OGH 3Ob166/04i

OGH3Ob166/04i20.10.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Michael Wonisch und Dr. Hansjörg Reiner, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei V***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Reinhold Glaser, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 7.608,58 EUR sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 1. April 2004, GZ 53 R 392/03h-38, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Neumarkt bei Salzburg vom 17. September 2003, GZ 2 C 430/01h-34, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die klagende Spedition (Absenderin) erteilte der beklagten Frachtführerin einen Auftrag zum Transport von drei Coils (= Blechrollen) und einer Palette Edelstahl von einem näher genannten Unternehmen in Lienz nach Mondsee zur klagenden Partei; beizustellen war ein Planen-LKW mit Spanngurten. Während des Transports fiel eine Blechrolle auf eine andere, sodass drei Coils und ein Bund Edelstahlblech beschädigt wurden. Ursächlich für das Umstürzen der Coils und den dadurch eingetretenen Schaden von 7.608,58 EUR war der Umstand, dass die Blechrollen auf dem LKW nicht ladungsgesichert waren.

Bei der Auftragserteilung war über die Beladung nicht gesprochen worden, die Streitteile trafen auch keine Vereinbarung darüber, von wem und in welcher Art das Beladen des Transportguts auf den LKW der beklagten Partei erfolgen sollte. Ein Kraftfahrer der beklagten Partei holte die Ware in Lienz ab, wobei ein Gabelstaplerfahrer des Unternehmens, von dessen Gelände die Ware abzuholen war, diese bis zum LKW transportierte und zum Fahrer der beklagten Partei meinte, dass er nicht auf die Ladefläche des LKWs fahren könne. Er riet daher dem LKW-Fahrer, Einwegpaletten zu benützen, um diese dann in den LKW hineinzuziehen; Euro-Paletten stünden nicht zur Verfügung. Der Fahrer der beklagten Partei übernahm daraufhin die Blechrollen vom Gabelstapler und zog sie mit einem Hubwagen auf Einwegpaletten auf die Ladefläche seines LKW. Eine Sicherung der Ladung nahm er nicht vor, weil er der Ansicht war, dass dies aufgrund des Gewichts der Coils nicht erforderlich sei.

Die klagende Partei begehrte von der beklagten Partei Schadenersatz mit der Behauptung, die beklagte Partei sei auch mit Beladung und Verstauung beauftragt gewesen. Die Beschädigung sei auf eine unsachgemäße Ladungssicherung zurückzuführen, weil der Fahrer der beklagten Partei die angeforderten Spanngurte nicht verwendet habe. Die beklagte Partei wendete ein, mit der Verladung und Verstauung nicht beauftragt gewesen zu sein. Es habe sie keine Verpflichtung getroffen, die Beladung und Stauung in Ansehung der Beförderungssicherheit zu überprüfen.

Das Erstgericht wies im zweiten Rechtsgang das Klagebegehren ab. Mangels einer Vereinbarung über die Beladung habe die Verpflichtung zur Beladung und damit auch zur Verstauung und Befestigung sowie Sicherung des Ladeguts "den Absender, also den Vertragspartner der klagenden Partei" getroffen. Die mangelhafte Sicherung des Ladeguts habe daher die klagende Partei selbst zu verantworten. Die beklagte Partei könne sich auf den Haftungsbefreiungstatbestand des Art 17 Abs 4 lit c CMR berufen.

Die zweite Instanz bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil nicht von der Hand zu weisen sei, dass dem Berufungsgericht bei der Beurteilung der Frage, wem das tatsächliche Handeln des quasi sich selbst überlassenen Fahrers der beklagten Partei anlässlich der Verladung des Transportguts auf seinen LKW zuzurechnen sei, ein Rechtsirrtum unterlaufen sein könnte. Die Sicherung der Ladung sei Bestandteil des Verladevorgangs. Haben die Parteien darüber, wer zur Verladung und damit auch zur Verstauung/Ladungssicherung verpflichtet sei, nichts vereinbart, so treffe diese Pflicht im Zweifel den Absender und nicht den Frachtführer. Die tatsächliche Mithilfe des Fahrers der beklagten Partei bei der Beladung und Verstauung spiele für die Lösung der Haftungsfrage keine Rolle, weil der Kraftfahrer als Erfüllungsgehilfe iSd § 1313a ABGB des Absenders tätig geworden sei. Dass im vorliegenden Fall das Fahrzeug der beklagten Partei weisungswidrig nicht mit Spanngurten ausgestattet gewesen wäre, sei im Verfahren nicht hervorgekommen. Vielmehr sei davon auszugehen, dass ganz generell eine Sicherung der Ladung unterblieben sei. Entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch der Vorinstanz (§ 500a Abs 1 ZPO) ist die Revision der klagenden Partei nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Ob der Frachtführer zur Verladung und Verstauung des Gutes verpflichtet ist, ist im gemäß § 439a HGB auch auf Inlandstransporte anzuwendenden Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr CMR nicht geregelt (3 Ob 2035/96b

= ZfRV 1997, 202 = ZVR 1998/93 = ecolex 2000, 24 uva; zuletzt 3 Ob

265/02w = RdW 2004, 217 mwN). Eine analoge Anwendung der Bestimmung

des Art 17 Abs 4 lit c CMR über die Haftungsbefreiung des Frachtführers für Güterbeschädigungen im Falle der Verladung des Gutes durch den Absender ist wegen des anderen Regelungszwecks bei Ansprüchen aus der Beschädigung des Transportmittels durch die vom Absender mangelhaft verladenen Güter nicht möglich (3 Ob 2035/96b mwN; 3 Ob 265/02w). Auch das HGB enthält keine Regelung über die Verpflichtung zur Verladung und Verstauung des Gutes. Es bleibt den Parteien überlassen, eine vertragliche Vereinbarung zu treffen, wer die Ladetätigkeit vorzunehmen hat; einer solchen Vereinbarung steht auch Art 41 CMR nicht entgegen (3 Ob 2035/96b mwN ua; zuletzt 3 Ob 265/02w).

Das Berufungsgericht ist der Rsp des Obersten Gerichtshofs gefolgt, wenn es seinem Urteil zugrunde gelegt hat, dass nach der CMR die Verladung im Zweifel Sache des Verladers (Absenders) ist (5 Ob 521/77

= SZ 50/43 uva; RIS-Justiz RS0073756). Die Sicherung der Ladung ist

Bestandteil des Verladevorgangs (1 Ob 603/95 = WBl 1996, 410 = ZfRV

1996, 397; zuletzt 3 Ob 265/02w; RIS-Justiz RS0103800). Ebenso entspricht es der Rsp des Obersten Gerichtshofs, dass die Haftungsbefreiung nach Art 17 Abs 4 lit c CMR sich ausschließlich nach den tatsächlichen Verhältnissen richtet und allein maßgebend ist, wer die Verlade- und Verstauungsoperationen tatsächlich durchgeführt hat. Haben jedoch Leute des einen und Personal des anderen Teils zusammengewirkt, ist die Operation als von jenem Teil vorgenommen anzusehen, der persönlich oder durch seine Leute die Oberaufsicht inne hatte (1 Ob 1502/91 = WBl 1991, 239 = RdW 1992, 240 ua; zuletzt 3 Ob 103/01w = RdW 2002, 463; RIS-Justiz RS0073871). Der Oberste Gerichtshof hat aber auch festgehalten, dass auch darauf abzustellen ist, wer zur Beladung verpflichtet war, weil zumeist andere Mitwirkende dann als dessen Erfüllungsgehilfe angesehen werden (8 Ob 148/02a = WBl 2003, 341 = RdW 2003, 445). Ebenso wurde ausgesprochen, dass die tatsächliche Mithilfe des Fahrers bei der Verladung keine Rolle spielt, wenn die Verladung nicht dem Frachtführer oblag, weil diese Mithilfe dann nicht Gegenstand der vertraglichen Pflichten aus dem Frachtvertrag war und eine Handlung außerhalb des Haftungszeitraums darstellt (3 Ob 547/85 = ZVR 1986/97 ua, zuletzt 3 Ob 265/02w; RIS-Justiz RS0073835).

Im Gegensatz zu der von der Revisionswerberin vertretenen Ansicht kann im vorliegenden Fall keine Rede davon sein, dass der Fahrer der beklagten Partei die Oberaufsicht über den Verladevorgang geführt habe, zumal er nach den Feststellungen der Vorinstanzen bloß faktisch mithalf und den Ratschlägen bzw Anweisungen eines Mitarbeiters des Unternehmens, bei dem die Ware abzuholen war, folgte. Die klagende Partei vermag daher einen Widerspruch zur Rsp des Obersten Gerichtshofs und damit eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht aufzuzeigen.

Mangels Feststellung eines weisungswidrigen Zustands des von der beklagten Partei beigestellten LKWs (Fehlen von Spanngurten) besteht auch kein Anhaltspunkt für einen Fahrzeugmangel iSd Art 17 Abs 3 CMR. Die Frage der Auslegung des Begriffs Fahrzeugmangel stellt sich im vorliegenden Fall daher nicht. Ebenso kann dahingestellt bleiben, ob die Nichtverwendung von Spanngurten zur Fixierung der in diesem Fall transportierten Coils als grobe Fahrlässigkeit zu beurteilen ist, zumal diese demjenigen zuzurechnen wäre, als dessen Erfüllungsgehilfe der auffallend sorglos Handelnde angesehen werden müsste; hier also nicht als Erfüllungsgehilfe der beklagten Partei, die mangels entsprechender Vereinbarung nicht für die Beladung ihres LKWs und damit die Sicherung des Transportguts verantwortlich war. Die Revision ist daher zurückzuweisen.

Der beklagten Partei konnten die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung nicht zuerkannt werden, weil sie auf die Unzulässigkeit der gegnerischen Revision nicht hingewiesen hat.

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