OGH 2Ob78/06v

OGH2Ob78/06v19.10.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Veith sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Grohmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei O***** AG, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Dartmann und Dr. Haymo Modelhart, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei D***** AG, *****, vertreten durch Eisenberger & Herzog Rechtsanwaltspartnerschaft in Graz, wegen EUR 26.218,64 sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 13. Jänner 2006, GZ 4 R 244/05p-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 12. Oktober 2005, GZ 2 Cg 162/05d-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Am 28. 12. 2001 bestellte die „W***** KG" bei der A***** AG einen LKW Mercedes-Benz Atego 1228 L, der von der beklagten Partei hergestellt und der Käuferin im Frühjahr 2002 geliefert wurde. Vertragsinhalt waren unter anderem die Liefer- und Verkaufsbedingungen der A***** AG, deren Punkt VI 3. folgenden Wortlaut hat:

„Schadenersatzansprüche gegen die Lieferfirma und gegen das Lieferwerk für aus Mängeln des Kaufgegenstandes resultierende Folgeschäden sind, soweit diese nur fahrlässig zu vertreten sind, ausgeschlossen; für den Fall von Personenschäden gilt dieser Ausschluss nur bei leichter Fahrlässigkeit.

Für von den Bestimmungen des Produkthaftungsgesetzes umfasste Schäden infolge von Fehlern des gelieferten Produktes gelten die Bestimmungen des Produkthaftpflichtgesetzes; die Ersatzpflicht für Schäden, die ein Unternehmer erleidet, ist ausgeschlossen."

Am 27. 9. 2002 trat bei einer Fahrt mit diesem LKW auf der Mühlviertlerstraße B 310 Dieseltreibstoff aus. Die auf der Fahrbahn verbliebene „Ölspur" führte zu mehreren Verkehrsunfällen. Die klagende Partei leistete als Haftpflichtversicherer des LKWs an die Geschädigten Schadenersatz.

Mit ihrer am 13. 7. 2005 beim Erstgericht überreichten Klage begehrt die klagende Partei von der beklagten Partei den Ersatz der von ihr an 14 Geschädigte geleisteten Beträge in Höhe von insgesamt EUR 26.218,64 sA. Sie brachte im Wesentlichen vor, eine defekte Dieselleitung habe zum Austritt des Treibstoffes geführt. Es handle sich um einen Produktfehler im Sinne des § 5 Abs 1 PHG, der schon im Zeitpunkt des Inverkehrbringens des LKWs vorhanden gewesen sei. Die klagende Partei habe Sach- und Personenschäden Dritter bezahlt, wozu sie infolge der durch den versicherten LKW ausgelösten außergewöhnlichen Betriebsgefahr verpflichtet gewesen sei. Die „Befriedigungsansprüche" ihrer Versicherungsnehmerin seien gemäß § 67 VersVG auf sie übergegangen.

Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach und wandte ein, ein für die Unfälle ursächlicher Produktfehler liege nicht vor. Die Versicherungsnehmerin der klagenden Partei habe den LKW überwiegend für unternehmerische Zwecke verwendet und könne den Schutz des Produkthaftungsgesetzes daher nicht in Anspruch nehmen. Im Übrigen sei die Haftung für Folgeschäden wirksam ausgeschlossen worden. Die klagende Partei begehre einen reinen Vermögensschaden, der nach dem Produkthaftungsgesetz nicht ersatzfähig sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stützte sich auf den eingangs wiedergegebenen unstrittigen Sachverhalt, nahm (abgesehen von Urkundeneinsicht) keine Beweise auf und vertrat die Rechtsansicht, die Versicherungsnehmerin der klagenden Partei habe den LKW überwiegend in ihrem Unternehmen verwendet, sodass ein Schadenersatz schon gemäß § 2 PHG, darüber hinaus aber auch nach den Liefer- und Verkaufsbedingungen vertraglich ausgeschlossen sei. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Es erörterte in rechtlicher Hinsicht, die klagende Partei mache keinen nach dem Produkthaftungsgesetz zu ersetzenden Schaden geltend. Gemäß § 2 Abs 1 PHG sei der Schaden durch die Beschädigung einer Sache nur zu ersetzen, wenn ihn nicht ein Unternehmer erlitten habe, der die Sache überwiegend in seinem Unternehmen verwendet habe. Letzteres sei aber hier unbestrittenermaßen der Fall gewesen. Die Versicherungsnehmerin der klagenden Partei habe schon aus diesem Grund keinen Anspruch gegen die beklagte Partei, der auf die klagende Partei hätte übergehen können. Des weiteren werde ein bloßer Vermögensschaden von der Produkthaftung nicht umfasst, so etwa, wenn der Geschädigte dadurch zu Schaden komme, dass er infolge der Beschädigung einer Sache eines Dritten durch das Produkt dem Dritten zu Leistungen verpflichtet sei. Auch unter diesem Aspekt seien im vorliegenden Fall Ansprüche nach dem Produkthaftungsgesetz ausgeschlossen. Ferner stehe auch den Geschädigten, denen die klagende Partei Schadenersatz geleistet habe, kein Anspruch nach dem Produkthaftungsgesetz zu, weil sie - anders als der Verletzte im Fall 4 Ob 94/04h - durch das angeblich fehlerhafte Produkt nicht unmittelbar geschädigt worden seien. Nach dem Produkthaftungsgesetz seien jedoch nur Primärschäden zu ersetzen, nicht aber Sachfolgeschäden. Der Primärschaden bestehe hier bloß in der Verschmutzung der Straße; die dadurch ausgelösten Unfallschäden seien Sachfolgeschäden.

Die Revision sei zulässig, weil zur Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung, ob Schäden wie diejenigen, welche durch die „Ölspur" verursacht worden seien, noch unter das Produkthaftungsgesetz fielen, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes aufgefunden worden sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der klagenden Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht den zu prüfenden Anspruch der klagenden Partei zu Unrecht als Schadenersatzanspruch beurteilt hat; sie ist auch im Sinne des Eventualantrages berechtigt. Die klagende Partei macht geltend, sie habe als Haftpflichtversicherer auf Grund der Bestimmungen des EKHG und des KHVG den geschädigten Dritten Schäden bezahlt, für welche auch die beklagte Partei nach dem Produkthaftungsgesetz einzustehen habe. Der klagenden Partei stehe gegen die beklagte Partei ein Regressanspruch im Umfang des gesamten ersetzten Betrages zu, weil die beklagte Partei den Schaden zur Gänze verursacht habe. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Unterscheidung zwischen Primärschaden und Sachfolgeschaden erweise sich im gegebenen Zusammenhang als verfehlt.

Hiezu wurde erwogen:

Nach dem Sachvorbringen der klagenden Partei hat diese im Rahmen der Deckungspflicht gegenüber ihrer Versicherungsnehmerin Leistungen erbracht, mit denen die Schäden Dritter abgegolten wurden. Ursache für den Schadenseintritt war in allen Fällen eine vom versicherten LKW stammende „Ölspur", deren Entstehen entweder auf einem Fehler in der Beschaffenheit oder einem Versagen der Verrichtungen des LKWs im Sinne des § 9 Abs 1 EKHG beruhte (vgl dazu Schauer in Schwimann, ABGB3 VII § 9 EKHG Rz 52 ff), sodass nach dieser Gesetzesstelle jedenfalls eine Ersatzpflicht der bei der klagenden Partei haftpflichtversicherten Halterin dieses Fahrzeuges bestand. Für die Lösung der zur Beurteilung anstehenden Haftungsfrage ist zunächst von Bedeutung, ob neben diese Haftung und jene der klagenden Partei (§ 26 KHVG) für die Schäden der Unfallsbeteiligten auch noch die Haftung der beklagten Partei nach dem Produkthaftungsgesetz trat. Hiebei ist im Hinblick darauf, dass die beklagte Partei ihren Sitz in Deutschland hat, vorweg zu prüfen, welches materielle Recht auf die Ansprüche der Dritten zur Anwendung gelangt. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist die Produkthaftung als außervertragliche Haftung im Sinne des § 48 IPRG zu qualifizieren, sofern nicht zwischen dem Geschädigten und dem Produzenten mit dem Produkt zusammenhängende Vertragsbeziehungen (etwa in Form eines Liefer- oder Garantievertrages) bestehen (7 Ob 49/01h = SZ 74/62; 7 Ob 245/02h; vgl auch 6 Ob 317/02i). Ist der Geschädigte Erwerber oder Benutzer des Produktes, besteht eine „stärkere Beziehung" im Sinne des § 48 Abs 1 Satz 2 IPRG zu dem Recht des Marktes, für den das Produkt bestimmt war und an dem er es erworben hat, demnach das Recht des Vertriebsortes (vgl RIS-Justiz RS0077274; Welser/Rabl, PHG2 Vorbem Rz 26; Fitz/Grau in Fitz/Grau/Reindl, Produkthaftung2 § 1 Rz 3; Verschraegen in Rummel, ABGB3 II/6 § 48 IPRG Rz 40). Bei der Schädigung eines unbeteiligten Dritten kommt es auf das Recht des Unfallortes, allenfalls jenes des „Marktstaates" an (Welser/Rabl aaO mwN; Verschraegen aaO mwN). Da der Unfallsort in Österreich liegt und sich dem Vorbringen der Streitteile keine Anhaltspunkte auf eine stärkere Beziehung eines der Geschädigten zu einem nicht mit Österreich identen „Marktstaat" entnehmen lässt, unterliegt die Beurteilung der Ansprüche der geschädigten Dritten gegenüber der beklagten Partei österreichischem Recht, was die Parteien im Revisionsverfahren auch nicht bezweifelt haben.

Danach kann aber - das (bisher noch ungeklärte) Vorliegen ersatzfähiger Schäden und eines Produktfehlers vorausgesetzt - an der grundsätzlichen Anspruchsberechtigung der Geschädigten kein Zweifel bestehen, weil nach Maßgabe der §§ 1 und 2 PHG jeder, der durch ein fehlerhaftes Produkt einen Körper- oder Sachschaden erleidet, demnach auch der außerhalb der Absatzkette stehende Dritte („innocent bystander"), Anspruch auf Schadenersatz gegen den Hersteller des Produktes hat (6 Ob 568/91 = SZ 64/82 = EvBl 1992/23; RIS-Justiz RS0107605; Fitz/Grau aaO § 1 Rz 3). Dem Geschädigten (hier jedoch der klagenden Partei) obliegt hiebei nicht nur der Beweis eines nach dem Produkthaftungsgesetz ersatzfähigen Schadens und des Produktfehlers, sondern auch der Beweis des Kausalzusammenhanges zwischen Produktfehler und Schaden (vgl Fitz/Grau aaO § 1 Rz 107). Es genügt jedenfalls die nach allgemeinen Grundsätzen zu beurteilende adäquate Verursachung des Schadens durch das fehlerhafte Produkt (Fitz/Grau aaO § 1 Rz 32; vgl auch Welser/Rabl aaO § 1 Rz 36 f). Die Eignung einer den Austritt von Treibstoff auf die Fahrbahn ermöglichenden undichten Dieselleitung eines LKWs zur Herbeiführung des eingetretenen Erfolges, nämlich mehrerer Verkehrsunfälle mit Schadensfolgen, wurde zu Recht weder von den Streitteilen noch den Vorinstanzen in Frage gestellt. Sollte die undichte Dieselleitung daher auf einem Produktfehler beruhen, wäre dessen adäquate Kausalität für die Unfallschäden zu bejahen. Soweit das Berufungsgericht in diesen Schäden ohne Tatsachengrundlage nicht ersatzfähige „Sachfolgeschäden" sieht, verkennt es, dass mit diesem Begriff in Rechtsprechung und Lehre nur vom Sachschaden verschiedene Vermögenseinbußen umschrieben werden (1 Ob 184/98k mwN = EvBl 1999/76; Welser/Rabl aaO § 1 Rz 34 f). Nach dem Prozessvorbringen der klagenden Partei ist aber davon auszugehen, dass ihr Klagebegehren - zumindest weit überwiegend - ersatzfähige Sach- und Körperschäden der Unfallsbeteiligten umfasst.

Als Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, dass entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes den Geschädigten im Falle eines Produktfehlers neben der Halterin des LKWs und der klagenden Partei auch die beklagte Partei als nach dem Produkthaftungsgesetz Haftende gegenüberstand. § 10 Satz 2 PHG stellt klar, dass die in Satz 1 normierte Solidarhaftung mehrerer Haftpflichtiger für den nach dem Produkthaftungsgesetz Haftenden auch dadurch keine Änderung erfährt, dass noch weitere (natürliche oder juristische) Personen auf Grund anderer Bestimmungen, wie hier nach dem EKHG, ersatzpflichtig sind (Fitz/Grau aaO § 10 Rz 7 ff; Welser/Rabl aaO § 10 Rz 6). Die klagende Partei hat sich in erster Instanz ausdrücklich (auch) auf § 67 VersVG gestützt. Diese Bestimmung, die auch in der Haftpflichtversicherung gilt (RIS-Justiz RS0080632), normiert, dass ein Schadenersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegen einen Dritten auf den Versicherer übergeht, soweit dieser dem Versicherungsnehmer den Schaden ersetzt. Schon nach dem Wortlaut dieser Bestimmung setzt die darin geregelte Legalzession nicht die Befriedigung einer Forderung des Dritten voraus, sondern die Befriedigung des Versicherungsnehmers, die in der Haftpflichtversicherung durch die Deckung des Drittschadens geschieht (1 Ob 555/95 = SZ 69/17; 2 Ob 332/00p = ZVR 2002/23; RIS-Justiz RS0081235 [T1]). Der Ausdruck „Schadenersatzanspruch" in § 67 VersVG erfasst nicht nur Schadenersatzansprüche im eigentlichen Sinn; er ist vielmehr im weitesten Sinne dahin zu verstehen, dass er sich auch auf Regressansprüche, Ausgleichsansprüche, Bereicherungsansprüche etc bezieht. Durch den Forderungsübergang ändert sich die Rechtsnatur des Anspruches nicht (SZ 52/91; vgl RIS-Justiz RS0080594, RS0080533). Im vorliegenden Fall erwarb die Versicherungsnehmerin der klagenden Partei, die den geschädigten Dritten aus dem Grunde der Gefährdungshaftung nach dem EKHG schadenersatzpflichtig wurde, gegen die solidarisch mithaftende beklagte Partei einen Regressanspruch, der nach § 67 VersVG auf die klagende Partei, die Zahlung geleistet hat, überging (vgl 2 Ob 332/00p = ZVR 2002/23; 4 Ob 94/04h = SZ 2004/81; RIS-Justiz RS0081235). Da die Schadenersatzansprüche der geschädigten Dritten nach österreichischem Recht zu beurteilen und zu befriedigen waren, begründet dies eine so starke Beziehung zur österreichischen Rechtsordnung im Sinne des § 1 Abs 1 IPRG, dass auch für den geltend gemachten Regressanspruch des Haftpflichtversicherers gegen den in Deutschland ansässigen Produzenten österreichisches Recht maßgeblich ist (vgl SZ 55/9; ebenso 7 Ob 281/00z = SZ 74/44).

§ 12 PHG, der den Rückgriff unter mehreren für den Schaden durch ein fehlerhaftes Produkt Verantwortlichen regelt, schließt Regressmöglichkeiten nach allgemeinen Grundsätzen nicht aus (4 Ob 94/04h = SZ 2004/81; Reindl in Fitz/Grau/Reindl aaO § 12 Rz 1; Welser/Rabl aaO § 12 Rz 2). Nach herrschender Auffassung beruht der Regressanspruch nicht in einer Schadenersatzpflicht, sondern auf dem Gemeinschaftsverhältnis und richtet sich nach § 896 ABGB (SZ 60/55; 4 Ob 94/04h = SZ 2004/81). Er ist ein selbständiger Anspruch, dessen Art und Umfang sich nach dem zwischen den Streitteilen bestehenden „besonderen Verhältnis" richtet (für den Regress nach § 12 PHG: 9 Ob 2138/96v = SZ 70/5; vgl ferner RIS-Justiz RS0017522). Dieses kann auf rechtsgeschäftlichen Beziehungen zwischen den Mitschuldnern, aber auch auf schadenersatzrechtlichen Verflechtungen und sonstigen berücksichtigungswürdigen Umständen beruhen (9 Ob 137/99h; 7 Ob 19/05b; vgl auch P. Bydlinski in KBB, § 896 ABGB Rz 4; Gamerith in Rummel, ABGB3 § 896 Rz 6; Apathy/Riedler in Schwimann, ABGB3 § 896 Rz 2). In der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes wurde der Regressanspruch zwischen Mitschuldnern regelmäßig dann als Schadenersatzanspruch beurteilt, wenn die Schädigung des Dritten gleichzeitig eine Vertragsverletzung gegenüber dem zahlenden Mitschuldner war (9 Ob 137/99h mwN; 6 Ob 34/03y; 7 Ob 19/05b; Gamerith aaO § 896 Rz 11).

Eine vertragliche Beziehung der Streitteile geht hier weder aus den Feststellungen noch aus dem beiderseitigen Prozessvorbringen hervor. Im Übrigen hat aber derjenige, der den Schaden des durch ein fehlerhaftes Produkt geschädigten Dritten ersetzen muss, nicht deshalb einen Regressanspruch, weil seine eigenen Rechtsgüter geschädigt wurden, sondern weil er auf Grund gesetzlicher Anordnung neben anderen für die Verletzung eines fremden Rechtsgutes haftet und ihm nicht die Tatsache zum Verhängnis werden soll, zufällig als Erster in Anspruch genommen worden zu sein. Dieses in der Entscheidung 1 Ob 555/95 = SZ 69/17 im Fall eines Regresses nach § 12 PHG verwendete Argument trifft uneingeschränkt auch auf das Regressverhältnis zwischen mehreren Solidarschuldnern zu, die für den Schaden einerseits nach dem Produkthaftungsgesetz, andererseits nach anderen gesetzlichen Bestimmungen (hier: nach dem EKHG) einzustehen haben. Eine Beurteilung des geltend gemachten Regressanspruches als Schadenersatzanspruch scheidet daher aus, weshalb auch die Einwände der beklagten Partei, die klagende Partei begehre bloß einen nicht ersatzfähigen Vermögensschaden und sei überdies gemäß § 2 PHG als Unternehmer nicht geschützt, ins Leere gehen müssen. Der in der Entscheidung 2 Ob 162/97f = ecolex 1999/338 beurteilte Fall, auf den sich die beklagte Partei in der Revisionsbeantwortung zur Stütze ihres gegenteiligen Standpunktes beruft, war insofern anders gelagert, als der Kläger dort den ihm im Rahmen seiner Gewährleistungspflicht gegenüber einem Werkbesteller erwachsenen Verbesserungsaufwand als eigenen Vermögensschaden geltend gemacht hat.

Für das „besondere Verhältnis" zwischen den Streitteilen ist aber relevant, ob von der in Pkt VI 3. der dem Kaufvertrag zugrundegelegten Liefer- und Verkaufsbedingungen auch zu Gunsten des „Lieferwerks" vereinbarten Haftungsbeschränkung die Regressansprüche der klagenden Partei betroffen sind. Im Schrifttum wird der Ausschluss von Regressansprüchen innerhalb der Vertriebskette als zulässig angesehen (Fitz/Grau aaO § 9 Rz 3; Welser/Rabl aaO § 9 Rz 2; Posch in Schwimann, ABGB3 VII § 9 PHG Fn 1). Eine nähere Befassung mit der Frage, ob dies auch für den regressberechtigten Erwerber oder Benutzer eines fehlerhaften Produktes gilt, ist hier aber aus folgenden Gründen entbehrlich:

Klauseln allgemeiner Vertragsbedingungen sind, wenn sie nicht auch Gegenstand und Ergebnis von Vertragsverhandlungen waren, objektiv unter Beschränkung auf den Wortlaut auszulegen (RIS-Justiz RS0008901). Nach dem Wortlaut der zu untersuchenden Klausel soll die Haftungsbeschränkung einerseits Mangelfolgeschäden und andererseits (alle) Schäden von Unternehmern erfassen, während für die von den Bestimmungen des Produkthaftungsgesetzes umfassten Schäden dessen Bestimmungen maßgeblich sind. Auf Regressansprüche, die, wie erörtert, keine Schadenersatzansprüche sind, nimmt die Klausel hingegen keinen Bezug. Für eine von deren Wortlaut abweichende Parteienabsicht, dass auch Regressansprüche vom Haftungsausschluss betroffen sein sollen, bieten die Verfahrensergebnisse keinen Anhaltspunkt. Ein im Innenverhältnis der Streitteile wirksamer vertraglicher Ausschluss des gegenständlichen Regressanspruches liegt daher nicht vor. Zu weiter gehenden Ausführungen über das „besondere Verhältnis" zwischen zwei auf Grund verschiedener Gefährdungshaftungsbestimmungen Haftenden besteht im derzeitigen Verfahrensstadium kein Anlass, weil der Sachverhalt noch weitgehend unaufgeklärt ist.

Die Urteile der Vorinstanzen sind daher aufzuheben. Das Erstgericht wird im fortgesetzten Verfahren zu prüfen haben, ob die beklagte Partei einen Produktfehler im Sinne des § 5 Abs 1 PHG zu vertreten hat. Sollte dies zu bejahen sein, bedarf es zur Klärung ihres Haftungsumfanges auch Feststellungen zu der Frage, inwieweit es sich bei den von der klagenden Partei ersetzten Schäden um Sach-, Personen- oder nach dem Produkthaftungsgesetz nicht ersatzfähige reine Vermögensschäden (vgl RIS-Justiz RS0111170) handelte und ob in Ansehung eines oder mehrerer der Geschädigten die Voraussetzungen des § 2 PHG vorlagen. Erforderlichenfalls wird auch noch die Höhe der liquidierten Schadenersatzansprüche zu prüfen sein. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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