OGH 4Ob54/06d

OGH4Ob54/06d23.5.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ärztekammer für Oberösterreich, *****, vertreten durch Dr. Karl Krückl und Dr. Kurt Lichtl, Rechtsanwälte in Linz, wider den Beklagten Dr. Günther S*****, vertreten durch Dr. Thomas Langer, Rechtsanwalt in Linz, wegen Unterlassung (Streitwert 36.000 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 5.000 EUR), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 15. Dezember 2005, GZ 6 R 182/05k-14, mit dem infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Linz vom 17. Juni 2005, GZ 3 Cg 204/04m-7, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.754,82 EUR (darin 292,47 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Ärztekammer für Oberösterreich, eine Körperschaft öffentlichen Rechts, ist eine gesetzliche berufliche Interessensvertretung. In ihren Wirkungsbereich fällt ua die Wahrnehmung und Förderung der gemeinsamen beruflichen, sozialen und wirtschaftlichen Belange der Ärzte (§ 66 Abs 1 ÄrzteG).

Der Beklagte ist Facharzt für Unfallchirurgie. Er ist seit 1. 3. 2004 für das D*****-Krankenhaus ***** (in der Folge: Krankenhaus) tätig, und zwar bis 28. 2. 2005 im Rahmen eines freien Dienstvertrags, seit damals faktisch im Sinne der Richtlinien des zuvor bestehenden Vertrags, wobei Verhandlungen über die weitere Form der Zusammenarbeit geführt werden. Das Krankenhaus ist eine von der OÖ Landesregierung bewilligte Krankenanstalt, die in Form eines Sanatoriums gemäß § 2 Z 6 OÖ KAG betrieben wird. Im krankenanstaltsrechtlichen Bewilligungsbescheid sind für das Krankenhaus 120 Normbetten bewilligt (systemisiert). Eine sanitätsbehördliche Bewilligung für die Schaffung von Abteilungen (Stationen) oder sonstigen Strukturen im Sinne des § 7 Abs 1 Z 7 OÖ KAG 1997 besteht für das Krankenhaus nicht. Dementsprechend sieht die seit 2005 gültige und sanitätsbehördlich genehmigte Anstaltsordnung keine Gliederung des Krankenhauses in Abteilungen (Stationen) oder sonstige Strukturen mit dafür jeweils ausgewiesener Bettenanzahl vor. Bestünde eine solche Gliederung, müsste die Anstaltsordnung die in den einzelnen Abteilungen vorgesehene Bettenanzahl ausweisen (§ 10 OÖ KAG). Nach § 3 Abs 6 der derzeitigen genehmigten Anstaltsordnung des Krankenhauses sind in der Krankenanstalt insgesamt 120 Normbetten - in Zwei- und Einbettzimmern aufgeteilt - eingerichtet, die auch als Belegbetten zur Verfügung stehen. § 3 Abs 7 der Anstaltsordnung nennt als eine von vierzehn Einrichtungen der Krankenanstalt auch die Handchirurgie.

Der Beklagte leitet die in der Anstaltsordnung vorgesehene Einrichtung Handchirurgie, wobei ihm von der Krankenhausleitung 15 Betten zugesagt sind, die sich schwerpunktmäßig auf den Stationen 2 A und 2 B befinden. Sind in diesen Stationen keine Betten frei, muss der Beklagte, falls er Betten benötigt, seine Patienten auch auf anderen Stationen unterbringen. Freigehalten werden die 15 Betten für den Beklagten nicht. Der Beklagte erbringt sämtliche ärztlichen und organisatorischen Leistungen im Fachbereich obere Extremität (Spezialgebiet Hand), die zur Betreuung eines Patienten im Krankenhaus und der Tagesklinik L***** erforderlich sind. Daneben hat er im Krankenhaus Räumlichkeiten angemietet, in denen er seit Anfang Oktober 2004 seine Ordination führt. Der Beklagte bezeichnet sich auf Schriftstücken, Visitenkarten und auf seinem Ordinationsschild als „Primar“. Briefpapier und Visitenkarten werden ihm vom Krankenhaus zur Verfügung gestellt. Auf einem Wegweiser im Eingangsbereich des Krankenhauses sind unter der Überschrift „Medizinische Fachbereiche - Abteilungen“ der Bereich Handchirurgie sowie der Beklagte mit dem Titel „Primar“ angeführt. Im Krankenhaus operieren außer dem Beklagten und weiteren mit dem Krankenhaus in einem freien Dienstverhältnis stehenden Ärzten auch etwa 30 Belegärzte, für die jedes freie Bett zur Verfügung steht. Der Beklagte ist gegenüber einem Belegarzt, der Operationen im Bereich der Handchirurgie durchführt, nicht weisungsberechtigt.

Mit Schreiben vom 24. 2. 2004 gab die Leitung des Krankenhauses dem Amt der OÖ Landesregierung, Abteilung Sanitäts- und Veterinärrecht, unter der Überschrift „Abteilungsleitungen“ folgende Organisationsänderung mit dem Ersuchen um Bestätigung bekannt:

„(...) Zu einer neu verbesserten Qualitätssicherung und durchgehend Strukturinhalten unserer Krankenanstalt möchten wir gerade in Bezug auf unser breites Belegarztsystem Spezialisten für unsere Schwerpunktbereiche einsetzen. Dies wären folgende Spezialgebiete: (...) Handchirurgie: Dr. Günther S***** (...).“

Die angeschriebene Behörde antwortete mit Schreiben vom 13. 4. 2004:

„(...) Die Organisationsänderungen werden unter der Voraussetzung zur Kenntnis genommen, dass damit im D*****-Krankenhaus keine Abteilungsstrukturen (für die gemäß OÖ KAG 1997 eine Errichtungs- und Betriebsbewilligung sowie gemäß ArbeitnehmerInnenschutzgesetz eine Arbeitsstättenbewilligung zu erteilen wäre) geschaffen werden und es sich bei den betreffenden Ärzten um Fachärzte des jeweiligen Sonderfaches handelt. (...).“

Bei Einrichtung der beschriebenen Organisationsänderung und Bestellung des Beklagten zum Leiter des Fachbereichs Handchirurgie gab es eine Diskussion, wie man die Ärzte nennen soll; es wurde dann gesagt, dass der Titel Primar gewählt werde. Dem Beklagten wurde mitgeteilt, dass für seinen Fachbereich 15 systemisierte Betten bestünden. In seinem Fachbereich sind dem Beklagten alle Stationsärzte des Hauses untergeordnet, und er muss sich neben medizinischen auch um organisatorische und administrative Dinge kümmern. Der Beklagte lehnte die angebotene Berufsbezeichnung nicht ab, verwies gegenüber der ärztlichen Leitung des Krankenhauses allerdings darauf, dass dies rechtskonform sein müsse. Der Beklagte nahm keine Einsicht in die im Krankenhaus aufliegende Anstaltsordnung und vergewisserte sich nicht, ob darin dem Fachbereich Handchirurgie 15 Betten zugeordnet sind; er holte weder bei der Ärztekammer noch bei der Sanitätsabteilung der Landesregierung Erkundigungen darüber ein, ob er zur Führung der Berufsbezeichnung „Primararzt/Primarius“ berechtigt sei. Mitglieder der Klägerin, nämlich Ärzte des Krankenhauses, die den Titel „Primar“ nicht führen und sich dadurch gegenüber dem Beklagten benachteiligt sahen, beschwerten sich darüber bei der Klägerin, was letztlich der Grund für die Klage war. Der Beklagte steht mit anderen Fachärzten, die auch operieren dürfen, im Wettbewerb. In der Bevölkerung genießen Primarärzte grundsätzlich eine höhere Wertschätzung als Ärzte, die diesen Titel nicht führen.

Die Klägerin begehrt, dem Beklagten zu gebieten, die Verwendung der Berufsbezeichnung „Primararzt“ oder „Primarius“ zu unterlassen, insbesondere im Rahmen seiner niedergelassenen Tätigkeit; sie stellt weiters ein Begehren auf Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung. Der Beklagte führe die Bezeichnung „Primar“, ohne dass hiefür die Voraussetzungen des § 43 Abs 6 ÄrzteG (dauernde Betrauung mit der ärztlichen Leitung einer mindestens 15 systemisierte Betten aufweisenden Krankenabteilung und Unterstellung von mindestens einem Arzt) vorlägen. Der Beklagte handle gesetzwidrig und verschaffe sich dadurch einen sittenwidrigen Vorsprung im Wettbewerb zum Nachteil gesetzestreuer Mitbewerber.

Der Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Die Klägerin sei keine zur Klage befugte Vereinigung gem § 14 Abs 1 UWG und dürfe nicht ein eigenes Mitglied klagen, sondern sei gem § 66 Abs 2 Z 5 Ärztegesetz verpflichtet, in Streitigkeiten zwischen Kammerangehörigen zu vermitteln. Der Beklagte sei zur Führung der Bezeichnung „Primarius“ berechtigt, weil er seit 1. 3. 2004 dauernd mit der ärztlichen Leitung der Krankenabteilung „Unfallchirurgie I, Handchirurgie“ am Krankenhaus betraut sei. Die für die Abteilung erforderlichen Betten befänden sich in den Stationen A und 2 B, wobei stets mindestens 15 Betten für diese Abteilung zur Verfügung stünden. Die Stationsärzte dieser beiden Stationen seien ihm unterstellt und an seine fachlichen Weisungen gebunden. Er habe die strittige Berufsbezeichnung nicht angestrebt, sei jedoch mit Beginn seiner leitenden Funktion offiziell als Primar angesprochen und auf den für ihn ausgestellten Urkunden so bezeichnet worden.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Die Klägerin sei aktiv legitimiert. Der Beklagte habe durch die Führung des Titels „Primar“ gegen § 43 Abs 6 ÄrzteG verstoßen, weil das Krankenhaus, in dem er tätig sei, keine gemäß den Bestimmungen des OÖ KAG bewilligten Krankenabteilungen, sondern nach der Anstaltsordnung nur „Einrichtungen“ in verschiedenen Fachbereichen aufweise. Der Gesetzesverstoß sei dem Beklagten subjektiv vorwerfbar, weil er sich nicht um das Vorliegen der Voraussetzungen zur Führung der Bezeichnung gekümmert und auch nicht in die Anstaltsordnung Einsicht genommen habe. Der Verstoß sei geeignet, die Wettbewerbslage zu beeinflussen.

Das Berufungsgericht bestätigte - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - dieses Urteil und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision mangels höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Auslegung des § 43 Abs 6 ÄrzteG zulässig sei. Die Klägerin sei als zur Standesvertretung berufene Körperschaft des öffentlichen Rechts berechtigt, gemäß § 14 UWG auf Unterlassung zu klagen. Dieses Recht werde ihr auch nicht durch die in § 66 Abs 2 Z 5 ÄrzteG vorgesehene Verpflichtung zur Vermittlung in Streitigkeiten zwischen Kammerangehörigen genommen, die sich auf das in § 94 ÄrzteG geregelte Schlichtungsverfahren beziehe. Die Auslegung des Beklagten, „Krankenabteilung“ in § 43 Abs 6 ÄrzteG bedeute „Abteilung“ im Sinn des allgemeinen Sprachgebrauchs, also den Zuständigkeitsbereich eines Facharzts, nicht eine sanitätsbehördlich bewilligte Abteilung nach dem OÖ KAG, sei unzutreffend. Für den vom Beklagten geleiteten Fachbereich seien nicht 15 Betten systemisiert, damit seien die Voraussetzungen des § 43 Abs 6 ÄrzteG nicht gegeben. Mit Verordnung der Bundesregierung vom 21. 12. 1927, BGBl 1928/5, sei erstmals die Führung der Berufsbezeichnung „Primarius“ geregelt worden; im Text dieser Verordnung hätten die Begriffe „Krankenabteilung“ und „Abteilung“ dieselbe Bedeutung. Nach dem Erlass des Bundesministeriums für soziale Verwaltung vom 14. 7. 1964, Zl. V-70.964-27/JA/64, betreffend Berechtigung zur Führung der Bezeichnung „Primararzt“ oder „Primarius“ sei unter dem in § 4 Abs 6 ÄrzteG [nunmehr § 43 Abs 6 ÄrzteG] neu aufgenommenen Begriff „Institut“ eine sanitätsbehördlich genehmigte organisatorische Einrichtung im Rahmen einer Krankenanstalt zu verstehen, die unter der selbstständigen verantwortlichen Leitung eines Facharztes stehe, dem ein Arzt unterstellt sei. Es bestehe deshalb kein Anlass zur Annahme, dass es dieser Voraussetzung (sanitätsbehördliche Genehmigung) in Ansehung des Leiters einer Krankenabteilung nicht bedürfe. Es sei deshalb nicht zweifelhaft, dass nur der Leiter einer behördlich genehmigten Abteilung die Berufsbezeichnung „Primararzt“ oder „Primarius“ führen dürfe. Ob neben dem Beklagten auch andere Fachärzte, die keine behördlich bewilligten Krankenabteilungen leiteten, die Berufsbezeichnung „Primar“ führten, sei unerheblich; dass eine Vorschrift auch von Mitbewerbern nicht beachtet werde, nehme einem Verstoß dagegen nicht den Charakter einer unlauteren Wettbewerbshandlung. Der Verstoß habe wettbewerbliche Relevanz, weil er geeignet sei, einen Vorsprung vor rechtstreuen Mitbewerbern zu verschaffen. Da der Beklagte gegen eine wettbewerbsrelevante Norm verstoßen habe, sei seine Wettbewerbsabsicht zu vermuten. Der Gesetzesverstoß sei dem Beklagten auch subjektiv vorwerfbar. Bei Einsicht in die Anstaltsordnung hätte der Beklagte erkennen können, dass der von ihm geleitete Bereich nicht als Krankenabteilung, sondern als „Einrichtung“ bezeichnet werde, für die keine Betten systemisiert seien. Auch habe sich der Beklagte nicht um eine Klärung der Rechtslage bemüht, obwohl Anhaltspunkte dafür vorgelegen seien, dass er die in Anspruch genommene Berufsbezeichnung zu Unrecht führe. Er könne sich nicht auf die Vertretbarkeit seiner Gesetzesauslegung berufen.

Rechtliche Beurteilung

Die

Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; das Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt.

1. Der Beklagte steht auf dem Standpunkt, die Klägerin hätte vor Klagsführung die Streitigkeit dem Schlichtungsausschuss der Ärztekammer zur Schlichtung vorlegen müssen, damit die Streitigkeit intern erledigt hätte werden können.

Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung begründen obligatorische Schlichtungsklauseln den über Einwand wahrzunehmenden Mangel der (derzeitigen) Klagbarkeit (RIS-Justiz RS0045298; RS0033687) bzw der Fälligkeit (RIS-Justiz RS0082250). Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Schlichtungsklauseln in Vereinsstatuten, Kollektivverträgen und Versicherungsbedingungen enthalten sind, oder ob es sich um ein gesetzlich vorgesehenes Schlichtungsverfahren handelt (6 Ob 32/05g).

Gem § 94 Abs 1 ÄrzteG 1998 sind die Kammerangehörigen verpflichtet, vor Einbringung einer zivilrechtlichen Klage oder Erhebung einer Privatanklage alle sich zwischen ihnen bei Ausübung des ärztlichen Berufes oder im Rahmen ihrer Tätigkeit in der Standesvertretung ergebenden Streitigkeiten einem Schlichtungsausschuss der Ärztekammer zur Schlichtung vorzulegen. Nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmungen ist ein derartiges gesetzliches Schlichtungsverfahren nur für Streitigkeiten unter Kammerangehörigen vorgeschrieben; eine solche liegt hier nicht vor. Eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs dieser Vorschrift im Wege der Analogie wird abgelehnt (Stellamor/Steiner, Handbuch des österreichischen Arztrechts I, 483 unter Hinweis auf Rechtsprechung des Disziplinarsenats). Dem ist jedenfalls für den Fall zu folgen, dass eine Ärztekammer selbst als Klägerin gegenüber einem Kammerangehörigen auftritt. Bei gegenteiliger Auffassung läge eine „Schlichtung in eigener Sache“ vor, die mit dem Wesen eines Schlichtungsverfahrens als Streitschlichtung durch einen neutralen Dritten unvereinbar wäre.

2. Die Beklagte stellt das vom Berufungsgericht gewonnene Auslegungsergebnis in Frage, wonach unter „Abteilung“ iSd § 43 Abs 6 ÄrzteG nur eine sanitätsbehördlich bewilligte Abteilung zu verstehen sei. Nach dem Wortsinn und unter Berücksichtigung der modernen Krankenhausstrukturen sei jeder „Zuständigkeitsbereich“ eines Facharztes in einer Krankenanstalt eine Krankenabteilung.

Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, dass das Krankenanstaltenrecht (vgl etwa § 2a Krankenanstalten- und KuranstaltenG; § 3 OÖ KAG) die beiden bettenführenden Organisationseinheiten einer Krankenanstalt „Abteilungen“ (mit der allfälligen Untergliederung in „Departements“ ua für Teilgebiete desselben Sonderfachs) und „Fachschwerpunkte“ (mit nur 8 bis 14 Betten) kennt und sie begrifflich von den sonstigen - durch Fachärzte betreuten - „Einrichtungen“ der Krankenanstalt unterscheidet. Der Begriff „Zuständigkeits- oder Fachbereich eines Facharztes“ ist hingegen dem Krankenanstalten-Organisationsrecht unbekannt. Die allfällige Gliederung einer Krankenanstalt in Abteilungen ist in der Anstaltsordnung ersichtlich zu machen (§ 10 Abs 2 Z 1 OÖ KAG).

Eine Auslegung des § 43 Abs 6 ÄrzteG im Lichte dieses systematischen Zusammenhangs (§ 6 ABGB) lässt keinen Zweifel daran offen, dass der dort verwendete Begriff „Krankenabteilung“ die bettenführende Organisationseinheit „Abteilung“ einer Krankenanstalt meint, die sanitätsbehördlich bewilligt (§ 7 OÖ KAG) und in der Anstaltsordnung angeführt sein muss. Auch der Verwaltungsgerichtshof versteht unter dem Begriff „Krankenabteilung“ gem 18 Abs 6 ÄrzteG (nunmehr) § 43 Abs 6 ÄrzteG (früher: § 18 Abs 6 ÄrzteG) eine bettenführende Organisationseinheit (VwGH 28. 4. 1993, GZ 92/12/0028). Im Übrigen hat das Berufungsgericht die Entstehung der in Frage stehenden Bestimmung ausführlich dargelegt und sie zutreffend ausgelegt; auf seine Rechtsausführungen kann verwiesen werden (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO).

3. Der Beklagte beruft sich in der Revision auf die Vertretbarkeit seiner Rechtsansicht; er habe die Berufsbezeichnung als Leiter einer Abteilung im Sinne des allgemeinen Sprachgebrauchs geführt.

Der Beklagte hat schon in erster Instanz eingewendet, die beanstandeten Handlungen stünden mit dem Gesetz im Einklang; in dieser Verantwortung steckt - auch wenn dies nicht ausdrücklich ausgeführt wird - der Einwand, seine Auffassung sei jedenfalls mit guten Gründen vertretbar, sodass er nicht sittenwidrig handle (4 Ob 296/02m; 4 Ob 39/04w). Die Ausführungen des Rechtsmittelwerbers, er habe im Rahmen einer vertretbaren Rechtsansicht gehandelt, sind daher - entgegen der Auffassung der Klägerin in der Revisionsbeantwortung - zulässig; sie sind aber nicht berechtigt.

Ein Gesetzesverstoß begründet nur dann sittenwidriges Handeln im Sinne des § 1 UWG, wenn er subjektiv vorwerfbar und geeignet ist, dem Verletzer einen sachlich nicht gerechtfertigten Vorsprung vor gesetzestreuen Mitbewerbern zu verschaffen. Maßgebend ist daher, ob die Auffassung des Beklagten über die Auslegung der angeblich verletzten Norm durch das Gesetz so weit gedeckt ist, dass sie mit gutem Grund vertreten kann (stRsp RIS-Justiz RS0077771).

Hätte sich der Beklagte entweder selbst mit den einschlägigen Bestimmungen des Krankenhausrechts befasst oder fachkundige Auskunft dazu eingeholt, hätte er leicht erkennen können, dass der Zuständigkeits- oder Fachbereich eines Facharztes in einer Krankenanstalt einer Krankenabteilung iSd § 43 Abs 6 ÄrzteG nicht gleichgehalten werden kann (siehe dazu oben 2.). Die Vorinstanzen haben ihm seinen Gesetzesverstoß deshalb zutreffend als schuldhaft angerechnet, zumal auch die Anstaltsordnung des betroffenen Krankenhauses keine vom Beklagten geleitete Abteilung, sondern nur insgesamt 14 als „Einrichtung“ bezeichnete Aufgabenbereiche anführt, denen jedoch keine bestimmte systemisierte Bettenanzahl zugeordnet ist. Dass die Rechtsauffassung des Beklagten unvertretbar ist, ergibt sich daher auch schon daraus, dass bei Gleichstellung der Begriffe „Fachbereich“ und „Krankenabteilung“ das Krankenhaus über 14 Primarärzte verfügen würde, womit bei insgesamt nur 120 systemisierten Betten jedenfalls die erforderliche Zahl von 15 Betten pro Primararzt nicht erreicht würde. Auch aus dem Antwortschreiben der zuständigen Sanitätsbehörde auf die Anzeige der Einrichtung von Spezialgebieten (Fachbereichen) im Krankenhaus ergibt sich deutlich, dass die Behörde damit keiner Organisationsänderung im Sinne der Schaffung von Abteilungen zugestimmt hat. Bei der Frage der Vertretbarkeit einer Rechtsmeinung ist auch darauf abzustellen, welche Verwaltungspraxis bei der zuständigen Behörde besteht (RIS-Justiz RS0077771 [T38, T51].

Der Verweis des Beklagten auf gleichartiges Verhalten Dritter geht schon deshalb ins Leere, weil sich eine Rechtfertigung seines Verhaltens nicht mit Erfolg aus einer angeblichen „Branchenübung“ ableiten lässt: Missbräuche können nämlich nicht als Maßstab des Zulässigen dienen; ein Rechtsbruch ist auch dann sittenwidrig, wenn der überwiegende Teil der Mitbewerber dieselbe Vorschrift gleichfalls missachtet (RIS-Justiz RS0110039).

Der Revision ist ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO. Das Rechtsmittel enthält nur Ausführungen zum Unterlassungsbegehren, weshalb die Bemessungsgrundlage im Revisionsverfahren nur 36.000 EUR beträgt.

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