OGH 4Ob235/03t

OGH4Ob235/03t16.3.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden, durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß und Dr. Schenk und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W*****, vertreten durch Dr. Michael Wonisch und Dr. Hansjörg Reiner, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagte Partei G*****, vertreten durch Dr. Franz Essl, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 42.849,53 EUR sA, über die Revision und den Rekurs der klagenden Partei gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 10. Juli 2003, GZ 6 R 87/03m-19, womit das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 28. Februar 2003, GZ 12 Cg 59/01a-9, teilweise bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1. Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden in Ansehung der Abweisung eines Teilbegehrens von 2.143,37 EUR sA aufgehoben, dem Erstgericht wird (auch) insoweit die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

2. Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

3. Die Kosten des Revisionsverfahrens und des Verfahrens über den Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Ein Unternehmen mit Sitz in Udine hatte die in Triest ansässige F***** mit dem Transport von Ausstellungsware für eine vom 9. bis 12. 11. 1999 stattfindende Messe von Italien nach Tashkent, Usbekistan, beauftragt. F***** beauftragte die klagende Partei mit dem Transport der Ware von Italien nach Tashkent. Bei Vertragsabschluss wusste die klagende Partei, dass es sich bei diesem Transportgut um Ausstellungsware für eine Messe handelte. Die Beförderung sollte am 30. 9. 1999 beginnen und ungefähr 14 bis 21 Tage dauern. Die Ablieferung des Transportgutes in Tashkent sollte bis Ende Oktober erfolgen. In weiterer Folge schloss die klagende Partei für die Teilstrecke von Salzburg nach Tashkent einen Beförderungsvertrag mit der beklagten Partei. Die Beklagte führte die Beförderung als Sammeltransport zusammen mit anderen Waren durch, welche der Reihe nach in Orten in Kasachstan, Usbekistan und Tadschikistan abgeliefert werden sollten. Beim Transport kam es zu erheblichen Verzögerungen. So musste der LKW auf Anordnung russischer Zollorgane vom 13. bis 26. 10. 1999 in Smolensk (Russland) in einem Zollmagazin auf die Zusammenstellung eines Konvois warten. Das Transportgut langte erst am 10. 11. 1999 in Tashkent ein, wo es zu einer weiteren Verzögerung kam, weil zunächst keine usbekischen Zollbeamten zur Verfügung standen. Die Ware wurde erst am 11. 11. 1999 vom Zoll abgefertigt und freigegeben. Das Transportgut wurde anschließend noch auf der Messe ausgestellt, die Messe endete jedoch bereits am 12. 11. 1999 um 12.00 Uhr.

Die Klägerin wurde von ihrem Auftraggeber F***** im Verfahren 1 Cg 141/00b des Landesgerichts Salzburg wegen Überschreitung der vereinbarten Lieferfrist auf Zahlung von 18.727,78 EUR geklagt. Sie verkündete der nunmehrigen Beklagten den Streit; diese trat dem Verfahren jedoch nicht als Nebenintervenientin bei. Mit Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 30. 5. 2001 wurde die nunmehrige Klägerin zur Zahlung von 18.727,79 EUR samt 5 % Zinsen seit 3. 12. 1999 sowie der Prozesskosten von 6.678,34 EUR an F***** verurteilt. Das Oberlandesgericht Linz als Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung am 13. 12. 2001. Die von der nunmehrigen Klägerin zu ersetzenden Prozesskosten erster und zweiter Instanz betrugen insgesamt 9.326,51 EUR. Bis zur Zahlung des Klagebetrags (14. 2. 2002) entstanden Verzugszinsen von 2.078,02 EUR. Die nunmehrige Klägerin hatte mit ihrer Auftraggeberin (F*****) ein Beförderungsentgelt von 2.653,06 EUR vereinbart, welches sie infolge Nichteinhaltung der Lieferfrist nicht erhielt.

Mit der vorliegenden Klage begehrte die Klägerin zunächst Feststellung, dass die Beklagte für alle Schäden aus dem Ladeauftrag vom 1. 10. 1999 hafte. Nach rechtskräftiger Beendigung des Verfahrens 1 Cg 141/00b des Landesgerichts Salzburg stellte die Klägerin das Feststellungsbegehren auf ein Leistungsbegehren um und begehrt nun die Zahlung eines Betrags von 42.849,53 EUR samt 10 % Zinsen seit 6. 4. 2002. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus dem im Vorprozess 1 Cg 141/00b zu zahlenden Kapital (18.727,78 EUR), den Verzugszinsen (2.078,02 EUR), dem Prozesskostenersatz an die dortige Klägerin (9.326,51 EUR), dem eigenen Kostenaufwand im Vorprozess (7.921,29 EUR), der von der Auftraggeberin nicht erhaltenen Fracht (2.653,06 EUR) und einer Frachtforderung an die hier Beklagte (2.142,87 EUR). Die Klägerin machte geltend, Ladetermin in Salzburg sei der 4. 10. 1999 gewesen. Die Entladung hätte vereinbarungsgemäß spätestens drei Wochen danach erfolgen müssen. Eine fixe Lieferfrist sei angesichts des Messetermins von wesentlicher Bedeutung gewesen. Die Beklagte habe diese nicht eingehalten. Das Transportgut sei erst am letzten Tag der Messe zur Verfügung gestanden. Die Klägerin sei von ihrer Auftraggeberin im Vorprozess auf Zahlung eines Betrags von 257.000 S mit der Behauptung geklagt worden, der eingesetzte Frächter (die hier Beklagte) habe diesen Schaden wegen grob fahrlässiger Vorgangsweise zu verantworten. Die Überschreitung der Lieferfrist sei darauf zurückzuführen, dass die als Termingut versendete Ware einem Sammeltransport beigegeben worden sei; die diesem zugeladenen Waren hätten die durch das Carnet-TIR-Verfahren gewährleistete Deckungssumme bei weitem überstiegen, weshalb der Transport beim Grenzübertritt nach Russland vom Zoll nicht freigegeben worden sei und mit einem Begleitfahrzeug des Zolls habe weiterbefördert werden müssen. Ferner sei Ware zugeladen worden, die für Länder bestimmt gewesen sei, die das Carnet-TIR-Verfahren nicht anerkennen; schließlich sei keine rechtzeitige Verständigung über die absehbare Lieferfristüberschreitung erfolgt. Nach dem wesentlichen Inhalt des im Vorprozess ergangenen Urteils habe die Beklagte aus den angeführten Gründen grob fahrlässig gehandelt. Trotz Streitverkündung sei sie dem Vorprozess nicht als Nebenintervenientin beigetreten und habe die Klärung des Sachverhalts ausschließlich der damaligen Beklagten überlassen. Sie müsse daher die Ergebnisse des Vorprozesses gegen sich gelten lassen.

Die Beklagte bestritt die Vereinbarung einer fixen Lieferfrist. Sie habe wie bei allen früheren Aufträgen der Klägerin vermerkt, dass keine Terminzusagen gemacht werden könnten. Es sei ihr im Zeitpunkt der Auftragserteilung auch nicht bekannt gewesen, dass die Möbel für eine Messe vom 9. bis 12. 11. 1999 bestimmt gewesen seien. Die russischen Behörden hätten erstmals beim vorliegenden Transport einen Konvoi verlangt. Der geltend gemachte Anspruch sei nach Art 32 Abs 1 CMR verjährt, weil die einjährige Verjährungsfrist mit der Ablieferung des Gutes zu laufen beginne.

Das Erstgericht verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von 40.706,16 EUR samt 5 % Zinsen seit 4. 6. 2002 und wies das Mehrbegehren von 2.143,37 EUR sowie das Zinsenmehrbegehren ab. Es übernahm erkennbar die Tatsachenfeststellungen des Vorprozesses 1 Cg 141/00b des Landesgerichts Salzburg. Dementsprechend stellte es noch fest, der zwischen den Streitteilen abgeschlossene Beförderungsvertrag für die Strecke Salzburg-Tashkent habe einen fixen Entladetermin vorgesehen, und zwar spätestens drei Wochen nach der am 4. 10. 1999 in Salzburg stattfindenden Beladung. Hauptgrund der behördlichen Konvoianordnung sei darin gelegen, dass die am LKW geladenen Waren einen Wert von etwa 1,5 Millionen US-Dollar gehabt hätten und die dafür anfallenden öffentlichen Abgaben durch Carnet-TIR nicht ausreichend gedeckt gewesen seien. Für im Transportgeschäft Tätige sei die daraus folgende Konvoianordnung und die damit einhergehende Verzögerung der Ablieferung am Bestimmungsort vorhersehbar gewesen. Das Erstgericht konnte nicht feststellen, dass die Klägerin die Frachtforderung von 2.142,87 EUR an die Beklagte bereits gezahlt hatte (und wies mit dieser Begründung offenbar irrtümlich 2.143,87 EUR ab).

In seiner rechtlichen Beurteilung bejahte das Erstgericht die Bindung an die im Vorprozess getroffene Feststellung über die Vereinbarung eines fixen Liefertermins und über den Ablauf des Transports. Der Beklagten des Folgeprozesses, die sich am vorangehenden Verfahren trotz Streitverkündung nicht als Nebenintervenientin beteiligt habe, seien rechtsvernichtende oder rechtshemmende Einreden verwehrt. Sie habe daher die dort getroffenen Feststellungen über den Ablauf des Transports und die Vereinbarung des fixen Liefertermins gegen sich gelten zu lassen. Demnach treffe die Beklagte grobe Fahrlässigkeit und damit ein dem Vorsatz gleichstehendes Verschulden iSd Art 29 Abs 1 CMR, sodass die zu leistende Entschädigung betraglich nicht mit der Höhe der Fracht beschränkt sei. Die wegen Überschreitung der Lieferfrist geltend gemachten Ansprüche seien auch nicht verjährt, weil bei einem dem Vorsatz gleichzuhaltenden Verschulden die Verjährungsfrist nach Art 32 CMR drei Jahre ab dem Tag der Ablieferung des Gutes betrage. Mit Ausnahme der sich aus den Urkunden nicht ergebenden Frachtforderung habe die Beklagte die den Feststellungen zu entnehmenden Beträge zu ersetzen.

Das Berufungsgericht gab der gegen die Abweisung des auf die Frachtkosten entfallenden Teilbetrags von 2.143,37 EUR gerichteten Berufung der Klägerin nicht Folge, der Berufung der Beklagten gab das Berufungsgericht hingegen Folge, hob das erstgerichtliche Urteil im Umfang der Klagestattgebung auf, trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf und sprach aus, dass die ordentliche Revision gegen den bestätigenden und der Rekurs gegen den aufhebenden Ausspruch zulässig seien. Der Zahlungsanspruch des Frachtführers bleibe bei Verspätungsschäden bestehen, weil sich Art 23 Z 4 CMR, aus dem sich Gegenteiliges ergebe, ausschließlich auf Verlust und Beschädigung des Gutes beziehe. Eine Minderung der Vergütung aus anderen Gründen sei nicht möglich, weil die Regelung der CMR insoweit abschließend sei.

Auf das Vertragsverhältnis zwischen den Streitteilen seien die CMR anzuwenden. Sie regelten wichtige frachtrechtliche Bereiche, so insbesondere die Haftung der Frachtführer bei Verlust oder Beschädigung des Gutes und bei Überschreitung der Lieferfrist und seien insoweit zwingend und unabdingbar. Das nach den Bestimmungen des internationalen Privatrechts ergänzend anwendbare nationale Recht gelte nur insoweit, als die CMR keine Regelung enthielten. Art 19 CMR definiere die Überschreitung der Lieferfrist, deren Rechtsfolgen abschließend in den Art 17 bis 23 ff CMR geregelt seien. Ein Rückgriff auf unvereinheitlichtes Recht sei daher in den Fällen der Lieferfristüberschreitung nicht zulässig. Nach Art 23 Abs 5 CMR habe der Frachtführer bei Überschreitung der Lieferfrist den Verfügungsberechtigten, dem daraus ein Schaden entstanden sei, eine Entschädigung nur bis zur Höhe der Fracht zu leisten. Diese Haftungsbegrenzung entfalle jedoch dann, wenn der belangte Frachtführer vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt habe. Hinsichtlich der Verzugszinsen enthalte Art 27 Abs 1 CMR eine ausdrückliche Regelung, wonach Entschädigungen für Verlust, Beschädigung und Lieferfristüberschreitung im Sinn der CMR mit 5 % zu verzinsen seien. Mit der Frage der Ersatzpflicht von Kosten eines Vorprozesses, in dem dem Frachtführer der Streit verkündet worden war, habe sich der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach befasst. Er habe die Kostenersatzpflicht jeweils unter Hinweis auf § 1037 ABGB bejaht. Allerdings könne nach Art 30 Abs 3 CMR Schadenersatz wegen Überschreitung der Lieferfrist nur gefordert werden, wenn binnen 21 Tagen nach dem Zeitpunkt, zu dem das Gut dem Empfänger zur Verfügung gestellt worden sei, ein schriftlicher Vorbehalt an den Frachtführer gerichtet werde. Die Nichteinhaltung dieser Bestimmung führe auch in den Fällen des Art 29 CMR zum völligen Rechtsverlust. Der Vorbehalt müsse an jenen Frachtführer adressiert sein, gegen den der am Gut Berechtigte später seine Ansprüche geltend mache. Er müsse die Tatsache der Lieferfristüberschreitung sowie den Hinweis auf die sich daraus ergebenden Schäden enthalten und könne schon vor dem Zeitpunkt der Zurverfügungstellung des Gutes abgesendet werden. Die Erstattung des Vorbehalts sei von Amts wegen zu berücksichtigen. Das Erstgericht habe die Abhängigkeit der Zahlungspflicht von einem rechtswirksamen Vorbehalt iSd Art 30 Abs 3 CMR nicht erörtert. Nach Erörterung in der Berufungsverhandlung habe die Klägerin Urkunden vorgelegt, deren Echtheit und Richtigkeit die Beklagte bestritten habe. Die Beklagte habe überdies ausgeführt, diese Urkunden seien ihr nicht zugegangen. Eine Verfahrensergänzung zu dieser Frage sei daher erforderlich. Sollte die klagende Partei im fortzusetzenden Verfahren den Nachweis eines fristgerechten schriftlichen Vorhalts nicht erbringen können, hätte dies den gänzlichen Verlust ihrer aus der CMR abgeleiteten Rechte zur Folge.

Nach der Entscheidung des verstärkten Senats SZ 70/60 erstreckten sich die Wirkungen des materiell rechtskräftigen zivilgerichtlichen Urteils im Vorprozess nur soweit auf die nun beklagte Partei, als diese keine rechtsvernichtenden oder rechtshemmenden Einreden erheben dürfe, die mit den notwendigen Elementen der Entscheidung des Vorprozesses in Widerspruch stünden. Das Erstgericht sei in seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass die hiesige Beklagte aufgrund der Bindungswirkung der im Vorprozess getroffenen Feststellungen über den Ablauf des Transports und insbesondere über die Vereinbarung eines fixen Liefertermins diese Feststellungen gegen sich gelten lassen müsse. Es habe insoweit inhaltsgleiche Feststellungen zu diesen Themen getroffen. Eine Bindung bestehe jedoch nur insoweit, als auch im nunmehrigen Verfahren davon auszugehen sei, dass der hohe Warenwert und die dementsprechend nicht ausreichende Deckung durch Carnet-TIR als Hauptgrund für die erhebliche Verzögerungen bedingende Konvoianordnung anzusehen sei und diese Umstände für im Transportgeschäft Tätige vorhersehbar gewesen seien. Eine Bindung an die Feststellung des Vorprozesses, dass die nunmehrigen Prozessparteien einen Beförderungsvertrag mit einem fixen Entladetermin abgeschlossen hätten, bestehe jedoch nicht. Mangels Behauptung eines durchgehenden Frachtvertrags aufeinanderfolgender Frachtführer iSd Art 34 CMR sei die Beklagte im Verhältnis zu F***** als Erfüllungsgehilfin der Klägerin iSd Art 3 CMR anzusehen. Der im Vorprozess festgestellte, zwischen den nunmehrigen Prozessparteien vereinbarte fixe Entladetermin sei daher für den Vorprozess nicht entscheidungswesentlich gewesen. Selbst wenn damals das Gegenteil behauptet und nachgewiesen worden wäre, hätte sich an der Haftung der damals Beklagten und nun klagenden Partei gegenüber F***** nichts geändert. Der beklagten Partei sei daher im nunmehrigen Verfahren der Einwand, es sei zwischen ihr und der Klägerin keine fixe Lieferfrist vereinbart worden, nicht abgeschnitten. Das Erstgericht müsse diesen Einwand im fortzusetzenden Verfahren eigenständig beurteilen und dürfe nicht die Ergebnisse des Vorverfahrens ungeprüft übernehmen.

Soweit die Klägerin nunmehr gegnerische und eigene Prozesskosten aus dem Vorprozess geltend mache, sei in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes davon auszugehen, dass es sich dabei nicht um Ansprüche aus Lieferverspätung handle, die sich aus der CMR ergeben, sondern dass ihre Berechtigung nach dem ergänzend anzuwendenden nationalen Recht zu beurteilen sei. Damit stelle sich aber die Frage, welches materielle nationale Recht ergänzend anzuwenden sei. Im vorliegenden Fall komme nach den insoweit maßgeblichen Bestimmungen der Art 3 und 4 EVÜ die Anwendung materiellen deutschen oder allenfalls österreichischen Rechts in Frage, wenn die Parteien nicht bereits eine Rechtswahl getroffen hätten oder noch treffen würden. Mit der Frage des anzuwenden Rechts habe sich das Erstgericht bisher nicht auseinandergesetzt. Es habe mit den Parteien weder die Frage der Rechtswahl noch die sonst relevanten Anknüpfungspunkte erörtert, sodass sich auch zu dieser Frage eine Aufhebung der erstgerichtlichen Entscheidung als erforderlich erweist. Im Übrigen enthalte das erstgerichtliche Urteil keine Feststellungen zu den geltend gemachten eigenen Prozesskosten der Klägerin aus dem Vorprozess. Dies verhindere die Beurteilung ob und in welcher Höhe sie allenfalls berechtigt seien.

Zusammenfassend werde das Erstgericht daher im fortgesetzten Verfahren selbständig klären müssen, ob die Parteien eine fixe Lieferfrist vereinbart haben, die die Beklagte allenfalls überschritten hatte. Die sich daraus ergebenden Konsequenzen seien sodann iSd Art 17, 23, 27 und 29 CMR unter ergänzender Heranziehung des anzuwendenden materiellen nationalen Rechts zu beurteilen, wobei der Grad eines allfälligen Verschuldens der Beklagten an der Lieferfristüberschreitung sowohl für die Haftungsbeschränkung nach der CMR (Art 23 Z 5) als auch für die Verjährung der Ansprüche nach § 32 CMR von Bedeutung sei. Jedenfalls sei - hinsichtlich der sich aus der CMR ergebenden Ansprüche zu klären, ob die Klägerin rechtzeitig einen schriftlichen Vorbehalt iSd Art 30 Abs 3 CMR erklärt habe, weil sie andernfalls diese Ansprüche verloren hätte. Im Übrigen seien Feststellungen zur Höhe der aus dem Vorprozess geltend gemachten eigenen Prozesskosten zu treffen. Ein Vorgehen nach § 496 Abs 3 ZPO komme aus prozessökonomischen Gründen nicht in Betracht, weil das Erstgericht zur Frage der Vereinbarung einer Lieferfrist bereits Beweise aufgenommen habe, die es ohne Beweiswiederholung verwerten könne.

Die Revision der Klägerin richtet sich gegen die Abweisung ihres Anspruchs auf Rückersatz bereits gezahlter Transportkosten. Mit ihrem Rekurs bekämpft sie die Aufhebung des erstgerichtlichen Urteils und die Zurückverweisung der neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung in Ansehung der übrigen Ansprüche.

Rechtliche Beurteilung

Beide Rechtsmittel sind zulässig. Die Revision ist im Sinn des darin enthaltenen Aufhebungsantrages berechtigt, der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss ist nicht berechtigt.

Entgegen der Auffassung der Rechtsmittelwerberin ist das Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) BGBl 1961/138 idF BGBl 1981/192 auch auf das zwischen den Streitteilen bestehende Vertragsverhältnis anzuwenden. Die CMR gelten für jeden Vertrag über die entgeltliche Beförderung von Gütern auf der Straße mittels Fahrzeugen, wenn der Ort der Übernahme des Gutes und der für die Ablieferung vorgesehene Ort in zwei verschiedenen Staaten liegen, von denen mindestens einer Vertragsstaat ist (Art 1 Abs 1 CMR). Das Gut wurde im vorliegenden Fall in Salzburg übernommen, Ort der Ablieferung war Tashkent. Österreich ist Vertragsstaat des Übereinkommens. Dass die Klägerin als Unterfrachtführer tätig wurde und ihrerseits die Beklagte als weiteren Unterfrachtführer einsetzte, schließt eine Geltung der CMR nicht aus. Jeder nachfolgende Unterfrachtführer schließt seinerseits mit dem späteren Unterfrachtführer einen Frachtvertrag ab (2 Ob 75/99i; Czoklich, Zur Ansprungsberechtigung im Straßengüterverkehr RdW 1997, 188; Fremuth/Thume, Transportrecht Art 1 CMR Rz 3). Das Fehlen eines durchgehenden Frachtbriefs bewirkt nur die Nichtanwendbarkeit des Kapitels VI (§§ 34 ff) CMR. Auf den zwischen den Streitteilen geschlossenen Güterbeförderungsvertrag sind somit die CMR anzuwenden. Nationales Recht kann nur ergänzend und insoweit zur Anwendung gelangen, als die CMR eine Regelung nicht enthalten.

Nach Art 28 CMR kann sich der Frachtführer aber auch gegenüber außervertraglichen (nicht aus dem Übereinkommen abgeleiteten) Ansprüchen auf die seine Haftung ausschließenden oder ihren Umfang begrenzenden Bestimmungen des Übereinkommens berufen.

Art 29 CMR schließt jedoch eine Berufung des Frachtführers auf seine Haftung ausschließende oder begrenzende Bestimmungen des 4. Kapitels (§§ 17 bis 28 CMR) aus, wenn der Frachtführer für vorsätzliche oder grob fahrlässige Schadensverursachung einzustehen hat.

Im vorliegenden Fall ist das Verschuldensausmaß für die Beurteilung der hier geltend gemachten Ansprüche und damit bei Behandlung der Revision der Klägerin wie auch ihres Rekurses gegen den Aufhebungsbeschluss von ausschlaggebender Bedeutung. Die beiden Rechtsmittel werden daher zu dieser Frage gemeinsam behandelt.

Die Beklagte hat in erster Instanz grobes Verschulden bestritten und vorgebracht, sie habe mit der Klägerin wie schon in früheren Geschäftsfällen keinen fixen Entladetermin vereinbart. Das Erstgericht hat dazu keine Beweise aufgenommen und auf Grundlage der seiner Auffassung nach bindenden Feststellungen des Vorprozesses über die Vereinbarung eines fixen Liefertermins und über den Ablauf des Transports grobes Verschulden der Beklagten, die sich den Vorprozess trotz Streitverkündung nicht als Nebenintervenientin angeschlossen hatte, bejaht. Das Berufungsgericht hat die Feststellungen des Vorprozesses über den Ablauf des Transports, insbesondere über den Umstand, dass der hohe Warenwert und die dementsprechend nicht ausreichende Deckung durch Carnet-TIR Hauptgrund für die erheblichen Verzögerungen gewesen sei und diese Umstände für im Transportgeschäft Tätige vorhersehbar gewesen seien, als auch im vorliegenden Verfahren bindend beurteilt. Diese Feststellungen seien notwendiges Element der im Vorprozess gefällten Entscheidung. Die Beklagte, die sich am Vorprozess trotz Streitverkündung nicht beteiligt habe, müsse diese Feststellungen gegen sich gelten lassen. Hingegen sei die weitere Feststellung, die nunmehrigen Streitteile hätten einen fixen Entladetermin vereinbart, im Vorprozess nicht entscheidungswesentlich gewesen. Auch ohne diese Feststellung hätte die nunmehrige Klägerin ihrer Auftraggeberin wegen der mit ihr vereinbarten fixen Lieferfrist aus grobem Verschulden haften müssen. Mangels Vereinbarung eines durchgehenden Frachtbriefs fehle es an einer vertraglichen Beziehung zwischen der nun Beklagten und der Klägerin des Vorprozesses. Die nunmehrige Beklagte sei im Verhältnis zur Klägerin des Vorprozesses (nur) Erfüllungsgehilfin der damaligen Beklagten.

Die Auffassung des Berufungsgerichts zur Bindungswirkung der im Vorprozess getroffenen Feststellungen steht mit der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs seit der Entscheidung des verstärkten Senats SZ 70/60 in Einklang, wonach die Wirkungen eines materiell rechtskräftigen zivilgerichtlichen Urteils sich soweit auf den einfachen Nebenintervenienten und denjenigen erstrecken, der sich am Verfahren trotz Streitverkündung nicht beteiligte, als diese Personen als Parteien eines als Regressprozess geführten Folgeprozesses keine rechtsvernichtenden oder rechtshemmenden Einreden erheben dürfen, die mit den notwendigen Elementen der Entscheidung des Vorprozesses in Widerspruch stehen (SZ 70/60; RIS-Justiz RS0107338). Die im Vorprozess festgestellte Vereinbarung zwischen den nunmehrigen Streitteilen über einen fixen Entladetermin war für das Ergebnis der damals gefällten Entscheidung nicht notwendig. Auch bei Wegfall dieser Tatsachenannahme hätte die nunmehrige Klägerin ihrem Vertragspartner im Vorprozess für die vertragswidrig verspätete Lieferung gehaftet, wenn sie den vereinbarten fixen Liefertermin ihrer Unterfrachtführerin (der Beklagten) nicht überbunden hätte, was ihr ohne Zweifel als grobes Verschulden angelastet werden müsste. Die vom Berufungsgericht angeordnete Verfahrensergänzung zur Frage der Vereinbarung einer fixen Entladefrist zwischen den Streitteilen ist daher nicht zu beanstanden. Von einer grob fahrlässigen Schadensverursachung durch die Beklagte wäre dann auszugehen, wenn sie trotz des mit ihr vereinbarten fixen Entladetermins die bindend festgestellten und demnach für sie vorhersehbaren Verzögerungen in Kauf genommen hätte.

Diese im fortgesetzten Verfahren neuerlich zu prüfende Frage ist sowohl für den Entfall der Haftungsbeschränkungen der Art 17 bis 28 CMR nach Art 29 CMR, den Rückersatz bereits gezahlter Frachtkosten sowie einen allfälligen Eintritt der Verjährung ausschlaggebend.

Die Vorinstanzen haben einen Rückersatz von Transportkosten unter Hinweis auf Art 23 Z 5 iVm Z 4 CMR unabhängig davon verneint, ob die Klägerin Transportkosten bereits gezahlt hatte. Diese Auffassung trifft zu, sofern die Haftungsbeschränkungen des Art 23 CMR tatsächlich anzuwenden sind. Art 23 Z 5 CMR sieht nämlich - anders als Z 4 für den Fall des gänzlichen oder teilweisen Verlusts des beförderten Gutes - den Ersatz der aus Anlass der Beförderung entstandenen Kosten bei Überschreitung der Lieferfrist gerade nicht vor. Der Systematik nach findet sich Art 23 CMR unter den für die Haftung des Frachtführers für Verlust, Beschädigung oder Überschreitung der Lieferfrist anzuwendenden Bestimmungen des Kapitels IV der CMR. Die in diesem Kapitel enthaltenen Artikel 17 bis 29 CMR beschränken die Haftung des Frachtführers je nach Anlass (Verlust, Beschädigung oder Überschreitung der Lieferfrist) unterschiedlich und sehen den Ersatz der durch die Beförderung des Gutes entstandenen Kosten in Art 23 Z 4 CMR nur für den Fall des Verlusts, nicht jedoch in ihrer Z 5 auch für den Fall einer Überschreitung der Lieferfrist vor. Ein derartiger Ersatz findet sich auch nicht unter den für die Beschädigung beförderter Güter anzuwendenden Bestimmungen. Daraus wird deutlich, dass die CMR den Ersatz von Transportkosten sehr wohl regelt. Er steht jedoch nur bei gänzlichem oder teilweisen Verlust des transportierten Gutes und nicht in anderen Schadensfällen, so etwa nicht bei Überschreitung der Lieferfrist zu. Nach nationalem materiellen Recht allenfalls weitergehende Ansprüche sind wegen des endgültigen Charakters der Haftungsbeschränkungen der CMR ausgeschlossen (siehe Art 28, 41 CMR).

Auf die seine Haftung beschränkende Bestimmung des Art 23 Z 5 CMR kann sich der Frachtführer allerdings dann nicht berufen, wenn er grob fahrlässiges Verhalten zu verantworten hat (Art 29 Z 1 und 2 CMR). Bei grob fahrlässiger Schadenszufügung entfallen die Haftungsbeschränkungen der Art 17 bis 28 (Thume in Fremuth/Thume aaO Art 23 CMR Rz 65). In einem solchen Fall hat der Frachtführer für die Folgen der Lieferverzögerung voll zu haften (ZfRV 1999/56). Der Umfang der Ansprüche richtet sich nach dem ergänzend anzuwendenden nationalen Recht. Im vorliegenden Fall kommt die deutsche oder österreichische Rechtsordnung dafür in Betracht. Dass die Streitteile eine Rechtswahl getroffen hätten, wurde im Verfahren nie behauptet, sodass sich insoweit die vom Berufungsgericht angeordnete Erörterung erübrigt. Nach dem auf den vorliegenden Fall anzuwendenden Art 4 Abs 1 EVÜ unterliegt ein Vertrag dem Recht des Staates, zu dem er die engste Beziehung aufweist. Zur Erläuterung dieser Zuordnung formuliert Art 4 Abs 2 f EVÜ Vermutungen. Art 4 Abs 2 EVÜ, wonach die engste Verbindung zu jenem Staat vermutet werde, in dem die Partei, die die charakteristische Leistung erbringt, im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ihre Hauptniederlassung hat, ist auf Güterbeförderungsverträge nicht anzuwenden. Bei diesen wird vielmehr vermutet (Art 4 Abs 4 EVÜ), dass sie mit dem Staat die engsten Verbindungen aufweisen, in dem der Beförderer im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses seine Hauptniederlassung hat, sofern sich in diesem Staat auch der Verladeort oder der Entladeort oder die Hauptniederlassung des Absenders befindet. Im vorliegenden Fall befand sich die Hauptniederlassung des Beförderers (der Beklagten) im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses in Deutschland, der Verladeort hingegen in Österreich, der Entladeort in Usbekistan. Die Hauptniederlassung des Absenders (als solcher ist mangels durchgehenden Frachtvertrags die Klägerin anzusehen) liegt in Österreich. Die Voraussetzungen des Art 4 Abs 4 EVÜ sind somit nicht erfüllt, sodass diese Vermutung nicht zum Tragen kommt. Mangels Vorhandenseins eines durchgehenden Frachtvertrags im Sinn der Art 34 ff CMR hat die Klägerin in Bezug auf den mit der Beklagten abgeschlossenen Frachtvertrag die Stellung der Absenderin. Ihre Hauptniederlassung befindet sich ebenso wie der Ort, an dem die Ware (bezogen auf diesen Güterbeförderungsvertrag) verladen wurde, in Österreich, sodass davon ausgegangen werden kann, dass die engste Beziehung dieses Vertrages im Sinn des Art 4 Abs 1 EVÜ zu Österreich besteht. Auf das Vertragsverhältnis zwischen den Streitteilen ist daher - soweit die CMR das Rechtsverhältnis nicht bindend regelt - ergänzend nationales österreichisches Recht anzuwenden. Sollten daher die Haftungsbeschränkungen des Art 23 CMR wegen groben Verschuldens der Beklagten nicht zur Anwendung kommen, wäre der Anspruch der Klägerin auf Rückersatz bereits geleisteter Transportkosten nach den für den Rückersatz des Werklohns als nutzlosen Aufwand im Fall des Nichteintrittes des angestrebten Erfolgs geltenden Regelungen des ABGB zu beurteilen. Danach hat der Werkunternehmer für ein wertloses Werk keinen Entlohnungsanspruch (SZ 57/140, SZ 63/37; 1 Ob 2077/96i; nunmehr § 933a Abs 2 ABGB).

Der Rückersatz von Transportkosten käme allerdings nur nach ihrer Entrichtung in Frage. Im fortzusetzenden Verfahren wäre daher zu klären und festzustellen, ob die Klägerin die Kosten des Transports bereits an die Beklagte gezahlt hatte.

Der Beurteilung nach ergänzend anzuwendendem materiellem (hier österreichischem) Recht vorbehalten ist auch der Anspruch auf Ersatz der Kosten des Vorprozesses. Das Berufungsgericht hat zutreffend auf die seit SZ 70/241 ständige Rechtsprechung hingewiesen. Danach hat der Regresspflichtige, der der Aufforderung zur Nebenintervention nicht Folge geleistet hat, den dort entstandenen Kostenaufwand sowie den beglichenen Verzögerungsschaden zu ersetzen, weil dieser Aufwand im Interesse beider in einem Verfahren entstanden ist, das bindend auch über den Anspruch des Geschädigten gegen den am Prozess nicht beteiligten Mitschuldner abspricht. Der im Vorprozess verurteilte Mitschuldner könne diesen Aufwand aus dem Rechtsgrund des § 1037 ABGB geltend machen (SZ 74/6 mwN, RIS-Justiz RS0109200). Die vom Berufungsgericht als erheblich bezeichnete Frage, ob der Anspruch auf Prozesskostenersatz als Schadenersatzanspruch oder als Anspruch sui generis anzusehen sei, ist im vorliegenden Fall ohne Bedeutung. Ersatz nach § 1037 ABGB setzt jedenfalls ein Tätigwerden zum klaren und überwiegenden Vorteil des Geschäftsherrn voraus (Rummel in Rummel ABGB³ § 1037 Rz 1). Davon kann im gegebenen Zusammenhang aber nur dann gesprochen werden, wenn die nun beklagte Regresspflichtige den im Vorprozess eingeklagten Schaden auch tatsächlich zu verantworten hat. Nur in einem solchen Fall diente der zur Abwehr entstandene Aufwand auch ihrem klaren und überwiegenden Vorteil. Wird die Beklagte in Bezug auf den im Vorprozess geltend gemachten Verzögerungsschaden nicht ersatzpflichtig - etwa weil sie kein grobes Verschulden zu verantworten hat oder der Ausschluss des Art 30 CMR zum Tragen kommt - entfällt auch der auf § 1037 ABGB gegründete Anspruch.

Die Höhe der der nunmehrigen Klägerin im Vorprozess entstandenen Kosten steht noch nicht fest und wird - dem Auftrag des Berufungsgerichts entsprechend - im fortgesetzten Verfahren festzustellen sein.

Im Übrigen stehen auch die vom Berufungsgericht zitierten Entscheidungen 2 Ob 108/00x und 2 Ob 75/99i keineswegs in einem hier maßgeblichen Widerspruch zueinander. Die frühere Entscheidung 2 Ob 108/00x (vom 17. 5. 2000) sprach im Einklang mit der Rechtsprechung seit SZ 70/241 aus, dass der Regressanspruch des Hauptfrachtführers gegenüber dem Unterfrachtführer auch die Kosten eines vorangegangenen Schadenersatzprozesses, dem der Unterfrachtführer dort als Nebenintervenient auf Seiten des Hauptfrachtführers beigetreten war, umfasse, und zwar als Aufwand aus dem Rechtsgrund des § 1037 ABGB. Zum Beginn der Verjährung traf diese Entscheidung keine Aussage. Demgegenüber beschäftigte sich die Folgeentscheidung 2 Ob 75/99i (vom 20. 6. 2000) ausschließlich mit dem Beginn der Verjährung des Regressanspruches des Hauptfrachtführers gegen die nachfolgenden Unterfrachtführer und wendete Art 32 Abs 1 lit a CMR an. Die durch Art 32 CMR vorgenommene Verkürzung der Verjährungsfrist betrifft aber alle Ansprüche aus einer der CMR unterliegenden Beförderung, somit auch solche, die nicht aus den Bestimmungen der CMR selbst abgeleitet werden (Schütz in Straube, HGB³ Art 32 CMR Rz 1). Das Transportgut wurde am 11. 11. 1999 am Bestimmungsort abgeliefert. Die mit der vorliegenden Klage vom 16. 3. 2001 geltend gemachten Ansprüche sind daher nur dann nicht verjährt, wenn die Beklagte grob fahrlässig gehandelt hat (Art 32 Z 1 letzter Satz CMR).

Die Rechtsmittelwerberin stellt das Erfordernis eines rechtzeitigen Vorbehalts im Sinn des Art 30 Abs 3 CMR nicht in Abrede, vertritt aber den (bereits eingangs widerlegten) Standpunkt, die CMR seien auf den hier zu beurteilenden Frachtvertrag zwischen zwei Unterfrachtführern nicht anzuwenden.

Nach Art 30 Z 3 CMR kann Schadenersatz wegen Überschreitung der Lieferfrist nur gefordert werden, wenn binnen 21 Tagen nach tatsächlicher Ablieferung des Gutes beim Empfänger ein schriftlicher Vorbehalt an den Frachtführer gerichtet wird. Nach ständiger Rechtsprechung regelt diese Bestimmung keinen Haftungsausschluss, sondern enthält ein zusätzliches, von den Bestimmungen des vorangegangenen IV. Kapitels der CMR unabhängiges rechtliches Erfordernis. Dementsprechend kann sich auch ein Frachtführer, der grobe Fahrlässigkeit zu vertreten hat, auf weitere Haftungsbeschränkungen bzw Ausschlüsse, die nicht im 4. Kapitel der CMR enthalten sind, berufen und tritt auch in Fällen des Art 29 CMR bei Nichteinhaltung der 21-tägigen Frist durch den geschädigten Auftraggeber ein diesen treffender totaler Rechtsverlust ein, der von Amts wegen zu berücksichtigen ist (ecolex 2000, 277; RIS-Justiz RS0112827; Schütz in Straube, HGB³ Art 29 CMR Rz 3; Thume, CMR Art 30 Rz 49; Fremuth/Thume aaO Art 30 CMR Rz 26; Helm, Frachtrecht II² Art 29 CMR Rz 27 und 30 CMR Rz 61).

Wenngleich das Schriftlichkeitsgebot nicht im Sinn der "Unterschriftlichkeit" verstanden wird und die Übermittlung eines Telefax dem Formerfordernis des Art 30 Abs 3 CMR genügt (6 Ob 512/96; RIS-Justiz RS0105274; Helm aaO Art 30 CMR Rz 58), so muss doch der Vorbehalt dem Frachtführer zugehen. Er dient nämlich primär dem Zweck, den Frachtführer auf eine mögliche künftige Ersatzpflicht aufmerksam zu machen (3 Ob 316/01v; Thume, CMR Art 30 Rz 43; Helm aaO Art 30 CMR Rz 59), um ihm entsprechende Veranlassungen zu ermöglichen.

Nach den bisherigen Verfahrensergebnissen steht nicht fest, ob der Vorbehalt der Beklagten zugegangen ist, sodass sich die vom Berufungsgericht aufgetragene Verfahrensergänzung als erforderlich erweist. Da bei Verspätungsschäden ein Unterbleiben des Vorbehalts zum Rechtsverlust führt, hat die Klägerin die Voraussetzungen der rechtzeitigen Erhebung des Vorbehalts nachzuweisen (Fremuth/Thume aaO Art 30 CMR Rz 31).

Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche sind daher insgesamt noch nicht zur Entscheidung reif.

Der Revision der Klägerin wird im Sinn des darin enthaltenen Aufhebungsantrages Folge gegeben; die Urteile der Vorinstanzen werden in Ansehung des Anspruchs auf Rückzahlung von Transportkosten aufgehoben und an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung im dargelegten Sinn zurückverwiesen.

Dem gegen den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts gerichteten Rekurs der Klägerin wird nicht Folge gegeben. Das Erstgericht wird das Verfahren im dargelegten Umfang zu ergänzen haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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