OGH 8ObA34/05s

OGH8ObA34/05s6.10.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Gerda Höhrhan-Weiguni und Dr. Christoph Kainz als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Nimod F*****, vertreten durch CMS Reich-Rohrwig, Hainz, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei E*****GmbH, *****, vertreten durch Burgstaller und Preyer Partnerschaft von Rechtsanwälten in Wien, wegen EUR 128.838,95 sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse EUR 125.190,53 sA), gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 17. März 2005, GZ 10 Ra 198/04t-13, mit dem infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 17. März 2004, GZ 17 Cga 47/03k-9, abgeändert worden war, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird aufgehoben.

Die Rechtssache wird an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrens.

Text

Begründung

Der seit 1989 in der Firmengruppe der Beklagten beschäftigte Kläger war seit November 2001 Direktor für Customer Service and Operations in Zentral- und Osteuropa und führte in Wien ein Büro mit einem kleinen Stab. Seine Personalbefugnisse waren hinsichtlich Einstellung und Beendigung von Dienstverhältnissen auf Vorschlagsrechte beschränkt und er konnte auch keine eigenständigen Gehaltsvereinbarungen treffen. Als im Jahr 2001 dann im Rahmen einer Fusion eine Überarbeitung und Umstrukturierung der weltweiten Organisation erfolgte, fielen zahlreiche Positionen weg, darunter auch 110 von den 600 Mitarbeitern die im Zuständigkeitsbereich des Klägers waren. Die Abwicklungen der Beendigungen erfolgte durch die Personalabteilung. Die Konzernsprache war Englisch und es wurde regelmäßig nur von „redundancies" gesprochen ohne die Beendigungsart weiter zu konkretisieren. Im Sommer 2002 erfuhr dann er Kläger, dass nunmehr auch er mit seinem gesamten Stab eingespart werden sollte. Es wurde ihm am 27. 9. 2002 ein Kündigungsschreiben mit einer Kündigung zum 31. 12. 2002 ausgehändigt und der Kläger mit sofortiger Wirkung dienstfrei gestellt. Zu diesem Zeitpunkt war jedoch die fünftätige Äußerungsfrist des Betriebsrates nach § 105 ArbVG noch nicht abgelaufen und dieser hatte zum Ausspruch der Kündigung auch noch keine Stellungnahme abgegeben.

Im Hinblick auf seine bisherige Tätigkeit war dem Kläger bekannt, dass bei Beendigung des Dienstverhältnisses insbesondere bei gehobenen Positionen regelmäßig noch Verhandlungen über die Ansprüche aus der Beendigung geführt werden. Darüber besteht bei der Beklagten auch eine sogeannte „Redundancies Policy". Zweck dieser Richtlinien ist es die „Vorstellungen der Politik, der Verfahren und der Hilfsmittel zur Unterstützung des Personalwesens der Arbeitsabteilungsverwaltung und der Angestellter bei der Freisetzung von Arbeitskräften" festzulegen. Diese Richtlinien sehen etwa höhere Abfertigungszahlungen, sofortige Dienstfreistellungen, aber auch eine „Outplacement-Beratung" vor. Sie gelten jedenfalls bei Dienstgeberkündigung im Rahmen des konkreten Umstrukturierungsprojektes. Sie kamen auch auf die Beendigung des Dienstverhältnisses des Klägers zur Anwendung, was ihm auch bekannt war. Er war daher in der Lage, zu errechnen, was ihm nach den österreichischen Gesetzen und der „Policy" zustand und deponierte seine dahingehenden Forderungen. Zu diesem Zeitpunkt war ihm nicht bekannt, dass das betriebsverfassungsrechtliche Vorverfahren nicht eingehalten worden war, während die Beklagte diesbezüglich schon Zweifel hatte, den Kläger davon aber nicht in Kenntnis setzte, um nicht seine Verhandlungsposition stärken. Der Kläger ging bei der Besprechung am 8. 10. 2002 von einer wirksamen Dienstgeberkündigung zum 31. 12. 2002 aus. Im Hinblick auf die Konzernsprache wählte er für die Beendigung seines Dienstverhältnisses die Bezeichnung „Redundancy". Die Form der Beendigung war kein Thema, da alle Beteiligten übereinstimmend von einem Beendigungstermin 31. 12. 2002 ausgingen. Von einer Umwandlung der bereits ausgesprochenen Dienstgeberkündigung zum 31. 12. 2002 in eine einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses wurde nicht gesprochen. Gegenstand war nicht die rechtliche Form der Beendigung, sondern die Abwicklung der „Redundancy" des Klägers. Nicht nur der Kläger hat ein massives Interesse an den Verhandlungen über seine Ansprüche, sondern auch die Beklagte an einer gültigen Vereinbarungen über sämtliche Ansprüche des Klägers aus der Beendigung, um zu verhindern, dass im Anschluss an das Dienstverhältnis Unstimmigkeiten auftreten bzw weitere Ansprüche geltend gemacht werden. Über die gesetzlichen Ansprüche hinaus wurde im Wesentlichen über die Zahlung eine zusätzlichen Abfertigung im Ausmaß von vier Monatsentgelten, die Zahlung eines 100 %-igen Bonus für 2002 sowie - statt der Gewährung einer Outplacement-Beratung - die Übernahme von Mietrechten der Beklagten am Wiener Büro, Büromöbeln und diversen Geräten vereinbart. Auch wurde dem Kläger die Nutzung des Firmenfahrzeuges bis zum Ende der Kündigungsfrist und die Option eines Eintrittes in den Leasingvertrag hinsichtlich dieses Fahrzeuges und eine Akontozahlung hinsichtlich der Abfertigung bereits vor Beendigung des Dienstverhältnisses zugesagt. Der Kläger nahm seinerseits Abstand von seiner Forderung nach Auszahlung eines 100 %-Bonus für das Jahr 2001. Die freiwillige Abfertigung, die Auszahlung des 100 %-Bonus, die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Outplacement-Beratung basierten ebenfalls auf der Redundancy Policy der Beklagten. Der Kläger konnte aber gegenüber diesen Richtlinien eine Aufrundung der freiwilligen Abfertigung von 3,5 Monatsentgelten (ein Monatsgehalt zuzüglich zwei wöchentliche Entgelte pro vollendeten Dienstjahr) auf 4 Monatsentgelte erreichen. Auch sein Mobiltelefon konnte er behalten. Die Übernahme der Mietrechte, Möbel und dergleichen kam letztlich nicht zustande. Die Personalleiterin wurde schließlich beauftragt, die Vereinbarung schriftlich festzuhalten und tat dies auf den für bei der Beklagten vorgesehenen Formular mit der Überschrift „Abwicklungsvereinbarung". Dieses Formular mit der Bezeichnung „Abwicklungsvereinbarung" wird auch bei Arbeitgeberkündigungen verwendet, da großes Interesse an der endgültigen Regelung der wechselseitigen Ansprüche besteht. Neben den dargestellten Verhandlungsergebnis wurde als Punkt 1 der Vereinbarung auch Folgendes festgehalten:

„"Die Parteien sind sich darüber einig, dass das zwischen Dienstgeber und dem Dienstnehmer bestehende Dienstverhältnis aus betriebsbedingten Gründen einvernehmlich mit Ablauf des 31. 12. 2002 endet, ohne dass es einer weiteren Kündigung bedarf. Bis zum Beendigungstermin wird das Dienstverhältnis unter Zahlung der vertraglich vereinbarten monatlichen Bruttogrundbezüge ordnungsgemäß abgerechnet."

Auch bei der Besprechung über die Formulierung wurde nicht erörtert, dass das Dienstverhältnis durch einvernehmliche Auflösung statt durch Kündigung beendet werden sollte. Nachdem der Kläger die Wirksamkeit der Kündigung bestritt, sprach die Beklagte die Eventualkündigung zum 30. 6. 2003 aus.

Der Kläger begehrt nun mit seiner Klage im Wesentlichen das Entgelt einschließlich der Urlaubsersatzleistung für die Zeit vom 1. 1. bis 30. 6. 2003. Er stützt dies unter anderem darauf, dass die Kündigung zum 31. 12. 2002 mangels der Einhaltung des betrieblichen Vorverfahrens nach § 105 ArbVG unwirksam sei. Bei der Vereinbarung vom 25. 11. 2002 habe es sich nur um eine Vereinbarung hinsichtlich der Abwicklung gehandelt, die den betriebsinternen Regelungen entsprochen habe, aber um keine einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses. In eventu werde diese auch wegen eines von der Beklagten veranlassten Irrtums bzw einem solchen, der dieser offenbar hätte auffallen müssen, angefochten und begehrt diese für unwirksam zu erklären. Über eine einvernehmliche Auflösung sei auch nie verhandelt worden. Der Kläger sei zur Betriebsratswahl wahlberechtigt gewesen.

Die Beklagte bestritt und beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie wendete zusammengefasst ein, dass die Kündigung mit der Vereinbarung vom 28. 11. 2002 in eine einvernehmliche Auflösung umgewandelt worden sei. Vereinbarungen dieser Art würden nur im Fall von einer einvernehmlichen Auflösung, niemals aber bei Ausspruch von Kündigungen getroffen. Auch sei in der Vereinbarung auf ein „wohlwollend" qualifiziertes Zeugnis auf Grundlage eines vom Dienstnehmer zu erstellenden Entwurfes, die Übernahme des Leasingvertrages eingegangen worden und enthalte diese auch eine Generalklausel. Ein Irrtum über die Art der Beendigung habe nicht bestehen können. Der Kläger sei auch auf die einvernehmliche Auflösung hingewiesen worden. Die einvernehmliche Auflösung habe keinesfalls nur Ansprüche enthalten, die dem Kläger bei Kündigung zustehen würden. Schließlich stützte sich die Beklagte auch noch darauf, dass beim Kläger als leitenden Angestellten die Einhaltung eines betrieblichen Vorverfahrens nicht erforderlich sei.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im Wesentlichen statt. Es ging davon aus, dass der Kläger jedenfalls nicht leitender Angestellter im Sinne des § 36 Abs 2 Z 3 ArbVG sei und daher die Kündigung zum 31. 12. 2002 mangels Einhaltung des Vorverfahrens nach § 105 Abs 1 ArbVG rechtsunwirksam ist. Diese Rechtsunwirksamkeit sei dem Kläger vorweg nicht bekannt gewesen. Eine „Umwandlung" einer einmal zugegangenen Kündigung in eine einvernehmliche Auflösung müsse vom Willen beider Vertragspartner, das Arbeitsverhältnis so zu beenden, getragen sein. Fehle es aber an der zweifelsfreien Zustimmung eines der beiden Vertragspartner, so komme eine einvernehmliche Auflösung nicht zustande. Eine eindeutige Willenserklärung dahin, dass eine Umwandlung der bereits ausgesprochenen Dienstgeberkündigung in eine einvernehmliche Auflösung erfolgen sollte, liege aber nicht vor. Eine Änderung der Beendigungsform sei nicht Gegenstand der Verhandlungen gewesen und könne auch der „Abwicklungsvereinbarung" in ihrem Punkt 1 nicht eindeutig entnommen werden. Die Formulierung „keiner weiteren Kündigung" könne dahin verstanden werden, dass bereits eine Kündigung existiere und es keiner weiteren bedürfe und insofern Einigkeit über die bereits existente Kündigung, die die Beendigung des Dienstverhältnisses zum 31. 12. 2002 bewirke, bestehe. Auch dass dem Kläger Leistungen über die „Policy" hinaus gewährt wurden, lasse einen solchen Schluss nicht zu, sei es doch auch darum gegangen, die Ansprüche des Klägers gütlich und endgültig zu bereinigen. Es stünden daher dem Kläger die Ansprüche bis zur Beendigung durch die wirksame Kündigung zum 30. 6. 2003 zu, wobei sich bei der Berechnung nur ein abzuweisender Betrag von EUR 3.648,42 ergebe.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten gegen den klagsstattgebenden Teil Folge und wies das Klagebegehren sowie das Eventualbegehren auf Rechtsunwirksamerklärung der Vereinbarung zur Gänze ab. Es ließ die Beweisrüge der Beklagten hinsichtlich der Feststellungen, dass die Form und Beendigung des Dienstverhältnisses kein Thema gewesen sei, unbehandelt. Rechtlich folgerte es, dass zwar die Kündigung unwirksam sei, jedoch die Vereinbarung vom 25. 11. 2002 eine einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses bewirke. Die Formulierung der Abwicklungsvereinbarung sei zwar der Beklagten zuzurechnen, es seien aber bei dem Gespräch über die Beendigungsvereinbarung alle Beteiligten übereinstimmend von einem Beendigungstermin 31. 12. 2002 ausgegangen. Aus dem Wortlaut ergebe sich der Wille auf Beendigung des Dienstverhältnisses zum 31. 12. 2002. Sei doch auch festgehalten, dass sich der Kläger verpflichte, den von ihm genutzten Firmenwagen bis spätestens 31. 12. 2002 an den Dienstgeber zurückzugeben und in den Leasingvertrag per 1. 1. 2002 einzutreten. Ein allfälliger Mangel des Erklärungsbewusstseins des Klägers hindere nicht diesen objektiven Erklärungswert. Der Kläger sei auch selbst mit den Richtlinien der Beklagten hinsichtlich des Personalabbaues befasst gewesen und habe gewusst, dass es regelmäßig zu Verhandlungen über die Ansprüche aus der Beendigung des Dienstverhältnisses komme. Ihm sei der Unterschied zwischen einvernehmlicher Auflösung und Kündigung bekannt gewesen. Nach seiner eigenen Aussage habe er erfahren, dass er bei einer Kündigungsanfechtung keine Chance gehabt hätte. Eine Verpflichtung der Beklagten, den Kläger über allfällige Zweifel hinsichtlich der Wirksamkeit der Kündigung aufzuklären, bestehe nicht, da es dem Kläger freigestanden wäre, den Betriebsrat selbst zu kontaktieren. Hätte der Kläger eine Anfechtung nach § 105 ArbVG angestrebt, so hätte er dies innerhalb der kurzen Frist nach dieser Bestimmung durchführen müssen. Der Kläger habe sich aber in die Verhandlungen über die einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses eingelassen, weshalb die Beklagte davon habe ausgehen können, dass der Kläger auch eine allenfalls rechtsunwirksame Kündigung gegen sich gelten lassen wolle. Selbst wenn der Kläger geirrt hätte, so habe sich dieser Irrtum nie auf den Zeitpunkt der Beendigung des Dienstverhältnisses bezogen. Aus der Vereinbarung sei ersichtlich gewesen, dass es der Beklagten insbesondere auf den Zeitpunkt der Beendigung vom 31. 12. 2002 ankomme. Eine Anfechtung wegen Irrtums scheide aus, da der Kläger zwar über die Art der Auflösung, nicht aber über das Datum der Beendigung des Dienstverhältnisses in Zweifel sein konnte. Dem Kläger seien im Rahmen der Abwicklungsvereinbarung auch noch zusätzliche Leistungen zuerkannt und eine Generalklausel vereinbart worden. Außer im Falle von Arglist, für die kein Anhaltspunkt vorliege, sei ein allfälliger Motivirrtum des Klägers unbeachtlich.

Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht mangels Vorliegens einer Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO als nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil erhobene außerordentliche Revision des Klägers ist zulässig und - im Sinne der Aufhebung und Rückverweisung an das Erstgericht - auch berechtigt. Das Berufungsgericht hat die Unterscheidung zwischen Willens- und Wissenserklärungen nicht behandelt und ist im Zusammenhang mit der Frage der Abgrenzung des Geschäftsirrtums vom bloßen „Motivirrtum" nicht näher auf den Inhalt des hier zu beurteilenden "Geschäftes" eingegangen.

Fasst man nun die Standpunkte der beiden Parteien zusammen, so vertritt der Kläger im Wesentlichen die Ansicht, dass die vertragliche Vereinbarung nur „einvernehmlich" dem Umstand seiner Kündigung „festgehalten habe", während die Beklagte davon ausgeht, dass Inhalt der vertraglichen Vereinbarung auch die einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses sei. Die Rechtsansicht des Klägers läuft also darauf hinaus, dass die Ausführungen des Vertrages zur Auflösung im Wesentlichen nur „Wissenserklärungen" hinsichtlich einer bereits stattgefundenen Auflösung wären, während die Beklagte von einer Willenserklärung im Sinne einer einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsvertrages ausgeht.

Zu beiden Rechtsstandpunkte sind noch nähere Differenzierungen angebracht. Bei einer „Wissenserklärung" geht es darum, dass die eine Partei der anderen oder beide Parteien übereinstimmend, sich bloß ihre Vorstellungen über bestimmte Tatsachen mitteilen, jedoch keinen Willen dahin äußern, mit der Erklärung bestimmte - Rechtsfolgen bewirken zu wollen (vgl so etwa Rummel in Rummel ABGB3 § 863 Rz 4, Bollenberger in KBB § 859 Rz 10 f; Apathy in Schwimann ABGB2 § 863 Rz 6 f). Die Wissenserklärung allein löst nur in bestimmten Konstellationen Rechtsfolgen aus (vgl dazu Rummel aaO; Bollenberger aaO Rz 11 Apathy aaO Rz 7 f), bewirkt aber regelmäßig als solche nicht den Abschluss des Rechtsgeschäftes, über das sie bloß Mitteilung macht (vgl dazu auch RIS-Justiz RS0111957 mwN etwa 8 ObA 197/98y).

Für die Auslegung von Verträgen, aber auch für die Frage der Abgrenzung zwischen einer Willenserklärung und einer bloßen Wissenserklärung ist nun nicht der Wille der einen oder anderen Partei maßgeblich, sondern wie die Äußerungen vom Erklärungsempfänger nach den Umständen objektiv zu verstehen waren (vgl RIS-Justiz RS0014160; RIS-Justiz RS0113932 mwN etwa 8 Ob 21/03a). Selbst wenn eine Urkunde errichtet wurde, ist auf Grund entsprechenden Vorbringens der Parteien auch auf die Umstände im Zusammenhang mit der Errichtung der Urkunde und dem daraus für die Erklärungsempfänger jeweils objektiv zu entnehmenden Erklärungswert abzustellen (vgl RIS-Justiz RS0017823; RIS-Justiz RS0017915 mwN etwa 3 Ob 240/02v; Rummel aaO § 914 Rz 24 ua). Es ist also dann nicht allein der Text der Urkunde, sondern auch das andere Erklärungsverhalten maßgeblich (vgl RIS-Justiz RS0017797 mwN etwa 8 Ob 29/03b).

Hier ist nun - die in diesem Zusammenhang erhobene Beweisrüge wurde vom Berufungsgericht nicht behandelt - davon auszugehen, dass nach Ausspruch der Kündigung über die Art der Auflösung des Arbeitsverhältnisses keinerlei Gespräche geführt wurden und der Kläger auf Grund der bei der Beklagten bestehenden Richtlinien verschiedene „Ansprüche" geltend machte und darüber dann eine „Abwicklungsvereinbarung" getroffen wurde. Punkt 1 der Vereinbarung selbst lautet nun wie folgt:

„Die Parteien sind sich darüber einig, dass das zwischen Dienstgeber und dem Dienstnehmer bestehende Dienstverhältnis aus betriebsbedingten Gründen einvernehmlich mit Ablauf des 31. 12. 2002 endet, ohne dass es einer weiteren Kündigung bedarf. Bis zur Beendigung wird das Dienstverhältnis und der Zahlung der vertraglich vereinbarten monatlichen Bruttogrundbezüge ordnungsgemäß abgerechnet."

Diese von der Beklagten stammende Formulierung des ersten Satzes bringt nun nicht unmittelbar den Willen zu einer einvernehmlichen Auflösung zum Ausdruck, sondern hält im Wesentlichen doch nur „einvernehmlich" fest, dass das Dienstverhältnis aus betriebsbedingten Gründen „endet". Der Konnex mit der den Vereinbarungen ja zugrundeliegenden Kündigung zum 31. 12. zeigt sich auch daraus, dass die Parteien darauf abstellten, dass es keiner „weiteren" Kündigung bedarf. Darüber hinaus spricht auch die Überschrift der Vereinbarung mit der Bezeichnung als „Abwicklungsvereinbarung" für das Verständnis einer Vereinbarung für die Abwicklung der aus der Kündigung und der Beendigung entstehenden Ansprüche. Geht man davon aus, dass eine Änderung der Beendigungsform der zum 31. 12. 2002 ausgesprochenen Kündigung nie Gegenstand der Vertragsverhandlungen war, so wäre alleine diese Formulierung noch nicht ausreichend, um einen übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien zur Umwandlung der Kündigung in eine einvernehmliche Auflösung erschließen zu können. Andererseits macht die Beklagte durchaus auch überzeugend geltend, dass in der Vereinbarung ja auch eine „Generalklausel" enthalten ist, wonach mit der Erfüllung der Verpflichtungen dieser Vereinbarung alle wechselseitigen Ansprüche aus und in Verbindung mit dem Dienstverhältnis und seiner Beendigung gleich aus welchem Rechtsgrund immer endgültig verglichen und erledigt sein sollten. Damit kommt aber doch der Wille der Vertragsparteien zum Ausdruck, alle aus dem Arbeitsvertrag entspringenden wechselseitigen Forderungen zu bereinigen (vgl RIS-Justiz RS0032589 mwN; zuletzt etwa 8 ObA 97/04d und 9 ObA 10/05v). Legt man aber diesen Willen der Vertragsparteien zugrunde, alle wechselseitigen Forderungen endgültig zu bereinigen, so stellt sich auch die Darstellung des Beendigungstermines des Dienstverhältnisses nicht als bloße „Wissenserklärung", sondern doch als Willenserklärung im Sinne des Endes des Dienstverhältnisses mit 31. 12. 2002 dar.

Fraglich bleibt damit aber noch, in welcher Form dieser Beendigungstermin erreicht werden soll. Hier schlagen wieder die Argumente der klagenden Partei durch, dass eine Veränderung der Form der Beendigung durch Arbeitgeberkündigung - jedenfalls auf Grundlage der vorliegenden Feststellungen - nie zur Debatte stand und auch aus der von der Beklagten ja erstellten und im Zweifel zu ihren Lasten auszulegenden Vereinbarung (vgl § 915 ABGB) nicht erschlossen werden kann (vgl Argument „weitere" Kündigung, „Abwicklungsvereinbarung" aber überhaupt die fehlende Formulierung einer solchen Auflösung). Dies führt zum Ergebnis, dass die Parteien mit der Vereinbarung die Wirksamkeit der Kündigung zum 31. 12. „festschreiben" wollten. Die Wirksamkeit der Kündigung zu diesem Termin sollte also nicht bloß Gegenstand einer Wissenserklärung („Geschäftsgrundlage") sein, sondern im Rahmen der Gesamtregelung verbindlich festgehalten und damit auf allfällige Anfechtungen hinsichtlich der Wirksamkeit verzichtet werden.

Damit wird aber diese Frage der „Wirksamkeit" der Kündigung nicht bloß - wie das Berufungsericht ausführte - zum „Motiv" für die Vereinbarung, sondern zum Geschäftsinhalt. Während nun dem Kläger die mangelnde Rechtswirksamkeit der Kündigung infolge des Fehlers bei der Abwicklung des betriebsverfassungsrechtlichen Vorverfahrens nicht bekannt war, hatte die Beklagte bereits „Zweifel an der Wirksamkeit der Kündigung". Im Ergebnis bedeutet dies, dass ihr die mangelnde Wirksamkeit im Hinblick auf die klare Regelung des § 105 ArbVG bewusst sein musste. Nach den Feststellungen setzte sie den Kläger davon deshalb nicht in Kenntnis, um nicht seine Verhandlungsposition zu stärken. Es war der Beklagten also auch der Irrtum des Klägers voll bewusst. Geht man aber davon aus, dass die Frage der „Wirksamkeit" der Kündigung auch Geschäftsinhalt war, sind damit die Voraussetzungen des § 871 Abs 1 ABGB für die Irrtumsanfechtung erfüllt, wonach ein Geschäft wegen Irrtums ua dann angefochten werden kann, wenn dieser dem Vertragspartner offenbar auffallen musste (vgl dazu auch Rummel in Rummel aaO § 871 Rz 16 f; Apathy in Schwimann ABGB2 § 871 Rz 24 f; Bollenberger in KBB § 871 Rz 15; allgemein auch RIS-Justiz RS0016215 mwN; RIS Justiz RS0053188 mwN etwa 1 Ob 1538/95). Ob dem Irrenden der Irrtum selbst hätte auffallen müssen, ist insoweit belanglos ( vgl RIS Justiz RS0016213 mwN 1 Ob 32/98g).

Zu beachten ist aber auch, dass sich die Regelung hier schon unter Beachtung der „Generalklausel" als Vergleich im Sinne der §§ 1380 ff ABGB darstellt. Aus § 1385 ABGB ergibt sich aber nun, dass beim Vergleich ein Irrtum nur insoweit zur Anfechtung berechtigt, als er Umstände betrifft, die von beiden Teilen bei Abschluss des Vergleiches als feststehend, unzweifelhaft und unstrittig angenommen wurden - also die sogenannte „Vergleichsgrundlage" (vgl dazu Neumayr in KBB § 1385 Rz 3 Ertl in Rummel ABGB3 § 1385 Rz 1; RIS-Justiz RS0032543 mwN etwa 8 ObA 58/01i). Auch bei der Beurteilung dieser Frage ist nicht auf die subjektive Meinung einer Partei, sondern darauf abzustellen, wie das Erklärungsverhalten sich objektiv für den jeweiligen Erklärungsempfänger darstellte.

Damit wird aber auch die Frage relevant, was Grundlage der „Vergleichsgespräche" war, also über welche Ansprüche eine Einigung erzielt werden sollte. Insbesondere stellt sich beim vorliegenden Fall die Frage, inwieweit den Gesprächen die Ansicht des Klägers zugrunde lag, dass ihm die „Richtlinien" (Policies) der Beklagten auch Rechtsansprüche verliehen, die Gegenstand der Verhandlungen sein sollten. Wesentliche Anhaltspunkte dafür, dass die darüber hinaus jedenfalls zustehenden gesetzlichen Ansprüche strittig und damit Gegenstand von „Vergleichsverhandlungen" hätten sein sollen, liegen nicht vor. Es stellt sich die Frage, inwieweit vom Kläger behauptete „Ansprüche" aus den Richtlinien den Gegenstand der „streitigen" Rechte bildeten oder ob nicht doch mangels solcher behaupteter „Rechte" die Auflösung des Arbeitsverhältnisses als solches und im Austausch dafür die Zuerkennung von weiteren Ansprüchen Gegenstand der Gespräche war. Je nach dem stellt sich dann die Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit der „Feststellung" der Beendigung zum 31. 12. 2002 unter Zugrundelegung der Kündigung zu diesem Termin als Inhalt des Vergleiches oder als unstrittige Vergleichsgrundlage dar.

Vorgelagert ist naturgemäß die Frage, ob die von der Beklagten mit ihrer Berufung bekämpften Feststellungen hinsichtlich der mangelnden Problematisierung der Art der Auflösung des Arbeitsverhältnisses im Zuge der Vergleichsgespräche überhaupt zutreffen. Da das Berufungsgericht die dahingehenden Beweisrügen unbehandelt gelassen hat, hat eine Aufhebung der Entscheidung des Berufungsgerichtes und eine Zurückverweisung an das Berufungsgericht zu erfolgen. Sollte das Berufungsgericht die Beweisrüge als unberechtigt verwerfen, wird es im Sinne der dargestellten Ausführungen entweder das Verfahren selbst durch Erörterung und Feststellung zur Frage des Gegenstandes der Vergleichsgespräche unter dem Aspekt allfälliger behaupteter „Ansprüche" des Klägers aus den „Richtlinien" (Policys) zu ergänzen haben oder das Verfahren insoweit an das Erstgericht zurückzuverweisen haben. Die Frage, inwieweit der Beklagten im Falle der Wirksamkeit der Anfechtung des Vergleiches die Rückforderungsansprüche zustehen, bedarf vorweg schon mangels Geltendmachung keiner Erörterung und wird gegebenenfalls unter Berücksichtigung einer allfälligen Verbindlichkeit der „Richtlinien" und deren Inhaltes zu behandeln sein.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 2 ASGG und § 52 ZPO.

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