OGH 4Ob325/83 (4Ob326/83)

OGH4Ob325/83 (4Ob326/83)12.4.1983

SZ 56/55

Normen

ABGB §880a
EO §390
ZPO §56
ABGB §880a
EO §390
ZPO §56

 

Spruch:

Die der gefährdeten Partei gemäß § 390 EO auferlegte Sicherheit kann auch durch eine Bankgarantie geleistet werden, in der sich das Kreditinstitut verpflichtet, einen bestimmten Betrag nach Erhalt eines rechtskräftigen Gerichtsbeschlusses ohne Prüfung des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses bei Gericht zu erlegen. Ein gesetzliches Pfandrecht des Gegners der gefährdeten Partei kann in diesem Fall erst dann entstehen, wenn und soweit das Gericht die Bankgarantie tatsächlich abruft

Die dem Gericht vorgelegte schriftliche Garantieerklärung der Bank ist eine bloße Beweisurkunde; ihre Rückstellung an die gefährdete Partei führt daher für sich allein noch nicht zum Erlöschen der Garantieverpflichtung

OGH 12. 4. 1983, 4 Ob 325, 326/83 (OLG Wien 4 R 252, 253/82; HG Wien 17 Cg 172, 173/80)

Text

Im Verfahren 17 Cg 173/80 verbot das Erstgericht zur Sicherung des Anspruches der Klägerin auf Unterlassung von Patentverletzungen mit einstweiliger Verfügung vom 27. 11. 1980 der Beklagten K-GesmbH das Feilhalten und Vertreiben von Bohrern, die für bestimmte, im Spruch des Beschlusses näher bezeichnete Bohrhämmer geeignet sind. Der Klägerin wurde aufgetragen, für alle der Beklagten durch die einstweilige Verfügung verursachten Nachteile durch gerichtlichen Erlag von 1 Mio. S Sicherheit zu leisten; gleichzeitig wurde ausgesprochen, daß die einstweilige Verfügung nicht vollzogen und die schon vollzogene Verfügung auf Antrag der Beklagten aufgehoben würde, wenn letztere eine Sicherheit von 1 Mio. S zu Gericht erlege.

Im Verfahren 17 Cg 172/80 erließ das Erstgericht auf Antrag der Klägerin gegen den dortigen Beklagten Karl K am 17. 2. 1981 eine inhaltsgleiche einstweilige Verfügung; die der Klägerin aufgetragene Sicherheitsleistung und der dem Beklagten eingeräumte Befreiungsbetrag wurden hier mit je 100 000 S bestimmt.

Die Klägerin leistete die ihr aufgetragenen Sicherheiten durch Vorlage von Bankgarantien der A-Bank über 1 Mio. S bzw. 100 000 S; diese Bankgarantien wurden vom Erstgericht als hinreichende Sicherheiten entgegengenommen.

Im Verfahren 17 Cg 173/80 legte der Beklagtenvertreter am 13. 2. 1981 eine Bankgarantie der B-Sparkasse vom 10. 2. 1981 über 1 Mio. S mit dem Antrag vor, die einstweilige Verfügung vom 27. 11. 1980 aufzuheben. Einen gleichartigen Antrag stellte er im Verfahren 17 Cg 172/80 am 26. 3. 1981 unter Vorlage einer Bankgarantie desselben Kreditinstitutes vom 24. 3. 1981 über 100 000 S.

Mit seinen Beschlüssen vom 25. 2. 1981 bzw. 30. 3. 1981 erkannte das Erstgericht iS dieser Anträge. Ein dagegen vom Beklagten (nur) zu 17 Cg 173/80 erhobener Rekurs blieb erfolglos.

Nachdem die beiden Verfahren in der Folge am 28. 10. 1981 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden waren, stellte die Klägerin am 20. 9. 1982 unter Hinweis auf die rechtskräftige Aufhebung der einstweiligen Verfügungen den Antrag, die von ihr vorgelegten Bankgarantien freizugeben und zu Handen ihres ausgewiesenen Vertreters zurückzustellen.

Mit Beschlüssen vom 11. 10. 1982 gab das Erstgericht den Freigabeanträgen der Klägerin statt, weil nach dem Erlag von Befreiungsbeträgen durch die Beklagten die der Klägerin aufgetragenen Sicherheitsleistungen gegenstandslos geworden seien.

Die von den Beklagten dagegen erhobenen Rekurse - welchen das Erstgericht keine aufschiebende Wirkung zuerkannt hatte - wurden vom Oberlandesgericht Wien als Rekursgericht mit inhaltsgleichen Beschlüssen vom 13. 1. 1983 als unzulässig zurückgewiesen. Nach der Aktenlage seien die beiden Bankgarantien der Klägerin bereits ausgefolgt worden; damit sei aber das für die Klägerin an diesen Sicherheiten begrundete gesetzliche Pfandrecht ex lege erloschen. Dieser Zustand schließe eine meritorische Erledigung der Rechtsmittel der Beklagten aus, weil einer allfälligen Abänderung oder Aufhebung der erstgerichtlichen Beschlüsse nur noch theoretisch-abstrakte Bedeutung zukommen könnte. Nach der rechtskräftigen Aufhebung der einstweiligen Verfügungen gemäß § 391 Abs. 1 Z 3 EO sei für einen neuen Auftrag an die Klägerin zum Erlag einer Sicherheit kein Raum mehr. Es sei aber nicht Aufgabe der Rechtsmittelinstanz, über bloß theoretische Fragen - hier: ob den Ausfolgungsanträgen der Klägerin tatsächlich stattzugeben war - abzusprechen.

Der Oberste Gerichtshof hob die Zurückweisungsbeschlüsse der zweiten Instanz auf und trug dem Rekursgericht eine neuerliche Entscheidung über die Rekurse der Beklagten auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Nach einhelliger Lehre und Rechtsprechung ist die Bankgarantie - als Sonderfall des allgemeinen Garantievertrages - ein einseitig verpflichtender Schuldvertrag, welcher regelmäßig der Sicherung der Leistung eines Dritten, meist des Bankkunden, an den aus diesem Vertrag begünstigten Gläubiger in der Weise dienen soll, daß die Bank dem Gläubiger den Empfang seiner Leistung oder seines vertraglich festgesetzten geldlichen Interesses in jedem Fall, also auch dann gewährleistet, wenn der Dritte die Leistung vertragswidrig unterläßt oder die Verbindlichkeit des Hauptschuldners nicht zum Entstehen kommt oder später wegfällt (SZ 48/130; SZ 50/66; JBl. 1978, 204; EvBl. 1982/23 ua.; ebenso Schinnerer - Avancini, Bankverträge[3] II 291). Wird eine vom Gericht der gefährdeten Partei gemäß § 390 EO auferlegte Sicherheit - zulässigerweise (SZ 32/46 ua., zuletzt etwa 6 Ob 718/80, 3 Ob 51/81; ebenso Heller - Berger - Stix III 2839 f.; Fasching II 386 § 56 ZPO Anm. 8) - durch Vorlage einer Bankgarantie geleistet, in der das Kreditinstitut, wie hier, die Verpflichtung übernimmt, einen bestimmten Betrag nach Erhalt eines rechtskräftigen Gerichtsbeschlusses ohne Prüfung des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses bei Gericht zu erlegen, dann kann schon nach der besonderen Rechtsnatur dieser Sicherheit ein gesetzliches Pfandrecht des Gegners der gefährdeten Partei nur entstehen, wenn und soweit das Gericht diese Bankgarantie tatsächlich abruft und damit in einen gerichtlichen Barerlag umwandelt. Vom Erlöschen eines gesetzlichen Pfandrechtes der Beklagten durch die Rückstellung der beiden Bankgarantien - bei welchen es sich angesichts der Formfreiheit des Bankgarantievertrages (s. dazu Schinnerer - Avancini aaO 301) nicht um ein "Wertpapier", sondern um bloße Beweisurkunden handelt - kann deshalb entgegen der Meinung des Rekursgerichtes keine Rede sein.

Nach dem Wortlaut dieser Garantieverträge soll die

Garantieverpflichtung der A-Bank vielmehr erst " ... durch

Zustellung eines rechtskräftigen Gerichtsbeschlusses ... über das

Erlöschen der... Garantieverpflichtung" erlöschen. Daß die beiden

"Freigabebeschlüsse" des Erstgerichtes vom 11. 10. 1982 tatsächlich eine solche Entscheidung enthalten, ist nicht zweifelhaft; das Rekursgericht hat aber übersehen, daß die Garantieverpflichtung der A-Bank nicht schon mit den Entscheidungen der ersten Instanz (und der darauf folgenden Rückstellungen der Garantieurkunden an die Klägerin), sondern erst mit der Rechtskraft dieser Beschlüsse erlischt.

Entgegen den Ausführungen der angefochtenen Beschlüsse kann daher nicht davon gesprochen werden, daß einer Sachentscheidung über die Rekurse der Beklagten nur noch "theoretisch-abstrakte Bedeutung" zukäme; die Beklagte hat vielmehr ein berechtigtes Interesse daran, die Ausfolgungsbeschlüsse des Erstgerichtes im Rechtsmittelweg überprüfen zu lassen und damit den Eintritt ihrer Rechtskraft - welcher zum Erlöschen der Garantieverpflichtung des Kreditinstitutes führen würde - zu verhindern.

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