OGH 6Ob279/98t

OGH6Ob279/98t29.10.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kellner, Dr. Schiemer, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am 10. März 1995 verstorbenen Erika O*****, wegen Ausstellung einer Amtsbestätigung nach § 178 AußStrG, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der antragstellenden erblasserischen Tochter Elisabeth B*****, vertreten durch Dr. Klaus Burka, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom 14. August 1998, GZ 1 R 195/98s-50, womit infolge Rekurses der Antragstellerin der Beschluß des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 4. Juni 1998, GZ 24 A 317/95s-46, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 16 Abs 3 AußStrG iVm § 508a Abs 2 und § 510 ZPO).

Text

Begründung

Erbberechtigte Personen nach der am 10. 3. 1995 verstorbenen Erblasserin sind ihr Ehegatte und drei volljährige Kinder. Mit ihrer letztwilligen Verfügung vom 27. 9. 1988 vermachte sie einem Sohn zwei Eigentumswohnungen in Klagenfurt und ihrer Tochter eine Liegenschaft in Pörtschach. Diese Legate belastete sie zugunsten des Ehemanns mit der Anordnung, daß der Witwer das lebenslängliche unentgeltliche Wohnungsrecht an den beiden Eigentumswohnungen (das war die eheliche Wohnung) und weiters das lebenslängliche unentgeltliche und bücherlich sicherzustellende Mitbenützungsrecht an der Liegenschaft in Pörtschach erhalten solle. Bezüglich des zweiten Sohnes stellte die Erblasserin in ihrer Verfügung fest, daß dieser bereits eine Eigentumswohnung und das Unternehmen der Erblasserin erhalten habe und daher "erbentfertigt" sei.

Zwischen den präsumtiven Erben besteht Einigkeit darüber, daß die letztwillige Verfügung mangels Erbeneinsetzung ein Kodizill sei. Die Erbanwärter gaben bisher keine Erbserklärung ab. Gegen die Verlassenschaft ist eine Hypothekenklage anhängig. Es sind weiters zwei Prozesse über die auf Rechnungslegung gerichtete Klage eines Sohns sowie die Klage des Witwers auf Rechnungslegung und Zahlung des Pflichtteils anhängig. Zur Vertretung der Verlassenschaft in den Prozessen wurde ein Kurator bestellt, nicht aber ein Verlassenschaftskurator für das Abhandlungsverfahren. Am 6. 9. 1996 stellte die Tochter den Antrag, ihr gemäß § 178 AußStrG die Bestätigung zur Einverleibung ihres Eigentumsrechts an der vermachten Liegenschaft unter gleichzeitiger Einverleibung des Benützungsrechts des Witwers auszustellen. Die übrigen Erbanwärter widersprachen diesem Antrag unter Hinweis auf ihre nicht gedeckten Pflichtteilsansprüche. Ein Sohn machte das Recht auf Legatskürzung nach § 692 ABGB geltend und begehrte hilfsweise, der Antragstellerin eine Sicherheitsleistung aufzuerlegen. Die antragstellende Tochter erklärte sich zu einer Sicherstellung von 1 Mio S bereit. Der Witwer und sein Sohn erachten eine solche von 3 Mio S für erforderlich.

Die Vorinstanzen verwiesen die antragstellende Legatarin auf den Rechtsweg. Das Rekursgericht führte dazu im wesentlichen folgendes aus:

Eine Bestätigung gemäß § 178 AußStrG könne dem Vermächtnisnehmer grundsätzlich auch ohne Zustimmung des Erben und sogar gegen dessen Willen ausgestellt werden. Die Amtsbestätigung sei aber dann zu verweigern, wenn der Erbe hinreichende Gründe für sein Begehren nach Sicherstellung im Sinne des § 692 ABGB anzuführen vermöge. Dies hätten die gesetzlichen Erben und Pflichtteilsberechtigten hier getan. Das Legatskürzungsrecht nach § 783 ABGB stehe auch dem unbedingt erbserklärten Erben zu, wenn ein Noterbe befriedigt werden müsse, dem der gebührende Pflichtteil nicht oder nicht vollständig ausgemessen worden sei. Schließlich habe der Oberste Gerichtshof auch schon eine Rechtsmittellegitimation eines Pflichtteilsberechtigten gegen eine vom Legatar erwirkte Amtsbestätigung bejaht. Es sei auch schon ausgesprochen worden, daß auch dem gesetzlichen Erben, der gleichzeitig Pflichtteilsberechtigter sei, das Leistungsverweigerungsrecht nach § 692 ABGB zustehe. Es komme daher auf die noch nicht abgegebenen Erbserklärungen nicht an. Dies auch deshalb, weil die Vorschriften über die Legatsreduktion analog für den ruhenden Nachlaß gelten würden. Auf die Notwendigkeit einer Legatskürzung habe auch der in den Prozessen bestellte Verlassenschaftskurator hingewiesen. Auch wenn dieser für das Abhandlungsverfahren zur Vertretung des Nachlasses nicht bestellt sei, komme die Ausstellung einer Amtsurkunde nach § 178 AußStrG nicht in Frage, weil eben weder eine Erbserklärung abgegeben noch ein Verlassenschaftskurator bestellt worden sei. Bei unklarer Sach- oder Rechtslage sei die Ausstellung der Amtsurkunde zu verweigern. Ob die angebotene Pfandbestellung als Sicherheitsleistung ausreiche, könne mit den Mitteln des außerstreitigen Verfahrens nicht geklärt werden. Streitigkeiten über die Legatskürzung seien im Rechtsweg zu erledigen.

Mit ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs beantragt die Legatarin, daß ihrem Antrag auf Ausstellung der Amtsbestätigung gemäß § 178 AußStrG (hilfsweise gegen eine Sicherheitsleistung von 1 Mio S oder maximal 3 Mio S) stattgegeben werde.

Der Revisionsrekurs ist mangels erheblicher Rechtsfragen unzulässig:

Rechtliche Beurteilung

Die Rekurswerberin vertritt zusammengefaßt die Auffassung, daß nur bedingt erbserklärte Erben zu einem Antrag auf Sicherstellung nach § 692 ABGB legitimiert seien. Da bisher noch kein Verlassenschaftskurator, dem nach der Rechtsprechung ein Antragsrecht nach der zitierten Gesetzesstelle zukomme, bestellt worden sei, wäre dem Antrag der Legatarin stattzugeben gewesen. Es lägen mangels Antragslegititmation der Erbberechtigten keine strittigen Tatfragen über den für eine allfällige Legatskürzung maßgeblichen Wert der Zuwendungen vor. Selbst bei Bejahung der Antragslegitmation seien nur Rechtsfragen zu klären. Die Pflichtteilsansprüche seien verjährt. In den anhängigen Pflichtteilsprozessen habe der Kurator für die Verlassenschaft den Verjährungseinwand erhoben. Das Abhandlungsgericht hätte somit nur über Rechtsfragen zu entscheiden gehabt. Nach der ständigen Rechtsprechung sei die Erteilung einer Amtsbestätigung von der Zustimmung der Erben unabhängig. Die angebotene Sicherheit sei ausreichend.

Die von der Rekurswerberin angeschnittenen Rechtsfragen sind zum großen Teil nicht entscheidungswesentlich. Es sind zwei Fälle der materiellen Beitragspflicht des Legatars zu unterscheiden: 1. Das Recht des Erben nach § 692 ABGB, wenn die Vermächtnisse den Reinnachlaß übersteigen, und 2. das Recht des Pflichtteilsberechtigten gemäß § 783 ABGB, wenn dem Noterben der ihm gebührende Pflichtteil nicht oder nicht vollständig ausgemessen wurde. Das Recht zur Vermächtniskürzung nach § 692 ABGB steht nur dem bedingt erbserklärten Erben zu (SZ 65/7), weil den unbedingt erbserklärten Erben die volle Haftung auch für die Legatsschulden trifft. Hier machen die Antragsgegner Pflichtteilsergänzungsansprüche geltend. Ob ihnen aus diesem Grund und vor Abgabe einer Erbserklärung eine Beteiligtenstellung im Verfahren über die Ausstellung einer Amtsbestätigung zukommt, braucht hier gar nicht weiter untersucht werden. Bis zur Einantwortung von Erben ist die Verlassenschaft zur Legatserfüllung verpflichtet. Das Recht nach § 692 ABGB steht der Verlassenschaft zu. Es entspricht der ständigen oberstgerichtlichen Rechtsprechung, daß die Erben bzw der Nachlaß zwar kein Zustimmungsrecht zur Ausstellung der Bestätigung für den Legatar, wohl aber das Recht auf Gehör haben. Wenn die Unzulänglichkeit des Nachlasses ernstlich behauptet wird, ist der Vermächtnisnehmer auf den Rechtsweg zu verweisen (so schon SZ 25/193; SZ 50/56; 3 Ob 556/86 mwN uva). Auch wenn den (gesetzlichen) Erben mangels Erbserklärung hier keine Beteiligtenstellung zukommen sollte, ist daraus für die Rekurswerberin nichts zu gewinnen, weil ihr die noch unvertretene Verlassenschaft gegenübersteht, deren Recht auf Gehör jedenfalls zu wahren ist. In einem vergleichbaren Fall hat der fünfte Senat des Obersten Gerichtshofes erst in jüngerer Zeit und unter Hinweis auf Vorjudikatur die Auffassung vertreten, daß wegen des Bestreitungs- und Anhörungsrechts des Nachlasses in einer Phase des Verfahrens, in der weder eine Erbserklärung abgegeben noch ein Verlassenschaftskurator bestellt wurde, der Antrag des Vermächtnisnehmers zur Ausstellung einer Amtsurkunde iSd § 178 AußStrG verfrüht und daher abzuweisen sei. Sollte die Erbschaft nicht angetreten werden, sei letztlich mit dem heimfallsberechtigten Fiskus, der berechtigte Legate zu erfüllen hätte, abzuklären, ob die gewünschte Amtsbestätigung erteilt werden könne (5 Ob 510, 511/95, Leitsatz veröffentlicht in EFSlg 79.777). Der erkennende Senat vermag sich dieser Begründung durchaus anzuschließen. Gegenteilige Judikatur liegt nicht vor. Das Rekursgericht ist von dieser Rechtsprechung nicht abgewichen, sodaß keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 14 Abs 1 AußStrG zu lösen sind. Die von der Rekurswerberin weiters relevierten Rechtsfragen über angeblich fehlende strittige Tatfragen sind nicht entscheidungswesentlich.

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