OGH 5Ob81/98t

OGH5Ob81/98t24.3.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Baumann und Dr.Hradil als weitere Richter in der Rechtssache der gefährdeten Partei C***** P***** N.V.N., ***** Niederländisch West Indien, vertreten durch Wolf, Theiss & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wider den Gegner der gefährdeten Partei Dimitrios K*****, Rumänien, wegen $ 300.000,-- (Streitwert ATS 3,600.000,--), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der beteiligten A***** Bank (Österreich) AG, ***** vertreten durch Binder, Grösswang & Partner, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 16.Jänner 1998, GZ 40 R 1726/97g-47, womit infolge von Rekursen der gefährdeten Partei und der A***** Bank (Österreich) AG der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 27. November 1997, GZ 29 C 1563/93g-41, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß der gerichtliche Auftrag an die A***** Bank AG, den Betrag von öS 800.000,-- auf das PSK-Konto Nr 5460504 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien zu überweisen, ersatzlos behoben wird.

Die Revisionsrekurswerberin hat die Kosten ihrer Rechtsmittel selbst zu tragen.

Text

Begründung

Zur Sicherung ihres Anspruchs auf Bezahlung eines Betrages von $ 300.000,-- sA, wozu der Gegner der gefährdeten Partei aufgrund eines Schuldbeitritts verpflichtet sei, begehrte die gefährdete Partei die Erlassung einer einstweiligen Verfügung des Inhalts, a) dem Gegner der gefährdeten Partei zu verbieten, über seine Bankguthaben bei der C*****-Bank***** bis zu einem Betrag von S 3,600.000,-- zu verfügen und b) der *****-Bank*****, ***** und deren Filialen zu verbieten, Verfügungen des Gegners der gefährdeten Partei über seine Bankguthaben bis zu einem Betrag von S 3,600.000,-- zuzulassen, insbesondere solche Bankguthaben an den Gegner der gefährdeten Partei auszubezahlen.

Das Erstgericht erließ diese einstweilige Verfügung und sprach gleichzeitig aus, daß diese aufgehoben werde, wenn die gefährdete Partei nicht binnen zwei Monaten ab Zustellung des Beschlusses nachweise, daß sie zur Durchsetzung des behaupteten Anspruches gegen den Gegner der gefährdeten Partei die Klage bei Gericht eingebracht habe. Es begrenzte die Geltung der Provisorialmaßnahme bis zum Ablauf von drei Monaten nach rechtkräftiger Erledigung des anhängig zu machenden Prozesses. Weiters trug es der gefährdeten Partei zur Sicherung allfälliger Schadenersatzansprüche des Gegners der gefährdeten Partei aufgrund der ihm aus der einstweiligen Verfügung drohenden Nachteile auf, binnen 8 Tagen eine Sicherheit von S 800.000,-- bei Gericht zu erlegen, wobei die einstweilige Verfügung aufgehoben werde, wenn die Sicherheitsleistung nicht rechtzeitig erlegt oder die allenfalls beigebrachte Bankgarantie nicht rechtzeitig verlängert werde. Die gefährdete Partei brachte eine Bankgarantie der A***** Bank (Österreich) AG in Wien bei, in der es insbesondere heißt: "Wir verpflichten uns unwiderruflich auf erste Anforderung und ohne Prüfung des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses nach Erhalt eines entsprechenden rechtskräftigen Gerichtsbeschlusses im Verfahren 29 C 1563/93 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien gegen Vorlage dieser Bankgarantie an die in einem solchen Gerichtsbeschluß angegebene Zahlstelle maximal einen Betrag von S 800.000,-- zu überweisen. Unsere Garantie ist gültig bis zum 30.11.1995. Eine eventuelle Inanspruchnahme muß uns bis zu diesem Datum spätestens zugegangen sein....." (ON 5). Vor Ablauf der Garantiefrist wurde eine weitere Bankgarantie der A***** Bank (Österreich) AG folgenden Inhalts vorgelegt: "Wir verpflichten und uns unwiderruflich auf erste Anforderung und ohne Prüfung des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses nach Erhalt eines entsprechenden rechtskräftigen Gerichtsbeschlusses im Verfahren 29 C 1563/93 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien gegen Vorlage dieser Bankgarantie an die in einem solchen Gerichtsbeschluß angegebene Zahlstelle maximal einen Betrag von S 800.000,-- zu überweisen. Unsere Garantie ist gültig ab 1.12.1995 bis zum 1.12.1996 und wird automatisch verlängert bis 1.12.1997, sollte nicht 30 Tage vor dem Ablauftag von uns eine Mitteilung erfolgen, wonach die Garantie nicht mehr verlängert wird. Eine eventuelle Inanspruchnahme muß uns bis zu diesem Datum spätestens zugegangen sein. Danach ist unsere Garantie automatisch und vollinhaltlich erloschen, unabhängig von einer Retournierung der Originalurkunde an uns....." (ON 25).

Mit Beschluß vom 27.11.1997 (ON 41) nahm das Bezirksgericht Innere Stadt Wien die auftrags der gefährdeten Partei abgegebene Bankgarantie der A***** Bank AG, ***** Nr G 950.619 über S 800.000,--, ausgestellt am 30.11.1995, gültig bis längstens 1.12.1997, zur Sicherung allfälliger Schadenersatzansprüche des Gegners der gefährdeten Partei in Anspruch und beauftragte die A***** Bank AG, gegen Vorlage dieser Bankgarantie im Original, den Betrag von öS 800.000,-- auf das PKS-Konto Nr 5460504 des BG Innere Stadt Wien zu überweisen.

Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs der gefährdeten Partei nicht Folge, jenem der A***** Bank AG hingegen teilweise Folge und änderte den angefochtenen Beschluß dahin ab, daß er zu lauten habe: "Das Bezirksgericht Innere Stadt Wien nimmt die auftrags der gefährdeten Partei abgegebene Bankgarantie der A***** Bank AG, 1010 Wien, Schottenring 35, Nr G 950.619 über öS 800.000,--, ausgestellt am 30.11.1995, gültig bis längstens 1.12.1997, zur Sicherung allfälliger Schadenersatzansprüche des Gegners der gefährdeten Partei in Anspruch und beauftragt die A***** Bank gegen Vorlage dieser Bankgarantie im Original, den Betrag von S 800.000,-- auf das PSK-Konto Nr 5460504 des BG Innere Stadt Wien nach Rechtskraft dieses Beschlusses zu überweisen.

Richtig sei, daß Beschlüsse auch im Exekutionsverfahren selbständig anfechtbar seien, wenn kein ausdrücklicher Ausschluß der selbständigen Anfechbarkeit gemäß § 514 Abs 1 ZPO normiert sei. Eine vom Gericht jederzeit abrufbare Bankgarantie sei einem in Bargeld erfolgendem Sicherheitserlag gleichzuhalten. Sollte die Aufschiebungswerberin nicht gleichzeitig vor Ablauf der Garantie eine neue, allenfalls wieder befristete Garantie als Sicherheitsleistung vorlegen, wäre es Pflicht des Gerichtes, rechtzeitig die Bankgarantie abzurufen und den eingehenden Betrag als Bargelderlag zu behandeln. Für die Einhaltung der Frist habe das Gericht durch geeignete Maßnahmen, etwa durch Setzen eines Fristenvormerks, Sorge zu tragen (3 Ob 4/97b). Es widerspreche der Prozeßökonomie sowie der kaufmännischen Denkweise, wenn angenommen werde, durch Rechtsmittel den Lauf einer Bankgarantie verlängern zu wollen. Daher sei die Formulierung "nach Erhalt eines entsprechenden rechtskräftigen Gerichtsbeschlusses" als Hinweis für die Auszahlung des Garantiebetrages zu sehen, nicht aber als eine aufschiebende Bedingung für die Erzielung der Garantie. Die Inanspruchnahme der Bankgarantie sei durch das Erstgericht rechtzeitig erfolgt, Voraussetzung für die Zahlung aus dieser Garantie sei allerdings die Vorlage eines rechtskräftigen Gerichtsbeschlusses im Verfahren 29 C 1563/93, sodaß der Beschluß des Erstgerichtes entsprechend abzuändern sei.

Das Rekursgericht sprach aus, daß gegen den abändernden Teil der außerordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil keine Frage von der im § 528 Abs 1 ZPO genannten Bedeutung zu beurteilen sei.

Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der A***** Bank (Österreich) AG aus dem Grunde der Nichtigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß der Auftrag zur Zahlung zu entfallen habe; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil die Entscheidungen der Vorinstanzen im angefochtenen Umfang im Gesetz keine Deckung finden; sie ist auch berechtigt.

Der herrschenden Rechtsprechung und Lehre entspricht es, daß eine Bankgarantie ein geeignetes Instrument für jede in Verfahrensgesetzen vorgesehene Sicherheitsleistung ist (ÖBA 1997/648 mwN). Ungeeignet sich derartige Garantien lediglich dann, wenn die Inanspruchnahme der Garantie auch von der Rechtskraft eines entsprechenden Gerichtsbeschlusses abhängig gemacht wird, weil für das Gericht regelmäßig nicht vorhersehbar ist, wann ein von ihm gefaßter Beschluß, der mit Rekurs anfechtbar ist, in Rechtskraft erwachsen werde (RZ 1983, 297 = HS 12.508; RZ 1984/48 = SZ 56/55). Dies ist im vorliegenden Fall jedoch insofern ohne Belang, als das Erstgericht die einstweilige Verfügung nicht aufgehoben hat.

Im Fall einer Befristung der Garantie ist es Aufgabe des Gerichtes, rechtzeitig die Garantie abzurufen und den eingehenden Betrag als Bargelderlag zu behandeln. Hiezu kann es die Bank auch auffordern, den Betrag bei Gericht zu hinterlegen (ÖBA 1997/648 mwN). Für den von den Vorinstanzen ausgesprochenen Auftrag, den Betrag auf ein vom Gericht bekannt gegebenes Konto zu überweisen, fehlt es hingegen an jeder gesetzlichen Grundlage. Die Revisionsrekurswerberin ist, weil sie durch ein Einschreiten des Exekutionsgerichtes gesetzwidrig belastet wurde, indem ihr ein ungerechtfertigter Auftrag erteilt wurde, zur Erhebung eines Rechtsmittels legitimiert (EvBl 1993/53). Das Fehlen einer gesetzlichen Grundlage für den von ihr angefochtenen Auftrag bewirkt überdies dessen Nichtigkeit, sodaß dem Revisionsrekurs auch sachlich stattzugeben ist. Es erübrigt sich schon aus diesem Grunde, auf die Rechtsrüge einzugehen, mit welcher eine unrichtige Auslegung der Garantie durch das Rekursgericht geltend gemacht wird.

Einstweilige Verfügungen werden gemäß § 393 Abs 1 EO wohl stets auf Kosten der antragstellenden Partei getroffen, doch handelt es sich bei der Inanspruchnahme einer als Sicherheit gebotenen Bankgarantie um eine Maßnahme zur Sicherung allfälliger Ansprüche des Gegners der gefährdeten Partei im Sinne der §§ 394, 400 EO). Wenngleich durch den angefochtenen Auftrag Rechte der Revisionsrekurswerberin betroffen wurden, ist sie dennoch am Verfahren nicht als Partei Beteiligte und könnte daher Kosten nur im Fall eines Zwischenstreites ansprechen (RZ 1993/86 ua). Im vorliegenden Fall hat sich der Gegner der gefährdeten Partei am Verfahren überhaupt noch nicht beteiligt, die gefährdete Partei selbst teilt, wie sich aus ihrem gegen den Beschluß des Erstgerichtes erhobenen Rekurs ergibt, den Standpunkt der A***** Bank AG. Daraus erhellt, daß ein zum Kostenersatz führender Zwischenstreit nicht vorliegt, sodaß der Kostenanspruch der Revisionsrekurswerberin einer gesetzlichen Grundlage entbehrt. Sie hat daher die Kosten ihrer - wenngleich erfolgreichen - Rechtsmittel selbst zu tragen.

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