Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 665,66 EUR (darin 110,94 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu zahlen.
Text
Begründung
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren auf Entfernung einer im Auftrag des Beklagten auf einem Grundstück des Klägers verlegten Leerverrohrung (Kabel-TV) insgesamt statt.
Das Berufungsgericht erkannte den Beklagten lediglich schuldig, die zwei über dessen Auftrag „verlegten schwarzfärbigen Leerverrohrungen im Bereich der Austrittsstelle ... bis 20 cm unter die Erdoberfläche zu entfernen sowie in diesem Bereich den ursprünglichen Zustand, nämlich eine Grasfläche, wieder herzustellen" und dem Kläger eine Entschädigung von 186,30 EUR zu zahlen; im Übrigen wies es das Haupt- und das Eventualklagebegehren in dem den Zuspruch jeweils übersteigenden Umfang ab. Es sprach ferner aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000, nicht aber 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Die Beurteilung eines Begehrens als rechtsmissbräuchlich werfe im Allgemeinen zwar keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung gemäß § 502 Abs 1 ZPO auf, hier sei jedoch ein geringfügiger Teil des Klagebegehrens berechtigt gewesen; „für diese Konstellation" mangle es an einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Klägers ist unzulässig.
1. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist Rechtsmissbrauch nicht nur dann anzunehmen, wenn die Schädigungsabsicht den einzigen oder überwiegenden Grund der Rechtsausübung bildet, sondern auch dann, wenn zwischen den vom Handelnden verfolgten eigenen Interessen und den beeinträchtigten Interessen des Anderen ein krasses Missverhältnis besteht, wenn also das unlautere Motiv der Rechtsausübung das lautere Motiv eindeutig überwiegt (9 ObA 144/05z; 9 Ob 32/02z; 9 Ob 35/01i je mwN; siehe ferner RIS-Justiz RS0026265). Auch das Eigentumsrecht ist durch das Verbot schikanöser Rechtsausübung beschränkt (1 Ob 91/02t; 9 Ob 32/02z; 9 Ob 35/01i je mwN). Legt ein Geschehen die Vermutung einer Schädigungsabsicht nahe, so ist es Sache dessen Urhebers, für sein Verhalten einen gerechtfertigten Beweggrund zu behaupten und zu beweisen (4 Ob 87/05f; 4 Ob 139/03z je mwN).
Das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Rechtsmissbrauchs hängt immer von den spezifischen Umständen des Einzelfalls ab (9 ObA 144/05z; 9 Ob 32/02z; RIS-Justiz RS0110900). Deren Würdigung im Licht der Leitlinien der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs wirft nur dann eine erhebliche Rechtsfrage gemäß § 502 Abs 1 ZPO auf, wenn dem angefochtenen Urteil insofern eine zu korrigierende krasse Fehlbeurteilung anhaften sollte (1 Ob 91/02t; 7 Ob 271/02g).
2. Das Berufungsgericht traf die angefochtene Entscheidung auf dem Boden der Leitlinien der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, die auch der Revisionswerber für richtig hält. Er ist indes der Ansicht, dem Berufungsgericht sei eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen. Er verficht insofern den Standpunkt, es könne „durch die Nähe der Leerverrohrungen zu den anderen dort gegebenen Leitungen und Rohre(n) ... allzu leicht eine Beschädigung und Verwechslungsgefahr zu Lasten des Klägers bei künftigen Ausgrabungsarbeiten entstehen". Dazu ist einerseits festzuhalten, dass der Kläger ein solches Vorbringen im Verfahren erster Instanz nicht erstattete. Andererseits ist die geäußerte Befürchtung durch die getroffenen Feststellungen widerlegt. Die im Auftrag des Beklagten im Zuge von Kanalbauarbeiten verlegte Leerverrohrung verläuft etwa 60 cm oberhalb des Abwasserrohrs. „Neben dem jetzigen Kanalstrang" war bereits 1973 ein Elektrokabel für die Stromzuleitung in das Haus des Klägers verlegt worden. Nach Abschluss der Kanalbauarbeiten wurde schließlich „noch eine Wasserleitung parallel zum Abwasserkanal verlegt". Die der Straßenbeleuchtung auf dem Grundstück des Klägers dienende Leerverrohrung betrifft offenkundig lediglich einen Seitenstrang. Angesichts dessen hielt das Berufungsgericht zutreffend fest, es sei nicht ersichtlich, inwiefern bei künftigen Grabungsarbeiten eine Verwechslungsgefahr bestehen oder eine Erschwerung eintreten könnte. Der Kläger habe an der Leerverrohrung kein Interesse. Deshalb könne ihm durch deren allfällige Beschädigung bei Grabungsarbeiten auch kein Schaden entstehen. Das Berufungsgericht durfte seine Beurteilung
- entgegen einer unbegründeten Ansicht des Klägers - auch darauf stützen, dass der Beklagte im Fall einer gänzlichen Klagestattgebung
- entsprechend dem Klagevorbringen (ON 1 S. 4) - mehr als 10.000 EUR an „Rückbaukosten" werde aufwenden müssen. Der Kläger kann nicht dadurch belastet sein, dass das Berufungsgericht seiner Entscheidung im erörteren Punkt dessen Behauptungen zugrunde legte. Der zweiten Instanz ist somit bei Anwendung der eingangs wiedergegebenen Leitlinien der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs auf den Anlassfall zumindest keine krasse Fehlbeurteilung als Voraussetzung der Zulässigkeit der Revision unterlaufen.
Letztlich wirft auch der Grund, dessentwegen das Berufungsgericht die ordentliche Revision zuließ, keine erhebliche Rechtsfrage nach § 502 Abs 1 ZPO auf. Indem dem Hauptbegehren teilweise stattgegeben und dessen Rest wegen Rechtsmissbrauchs abgewiesen wurde, wendete das Berufungsgericht lediglich einen nicht strittigen Grundsatz - Möglichkeit des Zuspruchs eines Minus - an (Fucik in Fasching/Konecny² § 405 ZPO Rz 42; Rechberger in Rechberger, ZPO² § 405 Rz 1). Dass ein Minus zuerkannt wurde, folgt hier - wie auch sonst - aus dem Vergleich des Klagebegehrens mit dem unter Berücksichtigung der rechtserzeugenden Tatsachen für berechtigt gehaltenen Anspruch (RIS-Justiz RS0041023).
3. Nach Auffassung des Klägers hätte das Berufungsgericht überdies das „aus dem Titel der Wertminderung" erhobene Eventualbegehren in seinem den Zuspruch übersteigenden Betrag von 9.813,70 EUR „nicht ohne Weiteres abweisen dürfen". Es mangle insoweit an Feststellungen. Im Verfahren erster Instanz verlangte der Kläger 10.000 EUR an „Wertminderungsabgeltung nach § 5 Abs 5 TKG" (offenkundig 2003), obgleich er die Anwendbarkeit dieses Gesetzes verneinte (ON 5 S. 2 f, ON 8 S. 3). Der Beklagte replizierte, er anerkenne nach den Sätzen einer Verordnung, die 2004 auf Grund des Telekommunikationsgesetzes 2003 erlassen worden sei, insgesamt 186,30 EUR als angemessene Entschädigung für die auf dem Grundstück des Klägers hergestellte Leerverrohrung (ON 8 S. 2 f). Spätestens nach diesem Teilanerkenntnis hätte der Kläger zu dem der Höhe nach nicht näher begründeten Eventualbegehren konkret vorbringen müssen, weshalb ihm, sollte er bei Anwendbarkeit des Telekommunikationsgesetzes 2003 Anspruch auf eine Abgeltung nach dessen § 5 Abs 5 haben, insgesamt 10.000 EUR und nicht bloß 186,30 EUR zuzuerkennen seien. Der Kläger rügte in der Revision überdies nicht das Berufungsverfahren, weil ihn die zweite Instanz insofern nicht zu einem entsprechenden Vorbringen angeleitet habe. Infolgedessen hängt auch die Teilabweisung des Eventualbegehrens nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage nach § 502 Abs 1 ZPO ab.
4. Gemäß § 508a Abs 1 ZPO ist der Oberste Gerichtshof bei Prüfung der Zulässigkeit der Revision nicht an einen Ausspruch des Berufungsgerichts nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO gebunden. Die Revision ist auf Grund der voranstehenden Erwägungen mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen. Gemäß § 510 Abs 3 ZPO kann sich der Oberste Gerichtshof dabei auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.
5. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 41 iVm § 50 Abs 1 ZPO. Da der Beklagte auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels des Klägers hinwies, sind ihm die Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.
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