OGH 9Ob22/06k

OGH9Ob22/06k29.3.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache 1.) der klagenden und gefährdeten Partei M***** Errichtungs- und Betriebsgesellschaft mbH und der weiteren klagenden Partei 2.) Primar Prof. Dr. Peter H*****, Arzt, beide *****, beide vertreten durch Graff Nestl Baurecht Zorn Rechtsanwälte GmbH, Wien, gegen die 1.) beklagte und gefährdende Partei P***** GmbH & Co KEG, ***** und die weiteren beklagten Parteien 2.) P***** GmbH, ebendort, und 3.) Primar Dr. Walter E*****, Arzt, ***** sämtliche vertreten durch Prunbauer, Themmer & Toth, Rechtsanwälte GmbH, Wien, wegen Erfüllung eines Kaufvertrags, Feststellung und Herausgabe (Streitwert EUR 2,335.530) über den außerordentlichen Revisionsrekurs der erstbeklagten und gefährdenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 16. Jänner 2006, GZ 16 R 2/06s, 16 R 3/06p-73, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der erstbeklagten und gefährdenden Partei wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Zum angeblichen Verstoß gegen die Rechtskraft des abweisenden Beschlusses ON 12: Das Rekursgericht hat - im Übrigen mit durchaus nachvollziehbarer Begründung - einen Rechtskraftverstoß der Beschlüsse ON 55 und ON 59 und damit die geltend gemachte Nichtigkeit verneint. Eine solche vom Rekursgericht verneinte Nichtigkeit kann aber nicht erneut zum Gegenstand eines Revisionsrekurses gemacht werden (RIS-Justiz RS0007232; RS0042981).

Zur geltend gemachten Nichtberücksichtigung von Urkunden und angeblicher weiterer Verfahrensergebnisse: Soweit die Revisionswerberin sich auf einen Verfahrensmangel beruft, ist ihr entgegenzuhalten, dass das Rekursgericht einen solchen ausdrücklich verneint hat. Der angebliche Verfahrensmangel kann daher nicht neuerlich im Revisionsrekurs geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0042963, RS0043086, RS0043144 uva). Im Übrigen legte das Rekursgericht der Entscheidung die völlig einhellige Rechtsprechung zugrunde, nach der ein Beschluss auf Bewilligung der einstweiligen Verfügung grundsätzlich ohne Gewährung rechtlichen Gehörs an den Gegner der gefährdeten Partei ergeht, zumal diesem ja der Widerspruch gemäß § 397 EO zusteht (RIS-Justiz RS0005415; RS0005557). Wie der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach mit eingehender Begründung dargelegt hat (SZ 67/166; SZ 74/16; RIS-Justiz RS0028350; RS0074799), fällt das Provisorialverfahren nicht unter den von der Revisionsrekurswerberin ins Treffen geführten Schutz des Art 6 Abs 1

EMRK.

Zur angeblich fehlenden Schlüssigkeit der Legitimation der gefährdeten bzw gefährdenden Partei und zur behaupteten Unbestimmtheit eines von den Vorinstanzen angenommenen Kaufvertrages:

Nach den Feststellungen des Erstgerichtes handelten sowohl der Zweitkläger als auch der Drittbeklagte jeweils namens der von ihnen „beherrschten" juristischen Personen, somit als Geschäftsführer der gefährdeten Partei einerseits bzw der gefährdenden Partei andererseits. Diesbezüglich fehlt es weder an Feststellungen noch sind die daraus gezogenen rechtlichen Schlüsse des Rekursgerichtes unvertretbar. Der Umstand, dass die Liegenschaft EZ *****, Grundbuch ***** erst nach dem Kaufabschluss vom 16. 12. 2002 als eigener Grundbuchskörper gebildet wurde, schließt nicht aus, dass sich die Streitteile bereits zuvor über den Umfang des Grundstückes, aus dem die EZ später gebildet wurde, einig waren. Dies wurde vom Erstgericht auch festgestellt. Die Tatsache, dass die gefährdende Partei zum Zeitpunkt des Kaufabschlusses noch nicht Eigentümerin der Liegenschaft war, führt nicht zur Unwirksamkeit eines Kaufvertrags:

Die Verfügungsberechtigung des Verkäufers über den Kaufgegenstand ist nicht Voraussetzung des Zustandekommens eines Kaufvertrages. Auch eine für den Verkäufer fremde Sache kann Gegenstand eines gültigen Kaufvertrages sein (stRsp RIS-Justiz RS0020042; RS0020046).

Zu den behaupteten Feststellungsmängeln: Die Feststellungsgrundlage ist nur dann mangelhaft, wenn Tatsachen fehlen, die für die rechtliche Beurteilung wesentlich sind, die nach dem Vorbringen der Parteien und den Ergebnissen des Verfahrens (hier: aufgrund des Vorbringens der gefährdeten Partei) zu prüfen waren (RIS-Justiz RS0053317). Wurden aber zu einem bestimmten Thema ohnehin Feststellungen getroffen, mögen diese auch den Vorstellungen des Rechtsmittelwerbers zuwiderlaufen, kann der Vorwurf eines Feststellungsmangels nicht mehr erfolgreich erhoben werden (RIS-Justiz RS0043480; RS0053317; RS0043320 [T18]). Das Rekursgericht hat die diesbezügliche Rüge bereits zutreffend als Versuch einer unzulässigen Beweisrüge qualifiziert. Da das Erstgericht seine Feststellungen nicht nur auf Urkunden, sondern auch auf die Einvernahme von Auskunftspersonen gestützt hat, konnte das Rekursgericht von diesen Feststellungen auch nicht abweichen (RIS-Justiz RS0044018).

Zur Sicherheitsleistung: Herrschender Rechtsprechung und Lehre entspricht es, dass eine Bankgarantie ein geeignetes Instrument für jede in Verfahrensgesetzen vorgesehene Sicherheitsleistung ist. Eine abweichende, von der Rechtsmittelwerberin ins Treffen geführte Lehrmeinung wird von der Rechtsprechung ausdrücklich abgelehnt (SZ 70/77). Eine Bankgarantie würde daher auch eine taugliche Sicherheit im Sinn des § 390 EO abgeben (ausdrücklich zum Provisorialverfahren:

5 Ob 81/98t; 4 Ob 172/03b). Jedenfalls vertretbar ist auch die Rechtsauffassung des Rekursgerichtes, dass die Formulierung der vorliegenden Bankgarantie ausreichend klar die Abrufbarkeit durch das Erstgericht ausdrückt, zumal diese Formulierung dem Wortlaut von Bankgarantien vergleichbar ist, welche bereits in der Vergangenheit von der Rechtsprechung als ausreichend beurteilt wurden (4 Ob 511/96; 3 Ob 4/97b). Auch die Ausführungen der Revisionsrekurswerberin zur Höhe der Sicherheitsleistung geben keinen Anlass, an der Richtigkeit der Rechtsauffassung des Rekursgerichtes zu zweifeln. Ob und in welcher Höhe eine nach § 390 Abs 2 EO auferlegte Sicherheitsleistung gerechtfertigt ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, sodass regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO vorliegt (RIS-Justiz RS0113134). Die Anordnung der Sicherheit nach § 390 Abs 2 EO liegt ebenso wie die Bestimmung deren Höhe im Ermessen des Gerichts. Es bedarf hiezu keiner besonderen Erhebungen über die mögliche Höhe eines dem Gegner eventuell drohenden Schadens (RIS-Justiz RS0005711). Wenn die Frage, ob und in welcher Höhe durch den Vollzug der einstweiligen Verfügung den Beklagten ein Schaden entstehen wird, gegenwärtig noch nicht mit Sicherheit beantwortet werden kann, genügt nach der Rechtsprechung die Festsetzung einer verhältnismäßig niedrigen Kaution, zumal später immer noch die Möglichkeit einer Erhöhung gegeben ist, wenn sie sich als unzureichend herausstellen sollte (stRsp RIS-Justiz RS0005453). Die Behauptungen der Rechtsmittelwerberin zu einem angeblich in weitaus größerer Höhe drohenden Schaden widersprechen im Übrigen auch dem im Rechtsmittelverfahren gegen eine einstweilige Verfügung geltenden Neuerungsverbot (RIS-Justiz RS0002445). Zusammenfassend vermag die Revisionsrekurswerberin daher keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.

Stichworte