OGH 1Ob10/94

OGH1Ob10/9411.10.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schlosser, Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker und Dr.Rohrer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Alma M*****, vertreten durch Dr.Armin Kaufmann, Rechtsanwalt in Wien als Verfahrenshelfer, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17-19, wegen Feststellung (Streitwert 1,500.000 S), infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 8.Juli 1993, GZ 14 R 42/93-12, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 22.Februar 1994, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes St.Pölten vom 6.Oktober 1992, GZ 28 Cg 1/92-8, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 21.769,20 S (darin 3.628,20 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

In den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Verfahren 1 C 37/88d und 1 C 4/89b des Bezirksgerichtes K***** (im folgenden Anlaßverfahren) begehrten die nunmehrige Klägerin und ihr Gatte mit Klage und Widerklage die Scheidung ihrer Ehe. Am 28.August 1989 stellte die Klägerin im Anlaßverfahren den Antrag, zur Sicherung ihres Anspruches auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens, insbesondere der Ehewohnung (eine gemeinsam bewohnte, im Alleineigentum ihres Gatten stehende Villa in K*****), iS der §§ 81 ff EheG ihrem Gatten iS des § 382 Z 6 EO zu verbieten, die Liegenschaft ... zu belasten, zu veräußern oder zu verpfänden, wobei im Hinblick auf § 384 Abs 2 EO dieses Verbot im Lastenblatt der Liegenschaft anzumerken und im Eigentumsblatt ersichtlich zu machen sei; die einstweilige Verfügung wolle bis zu dem Zeitpunkt getroffen werden, bis die gefährdete Partei in den Stand gesetzt werde, einen Antrag auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens, insbesondere auch der Ehewohnung iS der §§ 81 ff EheG anzubringen, spätestens bis ein Jahr nach rechtskräftiger Scheidung der Ehe. Zur Bescheinigung legte die Klägerin als gefährdete Partei - neben Zeitungsinseraten über Immobilien im Raum K***** zur Bescheinigung des Wertes der Liegenschaft - ein von ihr unterfertigtes Gedächtnisprotokoll vom 24.August 1989 über ein von ihr nach ihrer Darstellung am 22.August 1989 zwischen etwa 23.00 Uhr bis 01.00 Uhr zwischen ihrem Gatten und ihrem Sohn Robert in der Küche des Hauses mitgehörtes Gespräch folgenden Inhalts bei:

„Dr.G*****, der zweite Anwalt meines Mannes, habe bisher keine Erfolge gebracht, deshalb müsse man die Sache selber in die Hand nehmen. Mein Mann wäre nicht bereit, 5 Jahre auf seine Scheidung zu warten. Es wäre eine gute Idee, das Grundstück schnellstens zu verkaufen, und zwar in der Zeit, wo die Mutter (Klägerin) auf Urlaub sei, das wäre im September, müsse die Transaktion durchgeführt werden - das Grundstück sei damit 'konserviert' - und die Mutter hätte keinen Zugriff mehr darauf. Außerdem stehe Herr ... (Gatte der Klägerin) mit seinem Personalchef auf recht gutem Fuß - er würde ihm erklären, daß er momentan in einer schwierigen Scheidungsphase stecke und entweder auf unbezahlten Urlaub ginge oder kündigen würde. Wenn Herr ... (Gatte der Klägerin) dann zu Hause sei, könne er vom Kaufpreis leben, und wenn er der Mutter kein Unterhaltsgeld bezahlen müsse, ginge es ihm gut, er würde sich eben die Wäsche selber waschen.

Diesem Gespräch habe ich entnommen, daß mein Mann die Drohungen, die er seit einem Jahr ausstößt, in Bezug auf kündigen, sich ins Ausland absetzen, und dergleichen wahrmachen will. An diesem Abend war mein Mann der Meinung, ich sei noch nicht zu Hause ...“

Im Sicherungsantrag erstattete die Klägerin folgendes Vorbringen:

„Im Zusammenhalt damit, daß er auch (vorübergehend) seine Beruf aufgeben will und im Hinblick auf den hohen Wert der Liegenschaft würde bei Durchführung der Transaktion mein Aufteilungsanspruch im Sinne des § 81 ff EheG vereitelt, aber jedenfalls gefährdet und sehr erheblich erschwert werden. Auf einen Kaufpreis könnte ich mangels jeglichen Titels nicht greifen und könnte der Gegner der gefährdeten Partei insbesondere dann, wenn er sich beurlauben läßt oder seinen Beruf (vorübergehend) aufgibt, in überschaubaren Zeiträumen eine Ausgleichszahlung, die meinem Aufteilungsanspruch entspricht, nicht leisten. Ich würde solcherart einen unwiderbringlichen Vermögensnachteil, unter Umständen in Millionenhöhe, erleiden. ... Ich gehe am 7.9.1989 auf Urlaub und ist für diese Zeit die Transaktion durch den Gegner der gefährdeten Partei geplant, an dessen Ernsthaftigkeit ich keine Sekunde zweifle.

Beweis: mitfolgende eidesstattliche Erklärung.

Die Erlassung der einstweiligen Verfügung ist daher äußerst dringend. Sollte das Gericht meine Vernehmung trotz der mitfolgenden Beilagen als notwendig erachten, so bitte ich dies raschmöglichst durchzuführen und bin ich ständig unter der Telefonnummer .... erreichbar. Ist aber zu befürchten, daß durch die Veräußerung der Liegenschaft, auf der sich meine Ehewohnung befindet, in meine Ansprüche nach §§ 81 ff EheG in dem Sinne eingegriffen wird, daß die Verwirklichung derselben mir unmöglich gemacht wird, so ist die Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Sinne der §§ 382 Zif 6, 382 Zif 8 c EO gerechtfertigt ...“

Die von der Richterin im Anlaßverfahren am 30.August 1989 verfügte Zustellung des Sicherungsantrages an den Gatten der Klägerin als Gegner der gefährdeten Partei zwecks Äußerung binnen fünf Tagen ging diesem am 15.September 1989 zu. Der Gatte der Klägerin erwirkte innerhalb der Äußerungsfrist am 17.September 1989 beim Bezirksgericht K***** Rangordnungsbeschlüsse über die beabsichtigte Veräußerung und Verpfändung der Liegenschaft und verkaufte die Liegenschaft am 18.September 1989 - die Einverleibung des Eigentumsrechts der Käuferin erfolgte am 24.November 1989 -, ehe er sich mit Äußerung vom 19.September 1989 gegen die Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung aussprach. Am 13.Oktober 1989 erweiterte die Klägerin den Sicherungsantrag dahin, daß ihrem Gatten die beiden Rangordnungsbeschlüsse abgenommen und gerichtlich verwahrt werden. Die am 13.Oktober 1989 zu beiden Anträgen erlassene einstweilige Verfügung konnte nicht mehr vollzogen werden.

Die Klägerin begehrt von der beklagten Republik Österreich als Rechtsträger aus dem Titel der Amtshaftung die Feststellung, daß ihr durch schuldhaftes und rechtswidriges Verhalten der Organe des Bezirksgerichtes K***** bei Behandlung ihres Sicherungsantrages vom 28.August 1989, insbesondere durch die Zustellung des Antrages an den Antragsgegner ... ohne rechtzeitiges Erlassen einer einstweiligen Verfügung betreffend die Sicherung ihres Anspruches auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, insbesondere hinsichtlich der dem ... (Gatte der Klägerin) gehörenden Liegenschaft ... ein Schaden entstanden sei. Dazu trug die Klägerin vor, ihr Gatte sei durch die Zustellung des Sicherungsantrages auf die Gefahr der drohenden „Grundbuchssperre“ geradezu hingewiesen worden und habe schon am dritten Werktag nach der Zustellung die beiden Rangordnungen erwirkt. Er habe seinen Arbeitsplatz in Österreich mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 65.000 S aufgegeben und sei als gebürtiger Ungar nach Budapest verzogen, wo er monatlich nunmehr nur 10.000 S verdiene. Das - der Aufteilung zu unterziehende - verkaufte Grundstück habe einen Marktwert von 5,000.000 S; der Aufteilungsanspruch habe die Hälfte dieses Betrages ausgemacht. Darüber hinaus hätte die Klägerin ihren titelmäßig festgestellten Unterhaltsanspruch von monatlich 14.700 S mit Hilfe dieser Liegenschaft einbringlich machen können, wäre sie nicht veräußert worden. Die genaue Schadenssumme lasse sich noch nicht feststellen, zumal das Ehescheidungsverfahren noch anhängig sei. Eine Einbringlichmachung des laufenden Unterhalts sei wegen des angeblich geringen Einkommens und des ungarischen Arbeitgebers ihres Gatten unmöglich. Es stehe auch nicht fest, wie weit nach rechtskräftiger Scheidung und Erledigung des Aufteilungsverfahrens von ihrem Gatten Beträge einbringlich gemacht werden könnten.

Die beklagte Partei wendet im wesentlichen ein, daß es vertretbar gewesen sei, den Gegner der gefährdeten Partei vor Erlassung der einstweiligen Verfügung zu hören. Es hänge vom Ermessen des Gerichtes ab, ob vor Erlassung einer einstweiligen Verfügung der Gegner gehört werde oder nicht. Das Gesetz enthalte dazu keine bestimmte Vorschrift. Jedenfalls schließe es die Anhörung des Gegners nicht aus. Die von der Klägerin im Anlaßverfahren in ihrer eidesstättigen Erklärung wiedergegebenen Worte ließen nicht darauf schließen, daß das sofortige Handeln des Gerichtes notwendig gewesen wäre. Insbesondere könnte den Gesprächen nicht entnommen werden, daß schon konkrete Verkaufsgespräche in Gang seien. Wenn das Gericht vor Erlassung der einstweiligen Verfügung und in Kenntnis des persönlichen Eindruckes der Klägerin von einer Unzulänglichkeit der eidesstättigen Erklärung (als geeignetes Bescheinigungsmittel) ausgegangen sei, sie ihren Sohn (Robert) nicht als Bescheinigungsmittel angegeben habe und eine Liegenschaft im Wert von 6,000.000 S nicht von einem Tag auf den anderen veräußert werden könne, sei die Zustellung zur Äußerung binnen fünf Tagen an den Gegner der gefährdeten Partei vertretbar. Insbesondere hätten die vorliegenden Bescheinigungsmittel keinen Anhaltspunkt dafür gegeben, daß der unmittelbare Verkauf bevorstehe. Ein anderes Vorgehen sei mit rechtsstaatlichen Grundsätzen unvereinbar und hätte auch gegen Art 6 Abs 1 MRK verstoßen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, weil das Vorgehen der Organe des Bezirksgerichtes K***** weder rechtswidrig noch schuldhaft gewesen sei. Keine konkrete Vorschrift der EO verbiete eine Anhörung des Gegners der gefährdeten Partei vor Erlassung der einstweiligen Verfügung. Die Anhörung liege im Ermessen des Gerichtes. Die Zustellung des Sicherungsantrages an den Gegner der gefährdeten Partei zur Äußerung sei jedenfalls das Ergebnis einer vertretbaren Rechtsansicht. Nicht einmal aus dem von der Klägerin vorgelegten Gedächtnisprotokoll habe entnommen werden können, daß schon konkrete Verkaufsgespräche im Gange wären, sodaß das Gericht im Anlaßverfahren zu Recht von der offenbaren Unzulänglichkeit der eidesstättigen Erklärung der Klägerin ausgegangen sei. Im übrigen habe die Klägerin im Urteilsbegehren eine Feststellung der Haftung der beklagten Partei für die von ihr behaupteten Schäden nicht begehrt; das konkrete Urteilsbegehren könne ihr nicht zum gewünschten Ziel verhelfen. Es sei nicht Sache des Gerichtes, anwaltlich vertretene Parteien zur einwandfreien Formulierung ihrer Urteilsbegehren anzuleiten.

Das Berufungsgericht hob das Ersturteil auf und ließ den Rekurs an den Obersten Gerichtshof zu. Mit Berichtigungsbeschluß vom 22.Februar 1994 sprach es aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige. Die zweite Instanz übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen und ging in rechtlicher Hinsicht im wesentlichen von einem Ermessungsmißbrauch im Anlaßverfahren aus, weil durch die gewählte Vorgangsweise der Zweck der beantragten einstweiligen Verfügung und der gesetzlichen Regelungen geradezu vereitelt worden sei. Fraglich sei weiter, ob der Schaden, dessen Ersatz durch die vorliegende Klage gesichert werden solle, bereits eingetreten sein müsse. Der Aufteilungsanspruch der Klägerin nach § 81 EheG, der im Anlaßverfahren durch einstweilige Verfügung gesichert werden sollte, sei durch die Ehescheidung bedingt. Bedingte Rechte seien schon vor Eintritt der Bedingung feststellungsfähig, wenn der ganze rechtserzeugende Sachverhalt vorliege, die Bedingung festgesetzt und beides erweislich sei und nur mehr der Eintritt der Bedingung offen stehe. Da der Aufteilungsanspruch der Klägerin nur von einer Bedingung, der Scheidung ihrer Ehe abhängig sei, scheine ihr Ersatzanspruch, das Vorbringen in der Klage als richtig vorausgesetzt, feststellungsfähig. Da das Klagevorbringen (Verbringen des Verkaufserlöses der Villa - gemeint der Liegenschaft - durch den Gatten der Klägerin, Beendigung dessen Dienstverhältnisses in Wien und Eingehen eines neuen, schlecht bezahlten Dienstverhältnisses in Ungarn, was die Einbringlichmachung der klägerischen Forderungen unmöglich mache) ungeprüft sei, könne nicht iS einer Feststellung der Schadenersatzpflicht der beklagten Partei ausgegangen werden. Es sei auch der Einwand der beklagten Partei nicht geprüft worden, das Bezirksgericht K***** habe aus Kenntnis der Parteien aus dem Scheidungsverfahren die behauptete Gefahr als nicht gegeben und die eidesstättige Erklärung als unzulänglich angesehen und habe deshalb die einstweilige Verfügung mit Recht nicht sogleich erlassen. Was den begehrten Urteilsspruch anlange, werde bereits im Klagsvorbringen die Feststellung einer Schadenersatzpflicht und nicht nur des Entstehens des Schadens begehrt; eine entsprechende Präzisierung des Urteilsspruches sei auch von Amts wegen vorzunehmen gewesen. Im fortgesetzten Verfahren werde daher zu prüfen sein, ob der Gatte der Klägerin sein Vermögen verbracht, damit die Feststellung und Durchsetzung eines Aufteilungsanspruches unmöglich sowie durch Beendigung seines Dienstverhältnisses in Wien und Eingehen eines weitaus schlechter bezahlten Dienstverhältnisses in Budapest die Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen unmöglich gemacht habe sowie, ob bei sofortiger Entscheidung unter Verwertung der angebotenen Bescheinigungsmittel die Gefahr als bescheinigt angesehen worden wäre.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der beklagten Partei ist nicht berechtigt.

a) Bei einem Antrag auf einstweilige Sicherung der in die Aufteilungsmasse fallenden Vermögenswerte nach § 382 Z 8 lit c zweiter Fall EO wird nicht der im Verfahren geltend gemachte Anspruch auf Auflösung der Ehe, sondern der - erst durch die Rechtskraft der Auflösungsentscheidung entstehende (JBl 1980, 268 = MietSlg 31.853) - Anspruch gesichert, daß die der Aufteilung unterliegenden Sachen weder verbracht, eigenmächtig veräußert oder belastet werden, somit der status quo bewahrt und eine einseitige Veränderung der Vermögenslage bis zur Durchführung des Aufteilungsverfahrens verhindert wird. Auch der Anspruch auf Ausgleichszahlung als künftiger Leistungsanspruch kann nach § 382 Z 8 lit c zweiter Fall EO gesichert werden (EFSlg 58.036; EFSlg 46.882 = MietSlg 36.912; EFSlg 34.718 = MietSlg 31.855; 2 Ob 520/94, 7 Ob 509/92 uva). Der Anspruch ist als solcher keine bloße Geldforderung iS des § 379 EO, sondern ein anderer Anspruch iS des § 381 EO (2 Ob 520/94, 6 Ob 605/93). Eine einstweilige Verfügung nach § 382 Z 8 lit c zweiter Fall EO kann nur dann erlassen werden, wenn eine konkrete Gefährdung behauptet und bescheinigt wird (EFSlg 70.090, 58.039; SZ 57/89 = JBl 1985, 245 = EFSlg 46.880 = MietSlg 36.911; 2 Ob 520/94 ua). Dabei kann eine Gefährdung der gefährdeten Partei bei einer Absicht des Gegners der gefährdeten Partei, das ihm allein gehörige Haus mit der Ehewohnung vor Abschluß des Ehescheidungsverfahrens und Durchführung des Aufteilungsverfahrens zu verkaufen nicht zweifelhaft sein (vgl EFSlg 49.589). Die im Anlaßverfahren angestrebten Sicherungsmittel (§§ 382 Z 6, 384 Abs 2 EO) waren zulässig (EFSlg 64.380 f, 58.037; MietSlg 36.912 ua).

Für dieses Provisorialverfahren gelten nicht die Bestimmungen des Hauptverfahrens, sondern die der EO und den nach diesem Gesetz anwendbaren Bestimmungen der ZPO (EFSlg 58.043; EFSlg 49.638 = MietSlg 37.846; MietSlg 36.172 mwN ua). Über das Begehren auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist in der Regel allein auf Grund des Antrags der gefährdeten Partei und der von ihr beigebrachten Bescheinigungsmittel zu erkennen, ist doch das Provisorialverfahren als summarisches (Heller-Berger-Stix EO4 2836) Eilverfahren grundsätzlich einseitig (Rechberger-Simotta, Exekutionsverfahren2 Rz 943). Das Gericht kann aber auch - ausnahmsweise, weil die einstweilige Verfügung den Gegner der gefährdeten Partei, soll sie ihr Ziel erreichen, möglichst überraschen soll - den Gegner der gefährdeten Partei darüber vernehmen, wenn dies dem Gericht zweckmäßig erscheint (Rechberger-Simotta aaO Rz 943). Der Gegner hat aber keinen Anspruch darauf, vor der Beschlußfassung über den Sicherungsantrag gehört zu werden (ÖBl 1982, 83; ÖBl 1974, 89 = RZ 1974/97 uva; Heller-Berger-Stix aaO 2841 ua); dafür steht ihm in einem solchen Fall das Recht des Widerspruchs nach § 397 Abs 1 EO zu. Das Provisorialverfahren fällt entgegen den Rekursausführungen nicht unter Art 6 Abs 1 MRK (MRK 1994/49 in ÖJZ 1994, 599 mwN).

Ob die Anhörung des Gegners der gefährdeten Partei stattfinden soll, hängt ganz von dem durch die Umstände geleiteten Ermessen des Gerichtes ab. Das Gesetz enthält hierüber keine Vorschrift (EFSlg 32.186). Im Rahmen der Ermessensübung wird die Anhörung zulässig sein, wenn a) ein Anlaß vorliegt, zB wenn Bedenken in Ansehung der aktiven oder passiven Legitimation oder ungeachtet der Glaubhaftmachung Zweifel über das Vorhandensein der behaupteten Gefahr oder über die Zulässigkeit der beantragten Sicherungsmittel oder rücksichtlich der Auswahl derselben obwalten; b) eine Verzögerung der Anordnung der einstweiligen Verfügung statthaft erscheint; c) wenn der Zweck der einstweiligen Verfügung durch diese Anhörung nicht vereitelt werden kann (EFSlg 32.186; Heller-Berger-Stix aaO 2841).

Eine Rechtswidrigkeit iS des § 1 Abs 1 AHG setzt nicht notwendig einen Ermessensmißbrauch voraus, sondern sie kann auch durch eine Ermessensüberschreitung, eine Überschreitung des dem Gericht eingeräumten Ermessensspielraums (1 Ob 18/92, teilweise veröffentlicht in Jus extra 1993, 1223, 1227; JBl 1985, 171; JBl 1977, 539; vgl auch Schragel AHG2 Rz 138 mwN, Vrba-Zechner, Kommentar zum Amtshaftungsrecht 165 mwN in FN 18 und 19) begründet werden, wenn die Ermessensübung in Ausübung der richterlichen Unabhängigkeit als grob sachwidrig und unvertretbar erachtet werden muß (vgl SZ 55/36 = JBl 1983, 155; Schragel aaO). Demgemäß kann an sich auch eine Ermessensübung des Gerichtes durch Anhörung des Gegners der gefährdeten Partei vor Entscheidung über den Sicherungsantrag grob sachwidrig und daher unvertretbar sein. Ob eine solche unvertretbare Ermessensübung vorliegt, hängt ganz von den Umständen des Einzelfalles, vom Vorbringen der gefährdeten Partei und auch von den Ergebnissen des Bescheinigungsverfahrens ab. Nach Auffassung des erkennenden Senats muß beim gegebenen Aktenstand die Zustellung des Sicherungsantrags an den Gegner der gefährdeten Partei - freilich vorbehaltlich der von der zweiten Instanz unbekämpft als notwendig erachteten Ergänzungen der Tatsachengrundlage - als unvertretbar angesehen werden, hat doch die nunmehrige Klägerin als gefährdete Partei ausdrücklich darauf verwiesen, es bestehe die Gefahr des Verkaufes der Liegenschaft und deshalb die Notwendigkeit einer besonders dringlichen Erledigung.

Die Ausführungen des Berufungsgerichtes über die Zulässigkeit der Feststellung bedingter Recht und die dem Verfahren erster Instanz anhaftenden Mängel werden im Rechtsmittel nicht in Frage gestellt.

Demgemäß ist dem Rekurs nicht Folge zu geben. Die Kostenentscheidung fußt auf §§ 41, 50 ZPO.

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