abs 1 WEG grundsätzlich die Wohnungseigentümer. Darunter sind die im Grundbuch einverleibten Personen (allenfalls Eigentümerpartnerschaften) gemeint (5 Ob 78/04b = NZ 2005/610 mwN). Daher kommt es, wie das Rekursgericht ganz zutreffend erkannt hat, darauf an, ob jener Wohnungseigentümer, gegen den sich die Klage und der Antrag auf Klagsanmerkung richtet, im Zeitpunkt der Überreichung dieser Rechtsschutzanträge bei Gericht noch grundbücherlicher Eigentümer war (RIS-Justiz RS0114609). Nach dem Wortlaut des § 27 Abs 2 WEG ist für die Aktualisierung dieses weder von einer vertraglichen Einräumung noch von einer Eintragung im Grundbuch abhängigen gesetzlichen Vorzugspfandrechts Voraussetzung, dass es mit Klage geltend gemacht und die Anmerkung im Grundbuch beantragt wird. Es kommt also, wie schon ausgeführt, auf den Zeitpunkt der Präsentation des Rechtsschutzgesuches an.
Dass damit das Rangprinzip des Grundbuchs lückenlos durchbrochen ist, trifft aber bei zweckorientierter Betrachtung nur für den Pfandrang zu (so die Fallbeispiele in RIS-Justiz RS0113378; WoBl 2001/86). Es wäre verfehlt, zugrunde zu legen, dass damit auch der Eintragungsgrundsatz des Grundbuchs und das Rangprinzip für den Eigentumserwerb durchbrochen würde.
Es ist daher zu untersuchen, ob im Zeitpunkt des Einlangens der Klage und des Antrags auf Anmerkung des Vorzugspfandrechts, nämlich am 27. 11. 2006 (TZ 8777/2006) das bereits am 20. 11. 2006 (TZ 8550/2006) präsentierte Einverleibungsgesuch des nunmehrigen Anteilseigentümers, das zu diesem Zeitpunkt noch nicht bewilligt war, der Anmerkung der Klage und des gesetzlichen Vorzugspfandrechts gegen den Beklagten entgegenstand, weil dieser nicht mehr bücherlicher Eigentümer des in Frage stehenden Liegenschaftsanteils war.
Dazu hat der erkennende Senat erwogen:
Zufolge § 431 ABGB ist zur Übertragung des Eigentums an unbeweglichen Sachen das Erwerbungsgeschäft in die dazu bestimmten öffentlichen Bücher einzutragen. Lehre und Rechtsprechung stimmen darin überein, dass im Fall aufrechter Erledigung des Grundbuchsgesuchs der dingliche Rechtserwerb im Zeitpunkt des Einlangens des Gesuchs beim
Grundbuchsgericht eintritt (JBl 1960, 295; 5 Ob 256/66 = SZ 39/152; 7
Ob 564/84 = SZ 58/117; 1 Ob 620/93 = MietSlg 45.151/29; 1 Ob 617/93 =
ÖBA 1994, 486/439; Schima JBl 1960, 428; Weber ÖJZ 1970, 226; Spielbüchler in Rummel3 Rz 8 zu § 431; Hinteregger in Schwimann2 Rz 25 zu Vor §§ 431 bis 446 ABGB).
Klang (II 350) versteht unter dem Prioritätsprinzip den Grundsatz, dass die Wirkung einer bücherlichen Eintragung im Verhältnis zu anderen Eintragungen sich nach jenem Zeitpunkt richtet, in dem das Ansuchen um die Eintragung an das Grundbuchsgericht gelangt ist (§ 440 ABGB, § 29 GBG).
Der Oberste Gerichtshof hat in seiner Entscheidung 3 Ob 462/59 = JBl 1960, 295 die Ansicht vertreten, dass die Wirkung einer bücherlichen Eintragung nicht erst mit dem Augenblick des Vollzugs, das ist der der Einverleibung in das Hauptbuch, sondern - wenn es bewilligt und vollzogen wird - schon mit dem Augenblick des bücherlichen Ansuchens eintritt. Wer im Grundbuch als Eigentümer eingetragen ist, ist Eigentümer schon seit der Zeit seines Ansuchens.
Wahle (in Besprechung der Entscheidung JBl 1960, 295) ist dieser Ansicht entgegengetreten. Auch Hofmeister (Die Grundsätze des Liegenschaftserwerbs 328 FN 2) widerspricht dieser Ansicht (idS auch Feil, Grundbuchsrecht3 Rz 3 zu § 29 GBG).
J. Schima (Zum Zeitpunkt des Erwerbes bücherlicher Rechte, JBl 1960, 428) setzte sich ausführlich mit der von Wahle (aaO) vertretenen Ansicht auseinander und kommt zu dem noch heute gültigen Ergebnis, dass die Wirkung der bewilligten bücherlichen Eintragung auf den Tag des Einlangens des Verbücherungsansuchens beim Grundbuchsgericht ex tunc zurückbezogen werden muss. Das ergebe sich aus der positiven Rechtsordnung und zwar nicht nur aus § 438 ABGB, zufolge welcher Bestimmung der vorgemerkte Eigentümer im Fall der Rechtfertigung schon von der Zeit des eingereichten Vormerkungsgesuchs für den wahren Eigentümer gehalten wird, sondern auch aus den Bestimmungen des GBG, insbesondere aus § 128 GBG. Werde ein Gesuch um bücherliche Eintragung erst in zweiter Instanz bewilligt, sei die Bewilligung im Grundbuch einzutragen. Die Wirkung dieser Eintragung sei so zu beurteilen, als ob sie im Zeitpunkt der Überreichung des ersten Gesuchs erfolgt wäre. Das habe umso mehr für eine bereits in erster Instanz vorgenommene Bewilligung zu gelten. Der Zurückbeziehung der Eintragung auf den Tag des Einlangens des Grundbuchsgesuchs sei aber notwendigerweise auch der Rechtserwerb selbst unterworfen. Das Einlangen des Grundbuchsgesuchs bei Gericht äußert also nicht nur Wirkungen bezüglich des Rangs, sondern bestimmt den Zeitpunkt, auf den alle Wirkungen der Eintragung ex tunc zurückbezogen werden. Der erkennende Senat schließt sich dieser Ansicht vorbehaltslos an. Ist daher der Bestand des Eigentumsrechts in einem Grundbuchsverfahren zu einem Zeitpunkt Vorfrage, zu dem um die Verbücherung bereits angesucht, diese aber noch nicht bewilligt ist, ist in richtigem Verständnis des § 29 GBG auf den Zustand der begehrten Erledigung abzustellen. Der Erwerber hat nämlich bereits durch die Präsentation seines die Eintragung rechtfertigenden Gesuchs beim Buchgericht das Grundbuch für sich in Anspruch genommen, wobei die dabei zu setzende Plombe den Beginn des Eintragungsakts anzeigt (vgl Feil aaO Rz 1 zu § 29 GBG).
Das bedeutet, dass mit der Erledigung des später eingelangten Gesuchs - hier um Klagsanmerkung und Anmerkung des gesetzlichen Pfandrechts - zugewartet werden muss, bis der Eintragungsakt der bücherlichen Einverleibung des Eigentumsrechts abgeschlossen ist (vgl jüngst 5 Ob 291/06i).
Im vorliegenden Fall ist ein Zuwarten deshalb nicht mehr notwendig, weil der Eigentumserwerb bereits rechtskräftig abgeschlossen ist. Der Beklagte, gegen den die Anmerkung der Klage und des Pfandrechts beantragt wurde, war also im Zeitpunkt der Einbringung des entsprechenden Rechtsschutzgesuchs nicht mehr bücherlicher Eigentümer des Liegenschaftsanteils, weil sich der Erwerb seines Rechtsnachfolgers auf den bereits früher gelegenen Zeitpunkt seiner Gesuchspräsentation bezieht.
Damit ergab sich aus dem Grundbuchsstand ein Hindernis gegen die begehrte Eintragung im Sinn des § 94 Abs 1 Z 1 GBG. Zu Recht haben daher die Vorinstanzen das Begehren um Anmerkung der Klage und des Vorzugspfandrechts abgewiesen.
Dem Revisionsrekurs war der Erfolg zu versagen.
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