OGH 3Ob218/03k

OGH3Ob218/03k25.3.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am 15. September 1998 verstorbenen Albertine Gabriele B*****, zuletzt wohnhaft gewesen in *****, wegen Ausstellung einer Amtsbestätigung, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Erben und Legatars Otwin B*****, vertreten durch Dr. Michael Augustin und Mag. Peter Haslinger, Rechtsanwälte in Leoben, gegen den Beschluss des Landesgerichts Leoben als Rekursgericht vom 27. Juni 2003, GZ 3 R 107/03x-122, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Leoben vom 3. März 1999, GZ 17 A 314/98f-33, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die am 15. September 1998 als Witwe verstorbene Erblasserin hatte fünf Kinder, nämlich eine Tochter sowie die vier Söhne Otwin, Otmund, Otfried (1996 verstorben, einen volljährigen Sohn [Enkel] Werner hinterlassend) und Otmar (1998 vor der Erblasserin verstorben, vier volljährige Söhne [Enkel] Harry, Nicolas, Rene und Clemens [im Folgenden nur Antragsteller] hinterlassend). Mit letztwilliger Verfügung vom 17. Februar 1994 vermachte die Erblasserin ihre Liegenschaft EZ 57 zu gleichen Teilen ihrer Tochter und ihrem Sohn Otwin (Punkt I.), ihre Liegenschaft EZ 205 ebenfalls zu gleichen Teilen, "sohin zu je einem Drittel" ihren drei anderen Kindern Otmund, Otfried und Otmar (Punkt II.) und behielt sich die Verfügung über die anderen Gegenstände in ihrem Eigentum ausdrücklich vor (Punkt III.). Die letztwillige Verfügung wurde am 22. September 1998 kundgemacht. Gesetzliche Erben und Noterben sind demnach die Tochter und die beiden Söhne Otwin und Otmund sowie die fünf Enkel (§§ 762 f, 779 Abs 1 ABGB), deren Väter ja vorverstorben sind. Überdies sind in Ansehung der Liegenschaft EZ 57 die Tochter und der Sohn Otwin Vermächtnisnehmer (Legatare); auf die Liegenschaft EZ 205 muss hier nicht eingegangen werden, im Besonderen kann hier die Frage offen bleiben, ob durch den Tod der beiden Mitlegatare eine Anwachsung zugunsten des Sohnes Otmund eingetreten ist oder nicht. Am 14. Jänner 1999 gaben die Tochter und der Sohn Otwin jeweils unbedingte Erbserklärungen zu je 1/5 des Nachlasses aus dem Titel des Gesetzes ab, während der Sohn Otmund, der Enkel Werner und die vier Antragsteller zur Abgabe von Erbserklärungen die Einräumung einer Frist bis zum 31. März 1999 beantragten. In der Niederschrift von diesem Tag anerkannten sämtliche als Vermächtnisnehmer und gesetzliche Erben in Frage kommenden Personen die letztwillige Verfügung als echt und rechtsgültig. Das Erstgericht hat am 19. Jänner 1999 die Erstreckung der Frist zur Abgabe der Erbserklärungen bis 31. März 1999 bewilligt und die Erbserklärungen der Tochter und des Sohnes Otwin zu Gericht angenommen. Der Enkel Werner gab am 23. Februar 1999 die bedingte Erbserklärung zu 1/5 des gesamten Nachlasses aus dem Titel des Gesetzes, vorbehaltlich des Pflichtteils ab.

Das Erstgericht stellte am 3. März 1999 auf Antrag der Tochter und des Sohnes Otwin eine Amtsbestätigung nach § 178 AußStrG aus, es werde aufgrund des in der letztwilligen Verfügung vom 17. Februar 1994 enthaltenen Vermächtnisses bestätigt, dass das Eigentumsrecht an der in den Nachlass gehörigen Liegenschaft EZ 57 ... je zur Hälfte in das Eigentumsrecht dieser beiden Legatare auf diese (grundbücherlich) einverleibt werden könne, und stellte Ausfertigungen dieser Amtsbestätigung (nur) diesen beiden Legataren sowie dem Enkel Werner zu; letzterer erhob dagegen kein Rechtsmittel. Am 7. Dezember 1999 bestätigte der Erstrichter die Rechtskraft seiner Amtsbestätigung. Bedingte, aus dem Titel des Gesetzes zum Nachlass abgegebene Erbserklärungen gaben der Sohn Otmund am 14. April 1999, der Enkel Harry am 26. August 1999 sowie die Enkel Nicolas, René und Clemens am 5. Oktober 1999 ab, die vom Erstrichter am 6. Juli bzw. 18. November 1999 angenommen wurden. Am 24. Jänner 2002 beantragten die vier Antragsteller die Zustellung der Amtsbestätigung ON 33 sowie die Aufhebung von deren Rechtskraftbestätigung. Das Erstgericht wies mit Beschluss vom 14. Februar 2002 diese Anträge ab, weil die Amtsbestätigung ON 33 erst am 7. April 1999, zeitlich somit nach Ablauf der Frist zur Abgabe von Erbserklärungen zur Abfertigung gegeben worden sei. Den Antragstellern sei somit keine Parteistellung zugekommen. Über Rekurs der Antragsteller änderte das Rekursgericht mit rechtskräftigem Beschluss ON 99 den erstinstanzlichen Beschluss dahingehend ab, dass die Bestätigung der Rechtskraft der Amtsbestätigung ON 33 aufgehoben und dem Erstgericht aufgetragen wurde, den Antragstellern die Amtsbestätigung ON 33 zuzustellen. Mit rechtskräftiger Einantwortungsurkunde vom 9. Juli 2002 - auf Grund der unklaren Rechtslage ohne Verbücherungsanordnung für die Liegenschaft EZ 205 - wurde der Nachlass der Verstorbenen zu je 1/5 der Tochter, den Söhnen Otwin und Otmund sowie dem Enkel Werner und zu je 1/20 den Antragstellern (den übrigen vier Enkeln) eingeantwortet.

Über Rekurse der Antragsteller gegen die Amtsbestätigung ON 33 änderte das Rekursgericht mit dem nun angefochtenen Beschluss die erstinstanzliche Entscheidung dahingehend ab, dass es die Legatare (Tochter und Sohn Otwin) mit ihrem Antrag auf Ausstellung einer Amtsbestätigung gemäß § 178 AußStrG zur Verbücherung des die Liegenschaft EZ 57 betreffenden Legats auf den Rechtsweg verwies. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

In rechtlicher Hinsicht führte die zweite Instanz aus: Die Antragsteller hätten zwar in Vorbereitung der Verlassabhandlung am 14. Jänner 1999 die letztwillige Verfügung vom 17. Februar 1994 mit Ausnahme der hier nicht relevanten Frage der Auslegung des Punkts II. als echt und rechtsgültig anerkannt; trotzdem hätten sie zur beantragten Ausstellung einer Amtsbestätigung gehört werden müssen, da sie eben auch - wie nunmehr im Rekurs - die Gefahr der Unzulänglichkeit des Nachlasses für die Befriedigung ihrer Pflichtteilsansprüche iSd § 692 ABGB geltend machen könnten. Die Antragsteller könnten somit ihr in erster Instanz nicht mehr mögliches Vorbringen im Rekurs nachholen und verstießen damit nicht gegen das Neuerungsverbot. Da sie nun tatsächlich hinreichende Gründe für die Gefahr der Unzulänglichkeit des Nachlasses anführten - der Reinnachlass betrage 885.761,29 EUR, der Wert der Liegenschaft EZ 57 514.850,60 EUR und der der Liegenschaft EZ 205 436.037 EUR - müssten die Legatare mit ihrem Begehren auf Ausstellung einer Amtsbestätigung nach § 178 AußStrG auf den Rechtsweg verwiesen werden.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Legatars Otwin B***** ist nicht zulässig.

a) Die Legatare begehrten eine Amtsurkunde zur Verbücherung ihres Eigentumsrechts an der Liegenschaft EZ 57. Gemäß § 178 AußStrG ist denjenigen, welchen in die öffentlichen Bücher eingetragene unbewegliche Güter oder auf diesen haftende Forderungen aus einer Verlassenschaft nicht als Erben, sondern als Vermächtnisnehmer oder durch eine während der Abhandlung an sie erfolgte Veräußerung zufallen, vom Abhandlungsgericht auf ihr Ansuchen die Bestätigung zu erteilen, dass sie in den öffentlichen Büchern als Eigentümer eingetragen werden können. Die Amtsbestätigung soll dem Vermächtnisnehmer - der nicht wie der Erbe das Eigentumsrecht an der vermachten Sache schon mit dem Eintritt der Rechtskraft der Einantwortungsurkunde erwirbt - den Erwerb seines Eigentums durch Eintragung im Grundbuch ermöglichen.

Das österreichische Erbrecht kennt nun zwei verschiedene, voneinander unabhängige Formen der Legatsreduktion, nämlich 1. das Recht des Erben nach § 692 ABGB, wenn die Vermächtnisse den Reinnachlass übersteigen, und 2. das Recht des Pflichtteilsberechtigten gemäß § 783 ABGB, wenn dem Noterben der ihm gebührende Pflichtteil nicht oder nicht vollständig ausgemessen wurde. Das Recht zur Vermächtniskürzung nach § 692 ABGB steht nur dem bedingt erbserklärten Erben zu (SZ 65/7), weil den unbedingt erbserklärten Erben die volle Haftung auch für die Legatsschulden trifft (6 Ob 279/98t mwN = EFSlg 87.193). Die Antragsteller gaben bedingte Erbserklärungen ab. Das Leistungsverweigerungsrecht gemäß § 692 ABGB steht auch einem gesetzlichen Erben zu, der - wie die Antragsteller als Enkel der Erblasserin - zugleich Pflichtteilsberechtigter ist (stRp, zuletzt 2 Ob 315/02s mwN aus Lehre und Rsp; RIS-Justiz RS0012645). Insoweit liegt kein Abweichen des Rekursgericht von der stRsp des Obersten Gerichtshofs vor.

b) Der Rekurs der Antragsteller an die zweite Instanz ON 118 vom 27. Mai 2003 richtete sich gegen die Ausstellung der Amtsbestätigung ON 33, weil die Antragsteller zum Antrag der beiden Legatare nicht gehört worden seien. Vor Ausstellung der vom Legatar beantragten Amtsbestätigung ist der Erbe zu hören (stRsp, für viele 1 Ob 255/99b = SZ 73/5 u.v.a.). Die Frage ist, ob im vorliegenden Fall die Antragsteller zu hören waren, obwohl sie noch keine Erbserklärung abgegeben hatten.

Nach stRsp sind Personen, die noch keine Erbserklärung abgegeben haben, von jeder Einflussnahme auf den Gang des Verlassverfahrens ausgeschlossen. Sie können nicht verhindern, dass im Verfahren gefasste Beschlüsse rechtskräftig werden, solange sie nicht innerhalb der Rechtsmittelfrist die Erbserklärung abgeben und Rekurs erheben (SZ 44/72 = EvBl 1972/164 = NZ 1973, 118; 1 Ob 96/99w). Einem berufenen Erben ist aber gemäß § 9 AußStrG in besonders gelagerten Fällen auch schon vor Abgabe seiner Erbserklärung Parteistellung und Rekurslegitimation zuzuerkennen, vor allem auch dann, wenn er bereits aktiv, eindeutig und rechtzeitig sein Interesse am Erbantritt bekundet hat und das Fehlen einer förmlichen Erbserklärung auf einem Fehler im Verfahren beruht (stRsp, RZ 1976/54, SZ 69/122, 6 Ob 10/02t u. a.; RIS-Justiz RS0006544). Die Annahme eines solchen Ausnahmefalls durch die zweite Instanz beruht im vorliegenden Fall aus folgenden Erwägungen auf keiner vom Obersten Gerichtshof wahrzunehmenden Fehlbeurteilung:

§ 120 Abs 1 AußStrG statuiert: Wenn Erben, welche ihr Vermögen selbst zu verwalten berechtigt sind, bei der Tagsatzung nicht erscheinen, oder bei derselben, oder in der zur schriftlichen Erklärung (§ 115) bestimmten Frist keine Erbserklärung abgeben, so ist die Erbschaft ohne Rücksicht auf ihre Ansprüche bloß mit jenen, welche sich zu Erben erklärt haben, zu verhandeln und denselben, insofern sie darauf Ansprüche haben, einzuantworten. Dieses - somit diese Rechtsfolge - ist daher den Erben entweder schon bei der ersten Vorladung zur Tagsatzung oder Abforderung der schriftlichen Erklärung oder, wenn es damals nicht für notwendig befunden worden wäre, im Falle ihres Säumnisses bei der Bestimmung einer neuerlichen Tagsatzung oder Frist ausdrücklich zu erinnern. Wird die Erbserklärung nicht rechtzeitig abgegeben, so führt dies nicht zum Verlust des Erbrechts; vielmehr kann sie bis zur Rechtskraft der Einantwortung nachgereicht werden (SZ 44/72; SZ 46/117 = NZ 1976, 107 u.v.a.; RIS-Justiz RS0007014). Einem Erben, der trotz Aufforderung iSd § 120 Abs 1 AußStrG keine Erbserklärung abgegeben hat, kommt im weiteren Verlassenschaftsverfahren keine Parteistellung mehr zu (2 Ob 65/99v). Im vorliegenden Fall wurden die damals rechtsfreundlich nicht vertretenen Antragsteller weder vom Notar, wie sich aus der Niederschrift vom 14. Jänner 1999 ergibt, noch vom Erstrichter, wie sich aus dem Beschluss ON 28 ergibt, über die Folgen der Nichteinhaltung der Frist für die Abgabe der Erbserklärung belehrt. Dies stellt aber den Verfahrensfehler dar, der die Zuerkennung der Parteistellung und Rekurslegitimation der Antragsteller rechtfertigt, zumal sie ja in Vorbereitung zur Verlassenschaftsabhandlung am 14. Jänner 1999 vor dem Notar die letztwillige Verfügung der Erblasserin als echt und rechtsgültig anerkannten und zur Abgabe von Erbserklärungen die Einräumung einer Frist bis zum 31. März 1999 beantragten, somit ausreichend aktiv ihr Interesse am Erbantritt bekundeten.

c) Zutreffend hat das Rekursgericht erkannt, dass das Gericht die Ausstellung einer Amtsbestätigung gemäß § 178 AußStrG u.a. dann zu verweigern hat, wenn ein hinreichender Grund für eine Legatsreduktion ernstlich behauptet, wenn auch nicht gerade bescheinigt wird (stRsp, SZ 50/56 = JBl 1979, 200 = NZ 1979, 27 u.v.a., zuletzt 6 Ob 279/98t, 2 Ob 315/02s; RIS-Justiz RS0006607). Dass sich die Notwendigkeit einer Legatsreduktion wegen Unzulänglichkeit des Nachlasses abzeichnet, stellt keine auffallende, vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung der Rekursinstanz dar. Somit müssen die Legatare den Rechtsweg beschreiten, auf den sie vom Rekursgericht verwiesen wurden (2 Ob 315/02s mwN u.a.; RIS-Justiz RS0008379).

d) Legatare könnte das Leistungsverweigerungsrecht durch Sicherheitsleistung abwenden. Die Sicherstellung gemäß § 692 ABGB hat nach den Vorschriften der §§ 1373 f ABGB zu erfolgen, beim Vermächtnis einer Liegenschaft also regelmäßig durch Einräumung einer Hypothek, es sei denn, etwas anderes wurde vereinbart (SZ 50/56). Nimmt das Verlassenschaftsgericht eine Unzulänglichkeit des Nachlasses iSd § 692 ABGB an, hat es die Legatare vor Entscheidung über den Antrag auf Ausstellung einer Bestätigung nach § 178 AußStrG darüber zu hören, ob sie zur Leistung eine Sicherstellung bereit sind (1 Ob 782/82; RIS-Justiz RS0008372). Ein derartiger Verfahrensfehler wird aber im Rechtsmittel nicht aufgezeigt, sodass darauf nicht eingegangen werden kann.

Insgesamt stellen sich somit keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 14 Abs 1 AußStrG zur Beurteilung. Das Rechtsmittel muss demnach zurückgewiesen werden. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 16 Abs 4 AußStrG iVm §§ 528a, § 510 Abs 3 ZPO).

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