OGH 7Ob81/05w

OGH7Ob81/05w11.5.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Rudolf M*****, und 2. Margarethe M*****, ebendort, beide vertreten durch Dr. Gerald Haas und andere, Rechtsanwälte in Wels, gegen die beklagte Partei Hermine T*****, vertreten durch Dr. Wilfried Mayer und andere, Rechtsanwälte in Gmunden, wegen Feststellung und Unterlassung (Streit- und Revisionsinteresse EUR 5.000), über die Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Berufungsgericht vom 12. Jänner 2005, GZ 22 R 417/04m-22, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Vöcklabruck vom 17. September 2004, GZ 13 C 1251/02z-18, (in der Hauptsache) bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision der klagenden Parteien wird zurückgewiesen. Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei zu Handen ihrer Vertreter binnen 14 Tagen die mit EUR 439,72 (hierin enthalten EUR 73,29 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 508a Abs 1 ZPO ist der Oberste Gerichtshof an den Ausspruch des Berufungsgerichtes über das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht gebunden. Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann er sich im Falle der Zurückweisung einer ordentlichen Revision auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.

Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision mit der Begründung zu, dass der Rechtsfrage der Berechtigung eines (vorbeugenden) Unterlassungsbegehrens aus Störungen von Besuchern und/oder Mietern eines Liegenschaftseigentümers eine grundsätzliche rechtserhebliche Bedeutung beizumessen sei und eine unmittelbar auf einen solchen Fall übertragbare Judikatur des Obersten Gerichtshofes hiezu - soweit ersichtlich - nicht vorliege.

Tatsächlich stellt sich die Beantwortung dieser Frage jedoch, ausgehend von dem für den Obersten Gerichtshof maßgeblichen und von den Vorinstanzen für diesen bindend festgestellten Sachverhalt, nicht. Demnach steht nämlich fest, dass den Klägern (bzw deren Rechtsvorgängern) zwar von den Rechtsvorgängern der beklagten Partei mit zwei Verträgen 1951 eine Servitut dahin eingeräumt worden war, zu bestimmten näher bezeichneten Grundstücken und zurück „jederzeit gehen und mit Fahrzeugen aller Art fahren zu dürfen". 1976 wurden jedoch auf den belasteten Grundstücken (entsprechend einer behördlichen Baubewilligung) Garagen errichtet, wodurch sich die Durchfahrtsbreite des Servitutsweges gegenüber vorher auf 3,40 m verschmälerte, ohne dass sich die Kläger hiegegen beschwerten oder Einwände im Bauverfahren erhoben. Durch eine Wohnhauserrichtung (auf einem der belasteten Grundstücke) 1979 wurde ihr Fahrrecht nicht berührt, eine Klage nach Verweisung auf den Zivilrechtsweg im Bauverfahren wurde nicht erhoben. Als die Beklagte auf ein Schreiben der Klägerin 1992 (unter Hinweis auf einen Bausachverständigen im Bauverfahren) antwortete, dass deren Geh- und Fahrrecht ohnedies nicht beeinträchtigt sei, setzten die Kläger ebenfalls keine gerichtlichen Schritte. Als die Beklagte 1997 auf ihrer Parzelle Bodenmarkierungen anbrachte, „um durch parkende Fahrzeuge nicht das Geh- und Fahrrecht der Kläger zu beeinträchtigen", wobei die Wegbreite an der engsten Stelle damals (und seither) 3,5 m betrug und die Kläger sich gegen diese Markierungsanbringung beschwerten, entfernte die Beklagte, weil sie um eine Einigung bemüht war, diese Markierungen durch Übermalen mit blauer Farbe; lediglich zuvor hatten Besucher und teilweise Mieter Autos auf den markierten Bodenflächen abgestellt. Seither beanstandeten die Kläger niemals mehr, dass sie mit Fahrzeugen nicht durchfahren könnten und ihre Zufahrt behindert würde; seit 1997 sind auch keine Veränderungen in der Durchfahrt mehr durchgeführt worden. Die Beklagte sagte den Klägern sogar schriftlich zu, im Falle notwendiger Baumaßnahmen auf den Grundstücken der Kläger bei rechtzeitiger Voranmeldung Sorge zu tragen, dass zufahrende Baufahrzeuge nicht durch allenfalls auf ihrem Grundstück abgestellte Fahrzeuge behindert werden.

Unter diesen Gegebenheiten sind die abweislichen Entscheidungen der Vorinstanzen hinsichtlich der (teilweise modifizierten) Begehren der Kläger, zwischen den Parteien festzustellen, dass die Beklagte die Kläger an ihrem Recht auf Ausübung der genannten Dienstbarkeiten durch Abstellen von Fahrzeugen gestört und dadurch das den Klägern zustehende Geh- und Fahrrecht beeinträchtigt bzw unmöglich gemacht hätte, sowie die Beklagte weiters schuldig zu erkennen, es ab sofort binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu unterlassen, durch Abstellen von Fahrzeugen das den Klägern zu jeder Tag- und Nachtzeit zustehende Geh- und Fahrrecht so einzuschränken, dass sie mit Fahrzeugen, die eine maximale Breite von 2,8 m aufweisen, nicht durchfahren bzw manövrieren können, schon deshalb nicht zu beanstanden, weil es an das Servitutsrecht in rechtlich relevantem Ausmaß beeinträchtigenden Störungshandlungen mangelt, die Verurteilung zur Unterlassung künftiger (gleichartiger) Störungshandlungen jedoch einen (oder mehrere) solcher Eingriffe in das Recht der Kläger voraussetzte (Hofmann in Rummel, ABGB³ Rz 3 zu § 523); dies hat für das mit dem Unterlassungsbegehren kumulierte, in Wirklichkeit jedoch bloß den Unterlassungsanspruch verdeutlichende Feststellungsbegehren (RIS-Justiz RS0037560) gleichermaßen zu gelten. Geht eine derartige Klage auf Unterlassung, so setzt sie eine Störung des klägerischen Eigentums voraus, die zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz (6 Ob 593/91) noch andauert oder wiederholt zu werden droht (RIS-Justiz RS0012064; 1 Ob 304/01i). Damit mangelt es aber auch an der materiellrechtlichen Voraussetzung des Bestehens eines Rechtsschutzbedürfnisses und einer Wiederholungsgefahr als materiellrechtliche Voraussetzung für die erfolgreiche Erhebung einer solchen Klage (RIS-Justiz RS0012064). Aber auch die von der beklagten Partei ausdrücklich eingewendete (RIS-Justiz RS0034333) „Dienstbarkeitsfreiheitsersitzung" (Seite 6 in ON 17 = AS 72) schlägt zu Lasten der Kläger aus, worauf das Berufungsgericht ebenfalls bereits zutreffend verwiesen hat. Sowohl 1976 (Garagenbau) als auch 1979 (Wohnhausausbau) haben sich die Kläger, sollte die Durchfahrtsbreite durch diese (jeweils baubewilligungskonform erfolgten) Maßnahmen gegenüber vorher tatsächlich verschmälert worden sein, unterlassen, richterliche Hilfe in Anspruch zu nehmen (§ 1488 ABGB; 1 Ob 15/94). Auch gegen die 1997 angebrachten Bodenmarkierungen (welche im Übrigen ohnedies sogleich wieder entfernt wurden) erfolgte bis 15. 11. 2002 keine Klageerhebung. Dass die Beklagte Störungshandlungen durch Dritte (Mieter, Besucher) veranlasst oder sonst daran mitgewirkt hätte (RIS-Justiz RS001210) - geschweige denn, solche Handlungen zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz setzte oder zu setzen drohte -, ist weder hervorgekommen noch wird solches konkret von den Klägern behauptet. Ein Einwirkungsbegehren gegenüber der Beklagten, ein derartiges Verhalten solcher Personen abzustellen (RIS-Justiz RS001210, RS0011737), wurde nicht erhoben. Soweit als Aktenwidrigkeit die Feststellung des Erstgerichtes bekämpft wird, die Beklagte habe die angebrachten Bodenmarkierungen durch Übermalen mit grauer Farbe entfernt, weil diese beim Augenschein 2004 noch vorhanden gewesen seien, andernfalls nicht eine Durchfahrtsbreite von 3,5 m messbar gewesen wäre, übersieht, dass mit diesem Rechtsmittelgrund (§ 503 Z 3 ZPO) nur Feststellungen auf aktenwidriger Grundlage, aber nicht vom Rechtsmittelwerber als unzutreffend erachtete Beweisergebnisse bekämpft werden können; in Wahrheit handelt es sich hier vielmehr um eine in dritter Instanz nicht mehr mögliche (Kodek in Rechberger, ZPO² Rz 1 zu § 503) Beweisrüge (siehe hiezu die Beweiswürdigung des Erstgerichtes Seite 12 des Ersturteils = AS 97), wobei die beanstandete Feststellung im Rahmen der Beweisrüge der Berufung gar nicht bekämpft worden war (ON 19); als Ersatz für eine im Revisionsverfahren unzulässige Beweisrüge kann dieser Revisionsgrund jedoch nicht herangezogen werden (2 Ob 171/97d). Gemäß § 510 Abs 3 Satz 3 ZPO bedarf dies keiner weiteren Begründung.

Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO ist das Rechtsmittel der Kläger - ungeachtet auch der typischen Einzelfallkasuistik der vorliegenden Nachbarschaftsstreitigkeit - als unzulässig zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Die beklagte Partei hatte auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels ausdrücklich hingewiesen.

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