Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Zwischen der A***** GmbH und der beklagten Partei bestand eine ständige Geschäftsbeziehung in Form von Subunternehmerverträgen, in deren Rahmen die A***** GmbH verschiedene Bauvorhaben für die beklagte Partei durchführte. Mit Beschluss des Landesgerichtes Leoben vom 10. 9. 2003, 17 S 311/03h, wurde über das Vermögen der A***** GmbH (im Folgenden: Gemeinschuldnerin), das Konkursverfahren eröffnet. Mit Bewilligung des Gläubigerausschusses wurden sämtliche Haftrücklässe und alle sonstigen wie auch immer gearteten Forderungen der Gemeinschuldnerin an die klagende Partei zum Pauschalpreis von EUR 2.000,-- verkauft.
Die von der beklagten Partei in erster Instanz ausdrücklich dem Grunde wie der Höhe nach unbestrittene Klageforderung von EUR 5.690,-- sA laut deren Mahnklage vom 17. 9. 2004 betrifft ausschließlich von der beklagten Partei unberechtigt einbehaltene Haftrücklässe aus diversen Bauvorhaben, welche von der Gemeinschuldnerin mängelfrei ausgeführt worden waren, und hinsichtlich derer auf die Aufstellung samt Einzelbeträgen in S 11 des Ersturteiles (AS 91) verwiesen werden kann. Den Einwand mangelnder Aktivlegitimation der Klägerin (im Zusammenhang mit dem Forderungskauf im Konkursverfahren) hat die beklagte Partei bereits im Verfahren erster Instanz zurückgezogen.
Während des gesamten Verfahrens und damit auch im nunmehrigen Rechtsmittelverfahren vor dem Obersten Gerichtshof bildet den einzigen Streitpunkt zwischen den Parteien die Berechtigung mehrerer von der beklagten Partei hiegegen eingewendeter Gegenforderungen, und zwar zunächst in Höhe von EUR 12.448,54 aus dem Titel des Schadenersatzes zufolge mangelhaft und unvollständig ausgeführter Arbeiten der Gemeinschuldnerin an den Bauvorhaben SC S***** und SCW W***** sowie in Höhe von weiteren EUR 4.032,--, welche der beklagten Partei zufolge Berufungserhebung vor dem UVS Steiermark gegen ein Straferkenntnis wegen Verstoßes gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz zufolge Einsatzes eines ausländischen Arbeiters ohne Arbeitserlaubnis auf der Baustelle LKH G***** durch die Gemeinschuldnerin aufgelaufen seien.
Das Erstgericht sprach mit mehrgliedrigem Urteil aus, dass die Klageforderung in Höhe des Klagebegehrens mit EUR 5.690,-- zu Recht und die Gegenforderung nicht zu Recht bestehe und verurteilte die beklagte Partei demgemäß zur Zahlung dieses Betrages samt Staffelzinsen.
Das Erstgericht stellte hiezu weiters fest:
Es kann nicht festgestellt werden, dass zwischen der (späteren) Gemeinschuldnerin und der beklagten Partei eine generelle Aufrechnung von Forderungen aus den Bauvorhaben SC S***** und SCW W***** mit Haftrücklässen aus anderen Baustellen vereinbart wurde.
Spätestens am 20. 11. 2003 wurde die beklagte Partei über den Konkurs der Gemeinschuldnerin informiert.
Die Gegenforderung von EUR 12.448,54 betrifft 2004 gelegte Rechnungen der beklagten Partei an die Gemeinschuldnerin über Ausbesserungsarbeiten beim Bauvorhaben SC S*****, hinsichtlich derer das Erstgericht auch nähere Feststellungen aus den hiezu vorgelegten einzelnen Regieberichten bezüglich Arbeitsaufwand, Material und Mängelanlässen traf (S 12 ff des Ersturteiles).
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht zu den Gegenforderungen (zusammengefasst) aus, dass es dem Zweck eines Haftrücklasses, der ausschließlich als Sicherstellung für den Fall diene, dass der Auftragnehmer die ihm aus der Gewährleistung obliegenden Pflichten nicht erfülle, widerspreche, eine Kompensation mit Forderungen aus anderen Vertragsverhältnissen für zulässig zu erklären, da die Gewährleistungsansprüche dem Auftraggeber nur im jeweils konkreten Bauvorhaben entstünden und nur dort ein Zurückgreifen des Auftraggebers jeweils auf die zurückbehaltene Summe möglich sei. Eine Gegenrechnung mit der Forderung aus anderen Bauvorhaben wäre demnach zweckfremd und würde der Sicherstellungsfunktion des Haftrücklasses widersprechen. Bezüglich der von der beklagten Partei eingewandten Gegenforderung aus dem Verfahren vor dem UVS sei eine aufrechnungsweise Geltendmachung hingegen nicht möglich, weil die klagende Partei insoweit nicht Rechtsnachfolgerin der Gemeinschuldnerin sei, sondern lediglich die Haftrücklässe aus der Konkursmasse gekauft habe, womit die Passivlegitimation der klagenden Partei in Bezug auf diese Gegenforderung nicht gegeben sei.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei, in welcher beantragt worden war, das Ersturteil lediglich durch Ausspruch des Zurechtbestehens der Gegenforderungen bis zur Höhe der Klageforderung im Sinne einer Klageabweisung abzuändern, Folge, hob das angefochtene Ersturteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es sprach weiters aus, dass die „ordentliche Revision" (richtig: der Rekurs nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO) zulässig sei.
Die Beweisrüge zur Negativfeststellung betreffend „generelle Aufrechnungsvereinbarung" zwischen Gemeinschuldnerin und beklagter Partei ließ das Berufungsgericht zufolge Entscheidungsunerheblichkeit unbehandelt und führte in rechtlicher Hinsicht (zusammengefasst) aus:
Ausgehend davon, dass der klagenden Partei Forderungen aus einer Konkursmasse heraus zediert worden seien, sei entscheidendes Kriterium für die Beurteilung der Aufrechenbarkeit im vorliegenden Fall, ob die an die klagende Partei zedierten, hier aufrechnungsweise eingewendeten Schadenersatzforderungen bereits bei Konkurseröffnung über das Vermögen des Zedenten bestanden hätten, da ein Schadenersatzanspruch nach §§ 1293 ff ABGB voraussetze, dass der Schaden bereits zugefügt worden sei. Wenn also die eingewendeten Schadenersatzforderungen bereits bei Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Gemeinschuldnerin bestanden hätten, sei eine Aufrechnung zulässig. Wenn die Schäden hingegen erst nach Konkurseröffnung entstanden seien, finde eine Aufrechnung nicht statt, da der Zessionar keine bessere Rechtsstellung genieße als der Zedent. Diese entscheidende Frage könne aber nach den vorliegenden Feststellungen noch nicht abschließend beurteilt werden, weshalb insoweit ein rechtlicher Feststellungsmangel vorliege.
Was die weitere Gegenforderung aus der Vertretungstätigkeit des Rechtsanwaltes vor dem UVS betreffe, komme es darauf an, ob dieser Anspruch ebenfalls eine an die klagende Partei zedierte Forderung sei und diese zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung aufrechenbar gegenübergestanden sei. Auch dazu fehlten noch die notwendigen Feststellungen. Sollte sich nach Verfahrensergänzung ergeben, dass die Aufrechenbarkeit dem Grunde nach zu bejahen sei, werde auch die Höhe der eingewendeten Gegenforderungen noch zu prüfen sein. Die „ordentliche Revision" (richtig: der Rekurs) wurde für zulässig erklärt, da soweit überblickbar eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle, ob dem Zessionar dieselben (oder weiter reichende) Rechte zustünden wie dem Masseverwalter im Konkurs und dieser Frage Bedeutung über den Einzelfall hinaus zukomme. Gegen diesen Aufhebungsbeschluss richtet sich die (erkennbar) auf den Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte „ordentliche Revision" (richtig wiederum: Rekurs, wobei gemäß § 84 Abs 2 letzter Satz ZPO die unrichtige Bezeichnung nicht schadet:
RIS-Justiz RS0036258) der klagenden Partei mit dem Antrag, die bekämpfte Entscheidung im Sinne einer Klagestattgebung abzuändern; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei hat eine „Revisionsbeantwortung" (richtig: Rekursbeantwortung) erstattet, in welcher primär auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels mangels Vorliegens der Voraussetzungen einer erheblichen Rechtsfrage hingewiesen und beantragt wird, diesem keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, ihm kommt jedoch keine Berechtigung zu.
Vorauszuschicken ist, dass das Rechtsmittel keinerlei Ausführungen zur Gegenforderung aus dem Titel Rechtsanwaltskosten vor dem UVS enthält. Darauf ist daher seitens des Obersten Gerichtshofes mangels Relevierung auch in der Rekursbeantwortung nicht weiter einzugehen. Thematisiert werden in den Rechtsmittelschriften lediglich die Aufrechnungsvoraussetzungen im Zusammenhang mit den Ansprüchen aus den Bauprojekten samt Haftrücklässen. Die (erstmaligen) Ausführungen zur Sittenwidrigkeit und Nichtigkeit „eines vertraglich vereinbarten Abtretungsverbotes zwischen der - kleinen Subunternehmerin - A***** GmbH und der - übermächtigen - Auftraggeberin in Form der Beklagten" verstoßen ebenso gegen das Neuerungsverbot (§ 504 Abs 2 ZPO) wie die Ausführungen zur Nichtberücksichtigung der Sechsmonatsfrist des § 20 Abs 2 KO samt „analoger Anwendung" des § 20 Abs 1 KO, weil zu keinem dieser Themenpunkte bis Schluss der Verhandlung erster Instanz ein entsprechendes Vorbringen erstattet worden war.
Fest steht, dass die beklagte Partei in Höhe des Klagebetrages derartige Sicherstellungen zweckwidrig und damit unberechtigt gegenüber ihrer vormaligen Vertragspartnerin (Gemeinschuldnerin) und nunmehrigen Zedentin (im Konkurs) einbehalten hat.
Der beklagten Partei kam zunächst (vor dieser Abtretung) gegenüber der Gemeinschuldnerin die Stellung eines aufrechnungsberechtigten Konkursgläubigers zu (RIS-Justiz RS0064257), sofern und soweit sie als Generalunternehmerin für Fehler ihrer Subunternehmerin gegenüber dem Werkbesteller (Bauherrschaft) einzustehen hatte und in Vorlage des Subunternehmers Mängelbehebungsarbeiten leisten musste, wie sie in den vom Erstgericht (unbekämpft) festgestellten Regieberichten dargestellt sind. Auch solche Leistungen sind damit grundsätzlich haftrücklasstauglich.
Der im Insolvenzverfahren herrschende Grundsatz der Gleichbehandlung aller Konkursgläubiger (§ 150 Abs 2 KO, RIS-Justiz RS0064371; RS0064324; SZ 73/145) hat zur Folge, dass nach der Konkurseröffnung weder eine neue Konkursforderung entstehen noch eine bestehende durch spätere Rechtshandlungen irgendeiner Person eine Vorzugsstellung vor anderen Forderungen erlangen kann (RIS-Justiz RS0064371). Demgemäß ist es ständige Rechtsprechung, dass die Aufrechenbarkeit insbesondere für Fälle ausgeschlossen ist, in denen die Gegenforderung erst nach der Konkurseröffnung entstanden oder die Forderung gegen den Gemeinschuldner erst nach der Konkurseröffnung an den Schuldner (der Masse) übergegangen ist (RIS-Justiz RS0064332). Die Aufrechnung im Konkurs setzt also voraus, dass die Forderungen einander bereits bei Eröffnung des Konkurses aufrechenbar gegenüberstanden, die Forderung somit nicht erst durch die oder nach der Konkurseröffnung entstand (RIS-Justiz RS0064363; RS0064346; RS0113488; vgl auch RS0051630), ohne dass es auf den Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung entscheidend ankommt (10 ObS 233/02s mwN). Gemäß § 1394 ABGB „sind die Rechte des Übernehmers mit den Rechten des Überträgers in Rücksicht auf die überlassene Forderung eben dieselben"; der Schuldinhalt bleibt somit unverändert (Neumayr in KBB, ABGB Rz 1 zu § 1394; Heidinger in Schwimann, ABGB3 Rz 1 zu § 1394); die Rechtsstellung des Schuldners darf durch eine Zession nicht verschlechtert (RIS-Justiz RS0032793), aber auch nicht verbessert werden. Solches wäre jedoch der Fall, wenn der Beklagten als nach dem Vorgesagten Konkursgläubigerin durch den Gläubigerwechsel von der Gemeinschuldnerin auf die nunmehrige Klägerin im aufrechten Konkursverfahren ein von den zuvor wiedergegebenen konkursrechtlichen Aufrechnungsgrundsätzen zeitlich losgelöstes generelles Kompensationsrecht zukäme, ohne dass es auf den Entstehungszeitpunkt der zugrundeliegenden Forderung (Gewährleistung bzw Schadenersatz ankäme. Demgemäß vertreten auch Schubert in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze §§ 19, 20 Rz 25 sowie Gamerith in Bartsch/Pollak I § 20 Rz 2 (je mwN zur insoweit vergleichbaren Rechtslage in Deutschland), dass das Aufrechnungsverbot des § 20 KO auch nach „Verwertung durch Forderungsverkauf" durch den Masseverwalter weiterwirkt. In diesem Sinne ist der Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichtes wegen gegebener rechtlicher Feststellungsmängel daher nicht zu beanstanden und unumgänglich. Wenn das Berufungsgericht der Ansicht ist, dass der Sachverhalt in der dargestellten Richtung noch nicht genügend geklärt ist, dann kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, dem nicht entgegentreten (RIS-Justiz RS0042179; RS0042327). Dem Rechtsmittel war damit ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.
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