OGH 7Ob142/04i

OGH7Ob142/04i30.6.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Friedrich S*****, 2.) Katharina S*****, beide vertreten durch Pallauf Pullmann Meissnitzer & Partner, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagte Partei Thomas M*****, vertreten durch Dr. Leopold Hirsch, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen EUR 84,30 sA und Räumung, über die außerordentliche Revision der Kläger gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgericht vom 25. Februar 2004, GZ 54 R 214/03i-25, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionswerber vermögen eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht aufzuzeigen:

Die Vorinstanzen haben den zwischen den Rechtsvorgängern der Kläger und dem Beklagten am 28. 2. 1977 geschlossenen Vertrag als Einräumung eines Fruchtgenussrechtes nach § 509 ABGB qualifiziert und dies damit begründet, ungeachtet der Bezeichnung als "Mietvertrag" liege ein solcher nicht vor, weil im Hinblick auf die Nebenabrede, dass Miete tatsächlich nicht zu entrichten sei, ein wesentliches konstitutives Element für das Zustandekommen eines Bestandvertrages fehle. Der Parteiwille sei nicht auf das Zustandekommen eines Bestandvertrages gerichtet gewesen, sondern darauf, dass der Beklagte das gegenständliche Gebäude unbefristet und praktisch unentgeltlich nutzen könne. Denselben Parteiwillen zeige die versuchte Errichtung eines Superädifikates, sowie die in den Übergabe- und Schenkungsvertrag vom 31. 5. 1978 aufgenommene Feststellung, dass sich das auf dem Grundstück befindliche Superädifikat im fremden Eigentum befinde und daher nicht Gegenstand des Übergabevertrages sei.

Diese Erwägungen stehen im Einklang mit der oberstgerichtlichen Judikatur, wonach die rechtliche Qualifikation eines Vertrages nicht vom Willen der vertragsschließenden Parteien und von der von ihnen allenfalls gewählten Bezeichnung abhängt, sondern in erster Linie vom Inhalt ihrer Vereinbarungen. Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob sie sich der rechtlichen Tragweite ihres Verhaltens bewusst waren (RIS-Justiz RS0014509 mit zahlreichen Entscheidungsnachweisen). Die Ausführungen der Vorinstanzen stehen weiters auch im Einklang mit der ganz herrschenden Meinung, wonach die Parteienabsicht bei Abschluss eines Mietvertrages insbesondere auch die Entgeltlichkeit der Gebrauchsüberlassung umfassen muss (RIS-Justiz RS0025224). Die Vorinstanzen folgen weiters auch der stRsp und hL zur Frage des Fruchtgenusses an Wohnräumen (vgl RIS-Justiz RS0011588, RS0011818 und RS0011826) sowie der hM, dass eine vertragliche, nicht verbücherte Dienstbarkeit gegenüber dem Rechtsnachfolger des Bestellers wirksam ist, wenn dieser von der Servitut Kenntnis hatte (RIS-Justiz RS0003028). Soweit die Revisionswerber eine Kenntnis des gegenständlichen Rechtes des Beklagten, die betreffenden Räumlichkeiten unentgeltlich und ohne jede Einschränkung zu benützen, leugnen, setzen sie sich - wie bereits das Berufungsgericht zutreffend erläutert hat - darüber hinweg, dass sie darüber schon auf Grund ihres Übergabsvertrages informiert sein mussten, da dieser die streitgegenständlichen Räumlichkeiten als (vermeintliches) Superädifikat des Beklagten ausdrücklich ausgenommen hat. Völlig überzeugend sind die Vorinstanzen auf Grund der Chronologie der Ereignisse (zunächst Errichtung der Räumlichkeiten; später Änderung der familiären Situation des Beklagten und Abschluss eines sog Mietvertrages mit einer bloß symbolischen Mietzinszahlungsverpflichtung, die in Wahrheit nicht zu bezahlen sein sollte; Begründung eines Superädifikatsverhältnisses und schließlich Übergabsvertrag, aus dem die Räumlichkeiten des Beklagten ausdrücklich ausgeklammert blieben), davon ausgegangen, dass nach der Parteienabsicht ein Mietvertrag trotz dieser Bezeichnung eben nicht begründet werden sollte.

Ausgehend von den vom Berufungsgericht gebilligten erstinstanzlichen Feststellungen kann die Qualifizierung des betreffenden Vertrages vom 28. 2. 1977 durch die Vorinstanzen als Fruchtnießung gebilligt werden. Da also keine Fehlinterpretation vorgenommen wurde, liegt zufolge der Einzelfallbezogenheit dieser Vertragsauslegung keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO vor (vgl RIS-Justiz RS0042776 und RS0042936 jeweils mit zahlreichen Entscheidungsnachweisen).

Eine erhebliche Rechtsfrage bzw ein tauglicher Grund, die Revision zuzulassen, wird auch im Rahmen der Rechtsrüge nicht aufgezeigt.

Die schließlich von den Revisionswerbern noch behauptete Aktenwidrigkeit liegt nicht vor. Sie wird darin erblickt, dass das Berufungsgericht es als stärkstes Indiz für die "Uminterpretation" des gegenständlichen Vertrages bezeichnet hat, dass die ursprünglichen Vertragsparteien in der Folge dezidiert versucht haben, ein Superädifikat zu Gunsten des Beklagten zu begründen. Dies sei mit den Übergabsverträgen inhaltlich nicht in Einklang zu bringen, da darin der Beklagte nicht einmal am Rande beteiligt gewesen sei.

Dieser Einwand der Aktenwidrigkeit muss schon im Hinblick auf die Feststellung ins Leere gehen, wonach beiderseits (sowohl von Seiten der Grundstückseigentümer als auch des Beklagten) vom Bestehen eines Superädifikates ausgegangen worden sei. Diese Feststellung stützt sich auf die Aussage des Beklagten und kann daher eine Aktenwidrigkeit nicht begründen, die nur bei einem Widerspruch zwischen Akteninhalt und einer Tatsachenfeststellung im Urteil vorliegt, der nicht das Ergebnis eines richterlichen Werturteils ist (RIS-Justiz RS0043277 und RS0043421).

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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